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Rokitnitz
(im Adlergebirge)
Bericht Nr. 300
Mißhandlungen und Ermordungen
Berichter: Direktor Pischel Bericht vom 31. 7. 1950
Als am 7. und 8. Mai 1945
einzelne Truppenteile und Formationen der schlesischen Armee unser
Städtchen passierten, wußten wir, daß die Katastrophe nur eine Frage von
wenigen Tagen sein konnte. Alarmnachrichten jagten einander. Vor den Häusern standen
die Bewohner, eine Flucht war unmöglich. Schon hielten tschechische Partisanen alle
Straßen besetzt und entwaffneten unsere Soldaten. Wer nur die geringste Miene zum
Widerstand machte wurde erschossen. Tatsächlich folgten die Russen den deutschen
Truppen auf dem Fuß und auf allen Straßen ergossen sich tausende von
Geschützen, Panzern und motorisierte Truppen über den Kamm des Adlergebirges
in
unsere Heimat, füllten die Gebirgsdörfer und rasten, die deutschen Truppen
überholend, gegen Prag.
Als aber die tschechischen Partisanen unsere Heimatstadt besetzten, mußten wir
Augenzeugen von furchtbaren Untaten sein.
Was nicht niet- und nagelfest war, wurde geraubt, und fast alle Männer ohne
Rücksicht auf das Alter verhaftet und unter schweren Mißhandlungen ins
Gefängnis geschleppt. Die Einmannzellen waren bald bis zum Bersten gefüllt. Die
weiteren Gefangenen wurden daher in die Kasernen geschleppt. Was sich in den
Gefängnissen abgespielt, kann nicht geschildert werden. Viele Deutsche suchten durch
Selbstmord den furchtbaren Mißhandlungen zu entgehen. Ein besonders schwarzer Tag
war
der Pfingstsamstag, der 19. Mai 1945. Die Gefangenen, darunter auch ich wurden, schon halb
verhungert, in die Kaserne zur Arbeit getrieben. So mußten wir z.B. je 2 Mann schwere
Schränke die Treppen herunter über die großen Kasernenhöfe hinweg,
in
andere Gebäude, dort wieder einige Treppen hoch schleppen. Überall standen die
Partisanen und hieben mit Stecken, Eisenstangen, Gummiknüppeln,
Fahrradschläuchen und Gewehrkolben auf die unglücklichen Menschen ein, ohne
Rücksicht, wohin sie trafen. Mir selbst floß das Blut aus vielen Kopfwunden in die
Augen und über den Nacken den Rücken hinab.
Viele brachen unter den Schlägen zusammen und wurden geprügelt und mit
Füßen getreten. Ich selbst hatte einmal über 20 Beulen am Kopf und zwei
tiefe
Wunden am Arm. Da wir fast nichts zu essen erhielten, waren wir bald vollkommen
entkräftet. Auch unser Stadtpfarrer wurde mehrmals verhaftet, schwer mißhandelt,
der Gottesdienst verboten und die Kirche versiegelt. Zuletzt wurde er in das
Staatsgefängnis
nach Königgrätz eingeliefert.
Noch immer wurden weitere Menschen, darunter auch Frauen, aus den Dörfern
eingeliefert.
Die Verhöre der Gefangenen begannen unter steten Mißhandlungen. Baumeister
Hermann wurde wenige Schritte vor mir von einem Partisanen niedergeschossen.
Hitlerjungen von 10-14 Jahren, die sich unter den Verhafteten befanden und grün und
blau
geschlagen waren, mußten ihn hinter der Kaserne einscharren. Ich selbst wurde zweimal
hinter die Kaserne geführt und sollte dort erschossen werden. Da ich keinerlei Angst
zeigte,
trieb man mich unter fürchterlichen Hieben mit dem Knüppel zu den anderen
Häftlingen zurück. In der Kaserne war eine Zelle als Folterkammer eingerichtet
worden. Abend für Abend wurden Häftlinge aus den Zellen geholt und in der
grausamsten und brutalsten Weise zu Tode gemartert. Oft wurden ihnen bis zu 50
Stockschläge aufgezählt. Furchtbar war das Schicksal des weit und breit bekannten
Stadtarztes Dr. Rudolf Wanitschke, der hier nach mehreren vergeblichen Selbstmordversuchen
buchstäblich zu Tode geprügelt wurde. Die Bewußtlosen wurden
regelmäßig mit einer Kanne kalten Wasser begossen, dann in die Zelle geworfen,
wo
sie infolge der Kälte wieder zum Bewußtsein kamen. Diese Martern wiederholten
sich einige Tage, bis die Unglücklichen durch den Blutverlust starben oder den
Gnadenschuß erhielten. In den Abendstunden wurden die Ermordeten in der Umgebung
der
Stadt verscharrt. Ihre Familien erhielten keine Verständigung über den Tod ihrer
Angehörigen.
Von meinen Bekannten befinden sich unter den bestialisch Ermordeten, außer Dr.
Wanitschke und Baumeister Hermann, Franz Gregor, Leiter der Städtischen Sparkasse,
mein Bruder Wilhelm, Kubitschke Alois, Uhrmacher, Gottwald, Pächter vom Schwarzen
Adler, Spanel und Leichter, beide Angestellte des Arbeitsamtes, Oberlehrer Jörka
aus Groß-Stiebnitz, Lehrer Spanel
aus Ober-Riebnei, Heinrich Letzel
aus Himml.-Riebnei und viele andere.
Die Stadtbürger Kaufmann Finger, Fleischermeister Willi Pöter, Fritz Habenicht
(Sägewerksbesitzer der ehemaligen Froschmühle) wurden nach Senftenberg
verschleppt und nach grausamen Foltern erhängt. Die Männer, welche dem Tode
entgingen, wurden von den Tschechen in die rasch
eingerichteten KZ-Lager, 51 an der Zahl, verschleppt, wo sie schwere Arbeit verrichten
mußten, z. B. im Bergbau unter Tag, bei elender Verpflegung und ständiger
Mißhandlung. Viele gingen in diesen Lagern zu Grunde oder erlitten Schäden an
ihrer Gesundheit. Viele sind bei ihrer Rückkehr gestorben, so der Forstverwalter Scherz
und
der Schwiegersohn vom alten Kotisa, Herr Cernoch.
Das Elend der Zurückgebliebenen erreichte seinen Höhepunkt durch das
schlagartige, unerwartete Einsetzen der Vertreibung aus der Heimat am 5. Juni 1945, da
Rokitnitz
die erste Stadt im Sudetengau war, wo die Bevölkerung vertrieben wurde.
Ahnungslos gingen die Ärmsten am Morgen dieses Tages ihren Geschäften nach,
als
die Partisanen in die Häuser drangen und sie zwangen, nur unter Mitnahme weniger
Habseligkeiten alles, was sie besaßen, zu verlassen.
Mühselig schleppten sich Alte und Kranke auf den Sammelplatz, angetrieben unter
Flüchen und Brüllen der Partisanen. Auf dem Sammelplatze wurden alle der
schärfsten Kontrolle unterzogen, d.h. alles was noch einigen Wert hatte, geraubt. Kleine
Andenken, die geringe Barschaft, Kinderwäsche und Betten.
Gegen 3 Uhr Nachmittag bewegte sich der Elendszug über den Ringplatz, begleitet von
höhnischen Zurufen der Tschechen, die lachend dem herzzerreißenden Schauspiel
zusahen. Viele Tschechen standen am Wege mit ihren Fotoapparaten, um dieses Ereignis im
Lichtbilde festzuhalten. Bei Herrenfeld und Batzdorf wurden sie von den schwerbewaffneten
Partisanen über die Grenzbrücke getrieben und ihrem Schicksal überlassen.
Am zweiten Tag erreichten sie die schlesische Stadt Habelschwerdt. Dort wurden sie vom Roten
Kreuz übernommen und in Baracken untergebracht. Habelschwerdt sowie das ganze
Glatzer Land war von Polen besetzt. Hier herrschten dieselben Zustände wie in den letzten
Wochen in der Heimat. Im März 1946 wurden die Vertriebenen mit den Schlesiern
gemeinsam von den Polen ausgesiedelt.
Römerstadt
Bericht Nr. 301
Vergewaltigung durch einen tschechischen Offizier
am 14. Oktober 1945
Berichter: Ottokar Montag Bericht vom 21. 6. 1950
Am 14. Oktober 1945
besuchte meine Tochter Frau K., die den Betrieb einer tschechischen
mechanischen Weberei, welche einer deutschen Firma enteignet worden war, leitete, eine
Freundin.
Auf dem Heimwege gegen 6 Uhr führte sie ihr Weg in der Nähe der ehemaligen
deutschen Oberrealschule, die vom tschechischen Militär als Kaserne benützt
wurde,
vorbei. Plötzlich stellte sich ihr im Dunkel ein Offizier entgegen und sprach sie russisch
an.
Meine Tochter war der Meinung, es sei ein Russe und versuchte wegzulaufen. Daraufhin
ertönte ein Pfiff aus der Signalpfeife des Offiziers, es war dies der tschechische
Oberleutnant Bischof, ein ehemaliger Legionär, und im Laufschritt erschienen 6 Soldaten
aus der naheliegenden Kaserne und es begann eine wilde Jagd nach ihr. Einige Male gelang es
meiner Tochter allen 7 Mann zu entkommen, obwohl sie schon auf der Straße
mißhandelt wurde. Vergebens bat sie Vorbeikommende um Hilfe, die Deutschen konnten
keine leisten aus Angst, daß ihnen das Gleiche geschähe, die Tschechen lachten und
freuten sich an dem Schauspiel.
Meine Tochter kam bis ungefähr 50 Meter an ihre
Wohnung heran, dann verließen sie die Kräfte. Mit Schlägen und
Stiefeltritten
in den Rücken und die Nierengegend wurde sie in die Kaserne geschleppt, dort in ein
Zimmer gebracht und von dem Offizier in der gröblichsten Weise mißhandelt.
Wiederholt warf er sie zu Boden und schleifte sie an den Haaren im Zimmer herum, wobei er an
sie die Frage richtete: "Willst Du mir zu Willen sein?" Weit ausgeholte Faustschläge
trafen
sie immer wieder ins Gesicht, sodaß ihr das Blut herunter rann und mit diesem Blut die
Sonntagsuniform des Offiziers über und über beschmiert war. Auf dem
Fußboden zeigten die Blutspuren den Weg an, den meine Tochter geschleift wurde.
Zwischendurch ist sie gezwungen worden, "Habt Acht" zu stehen und laut zu rufen, "Es lebe
Adolf
Hitler!" Weil es angeblich zu wenig laut war und nicht in der ganzen Kaserne gehört
werden konnte, wurde sie abermals schwer mit Faustschlägen traktiert. Durch einen
solchen Schlag in die Magengegend wurde sie schließlich ohnmächtig. Was
während dieser Zeit mit ihr geschah, weiß sie nicht. Als sie, am Boden liegend,
wieder zu sich kam, trat sie der Offizier mit den Stiefeln auf die Brust. Zwei tschechische
Soldaten
mußten den Mißhandlungen beiwohnen, einer von ihnen hielt sich ständig die
Hände vor die Augen, weil er die schrecklichen Vorgänge nicht mit ansehen
konnte.
Mit Hilfe dieses Soldaten konnte sie endlich entfliehen, heimgekommen brach sie, das Gesicht
bis
zur Unkenntlichkeit entstellt und voller Blut, zusammen. Der tschechische Verwalter unseres
enteigneten Hauses nahm sich ihrer sofort an, führte sie zur Polizei und erstattete
über den Vorfall die Anzeige. Es wurde ihm verübelt, daß er sich zum
Beschützer einer Deutschen aufgeworfen hatte, ein Protokoll wurde zwar aufgenommen,
jedoch ließ man es von der Mißhandelten nicht unterschreiben. Man schickte sie zur
Untersuchung ins Krankenhaus, stellte dort ein ärztliches Zeugnis aus, dem Offizier
geschah nichts. Mit dem erwähnten Verwalter, sein Name war N. N., und seiner Frau, die
beide sehr menschlich dachten und auch darnach handelten, lebten wir bis zu unserer
Ausweisung
im besten Einvernehmen. Er beließ uns einige Zimmer des Hauses samt den
Möbeln
als Wohnung und trat allen Versuchen, diese auszuräumen, energisch entgegen.
Bericht Nr. 302
Beschwerden über den Transport an den First Lt.
Lambert,
amerikanischer Grenzoffizier Furth im Walde
Berichter: Wank, Grenzkommissar der Flüchtlinge Furth i. W.
Bericht vom 10. 4. 1946 (Römerstadt)
Bei dem oben
genannten Transport wurden folgende Beschwerden festgestellt:
a) von Römerstadt.
In jedem Wagen des ganzen Transportes wurden viele Flüchtlinge immer wieder
festgestellt, die nicht mehr im Besitze ihrer Ausweispapiere waren, da sie ihnen abgenommen
worden waren im Sammellager, z. B. alle Dokumente, Geschäftspapiere,
Anstellungspapiere, Sozialversicherungspapiere und besonders Versicherungspolizzen.
Während der Reise erhielten die Säuglinge keine warme Milch, die Milch war
sogar in ungekochten Zustand gereicht.
Frau Trampisch von Römerstadt wurde von einem Mitglied der R. G. in ihrer Wohnung
geschlagen (augenscheinlich von einem Sohn eines Kommissars), sodaß sie ein blaues
Auge hatte, weil sie sich weigerte, diesen Mann ihr Gepäck untersuchen zu lassen, da er
nicht dazu berechtigt war. Nichtsdestoweniger drang er in die Wohnung ein und nahm die besten
Sachen aus dem Gepäck.
b) von Iglau.
Die Ausweispapiere werden bei den meisten Teilnehmers des Transportes vermißt, wie
Heiratsurkunden, Erbschaftspapiere, Geschäftserlaubnis, so gut wie
Versicherungspolizzen
etc. Diese wurden den Leuten in den Lagern abgenommen mit der Erklärung, daß
die
Papiere zurückgegeben würden bevor sie das Lager verließen. Dies geschah
aber nicht, obgleich die Leute ihre Papiere forderten. Sogar die Trauringe wurden
abgenommen.
Die Ausrüstung des Gepäcks war die schlechteste der bisherigen Transporte. Ein
Teil
der Leute besaß nur das, was sie am Körper trugen. In einigen Fällen war es
ihnen nur möglich, ein oder zwei Garnituren Unterwäsche und vielleicht einen
Anzug mitzunehmen, als sie ihr Heim verließen, sodaß sie ihr ganzes Besitztum in
einem Rucksack, der höchstens 10 kg wog, trugen. Ein Teil des Transportes besaß
nur ein Gepäck, das höchstens 30 kg wog.
Dieses Elend rührt daher, daß die Flüchtlinge von den Verwaltern von ihren
Landhäusern getrieben worden waren, ohne daß man ihnen Zeit ließ, die
notwendigsten Dinge zu packen und 50 kg zusammenzubringen.
Ein Teil der Männer, die Kriegsgefangene oder im Gefängnis gewesen waren,
durften nicht nachhause zurückkehren ihr Gepäck zu holen, sondern wurden
sogleich
zum Lager gebracht, von wo sie in kurzer Zeit zu einem Transport zusammengestellt wurden.
Ein
Teil der Frauen wurde aus ihrem Vaterland verwiesen ohne den Gatten, der
zurückgehalten
wurde in Arbeitslagern oder im Gefängnis. So viele Frauen und Ehefrauen brachten
große Beschwerden vor, daß nicht Zeit genug war, sie alle zu notieren.
Im folgenden ist der Fall eines Kindes wiedergegeben, das ohne Eltern ausgewiesen wurde:
Franz Zaboj, geb. 19. Januar 1938, wurde ohne Eltern ausgewiesen, welche in dem
Kreisgefängnis zu Iglau festgehalten wurden.
Roßhaupt
Bericht Nr. 303
Kreisgericht Tachau - Pilsen 1945
Berichter: Franz Voit Bericht vom 5. 6. 1946
Ich wurde am 20. 6. 45 in
Roßhaupt verhaftet. In der dortigen tschechischen Schule wurde
ich mit vier anderen mit Fäusten, Fußtritten und Gewehrkolben verprügelt.
Von dort wurden wir in das Kreisgericht Tachau eingeliefert. Am selben Tag noch wurde ich
wie alle anderen in der
Zeit von 14-23 Uhr neunmal nackt mit Gummiknüppel und Ochsenziemern, jedesmal bis
zur Bewußlosigkeit verprügelt. Ich mußte mich jedesmal mit dem
Rücken nach oben auf den Boden legen, dann haben vier Mann mich vom Kopf
beginnend
bis zu den Füßen geschlagen. Sooft ich aus meiner Bewußtlosigkeit erwachte,
lag ich auf dem Rücken und hatte auch die Vorderseite voller Striemen. Am
nächsten
Tag von 5-13 Uhr wurde ich und die anderen in derselben Weise siebenmal verprügelt.
Dann wurden wir mit Handschellen gefesselt und nach Pilsen abtransportiert. In Bory wurden
wir - 19 Mann und zwei Frauen - gefragt, wer die Kaserne in Tachau hätte sprengen
wollen. Als keiner antwortete, wurden wir wiederum, diesmal von tschechischen
Sträflingen verprügelt. Dasselbe wiederholte sich dreimal. Dann wurden wir 19
Mann in eine Gemeinschaftszelle gebracht, wo wir von Aufsehern wieder verprügelt
wurden. Am nächsten Tag wurden wir noch dreimal in der Zelle verprügelt. Dabei
wurden mir vier Rippen gebrochen und zwei gebogen. Am Kopf blutete ich aus einer offenen
Wunde und mein Nasenbein wurde beschädigt. Nach 8 Tagen wurden je zwei Mann von
uns in Einzelzellen mit nur einem Strohsack und einer Decke gesperrt. Die Verpflegung war
unzureichend und meistens ungenießbar. Waschgelegenheit war vorhanden. Im September
wurde als fünfter, ein Tscheche, ungefähr 60 Jahre alt, mit Krätze und
Läusen
behaftet, zu uns in die Zelle gesteckt. Nach 5 Tagen starb er, ohne daß er irgend welche
ärztliche Hilfe gehabt hätte. Wir bekamen ebenfalls Krätze und Läuse
und lagen 6 Wochen in der Zelle, ohne daß wir ärztliche Hilfe bekamen,
sodaß
schließlich Arme und Beine vereiterten. Erst dann wurden wir von einem deutschen Arzt
behandelt, worauf in ungefähr einer Woche die Krätze verschwand. Am 24.
September verstarb in der Zelle auf meinem Schoß sitzend mein Zellenkamerad Johann
Blei, 46 Jahre alt, an Sepsis.
Am 21. 12. wurde ich mit 50 Mann in das Arbeitslager Karlov versetzt. Von dort aus wurde ich
zur Arbeit eingesetzt, bis ich am 17. 4. 46 nach Hause entlassen wurde.
Sankt Joachimsthal
Bericht Nr. 304
Augenzeugenbericht (Fall Kroupa) einer
Hinrichtung
Berichter: Rudolf Berthold Bericht vom 26. 8. 1949
Ich bin St.
Joachimsthaler und ist mir Kroupa persönlich bekannt. Bei meiner Austreibung
am 20. 8. 45 erschien Kroupa in Begleitung von vier bewaffneten Männern und zwei
Frauen in meinem Hause "Sonnblick" Nr. 924, forderte mich zuerst auf, alle Geldwerte,
Schmuck
usw. herauszugeben und dann binnen 20 Minuten das Haus zu verlassen. Meine Frage, ob er
einen schriftlichen Ausweis oder Auftrag zu dieser Gewalttat habe, beantwortete er mit
wüsten Drohungen. Kroupa spielte sich hierbei so auf, daß er bei mir die Meinung
erwecken mußte, daß er der damalige Stadtkommissar war, was auch der Meinung
der Bevölkerung entsprach, und so mußte ich mich der Gewalt fügen, und
wurde um alles gebracht. Zur Hinrichtung des M. Steinfelsner wurde ich unter Androhung des
Erschießens wie die Gesamtbevölkerung gezwungen und war Augenzeuge. Die
angeführten Tatsachen kann ich beeiden, ebenfalls die auch jetzt bei mir wohnhafte
Haushälterin Frau A. Martinitz.
Bericht Nr. 305
Hausdurchsuchung,
bestialische Mißhandlungen, öffentliche Hinrichtung
Berichter: Otto Patek Bericht vom 25. 8. 1949 (Sankt Joachimsthal)
Im Mai 1945 erfolgte
im Sudetengau der Umsturz. Von diesem Zeitpunkt an setzte die
Verfolgung der deutschen Bevölkerung ein. Als Vorsitzender wurde Franz Kroupa,
vormals
Fabriksbeamter in der Tabakfabrik St. Joachimsthal, eingesetzt. Kroupa war einer der
größten Deutschen- und Judenhasser. Er beteiligte sich persönlich an den
Durchsuchungen der deutschen Wohnungen. Er war es auch, der bestimmte, welche Personen in
Haft zu nehmen und zu liquidieren sind. In meinem Hause wurden zweimal
Hausdurchsuchungen
durchgeführt. Die erste Durchsuchung wurde vom tschechischen Militär
durchgeführt, das sich sehr anständig verhielt. Die zweite Durchsuchung wurde auf
Geheiß des Kroupa unter seiner persönlichen Leitung von der Gendarmerie
durchgeführt, wobei Kroupa mit vorgehaltener Pistole vorging. Bei dieser Durchsuchung
wurden bei mir alle Behältnisse aufgebrochen und ausgeraubt. Die Gäste, die noch
in
meinem Hause waren, wurden zusammengetrieben und ausgeraubt. Trotzdem sie bei mir nichts
Belastendes vorfanden, wurde ich zur Polizeistation gebracht, um angeblich ein Protokoll zu
unterschreiben. Sämtlicher Schmuck,
Uhren, Gold- und Silberwaren, sowie Bruchgold und Goldmünzen aus meinem
Geschäft und mehrere Koffer mit Wertsachen, welche gegen Bombengefahr noch im
Keller
waren, sowie mehrere Koffer von Kurgästen wurden mit bereitstehenden Autos
weggefahren. Von der Polizeistation kam ich jedoch in Wirklichkeit in das berüchtigte
Lager nach Schlackenwerth, was Kroupa zu bestimmen hatte.
In diesem Lager war ich mit noch weiteren 37 Deutschen beisammen und wurden bestialisch
mißhandelt. An dem Tage der Einweisung wurde ich in den Tanzsaal des ehemaligen
Gasthauses "Zum Franzosen" geführt, dort standen die Inhaftierten an den Wänden
und waren schon blutig geschlagen. Ich mußte mich nun zu diesen in der Reihe aufstellen.
Die Tschechen schlossen nun alle Türen und stellten 2 Posten mit Maschinenpistolen, die
sie auf uns richteten, auf. Nun mußten wir den Oberkörper entkleiden und die
Tschechen schlugen auf uns mit
Gummiknüppeln, Leder- und Stahlpeitschen sowie Holzpflöcken ein, daß das
Fleisch vom Körper hing und wir vollkommen blutüberströmt waren. Brach
einer unter diesen Schlägen zusammen, dann wurde ein Kübel kaltes Wasser
über ihn geschüttet, bis er wieder zu sich kam, und weiter auf ihn eingeschlagen.
Auf
diese Art wurden wir dreimal bei Tag und dreimal bei Nacht mißhandelt. In der Nacht
vom
5. auf 6. Juni 1945 gegen 22 Uhr kamen 11 oder 12 Tschechen zu uns in den Tanzsaal und
brachten eine Bank und Decken, mit denen die Fenster verhängt wurden. Als ersten
ergriffen sie den Uhrmachermeister Johann Müller aus St. Joachimsthal, legten ihn auf
die
Bank, schnitten ihm bei lebendigem Leibe mit einem Messer die Ohren ab, stachen ihm die
Augen aus, bohrten ihm mit einem Bajonett im Mund, brachen ihm die Zähne aus und
brachen ihm durch Überlegen der Arme über die Knie und die Beine durch
Überlegen über die Bank die Knochen. Da er noch lebte, banden sie ihm
Kabeldraht
zweimal um den Hals und zogen ihn im Saal herum, bis der Hals ausgezogen war und der
Körper kein Lebenszeichen von sich gab. Bei diesem Umherziehen stellte sich ein
Tscheche
auf den Körper, damit er beschwert werde. Die Leiche war nur noch ein Fleischklumpen
und wurde dann in meinen Mantel gewickelt und in die Mitte des Saales gelegt. Auf diese Art
und Weise wurden diese Nacht noch sechs ermordet, davon drei reichsdeutsche Soldaten. Wenn
wieder einer tot war, dann wurden wir wieder mit Gummiknütteln geschlagen. Da ich
etwas tschechisch spreche, mußte ich dem Morden zuschauen, wogegen die anderen mit
dem Gesicht gegen die Wand stehen mußten. Die auf diese Weise ermordeten Deutschen
schrien furchtbar, da sie bei vollem Bewußtsein hingemordet wurden. Durch dieses
Miterleben wurden drei Inhaftierte wahnsinnig und ich selbst war dem Wahnsinn nahe. Unter
den
Gemordeten dieser Nacht befand sich außer Müller, Uhrmacherrneister, noch der
Förster Kraus und Tischlermeister Zechel aus Joachimsthal, sowie ein mir unbekannter
Sudetendeutscher. Sämtliche Verhaftungen und Einweisungen aus St. Joachimsthal
wurden
auf Veranlassung des Kroupa durchgeführt. Das Morden sollte am nächsten Tage
fortgesetzt werden, da jedoch eine Militärkommission eintraf, wurde dem Morden Einhalt
geboten.
Von dort kam ich in ein anderes Lager nach Karlsbad und Neurohlau, insgesamt war ich 17
Monate inhaftiert.
Meine Freilassung erfolgte deshalb nicht früher, weil mich in Joachimsthal Kroupa nicht
frei gab.
Am 4. Juni 1945, am Tage meiner Verhaftung, wurde Herr Steinfelsner,
Sägewerksbesitzer
aus Joachimsthal, ohne ein ordentliches Gerichtsverfahren öffentlich vor dem Rathaus
aufgehängt. Jeder deutsche Einwohner von St. Joachimsthal wurde unter Androhung der
Todesstrafe aufgefordert, der Exekution beizuwohnen. Die Abnahme der Leiche erfolgte
angeblich
auf Weisung amerikanischer Offiziere, welche durch Joachimsthal fuhren. Meine Familie hat
selbst amerikanisches Militär durch Joachimsthal fahren sehen.
Meine Frau setzte sich beim Lagerleiter in Schlackenwerth mit Bestätigungen für
mich ein, um meine Freilassung zu erreichen und wurde auf Veranlassung des Kroupa von der
Gendarmerie innerhalb 20 Minuten ohne Mantel mit 7 Mark Bargeld ausgewiesen, damit
sie keine weiteren Schritte unternehmen konnte.
Ich erkläre, daß meine Angaben der reinen Wahrheit entsprechen und daß ich
jederzeit diese durch Eid bekräftigen kann.
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