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Schankau
(bei Karlsbad)
Bericht Nr. 306
Erblindung im Lager
Berichter: Josef Dörfl Bericht vom 29. 9. 1946
Ich wurde am
27. 8. 45 in Schankau verhaftet und bei der Einlieferung ins Bezirksgericht
Karlsbad so geohrfeigt, daß ich taumelte. Dabei bekam ich einen Schlag ins rechte Auge.
Im Januar erblindete ich plötzlich auf dem rechten Auge. Ich meldete mich sofort zum
Augenarzt, wurde aber erst 3 Wochen später zum Augenarzt vorgelassen, als ich auch am
Kopf und Oberkörper zahlreiche Abszesse bekam, die im Krankenhaus behandelt werden
mußten. Eine zeitlang war ich nun täglich beim Augenarzt, der Einspritzungen
machte. Durch meine Verlegung ins Kreisgericht Eger wurde die Behandlung durch 2 Monate
unterbrochen. Erst im Juli 1940 konnte ich wieder einen Augenarzt in Eger aufsuchen, der mir
erklärte, es sei nichts mehr zu machen.
Schildberg
Bericht Nr. 307
Mord
Berichterin: Ottilie Smrtschka
Ich wohnte bei
Herrn Wilhelm Bartosch, Spenglermeister in Schildberg Nr. 346. Wir wohnten da
sieben Familien, darunter der Bindermeister Josef Assmann, Familienvater von fünf
Kindern. Eines Tages, so Mitte Mai, vormittag um 10 oder ½11 Uhr, sah ich von meinem
Küchenfenster aus eine Anzahl
Männer (14-15) mit Knüppeln und Gewehren in den Händen auf unser Haus
stürzen. Es waren Tschechen, die Mehrzahl waren Partisanen. Sie drangen von zwei
Seiten
in die Wohnung des Josef Assmann ein. Dieser wollte ihnen entfliehen, welches ihm leider nicht
gelang. Sie schlugen mit Knüppeln und Gewehrkolben auf ihn los. Das Hemd hing in
Fetzen von seinem Oberkörper, der über und über ganz blau und mit Blut
unterlaufen war. Unter Schreien und Jammern brach er mehrere Male zusammen. Einige von
den
Männern rissen ihn immer wieder hoch und schlugen von frischem auf ihn los.
Plötzlich schrie er gellend laut auf und ich sah, daß nach einem schweren Hieb mit
dem Gewehrkolben sein Kopf in zwei Teile auseinander ging. Er brach zusammen und stand
nicht
mehr auf. Das Blut rann bloß so über seinen Körper. Die Kleider waren ihm
ganz vom Leibe gerissen worden und so schleppten sie ihn in den Hof vom Nachbar, wo sie ihn
dann erschossen. Seine eigenen Kinder, 10, 7, 5 und 3 Jahre alt, waren Augenzeugen dieser Tat.
Sie schrien und jammerten laut um ihren Vater. Er lag über eine Stunde ganz nackt und
verkrüppelt mitten im Hof, wo Kinder und Erwachsene hingingen und sich ihn ansahen.
Einer aus der Menge der Zuschauer holte einen rohen Sack und deckte den Toten zu. Deutsche,
unschuldig Eingesperrte mußten ihn auf den Friedhof schaffen und dort einscharren.
Schlackenwerth
(und Karlsbad, Kaschlitz, Spickengrün)
Bericht Nr. 308
Mißhandlungen zur Erpressung von
Aussagen
Berichter: Josef Czech Bericht vom 18. 9. 1946
Ich war in
der CSR Gendarm bis 1938 und wurde dann nach dem Anschluß vom Reich als
Gendarm übernommen. Am 18. 5. 45 übergab ich meinen Gendarmerieposten in
Schlackenwerth den Tschechen. Am 13. 6. 1945 wurde ich von Partisanen verhaftet und nach
schweren Mißhandlungen einer militärischen Spionageabwehrabteilung
übergeben. Diese Abteilung war in der Villa Fasolt in Karlsbad untergebracht. Dort wurde
ich wiederholt aufs Schwerste mißhandelt, da man von mir Aussagen über
verborgene Waffen, führende Nazis usw. erpressen wollte. Ein mir mit Namen
unbekannter SA-Mann aus Kaschlitz bei Karlsbad wurde bei ähnlichen
Mißhandlungen vor meinen Augen erschlagen. Ich war ferner Augenzeuge, wie am 14. 6.
in
Spickengrün, wohin ich im Auto mitgenommen worden war, von sieben verhafteten
Bauern
fünf an Ort und Stelle nach schweren Mißhandlungen erschossen wurden. Zwei
wurden mit nach Karlsbad genommen und dort am selben Tag noch erschlagen. Ich selbst
mußte die beiden Leichen auf ein Auto aufladen. Am 15. 6. 45 wurde ich wieder entlassen.
Schlag
Bericht Nr. 309
Lager Reichenau, Mißhandlungen
Berichter: A. Heinl Bericht vom 14. 10. 1946
Ich war bis zum Jahre 1937
sozialdemokratisch organisiert und eine zeitlang sogar
sozialdemokratischer Gemeindevertreter in Schlag. Am 28. 5. 1945 wurde ich in Schlag
verhaftet
und dabei furchtbar mißhandelt. Diese Mißhandlungen wurden nach einigen Tagen
im Lager Reichenau fortgesetzt. Dabei wurden viele buchstäblich zu Tode
geprügelt.
Vielen wurden die Zähne herausgeschlagen oder das Nasenbein zerschlagen. Einer verlor
durch die Mißhandlungen sein rechtes Auge. Wir alle waren bis zur Unkenntlichkeit
entstellt. Als Folge der Unterernährung wurde ich Ende Juni 1945 ins Krankenhaus
Gablonz eingeliefert, wo die Deutschen verpflegsmäßig völlig
vernachlässigt wurden. Nach meiner Genesung im September kam ich nach Reichenau ins
Lager zurück, von wo aus ich als Buchdrucker eingesetzt wurde. Mein erstes
Verhör
fand am 29. 12. statt, bei dem mir kein Verhaftungsgrund angegeben werden konnte. Am 29. 6.
1946 wurde ich haftfrei erklärt, was mir aber erst am 4. 10. 1946 bekanntgegeben wurde.
Meine Frau wurde am 8. 7. 1946 nur mit geringstem Handgepäck in schwerkrankem
Zustand aus der Wohnung gejagt und ausgewiesen.
Schlaggenwald
Bericht Nr. 310
Ausplünderung bei
Gepäckkontrolle
Berichterin: Josefine Otto Bericht vom 1. 6. 1946
Mir wurden von dem
Gepäck von zwei Personen bei der Gepäckkontrolle in
Schlaggenwald nahezu die gesamte Bettwäsche, Tischtücher, Handtücher,
Geschirrtücher, 1 Anzug, 1 Mantel und 2 Decken und ein Polster abgenommen. Die
Kontrolle wurde durchgeführt, während ich leibesdurchsucht wurde und deshalb
konnte ich erst später feststellen, was mir fehlte.
Bericht Nr. 311
Mißhandlungen
Berichter: Helmut Nordmann Bericht vom 13. 9. 1946
(Schlaggenwald, Elbogen, Karlsbad, Neurohlau)
Ich wurde am 10. 7. 45 in
Schlaggenwald bei Elbogen verhaftet und dann in der Burg Elbogen
und später in Neurohlau gefangen gehalten. In Elbogen und in Neurohlau wurde ich
schwer
mißhandelt. In Neurohlau wurde ich einmal so geschlagen, daß ich 48 Stunden
bewußtlos in der Krankenbaracke lag. Der Kommandant selbst hatte mich bewußtlos
geschlagen. Dadurch erhielt ich schwere Kopfverletzungen mit Hirnhautblutung und
Nervenstörungen. Trotz dieses Zustandes mußte ich monatelang schwere
körperliche Arbeiten bei geringster Verpflegung verrichten. Auch war ich gerade wegen
meiner körperlichen Schwäche weiteren Mißhandlungen ausgesetzt. Am 9. 4.
46 erst wurde ich ins Krankenhaus Karlsbad auf die Nervenabteilung eingeliefert, wo sich mein
Zustand aber bis zu meiner Aussiedlung nur wenig besserte. Bei der Aussiedlung hatte ich nur
wenig Gepäck, das mir Kameraden geschenkt hatten. Wegen Bekleidung, die mir fast
vollständig fehlte, wandte ich mich an das Aussiedlungslager, wo ich eine schadhafte
Hose
und einen Smoking erhielt.
Schönbach
(Kreis Deutsch-Gabel)
Bericht Nr. 312
Schwere Mißhandlung eines Deutschen
im September 1945
Berichterin: Antonia Honsek Bericht vom 22. 6. 1950
Ich, Antonia Honsek,
geborene Pietsch, geboren am 2. 10. 1875 in Schönbach,
Krs. Deutsch-Gabel (Sudetenland), von meiner Geburt bis zur Vertreibung im Jahre 1946 in
Schönbach Nr. 168,
Krs. Deutsch-Gabel wohnhaft, lege folgenden Erlebnisbericht vor. Meine nachstehenden
Angaben
entsprechen der reinen Wahrheit, ich bin bereit, diese jederzeit unter Eid zu bekräftigen.
Namen und Datum können vollinhaltlich veröffentlicht werden. Zeugen kann ich
benennen.
1945 kam der in unserer Heimatgemeinde eingesetzte tschechische Kommissar Kvaz mit einem
aus dem Inneren Böhmens
eingetroffenen 21-jährigen Tschechen und
einer 17-jährigen Tschechin zur Besichtigung und Wegnahme unseres Hauses und
Eigentums.
Mein Mann, der auf Grund seiner
Gebrechlichkeit - er war 75 Jahre - sich niedergelegt hatte, hörte nicht sofort das Klopfen
seitens des Einlaß begehrenden Tschechen an unserer Haustür. Daraufhin schlug der
tschechische Kommissar mehrere Fensterscheiben unseres Hauses ein. Als dann mein Mann die
Haustür öffnete, wurde er ohne ein Wort sagen zu können, von Kvaz mit
geballten Fäusten so lange ins Gesicht geschlagen, bis er blutüberströmt
zusammenbrach. Als mein Mann nach längerer Zeit aus seiner Ohnmacht erwachte, waren
seine Lippen derart angeschwollen, daß diese teilweise platzten. Sein Gehör erlitt
ebenfalls schweren Schaden. Außerdem war mein Mann ab diesem Zeitpunkt geistig
gestört. Mein Mann war von Beruf Arbeiter. Zeit seines Lebens war er gewerkschaftlich
organisiert und jahrzehntelang Mitglied der Sozialdemokratischen Partei.
Im Juni 1946 wurde ich dann mit meinem an Leib und Seele gebrochenen Ehemann und mit
meiner Enkelin aus unserem Heimatdorfe verjagt und in Schönow, Kreis Niederbarnim in
der sowjetischen Zone Deutschlands notdürftig untergebracht. An den Folgen der
Mißhandlungen jenes tschechischen Kommissars Kvaz, und verschlechtert durch Hunger,
starb dann mein Mann am 13. 10. 1947 in Schönow.
Schönhengst-Schacht
Bericht Nr. 313
Ermordung eines deutschen Bergarbeiters
Berichterin: Emma Prudl Bericht vom 15. 6. 1946
Mein Mann war in
das Kohlenbergwerk Schönhengst von den Tschechen arbeitsverpflichtet
worden. Er hat auch früher schon dort gearbeitet. Am 9. 9. 1945 in der Nacht kamen vier
Partisanen und fragten nach meinem Mann. Ich sagte, daß er nicht zuhause sei, er
sei nach Klein-Hermigsdorf zu seinen Eltern gegangen. Früh um ½6 Uhr kam
wieder ein Partisane und fragte nach meinem Mann. Dieser war noch nicht zuhause. Um 6 Uhr
kam mein Mann zurück. Ich erzählte ihm, daß er gesucht worden sei. Mein
Mann wusch sich und ging zum Nachbar. 10 Minuten später kamen die Partisanen wieder.
Als diese am Hof standen, kam mein Mann vom Nachbar heraus. Als die Partisanen meinen
Mann erblickten, stürmten sie auf ihn los. Als sich mein Mann umwendete, krachten
mehrere Schüsse und mein Mann fiel getroffen zu Boden. Mrkwec Leo und sein Vater
haben auf ihn geschossen. Einer von beiden hat ihn erschossen. Ich kann diese Aussage beeiden.
Schönlinde
Bericht Nr. 314
Mord an Jugendlichen, Vertriebenenlager,
Schändung
Berichter: N. N. Bericht vom 3. 7. 1950
Unsere Heimatstadt
Schönlinde liegt 6 km von der sächsischen Grenze entfernt,
eine
rein deutsche Stadt, ganze 17 Tschechen beherbergte sie. Im Juni 1945 erfolgte die erste
Ausweisung von 1500 deutschen Geschäftsleuten, Lehrern und Beamten, jede Familie
konnte sich Kleidung und Wäsche mitnehmen, soviel sie tragen konnten, alles Neue und
Schöne, sowie Geld und Wertsachen wurden bei der Leibesvisitation am Ortsausgang
weggenommen. Nun trieb man sie in langen Elendszügen mit Peitschenhieben und
Kolbenstößen die weiteste Strecke über Dittersbach zur Grenze, 25 km Weg,
natürlich mußten die meisten ihre letzte Habe infolge Übermüdung
unterwegs liegen lassen. Alle führenden Männer wurden verhaftet, darunter auch
der
Primar des Krankenhauses Dr. Petzold und täglich auf das Unmenschlichste geschlagen
und zu den niedrigsten Arbeiten gezwungen. Zu essen gab es nur Wasser und Brot. Der
Bürgermeister mit Familie, ein Arzt und noch viele andere entzogen sich der Marter durch
Selbstmord. Nach Wochen brachte man die Häftlinge in das berüchtigte KZ
Rabstein
bei Böhmisch Kamnitz. Einen Fall möchte ich anführen. Aus der Familie
Köhler verhaftete man den Vater und seine
beiden 17-jährigen Söhne (Zwillinge). Man schlug nun in bestialischer Weise auf
die
beiden Jungen ein und trampelte mit den Stiefeln so lange auf ihnen herum, bis sie kein
Lebenszeichen mehr von sich gaben, den Vater zwang man zuzusehen, bis seine Söhne tot
waren, kurze Zeit später war auch er erledigt.
Im Juli erfolgte eine zweite Ausweisung aus Schönlinde unter den gleichen
Mißhandlungen. In der Zwischenzeit kam ein gleicher Elendszug von 2400 Personen aus
Warnsdorf, das direkt an der Grenze liegt, trotzdem trieb man sie über Schönlinde
nach Hermsdorf 27 km weit. Auf Schubkarren, Leiterwagen mit drei Rädern und
dergleichen fuhren sie ihre Kranken und alten Familienmitglieder ins Elend. Damit wir ihnen
nicht mehr im Wege waren schaffte man uns als Arbeitssklaven ins Innere der Tschechei. Wir
kamen in das Kalkwerk Biskup bei Prag. Hier wurden wir sehr anständig behandelt und
untergebracht. Nach 6 Monaten brachte man uns auf Befehl der Regierung nach dem Lager
Modrany, von da nach dem berüchtigten KZ Lesany, genannt die "grüne
Hölle", um uns hier 9 Monate als Lagerarbeiter auszubeuten. Die Familien wurden
getrennt, wer nicht arbeiten konnte, mußte fast verhungern. Auf ihrer Flucht vor den
Russen
nach Westdeutschland berührten viele Schlesier den Sudetengau. 15.000 von ihnen
brachte
man hierher, beraubte sie ihrer Trecks und ihrer letzten Habe, um sie hier an Hungertyphus
zugrunde gehen zu lassen. Der große Lagerfriedhof mit seinen tausend Kreuzen gibt ein
beredtes Zeugnis. Im Frühling 1947 verkaufte man uns gegen Speck und Butter wiederum
an die Bauern als Sklaven. Ein Regierungserlaß besagte, alle Deutschen müssen von
5 Uhr früh bis 22 Uhr abends arbeiten, als Verpflegung gilt die Gefangenenration. Wir
kamen zu dem Bauer Jirsa in Pelec, Kreis Kamenice n/L. 16 Stunden täglich mußten
wir unter ständiger Aufsicht arbeiten, auch meine schulpflichtigen Kinder, dabei gab es
schwarzen Kaffee und trocken Brot. Im Winter mußten wir Holz im Walde schlagen, die
Kinder Federn schleißen. Zur Schule durften sie nicht gehen.
Im Mai 1945 wurden 7
Wehrmachtsangehörige an das Hoftor des Bauern genagelt und zu Tode gemartert, was
seine Nachbarn bezeugten. Zwei schlesische Mädchen, zwei Schwestern 18 und 20 Jahre,
wurden täglich, wenn sie von der Feldarbeit heimkamen, den Russen überlassen.
Nach 11-monatiger schwerster Arbeit gelang es mir, in einer Ziegelei arbeiten zu dürfen,
hier ging es uns wesentlich besser. Im Herbst 1948 brachte man uns wieder nach Lesany, hier
beraubte man uns unserer schwerverdienten wenigen Barmittel und siedelte uns nach Sachsen
aus.
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