[Bd. 8 S. 71] 2. Kapitel: Erneuerung des Volkes und seines Gemeinschaftsbegriffs. 1. Neben jenen Maßnahmen, welche die Festigung der Reichsmacht zum Ziele hatten, führte die Regierung Adolf Hitlers sogleich Pläne durch, die sich mit der Erneuerung des Volkes und der Versittlichung seines Gemeinschaftsgeistes beschäftigten. Hierbei verfolgten der Führer und seine Mitarbeiter immer das doppelte Ziel: einheitliche Zusammenfassung aller der Volksgenossen, die willens waren, mitzuwirken am Neuaufbau des Volkes, und nachdrückliche Ausschaltung all der Elemente, die sich dem Willen und Werke des Führers gegenüber ablehnend verhielten. Das innerste Wesen des Nationalsozialismus beruht in der bedingungslosen Ablehnung alles dessen, was das 19. Jahrhundert dem deutschen Volke an zerstörenden Einflüssen gebracht hat. Und diese zerstörenden Einflüsse bestanden in zwei Tatsachen: erstens in der Landflucht, in der Verstädterung, im Unwesen der Großstadt, kurz im Verluste der unmittelbaren lebendigen Beziehung des Volkes zu seinem Boden, seiner Scholle; zweitens in der wachsenden Entfremdung und Hinausdrängung des Arbeiters aus der Staatsgemeinschaft, in der Tatsache, daß der Arbeiter neben dem Besitzenden als ein Staatsbürger zweiter Klasse gewertet wurde. Beide Vorgänge bildeten die günstigen Voraussetzungen für den Erfolg der jüdischen Zersetzungsarbeit. Voraussetzung jeder Volkserneuerung und Versittlichung der Gemeinschaft war also für den Nationalsozialismus nach der Ausschaltung des Judentums die doppelte Forderung: zurück zu Boden und Scholle und hinein in Reich und Staat. So nur war die Überwindung des einseitig internationalen Großstadtgeistes möglich. Wie Quadern stehen so im ersten Aufbau des Führerreiches Maßnahmen, die in wahrhaft umfassender Weise Boden, [72] Geist und Arbeit des deutschen Volkes im Sinne einer völkischen Sittlichkeit umwerten.
Der Inhalt des neuen Gesetzes ist kurz folgender: jeder Hof, der eine selbständige Ackernahrung darstellt, also eine Familie unabhängig von Markt und Wirtschaftslage ernährt, kleidet und erhält, d. h. also durchschnittlich 7½ Hektar groß, jedoch nicht größer als 125 Hektar ist, ist deutscher Erbhof. Das traf auf etwa eine Million deutscher Bauernhöfe zu. Der Inhaber eines solchen Hofes heißt Bauer, während alle anderen Eigentümer, Besitzer und Pächter als Landwirte bezeichnet werden. Voraussetzung für die Bauernfähigkeit ist die Deutschstämmigkeit. Sein Erbhof ist unteilbar, kann nicht verkauft und verschuldet werden, so daß der Bauer nur noch Personalkredite aufnehmen kann. Der Erbhof zählt auch nicht zur persönlichen Erbschaft des Bauern, er geht ungeteilt und unbelastet auf den Anerben, den jüngsten oder, wo dies [73] bereits üblich, den ältesten Sohn über. Die Miterben haben nur Anrecht auf Unterhalt, Erziehung und Berufsausbildung bis zur Volljährigkeit und eine angemessene Ausstattung, auch haben sie Heimatzuflucht auf dem Hofe, wenn sie unverschuldet in Not geraten. Eine Aufteilung des Hofes können sie nicht verlangen. Der Hof ist also von jeder Veräußerung, Verschuldung und Aufteilung befreit, er ist der Macht und dem Einfluß des Leihkapitals entzogen, und daher ist von nun an die Zwangsvollstreckung in den Erbhof ausgeschlossen. Eine Erbhöferolle sollte alle Erbhöfe verzeichnen und Anerbengerichte sollten über die Befolgung des Gesetzes wachen. Insbesondere sollten die Anerbengerichte auch darüber wachen, ob der Bauer auch würdig und gewissenhaft seinem Hof und Acker diene. Dieses wichtige Gesetz dient der Sicherung des Bauernbodens und des Bauernstandes, es dient damit der Sicherung des Urquells der völkischen Kraft. Es füllte damit notwendig die Lücke aus, die das Gesetzgebungswerk des Freiherrn vom Stein einst offenließ und durch die die volksfeindlichen Elemente des internationalen Finanzkapitals und des Judentums Eingang fanden, den Bauer von seiner Scholle zu verdrängen und den Bauernstand zu unterhöhlen. Dem organischen Wachstume des deutschen Bauernstandes wurde das Erbhofgesetz dadurch gerecht, daß eine Vermehrung der Erbhöfe durch Zerlegung großer Besitztümer in kleinere und durch Zusammenlegung kleiner Besitztümer zu Erbhöfen möglich war. Vor allem aber sah die Regierung Adolf Hitlers eine Vermehrung der Erbhöfe durch umfassende Neusiedlung vor. Allein im Jahre 1933 waren 100 000 Hektar neu besiedelt worden, und das im Dezember 1933 für den Arbeitsdienst aufgestellte Programm sah vor, daß 1934 durch Entwässerung von Moorgebieten und Eindeichung von Vorküstenstrecken neues Bauernland gewonnen werden sollte im Umfange von 5–10 000 Bauernstellen zu je 20 Hektar Größe. Auf diesen neuen Siedelhöfen sollten dann die Söhne bäuerlicher Familien, die dem Anerben weichen mußten, einen neuen Wirkungskreis finden und neue Bauerngeschlechter be- [74] gründen. So sollte ihnen das traurige Los erspart bleiben, in den großen Städten wurzellos zu werden. Es war gleichsam eine symbolische Handlung für das ganze neue Deutschland, als am 11. Juli 1934 der Reichsbauernführer Darré in Ostfriesland das neue Bauerndorf Neu-Westeel feierlich einweihte. Dieses Dorf und seine Flur hatte der Arbeitsdienst durch zähe und unermüdliche Eindeichungsarbeiten der Meeresflut, die es vor sechs Jahrhunderten im Sturme verschlungen hatte, wieder abgerungen. Nun fanden 32 Bauern und 13 Arbeiter und Handwerker hier eine neue Heimat. Die 500 Hektar große Flur wurde in 45 Erbhöfe aufgeteilt, die eine Größe von 20 bis 90 Morgen hatten.
Nach der Einführung des Erbhofgesetzes konnte Ende 1933 und im Frühjahr 1934 der geschlossene und systematische Aufbau des Reichsnährstandes und seiner Gliederungen durchgeführt werden.
Neben dem Aufbau des Reichsnährstandes, der durch den Reichsbauernführer Walter Darré ins Werk gesetzt wurde, widmete sich der Propagandaminister Dr. Goebbels seit September 1933 der Organisation des Standes der geistig schaffenden Menschen Deutschlands. Zunächst wurde die Reinigung der Presse von Nichtariern und jüdisch versippten Schriftleitern durchgeführt. Diese Aufgabe, die deshalb besonders wichtig war, weil die Presse die beherrschende Macht der öffentlichen Meinung war, wurde durch Gesetz vom 4. Oktober 1933 gelöst. Um die Voraussetzungen für unbedingte Sauberkeit und Lauterkeit der Presse zu schaffen, wurde diese in einen Reichsverband mit eigener Verwaltung und Gerichtsbarkeit zusammengefaßt. Über die Presse hinausgreifend widmete sich Minister Goebbels der Wiederherstellung des gesamten deutschen Kulturlebens und seiner Befreiung von artfremden Elementen. Am 15. November 1933 konnte er die Reichskulturkammer eröffnen, die alle Geistesarbeiter in sich vereinigte, so- [75] weit sie arischer Abstammung waren und nicht staatsfeindlichen Charakter in ihren Werken zum Ausdruck brachten. In sieben Unterabteilungen für Musik, bildende Künste, Theater, Schrifttum, Presse, Rundfunk und Film wurden die gesamten kulturell-schöpferischen Kräfte des deutschen Volkes zu einer völkischen Willenseinheit zusammengefaßt. Zum ersten Male wurde mit der Gründung dieser siebengliedrigen Reichskulturkammer der Gedanke des ständischen Aufbaus in die Tat umgesetzt. Vor allem aber wurde die unlösliche Verbindung von Staatswille und Weltanschauung im deutschen Volke hergestellt: Die Kunst und die geistige Schöpferkraft der Nation bekam einen hohen zentralen Willensgehalt, hinfort Künderin und Gestalterin der heroischen Lebensauffassung des Nationalsozialismus zu sein. Innerhalb vier Wochen, bis Mitte Dezember 1933, mußten sämtliche kulturschaffenden Deutschen in den für sie zuständigen Abteilungen eingegliedert sein. Die feierliche Eröffnung fand in der Berliner Philharmonie in Gegenwart des Führers Adolf Hitler statt vor 200 hervorragenden deutschen Geistesträgern. Minister Goebbels gab der Reichskulturkammer folgende Gedanken mit auf den Weg: Revolutionen bleiben nie auf das rein Politische beschränkt. Wirtschaft und Kultur, Wissenschaft und Kunst werden von ihnen in gleicher Weise erfaßt. Auch der schöpferische Mensch kann sich dem Strudel des Geschehens nicht entziehen, aber erst dann ist er seiner Zeit und ihren Aufgaben gewachsen, wenn er nicht passiv neben dem gewaltigen Geschehen steht, sondern aktiv darin eingreift. Der Sinn der nationalsozialistischen Revolution sei die Volkwerdung der deutschen Nation, sie habe dem deutschen Wesen einen neuen Charakter aufgeprägt. Die Kunst sei kein absoluter Begriff, ihr Leben aber ströme aus dem Leben des Volkes. Das vielleicht sei das schlimmste Verbrechen der Künstler in der vergangenen Epoche gewesen, daß sie nicht mehr in organischer Beziehung zum Volke selbst standen. Hier habe die lebenbedrohende Krise der kulturschaffenden Menschen in Deutschland begonnen, denn [76] wenn der Künstler erst den festen Boden des Volkstums verliere, dann sei er damit den Anfeindungen der Zivilisation preisgegeben, denen er früher oder später erliegen werde. Der Aufmarsch, den der Nationalsozialismus begonnen und vollendet habe, sei ein Aufmarsch der Gesinnung. Diese Gesinnung habe nichts gemein mit dem gleichlautenden Begriffe, der noch aus der Vergangenheit in verächtlicher Erinnerung sei: Er sei eine Gesinnung der Tat, der eine Umwertung der Werte eingeleitet habe, um ihre Neuwertung vorzubereiten. Niemand unter den Nationalsozialisten sei der Meinung, daß Gesinnung Kunst ersetzen könne. Auch in der Kunst komme es nicht darauf an, was man wolle, sondern was man könne. Die Nationalsozialisten wollten z. B. auf dem Theater keine dramatisierten Parteiprogramme sehen. Die Gesetze der Kunst könnten niemals geändert werden, sie seien ewig und nähmen ihre Maße aus den Räumen der Unsterblichkeit. Nur geweihte Hände haben das Recht, am Altar der Kunst zu dienen. Dem Nationalsozialismus schwebe als großes und hohes Ziel vor die Vermählung des Geistes der heroischen Lebensauffassung mit den ewigen Gesetzen der Kunst. Niemand habe das Recht, den Nationalsozialismus zu verdächtigen, daß er aus Gründen tendenziöser Propaganda jenem Dilettantismus das Feld freigeben würde, der seit je die edle Kunst zu Tode geritten habe. Vielleicht werde die Kunst früher oder später sich der Stoffe und Probleme bemächtigen, die der Nationalsozialismus aufgeworfen habe. Niemand befehle, daß die neue Gesinnung über die Bühne oder Leinwand marschiere. Wo sie aber darüber marschiere, da müsse eifersüchtig dafür gesorgt werden, daß sie auch in ihrer künstlerischen Formung der Größe des historischen Prozesses entspreche, der in der deutschen Revolution durchgeführt sei. Der Nationalsozialismus habe die schöpferischen Kräfte der deutschen Nation wieder freigelegt. Sie mögen sich ungehindert entfalten. Was deutsch und echt, das solle die Welt aufs neue erfahren. Die deutsche Kunst, die zum Volke zurückkehre, werde den schönsten Lohn dadurch empfangen, daß [77] das Volk wieder zu ihr zurückkehre. Jeder, der dem deutschen Staate seine Kraft zur Verfügung stelle, sei ihr willkommen.
Gleichzeitig schuf der Reichsjugendführer Baldur von Schirach das gewaltige Werk der deutschen Staatsjugend in der unverbrüchlichen Einheit des deutschen Geistes und Willens. Er ordnete die sportlichen und konfessionellen Jugendbünde in die Hitlerjugend
ein. – Mitte Dezember 1933 wurde von Schirach die evangelische Jugendbewegung
übernommen –, und um den völkischen Zusammenhalt im Kreise der Jugend besonders zu pflegen und zu fördern, verordnete der Reichserziehungsminister Rust im Sommer 1934, daß der Sonnabend für die Angehörigen der Hitlerjugend, des Bundes deutscher Mädchen und des Jungvolkes schulfrei sein sollte. Dieser "Staatsjugendtag" sollte der Gemeinschaft und Kameradschaft der deutschen Jugend in Sport und Wandern dienen.
Den gigantischen Aufbau der Deutschen Arbeitsfront ließ sich im Herbst und Winter 1933/34 Dr. Ley angelegen sein. [78] Diese machtvolle Organisation wurde zum Hort der Einheit aller Schaffenden Deutschlands erklärt. Durch die Art ihres Aufbaues wurde sie, herausgewachsen aus der politischen Keimzelle der nationalsozialistischen Betriebszellenorganisation, gleichsam zum tragenden Grundpfeiler des neuen Reiches der Arbeit. Dr. Ley erklärte über seine Arbeiten Ende November:
"Es gelang mir in einem halben Jahre, daß das gewerkschaftliche Denken (das sich in den klassenkämpferischen Gegensätzen von Besitz und Besitzlosigkeit, Kapital und Proletariat, und dem Streben nach beherrschendem Einfluß dieser Gegensätze auf die Politik bewegte) aus den Verbänden herauskam. Der Begriff Arbeitsfront setzte sich gegenüber dem Verbandsdenken durch. Das Wort Arbeitsfront ist nicht nur ein Wort, sondern wurde ein Begriff und ein Inhalt." Die Arbeitsfront, sagte Dr. Ley weiter, sei nicht etwa dazu da, wirtschaftliche Interessenkämpfe durchzuführen, sondern ihre Aufgabe sei, Arbeitgeber, Angestellte und Arbeiter zu umfassen und die große Schule der Erziehung für das ganze deutsche Volk zu sein. Weil der arbeitende Mensch aus dem neuen weltanschaulichen Begriff der Arbeit heraus, den der Nationalsozialismus geformt hat, einen neuen völkischen Wert und eine neue menschliche Ehre erhalten soll, darf es keine Unterschiede bei den schaffenden Menschen mehr geben, sie alle, Arbeiter, Angestellte und Unternehmer gehören zusammen, ihr aller Ziel ist ein gemeinsames: sie wollen dem Volke dienen durch ihre Arbeit. Infolge dieser letzten, höchsten und gewaltig umfassenden Idee wurden im November 1933 alle Deutschen aufgefordert, sich der Arbeitsfront anzuschließen, und Hunderttausende folgten dem Rufe. Dr. Ley konnte alsbald erklären:
"Die deutsche Arbeitsfront umfaßt alle Stände und Berufe. Die Aufgabe der Arbeitsfront wird künftig nicht mehr auf materiellem und berufsständischem, sondern auf erzieherischem und ideellem Gebiet liegen, die materiellen und berufsständischen Aufgaben bleiben den neu zu bildenden oder vorhandenen Organen des berufsständischen Aufbaus überlassen. Jeder arbeitende Mensch im Deutschen Reiche wird in Zukunft der Arbeitsfront angehören. Es wird keine Einzelorganisationen [79] der Unternehmer, der Angestellten und Arbeiter mehr geben. Diese Organisationen werden nach und nach aufgelöst und in den ständischen Aufbau eingegliedert. Die Art und Weise, in der sich dieser Aufbau vollzieht, erklärt sich am besten aus der Reichskulturkammer, deren Einzelkammern die Aufgaben der früheren Berufsstände übernommen haben." Ende Dezember 1933 wurden die Aufnahmen zur Arbeitsfront geschlossen. Alle schaffenden Menschen Deutschlands mußten ihr bis dahin beigetreten sein. Jedoch wurde das Ziel nicht voll erreicht, und so wurde die Arbeitsfront im April und Mai 1934 nochmals geöffnet, damit alle Unternehmer und Betriebsführer, soweit sie noch nicht eingegliedert waren, ihren Beitritt nachholen konnten. Die Arbeitsfront ward zu einem Zeugnis deutscher Menschenführung, wie es in der deutschen Geschichte beispiellos dastand. Sogleich begann die Arbeitsfront auch die neue große menschliche und sittliche Aufgabe in den Vordergrund zu stellen: dem arbeitenden Volksgenossen ein menschlich würdiges Lebensniveau zu geben, nicht durch Tarifpolitik, sondern durch Charakterpflege. Das Amt "Kraft durch Freude", das Ende November eingerichtet wurde, hatte dafür zu sorgen, daß dem schaffenden Menschen nach der Arbeit, am Feierabend und im Urlaub eine großzügige und edle Vertiefung seines kulturellen Besitzes und eine gesunde Betätigung seiner körperlichen Kräfte gewährt werde. Dieses Amt hat seine Bestimmung darin, die körperliche, seelische und geistige Persönlichkeit des arbeitenden Menschen zu pflegen, seinen Hunger nach wahrem Menschentum, sein Streben nach innerer Vervollkommnung zu befriedigen. Nichts konnte deutlicher die gewaltige Revolution im Wirtschaftsleben aufzeigen als dies Amt Kraft durch Freude, das den Deutschen zum Bewußtsein brachte: nicht die materiell geleistete Arbeit, sondern die Arbeit leistende menschliche Persönlichkeit ist Quelle und Mittelpunkt aller Wirtschaft. Ein umfassendes Arbeitsgebiet erschloß sich dem Amte "Kraft durch Freude". Viele Tausende und Hunderttausende von Arbeitern und Angestellten nahmen in den folgenden Monaten teil an den Wochenend- und Freifahrten, an Vorträgen, Unterricht und Ausbildung, [80] an Theatervorstellungen und Kunstdarbietungen aller Art. In den Betrieben wurden Büchereien mit ausgewählter und guter Literatur eingerichtet. Kaum eine Organisation des Dritten Reiches hatte so ein umfassendes und segensreiches Arbeitsgebiet wie diese. Viele hunderttausende deutscher Arbeiter, die sonst nie aus ihrem engen Industriebezirk herauskamen, lernten die Berge der Alpen und die Gewässer der deutschen Meere, lernten Land und Volk des weiten deutschen Vaterlandes kennen. Eine andere Sorge der Arbeitsfront galt der Verbesserung der Arbeitsstätten und der Wohnungen. Das Ideal, das erstrebt wurde, war, den Arbeiter aus den ungesunden, dumpfen und unseligen Mietskasernen, in denen er sich unglücklich, unzufrieden und in ihrer Beengtheit unwürdig fühlte, in freie, gesunde Eigenheime zu führen. Der Arbeiter sollte durch ein ganz für die Großstädte geschaffenes Kleinsiedlungswesen wieder mit der Scholle verbunden werden, ein Ziel, das nur durch die Auflockerung der Großstädte erreicht werden konnte. Mitte Januar 1934 wurde im Amte "Kraft durch Freude" ein Heimstättenamt eingesetzt: der Arbeiter soll nicht mehr wie ehedem der heimatlose Proletarier sein, sondern sollte seine Bodenständigkeit zurückgewinnen, besonders in den Industriegebieten des Westens, an Rhein und Ruhr. Am 1. Februar 1935 konnte Dr. Ley die ersten 70 Siedlungshäuser der Arbeitsfront im Aachener Steinkohlengebiet, dem Wurmrevier, ihren zukünftigen Bewohnern übergeben.
So wie das Reichserbhofgesetz auf dem Lande den unseligen Einfluß der jüdisch-händlerischen Wirtschaftsepoche ausschaltete und die im Werke Steins vorhandene Lücke schloß, so bedeutete das Arbeitsgesetz etwas grundsätzlich Neues, nämlich die wahre Verdeutschung der Wirtschaft. Die in der Hauptsache durch das jüdisch-internationale Finanzkapital vorwärtsgetriebene industriell-händlerische Wirtschaft hatte sich im 19. Jahrhundert von Anfang an außerhalb der arteigenen deutschen Weltanschauung bewegt und den Zerfall in die eine Gruppe des einseitigen kapitalistischen Profitinteresses und in die andere Gruppe des einseitigen proletarischen Klassenkampfes herbeigeführt. Das Gesetz Adolf Hitlers vom 20. Januar 1934 führte von Grund aus eine neue Epoche des deutschen Wirtschaftslebens herbei, es leitete die sozialistische Umformung des deutschen Wirtschaftskörpers ein. Es proklamierte den Wirtschaftsfrieden auf der Grundlage der sozialistischen Arbeitsehre. Das Gesetz trat am 1. Mai in Kraft, die Wahlen der Vertrauensräte wurden bereits am 10. April im ganzen Reiche vorgenommen.
Welch ein Wandel hatte sich im deutschen Volke voll- [83] zogen! Der 1. Mai bewies dies zur Genüge: in Paris tobte das Fieber der Revolution, der Pöbel zog in den Straßen Schützengräben und errichtete Barrikaden, die Polizei mußte Gefechte liefern, in Holland erhob der rote Aufruhr drohend sein Haupt, in Deutschland aber vereinigten sich 40 Millionen Deutsche, um, einig im Willen zu Arbeit und Schaffen, den Tag der nationalen Arbeit zu feiern. Hunderttausende flatternder Hakenkreuzfahnen waren das sichtbare Unterpfand neuen Arbeitsgeistes, neuen Siegeswillens und neuer Zuversicht. Es war natürlich, daß dies gewaltige neue Gebilde sorgfältig durchgegliedert werden mußte. Nur dann war dies Heer innerlich wirklich fest und zuverlässig, wenn auch der letzte Mann voll und ganz in seiner Disziplin erfaßt werden konnte. So wurde die Arbeitsfront im Sommer und Herbst 1934 mit Hilfe des organisatorischen Apparates der NSDAP. einmal beruflich nach Art der Beschäftigung in einzelne – 18 – Reichsbetriebsgemeinschaften gegliedert, denen Arbeiter und Unternehmer in gleicher Weise angehörten (Arbeiterverbände und Unternehmerverbände waren verschwunden), sodann auch politisch-weltanschaulich nach Art der Partei in Blocks, Zellen, Ortsgruppen und Gaue. Diese doppelte Gliederung ermöglichte die totale Erfassung jedes einzelnen arbeitenden deutschen Menschen. Die Arbeitsfront bildete also die Summe aller Betriebe und der in ihnen tätigen Menschen, jedes Mitglied aber gehörte nicht nur wirtschaftlich in den Betrieb als den kleinsten Baustein des Gebäudes der Arbeitsfront, sondern auch weltanschaulich-politisch in den Block, den kleinsten Baustein des nationalsozialistischen Reiches. Weil aber die Arbeitsfront ihre große Aufgabe der gesellschaftlichen Umformung nur auf der kompromißlosen Weltanschauung von der sozialistischen Persönlichkeit erfolgreich lösen konnte, war auch für sie der Primat der Partei maßgebend. Dies wurde eindeutig durch den Schritt des Führers festgestellt, als er am 24. Oktober 1934 die Deutsche Arbeitsfront zur Gliederung der Partei erklärte. –
Ließ sich aus all diesen monumentalen Werken der neue Geist der Einigkeit erkennen, der das deutsche Volk zu erfüllen begann, so bewies aber nichts so deutlich den grundlegenden Wandel der neuen Gesinnung als das aus wahrhaft sozialistischem Geiste geborene und vom Reichspropagandaminister Dr. Joseph Goebbels im Oktober 1933 eingerichtete Winterhilfswerk. Bei aller Anstrengung des Führers, die Arbeitslosigkeit zu beseitigen, ließ sich dieser Wille doch nicht in wenigen Monaten restlos verwirklichen. Es gab Millionen deutscher Volksgenossen, die noch keine Arbeit hatten, oder die durch Alter und Krankheit behindert waren, oder die infolge ihrer zahlreichen Familie Not litten. Da gab der Führer die Losung aus: keiner darf im kommenden Winter hungern und frieren! Es war der Appell an die edelsten und [85] schönsten Gefühle eines jeden Deutschen überhaupt, den der Führer und seine Partei an das gesamte deutsche Volk richteten. Adolf Hitler begründete das großartige Winterhilfswerk mit folgenden Ausführungen:
"Viele Jahre haben wir im Innern gegen den Gedanken der internationalen, marxistischen Solidarität gekämpft. Wir haben die internationale marxistische Solidarität innerhalb unseres Volkes zerbrochen, um den Millionen deutscher Arbeiter eine andere, bessere Solidarität dafür zu geben. Es ist die Solidarität unseres eigenen Volkes, die unzertrennliche Verbundenheit nicht nur in glücklichen, sondern auch in schlimmen Tagen, die Verbundenheit nicht nur mit denjenigen, die vom Glück gesegnet sind, sondern auch mit denjenigen, die vom Unglück verfolgt sind." Dieses Winterhilfswerk war nicht nur der Ausdruck eines völkischen Zusammengehörigkeitsbewußtseins, daß der, der etwas hatte, abgab davon, um seinen bedürftigen Volksgenossen zu unterstützen, sondern es war zugleich die Betätigung eines reinen deutschen Christentums, eines freudigen gemeinsamen Opfergeistes über die trennenden Bekenntnisse hinweg: Um diese Verbundenheit aller Deutschen, der reichsten mit den ärmsten, sichtbar zu gestalten, wurde der sogenannte Eintopfsonntag eingeführt, an dem sämtliche deutsche Familien einmal im Monat ein schlichtes Mittagsmahl aßen unter Verzicht auf alle kostbaren und kostspieligen Genüsse, und so sinnfällig die völkische und schicksalhafte Verbundenheit aller Angehörigen der Nation zum Ausdruck brachten.
Der vierte Teil des deutschen Volkes, 16 617 681 Menschen, wurden vom Winterhilfswerk unterstützt. Es wurden verteilt Lebensmittel im Werte von 126 Millionen Mark, Holz und Kohlen 84½ Millionen, Kleidungsstücke 78 Millionen Mark. Oder im einzelnen: 53 Millionen Zentner Kohlen, 150 Millionen Zentner Kartoffeln, 12⅓ Millionen Brote, 6½ Millionen Pfund Zucker, 6 Millionen Liter Milch, 2,6 Millionen Stück Eier, 1,7 Millionen Paar Schuhe! Aus diesen Zahlen mag man die Wucht und die Größe erkennen, mit der es dem Nationalsozialismus gelang, seine größte soziale Tat zu leisten. Das Werk konnte nur gelingen, weil jeder im Volke mithalf. "Das Wunder, es mag noch so unmöglich erscheinen, liegt im Idealismus und in der leidenschaftlichen Hingabe der ganzen Nation begründet", sagte Dr. Goebbels am 9. Oktober 1934. Stadt und Land, Bauer und Städter, hoch und niedrig, arm und reich wetteiferten in gleicher Weise, teilzuhaben an dem großen Opferwerke für das Volk. Das Charakteristische hieran war, daß es sich nicht um Almosenspenden handelte, die bei dem Empfänger das Gefühl einer Demütigung auslösen mußte, sondern um wirkliche Opfergaben, die unter der Voraussetzung der menschlichen Gleichberechtigung zwischen Gebendem und Empfangendem gegeben und empfangen wurden. Auch hier wieder nicht der Appell an die Sache, sondern an die Persönlichkeit, an das Herz, an die Seele. Soweit wir in der deutschen Geschichte zurückblicken, nirgends finden wir ein so eindrucksvolles Zeugnis völkischen Gemeinschaftsbewußtseins wie dieses. Wie viele Arme und Bedrückte brachten Adolf Hitler ihr Scherflein, um damit noch [87] Ärmeren zu helfen! Es war eine Segenstat, die Ruhe und Frieden hineinströmte ins Volk, Hunger- und Teuerungsunruhen gab es nicht mehr. Ein solches Werk wäre unmöglich gewesen, wenn das deutsche Volk noch nach Klassen und Parteien gespalten gewesen wäre. Wäre es denkbar gewesen, daß Scheidemann oder Wirth oder Brüning die Deutschen zu solch einer freiwilligen sozialistischen Tat hätten aufrufen können? Mit Gewalt und Bitternis hätten sie die Gaben erzwingen müssen und hätten doch kaum auch nur einen Bruchteil von dem bekommen, was das deutsche Volk Adolf Hitler freiwillig darbrachte! Am 1. März, als das erste Winterhilfswerk seinem Ende entgegenging – es sollte alljährlich wiederholt werden, solange es Notleidende und Bedürftige in Deutschland gab –, wurde der Nationalsozialistischen Volkswohlfahrt eine neue Aufgabe gestellt, das Hilfswerk "Mutter und Kind". Auch hier wurden aus freiwilligen Spenden des Volkes Unterstützungen und Erholungsfahrten für abgearbeitete kinderreiche Mütter und unterernährte, schwächliche Kinder ermöglicht. Mutter und Kind sind das Unterpfand für die Unsterblichkeit des Volkes, sie aber der Kern aller nationalsozialistischen Politik. Anfang Oktober 1934 rief der Führer zum zweiten Winterhilfswerk auf. Der Dienst der Nation für die Hilfe der Armen wurde sinnfällig zum Ausdruck gebracht durch den Tag der nationalen Solidarität, den 8. Dezember 1934, da die Minister und die Spitzen der Partei in allen Städten selbst auf den Straßen sammelten und 35 Millionen Groschen zusammenbrachten!
Ein weiterer Schritt zur politischen und weltanschaulichen Konzentration war es, daß Ende März 1934 ein Teil der Gliederungen, die zum großen Teile Volksgenossen, die nicht der NSDAP. angehörten, umfaßten, fest in die Bewegung eingefügt wurden. So handelte es sich zunächst um die nationalsozialistische Betriebszellenorganisation, die das feste Rückgrat der Arbeitsfront darstellt, um die Nationalsozialistische Handwerks- und Gewerbeorganisation, den Nationalsozialistischen Lehrerbund und die Nationalsozialistische Volkswohlfahrt. So wurde das Wesen der Partei zum Wesen der großen Volks- [88] organisationen, und darin lag in Zukunft die Garantie, daß die Partei eine stolze Minderheit bleiben konnte, sie war der Predigerorden, und die Gemeinde stellte das in den Organisationen erfaßte Volk dar.
Im Zusammenhang mit diesen Betrachtungen muß auch erwähnt werden, daß die Regierung auch in den Gemeinden endgültig mit dem liberalistischen Parlamentssystem aufräumte. Um die Jahreswende 1933/34 verkündete Ministerpräsident Göring die neue Gemeindeordnung, die auch für die kommunale Selbstverwaltung das unbedingte Führerprinzip herstellte und die bisherigen Kommunalparlamente durch
Stadt- und Gemeinderäte mit nur beratendem Charakter ersetzte. |