Bd. 8: Die Organisationen der Kriegführung,
Dritter Teil:
Die Organisationen für das geistige Leben im
Heere
Kapitel 5: Die Fürsorge
für die Kriegsbeschädigten
und Kriegshinterbliebenen
(Forts.)
Dr. jur. et rer. pol. Kurt Schwarz
5. Soziale Kriegsbeschädigten- und
Kriegshinterbliebenenfürsorge.80
Schon in den ersten Wochen des Krieges herrschte allseits das Empfinden,
daß die Dankesschuld gegen die tapferen Krieger, die im Kampfe für
die Heimat Gesundheit und Leben geopfert, nicht durch eine Rente für die
Beschädigten oder ihre Hinterbliebenen erschöpft werden kann. Sie
vermochte nach dem Geldwert bei Kriegsbeginn vielleicht den nackten
Lebensunterhalt zu decken, [298] aber wieviel mehr
bedeutet der Tod des Familienvaters für die zurückgebliebene Witwe
und ihre unmündigen Kinder! Sollten diese nun womöglich nicht
mehr einen Beruf erlernen können, den sie bei Lebzeiten des Vaters
hätten ergreifen dürfen? Sollte die Mutter, die sich bisher
ausschließlich der Familie und dem Haushalt gewidmet hatte, einem Erwerb
nachgehen müssen, um ihren Kindern die Ausbildung angedeihen lassen zu
können, die ihr der Gatte beim Ausmarsch noch als heiligstes
Vermächtnis ans Herz gelegt hatte, nicht zu vergessen der
drückenden Last der alleinigen Verantwortung für die Erziehung der
Kinder und des seelischen Schmerzes über den Verlust des Mannes, des
Vaters oder Sohnes! Die gefallenen Helden gingen meist freudigen Mutes in den
Tod, in dem Bewußtsein, daß "süß und ehrenvoll es ist,
fürs Vaterland zu sterben". Wenn aber denen, die Angehörige zu
versorgen hatten, etwas den Tod erleichterte, so war es das Vertrauen, daß
sich dieser die Heimat und die glücklich Heimkehrenden in Liebe
annehmen werden. "Niemand hat größere Liebe, denn daß er
sein Leben läßt für die Brüder." Darf man dieses
Bibelwort auch auf die verstorbenen Helden anwenden, so muß man auch
anerkennen, daß solche Liebe auch Gegenliebe verdient, eine Gegenliebe,
die sich in Taten äußert. Es würde aber wohl nicht im Sinne
der Verstorbenen gelegen sein, wenn diese Liebe sich auf die Errichtung von
monumentalen Denkmälern beschränken würde.
Selbstverständlich soll das Andenken der Gefallenen in jeder Weise
hochgehalten werden. Es erscheint aber wohl richtiger, die Ehrung durch einfache
Gedenktafeln, wie sie in den meisten der Gotteshäuser angebracht worden
sind, oder durch schlichte Gedenksteine auf einem Ehrenfriedhofe oder in den
früheren Kasernen usw. vorzunehmen. Am besten aber bekundet das
Volk seine dankbare Liebe gegenüber den Helden, indem es sich aufs Beste
ihrer Hinterbliebenen annimmt.
Wohl gleiche Liebe verdienen auch die Kriegsbeschädigten, die ihre
Gesundheit und ihre Arbeitskraft dem Vaterland zum Opfer bringen mußten
und dies gern getan haben. Wohl mancher zog mit dem Stoßgebet "Nie
schwach" in die Schlacht. In dem wild tobenden Kampf war es aber häufig
leichter, stark zu bleiben, als nach der Verwundung und vor allem während
der Genesungszeit, als dem Beschädigten klar zum Bewußtsein kam,
daß er den alten liebgewonnenen Beruf und manche
Lieblingsbeschäftigung wegen seiner Verletzung nicht mehr
ausüben, oder daß ein heißersehnter Jugendwunsch nicht mehr
[299] in Erfüllung
gehen könne; wie er erfüllt war von einem unbezwinglichen
Schaffensdrang, aber nicht mehr die Kraft hierzu besaß; wie er auf manche
Freude seiner gesunden Tage verzichten mußte, nur um seiner
Beschädigung willen. Es waren wohl schwere innere Kämpfe, die
viele Schwerbeschädigte oft verschlossen in ihrer Brust durchmachen
mußten, bis sie das seelische Gleichgewicht wieder fanden! "Der erste Gang
mit dem hölzernen Bein war schwerer als alle Schlachten."
Erfreulicherweise sind auch in diesem Ringen die meisten der Verwundeten
Sieger geblieben. Dieses stille Heldentum verdient gleiche, ja vielleicht noch
größere Bewunderung wie das in der Schlacht. Es ist immer etwas
tief Ergreifendes, wenn so schwer Beschädigte, z. B. Blinde, froh
und frei, vollkommen glaubhaft bekennen, daß sie nach innen schauen
gelernt haben, oder daß sie sich ganz mit ihrem Schicksal abgefunden und
sogar erkannt haben, daß in solchem scheinbaren Unglück auch ein
tiefer reicher Segen verborgen liegen kann. Oder, wie ein anderer sagte: er
möchte sein Gebrechen nicht mehr missen, der Gedanke, für andere
Volksgenossen es tragen zu dürfen, gebe seinem Dasein erst den
höchsten Inhalt. Wenn es zum Glück den meisten der
Kriegsbeschädigten gelungen ist, wieder die alte Zufriedenheit
zurückzuerlangen, so ist dies neben der Begeisterung und dem gesunden
Sinne der Verwundeten, vor allem auch dem günstigen Einfluß der
Ärzte und besonders dem der Pflegeschwestern in den Lazaretten
zuzuschreiben, denen hierfür besonderer Dank gebührt. Sie haben
nicht nur den wunden Körper nach Möglichkeit gesund zu pflegen
sich bemüht, sondern auch mit feinem Taktgefühl ihren
Schützlingen den Rückweg in den Alltag geebnet, ihnen geholfen,
trotz ihrer Verstümmelungen wieder selbständig zu werden. Es
wäre für sie meist einfacher gewesen, den Verletzten die kleinen
Dienste zu verrichten, als sie zur Selbsthilfe zu erziehen. Aber dies war so
außerordentlich wichtig für ihre unabhängige Stellung im
weiteren Leben, zumal falsch angebrachtes Mitleid der nächsten
Angehörigen häufig das Freiwerden von fremder Hilfe so schwer
macht. Und doch ist das Gefühl, auf solche immer angewiesen zu sein, das,
was den Beschädigten am meisten bedrückt.
Das ernste Streben, denen, die im Kriege so Köstliches hingeben
mußten, Liebe und Dankbarkeit zu erweisen, hat sich besonders in den
ersten Kriegsmonaten, aber auch später, auch heute noch, in oft geradezu
rührender Weise gezeigt, nicht nur in Beiträgen zu Sammlungen bei
Opfertagen usw., sondern in sittlich noch höher zu wertenden Gaben,
die persönliche Opfer an Zeit und auch oft an dem zum eigenen
Lebensunterhalt Notwendigsten forderten. Die meisten Kriegsbeschädigten
durften empfinden, wie sich die Daheimgebliebenen bemühten, sich in ihr
schweres Los einzufühlen und es mit liebevollem Verstehenwollen und
Verstehen und durch ein taktvolles Mittragen zu erleichtern. Viele können
von kleinen schlichten Erlebnissen erzählen, wie vor allem auch einfache
Leute und vielfach Kinder in rührender Weise und jedenfalls in bester
[300] Absicht ihre Liebe und
Hilfsbereitschaft zu bekunden versucht haben und dies auch jetzt noch immer tun.
Daß die angebotene Hilfe, z. B. beim Einsteigen eines
Beinamputierten in die Straßenbahn, nicht die richtige war, mildert den
ethischen Wert der Tat nicht. Es besteht nur die Gefahr, daß der Hilfsbereite
das nächste Mal nicht den Mut findet, zuzugreifen, zumal wenn er eine
schroffe Zurückweisung erfahren mußte. Es wäre richtiger,
dem, der helfen will, zu sagen, wie er dies am besten kann. So dient der
Betreffende auch anderen ähnlich Beschädigten am besten, zumal da
dies oft wirklich schwierig zu erraten, auch bei jedem anders ist.
Wehleidiges Bemitleiden dagegen verletzt die Beschädigten eher. Es
lähmt auch nur zu leicht, besonders bei schwächlichen Naturen, die
Willenskraft. Solches Bedauern ist im Verein mit übermäßiger
Heldenverehrung für manche Kriegsbeschädigte zum Unglück
geworden. Diese gehören zu den bedauernswertesten Opfern des Krieges
oder richtiger der Verziehung. Bei ihnen scheitern alle
Fürsorgemaßnahmen. Dadurch, daß man ihnen immer wieder
vorsagte, daß sie sich so hohe Verdienste um das Vaterland erworben, so
viel für dasselbe erlitten, ist jeder Trieb zu einer Arbeit in ihnen
ertötet. Statt dem verlangen sie ihr Recht auf ein sorgenloses Leben auf
Kosten des Staates, womöglich gar gegenüber dem einzelnen, darauf
pochend "Das tat ich für dich, was tust du für mich". Solche
Kriegsbeschädigte, die, was nachdrücklichst betont sei, zum
Glück seltene Ausnahmen sind, verfallen dem Müßiggang und
Bettel. Jeder Versuch der Fürsorge, sie einer geregelten Arbeit und einem
ordentlichen Leben zuzuführen, bleibt erfolglos, weil dieses Gewerbe,
wenn das Schamgefühl verloren ist, nicht nur müheloser, sondern
auch häufig weit einträglicher ist als eine ehrliche
Erwerbstätigkeit. Alle Bemühungen, das aus früheren Kriegen
her verpönte Bild des kriegsinvaliden Leierkastenmannes auszurotten,
scheitern an der Kurzsichtigkeit oder Gedankenlosigkeit des Publikums, das diese
Bettler durch seine Gaben reichlich unterstützt und sich dabei nicht
Rechenschaft gibt, wie es damit dem Beschenkten keine wahre Hilfe bringt,
sondern ihm vielmehr schadet, und sich nicht einmal überlegt, ob der
Bedachte wirklich "blind" oder "einarmig" ist, und ob er im Feld gewesen und die
Orden und Ehrenzeichen zu Recht trägt. Die meisten
Kriegsbeschädigten und auch ihre Organisationen verurteilen das Verhalten
ihrer freilich meist nur angeblichen Kameraden aufs schärfste und
beteiligen sich auch in anerkennenswerter Weise an dem Kampf gegen diesen
Unfug. (Der Bund erblindeter Krieger z. B. schließt bettelnde
Kriegsblinde aus seiner Vereinigung aus.) Wieviel Segen könnte mit dem
auf solche Weise für angebliche Kriegsbeschädigte ausgegebenen
Geld gestiftet werden, wenn es durch Vermittlung der Fürsorge für
wirklich bedürftige Kriegsbeschädigte und Kriegshinterbliebene
verwendet würde.
Diese Fehlgriffe beweisen aber auch, daß es mit dem guten Willen, den
Kriegshinterbliebenen und Kriegsbeschädigten durch eine über die
Renten- [301] versorgung
hinausgehende individuelle Fürsorge zu helfen, allein nicht getan war,
sondern daß die gutgemeinten Absichten in geordnete Bahnen geleitet
werden mußten. Dies war um so schwieriger, als bei Kriegsbeginn
ähnliche Gedanken von so verschiedenen Seiten ausgingen und diese zwar
fast alle dem gleichen Ziele zustrebten, aber vielfach auf recht verschiedenen
Wegen. Erfreulicherweise gelang es fast in allen Bundesstaaten schon bald, die
verschiedenen Bestrebungen zu vereinen. Denn wenn auch der Wunsch, nach
eigenem besten Ermessen persönlich möglichst viel in der
Kriegsfürsorge zu leisten, besonders in der Begeisterung der ersten
Kriegszeit außerordentlich stark war, so war zum Glück damals auch
mehr als in anderen Zeiten die Erkenntnis fast allgemein, daß nur Einigkeit
zu einem wirklich guten Ziele führen kann. So wurden in den einzelnen
Ländern unter Beteiligung von Vertretern aus allen Schichten der
Bevölkerung freilich ganz verschiedene Organisationen zur
Durchführung der freiwilligen sozialen
Kriegsbeschädigten- und Kriegshinterbliebenenfürsorge
geschaffen.
In den meisten Ländern wurden Fürsorgestellen bei den
Behörden der inneren Verwaltung gebildet und von diesen fast durchweg,
ohne daß hierdurch besondere Verwaltungskosten erwuchsen, mitversehen.
Daß die Fürsorgestellen dadurch gleichsam amtlichen Charakter
erhielten, gewährte manche Vorteile. Vor allem ermöglichte es den
militärischen Behörden, die für die Rentenregelung
erforderlichen Erhebungen durch die Fürsorgestellen vornehmen zu lassen,
von denen man mehr soziales Verständnis für die wirtschaftliche und
seelische Not der Hinterbliebenen voraussetzen durfte als von den
Polizeibehörden, denen eine solche Tätigkeit ferner liegt. Auch in
den Bundesstaaten, in denen, wie in Baden und vor allem im damaligen
Königreich Sachsen, die Organisation im Heimatdank mehr
vereinsmäßig gestaltet war, schlossen sich die örtlichen
Vereine eng an die Verwaltungsbehörden an.
Die Ausschüsse der Kriegsbeschädigten- und
Kriegshinterbliebenenfürsorge waren zwar häufig bei der gleichen
Stelle errichtet; viele ihrer Mitglieder waren in beiden Ausschüssen, vor
allem der Vorsitzende war vielfach der gleiche. Trotzdem bestanden die beiden
Ausschüsse und Fürsorgestellen fast durchweg selbständig
nebeneinander.
Die Ausschüsse für die Kriegshinterbliebenenfürsorge waren
gleichzeitig Organe der Nationalstiftung für die Hinterbliebenen der im
Kriege Gefallenen, die schon im August 1914, vor allem auf Anregung des
preußischen Ministers Löbell, des bayerischen Gesandten Grafen von
Lerchenfeld-Köfering und des Kommerzienrats Selberg, mit einer
großzügigen Sammlung für die Kriegshinterbliebenen
begonnen und zu deren wirksamer Durchführung ein engmaschiges Netz
von Landes- und Provinzial- sowie von Bezirks- und Ortsausschüssen
über das ganze Reich ausgespannt hat. Sie hatten ihre Spitze in der
Nationalstiftung zu Berlin. Ihr sozialer Beirat, der aus dem im Frühjahr
1915 besonders durch den inzwischen verstorbenen Sozialpolitiker Professor
Dr. Ernst [302] Francke und
Fräulein Dr. Helene Simon gegründeten
Arbeitsausschuß der
Kriegerwitwen- und -waisenfürsorge erwachsen war, sollte vor allem
Richtlinien zur einheitlichen Durchführung der
Kriegshinterbliebenenfürsorge im ganzen Reich aufstellen, wie dies
für die Kriegsbeschädigtenfürsorge der Reichsausschuß
der Kriegsbeschädigtenfürsorge getan hat.
Die bei den preußischen Provinzialverwaltungen gebildeten
Hauptfürsorgestellen der Kriegsbeschädigtenfürsorge hatten
sich auf Anregung des Landdirektors der Provinz Brandenburg und des
Landeshauptmannes der Provinz Westfalen auf der außerordentlichen
Landesdirektorenkonferenz am 25. August 1915 zu einer einheitlichen
Durchführung der Kriegsbeschädigtenfürsorge in
Preußen zusammengetan. Am 16. September 1915 schlossen sich vor allem
auf Veranlassung des Königreichs Sachsen auch die meisten bei den
zentralen Regierungsstellen der einzelnen Bundesstaaten gebildeten
Fürsorgeorganisationen an und bildeten unter dem Vorsitz des
Landesdirektors der Provinz Brandenburg den Reichsausschuß der
Kriegsbeschädigtenfürsorge.
Nach den in der Gründungsversammlung aufgestellten Richtlinien sollte
dieser "den Organisationen der Kriegsbeschädigtenfürsorge durch
ständigen Austausch der allerorts gemachten Erfahrungen, durch Mitteilung
der wissenswerten Ereignisse und Neuerungen und durch fortlaufende Beratungen
unter Zuziehung hervorragender Sachverständiger aus ganz Deutschland in
allen einer Klärung und Vertiefung bedürfenden Fragen Anregung,
Gutachten und Rat bringen, die Zusammenarbeit aller
Fürsorgeorganisationen untereinander und mit den staatlichen
Einrichtungen sowie den anerkannten privaten Wohlfahrtseinrichtungen regeln
und gewährleisten, namentlich auch zu den für die
Kriegsbeschädigtenfürsorge bedeutungsvollen Gesetzen und
Verordnungen durch entsprechende Vorschläge und Anträge Stellung
nehmen". Zu diesem Zwecke wurde eine größere Anzahl von
Sonderausschüssen gebildet, in denen neben Vertretern der
Hauptfürsorgestellen auch besonders sachverständige
Persönlichkeiten und Organisationen vertreten waren. Der erfolgreichen
Tätigkeit des Sonderausschusses für Gesetzgebung bei den
Vorarbeiten für die gesetzliche Neuregelung der Rentenversorgung wurde
schon gedacht. Ferner seien noch besonders erwähnt die
Sonderausschüsse für die Zuständigkeit, für
Heilbehandlung (mit mehreren Unterausschüssen für
Nerven- und Geisteskranke, für Blinde, für Ertaubte,
Schwerhörige, Stumme und Sprachgestörte), für
Berufsberatung und Berufsausbildung, für Arbeitsbeschaffung, für
Ansiedlung und Wohnungswesen sowie für Familienfürsorge.
Erfreulicherweise wurden die von den Sonderausschüssen entworfenen
Leitsätze fast durchweg vom Reichsarbeitsausschuß einstimmig
gebilligt und von den Hauptfürsorgestellen zur Grundlage ihrer praktischen
Fürsorgetätigkeit gemacht. Dies war aber ihr freier Wille. Der
Reichsausschuß hatte nicht die Eigenschaft einer vorgesetzten
Behörde und konnte daher gegen Fürsorgestellen, deren
Fürsorgetätigkeit berechtigten Grund zu Klagen gab, nicht
einschreiten. [303] Deshalb wurde immer
wieder der Wunsch laut, der Reichsausschuß möchte aus einer
privaten in eine amtliche Stelle umgewandelt werden. Er wurde vor allem auch
von Rednern verschiedener Parteien in der Reichstagssitzung vom 22. Juni
191881 vertreten.
Dieser Gedanke wurde verwirklicht durch die Verordnung der Reichsregierung
über die soziale Kriegsbeschädigten- und
Kriegshinterbliebenenfürsorge vom 8. Februar 1919.82 Durch sie übernahm das Reich
auch die soziale Fürsorge für die Kriegsbeschädigten und
Kriegshinterbliebenen83 unter Mitwirkung der Einzelstaaten
und Selbstverwaltungskörperschaften, ohne daß dadurch die freie
Wohlfahrtspflege, ohne die die soziale Fürsorge nicht denkbar wäre,
eingeschränkt werden sollte. Gleichzeitig wurde die Organisation der
Fürsorge bestimmt. In der Regel ist für den Bezirk jeder unteren
Verwaltungsbehörde eine amtliche Fürsorgestelle zu errichten, die
meist mit den Verwaltungsbehörden, vielfach auch mit den
Wohlfahrtsämtern verbunden ist, für jedes Land sind eine oder
mehrere Hauptfürsorgestellen zu bilden. Von letzterer Befugnis haben nur
Preußen und Oldenburg Gebrauch gemacht. In Preußen bildet jede
Provinz eine Hauptfürsorgestelle, in Oldenburg jede der drei
räumlich getrennten Landesteile Oldenburg, Lübeck und Birkenfeld.
Der Thüringische Staat außer
Sachsen-Altenburg hatte schon während des Krieges eine gemeinsame
Hauptfürsorgestelle in Weimar gebildet. Inzwischen haben sich die
thüringischen Staaten zu einem Freistaat Thüringen
zusammengeschlossen.
In Bayern sind zwischen die Landeshauptfürsorgestelle für
Kriegsbeschädigte und Kriegshinterbliebene, die Hauptfürsorgestelle
im Sinne der reichsrechtlichen Bestimmungen ist, und die Fürsorgestellen
bei den Bezirksämtern und unmittelbaren Stadträten entsprechend
der bayerischen Verwaltungsorganisation noch die
Kreishauptfürsorgestellen bei den acht Kreisregierungen eingeschoben, auf
die ein Teil der Aufgaben der Hauptfürsorgestelle übertragen ist.
Sachsen hatte ebenfalls zwischen dem Sächsischen Landesamt für
Kriegerfürsorge und den Bezirks- und Ortsämtern für
Kriegerfürsorge, die bei den Amtshauptmannschaften und Stadträten
gebildet sind, Kreisämter bei den Kreishauptmannschaften eingeschaltet,
diese aber neuerdings wieder aufgegeben.
[304] Zentralstelle für
die soziale Kriegsbeschädigten- und Kriegshinterbliebenenfürsorge
wurde und ist auch jetzt noch das Reichsarbeitsministerium, dem, wie schon
erwähnt, im Oktober des gleichen Jahres auch die Rentenversorgung
übertragen worden ist.
Bei den Fürsorgestellen und Hauptfürsorgestellen sind Beiräte
zu bilden, denen unter dem Vorsitz des Leiters der Fürsorgestelle Vertreter
der Arbeitgeber und Arbeitnehmer und vor allem sozial erfahrene
Persönlichkeiten und Vertreter der Kriegsbeschädigten und
Kriegshinterbliebenen nach einem gesetzlich festgelegten Zahlenverhältnis
angehören. Die Vertreter der Kriegsbeschädigten und
Kriegshinterbliebenen werden von den im Bereich der Fürsorgestelle oder
Hauptfürsorgestelle vorhandenen Kriegsbeschädigten- und
Kriegshinterbliebenen-Vereinigungen vorgeschlagen, haben aber nach ihrer
Berufung im Beirat und in dessen Ausschüssen nicht die Interessen ihrer
Organisation und deren Mitglieder, sondern die der Kriegsbeschädigten und
Kriegshinterbliebenen allgemein zu vertreten.
Beim Reichsarbeitsministerium ist ein Reichsausschuß der
Kriegsbeschädigten- und Kriegshinterbliebenenfürsorge, der aus den
beiden Abteilungen Kriegsbeschädigtenfürsorge und
Kriegshinterbliebenenfürsorge besteht. In den Angelegenheiten, die beiden
Fürsorgezweigen gemeinsam sind, was der Regelfall ist, tagen beide
zusammen. Jede der beiden Abteilungen setzt sich aus Vertretern der
sämtlichen deutschen Hauptfürsorgestellen und der Vereinigungen
der Kriegsbeschädigten bzw. der Kriegshinterbliebenen zusammen, die ihre
Wirksamkeit auf das Reich erstrecken und eine entsprechende Mitgliederzahl
haben, ferner aus einigen vom Reichsarbeitsminister bestimmten sozial erfahrenen
Persönlichkeiten und aus je einem Vertreter der Volksspende für
Kriegsbeschädigte (Ludendorff-Spende), bzw. in der Abteilung
Kriegshinterbliebenenfürsorge der Nationalstiftung für die
Hinterbliebenen der im Kriege Gefallenen.
Der Reichsausschuß wie auch die Beiräte der
Hauptfürsorgestellen und Fürsorgestellen haben meist für
Sonderfragen, die Fürsorgestellen besonders auch zur Erledigung der
Unterstützungsgesuche eigene Unterausschüsse gebildet.
Noch auf der Tagung der Kriegsbeschädigtenfürsorge in Köln
im August 1916 haben sich auch die Gewerkschaften und
Angestelltenverbände gegen den Zusammenschluß der
Kriegsbeschädigten und Kriegshinterbliebenen in eigenen wirtschaftlichen
Vereinigungen und gegen die Absonderung von ihren Berufsverbänden, als
wären sie eine besondere Gruppe, ausgesprochen. Aber schon kurz darauf
bildeten sich mehrere eigene Verbände zur Vertretung der Interessen der
Kriegsbeschädigten. Meist erst später nahmen sie auch die Rechte
der Kriegshinterbliebenen wahr.
Eine ihrer wichtigsten Forderungen war die Zuziehung bei allen Fragen der
Kriegsbeschädigten- und Kriegshinterbliebenenfürsorge. Die
Kriegsopfer wollten nicht nur Objekt, sondern auch Subjekt der Fürsorge
sein. Diesem Wunsch [305] war vereinzelt schon
vor der Verordnung vom 8. Februar 1919 Rechnung getragen worden. Durch sie
wurde er auch gesetzlich anerkannt. Es ist für Gesunde, auch wenn sie den
besten Willen haben, sich in des anderen Lage hineinzudenken
und -zufühlen, oft sehr schwer zu beurteilen, wie die
Fürsorgemaßnahmen auf die Beschädigten wirken, wie sie sich
in ihren Augen ausnehmen. Beschädigte selbst vermögen hierbei am
besten sachverständigen Rat zu geben. Wenn sie selbst in der
Fürsorge mitarbeiten, sehen sie umgekehrt auch, welch verschiedenartige
Schwierigkeiten sich der Fürsorgearbeit entgegenstellen. Der rein negativen
Kritik wird daher meist der Boden entzogen. Mit der Zuziehung ihrer
Schicksalsgenossen wächst auch vielfach das Vertrauen der
Befürsorgten in die Tätigkeit der Fürsorgestelle. Die
Zuziehung als Kriegsbeschädigten- und Kriegshinterbliebenenvereinigung
zu den Beiräten oder zum Reichsausschuß setzt nicht voraus,
daß der Verband ausschließlich aus Kriegsbeschädigten und
Kriegshinterbliebenen besteht, er kann auch noch andere Interessenkreise
vertreten. Freilich, bei der Berechnung der Sitze nach der Größe der
Vereinigungen und bei der Prüfung, ob die Mitgliedschaft im
Reichsausschuß in Betracht kommt, werden nur die
Kriegsbeschädigten- und
Kriegshinterbliebenen-Mitglieder gezählt. Zur Zeit gehören auf
Grund ihrer Reichsbedeutung und ihrer Größe dem
Reichsausschuß der
Kriegsbeschädigten- und Kriegshinterbliebenenfürsorge an: der
Deutsche Kriegerbund (Kyffhäuser-Bund), der Einheitsverband der
Kriegsbeschädigten und Kriegerhinterbliebenen Deutschlands, der sich
kürzlich mit einigen kleineren anderen Organisationen zum Reichsverband
deutscher Kriegsbeschädigter und Kriegshinterbliebener
zusammengeschlossen hat, der Internationale Bund der Kriegsopfer, der
Reichsbund der Kriegsbeschädigten, Kriegsteilnehmer und
Kriegshinterbliebenen, der Zentralverband deutscher Kriegsbeschädigter
und Kriegshinterbliebener, der Deutsche Offiziersbund und der Bund erblindeter
Krieger. Dieser letztere könnte, da er nur anerkannte Kriegsblinde als
Mitglieder aufnimmt, seiner Mitgliederzahl nach keinen Anspruch auf Aufnahme
in den Reichsausschuß erheben. Aber da er den größten Teil
aller deutschen Kriegsblinden umfaßt, wurde ihm auch ein Sitz in der
Abteilung Kriegsbeschädigtenfürsorge des Reichsausschusses
zugebilligt, desgleichen wohl in den Beiräten der meisten
Hauptfürsorgestellen.
Neuerdings sucht sich noch eine andere Gruppe der Schwerstbeschädigten,
die Hirnverletzten, zusammenzuschließen.
In der Verordnung vom 8. Februar 1919 hat das Reich auch seine Pflicht zur
Durchführung der sozialen
Kriegsbeschädigten- und Kriegshinterbliebenenfürsorge und daher
zur wenigstens teilweisen Übernahme der Kosten hierfür anerkannt.
Während des Krieges hatte das Reich für die ergänzende
Kriegsbeschädigtenfürsorge nur zweimal je 5 Millionen Mark
nach dem Matrikularfuß an die Länder verteilt; für die
Kriegshinterbliebenenfürsorge war aber bis dahin vom Reich nichts
aufgewendet. Die Kosten für die
Hinterbliebenenfür- [306] sorge wurden zum Teil
freiwillig von den Bundesstaaten und Gemeinden übernommen, die vor
allem auch meist ohne weiteres die Verwaltungsauslagen bestritten. Wohl in der
Hauptsache wurden sie aber aus Sammelmitteln gedeckt, vor allem aus der schon
erwähnten Nationalstiftung für die Hinterbliebenen der im Kriege
Gefallenen, der während des Krieges etwa 100 Millionen Mark
zuflossen.
Die Familie Krupp
hat eine Zustiftung zur Nationalstiftung gemacht: die
Kruppstiftung 1915, die vor allem kinderreichen Familien Gefallener und den
Hinterbliebenen von Angehörigen sozial gehobener Stände dienen
soll.
Zugunsten der Kriegsbeschädigten wurde erst im Jahre 1918 zur
Ergänzung der nicht genügenden
Reichs-, Staats- und Gemeindemittel eine große allgemeine Sammlung im
ganzen Deutschen Reich durchgeführt, die
Ludendorff-Spende für Kriegsbeschädigte, der freilich in den
einzelnen Ländern schon kleinere Sammlungen vorausgegangen waren. Sie
hatte in einigen Monaten das für die damalige Zeit sehr hohe Ergebnis von
160 Millionen Mark. Dieser glänzende Erfolg wurden vor allem darauf
zurückgeführt, daß nach den Grundsätzen dieser
Sammlung jeder Hauptfürsorgestelle das Erträgnis der Sammlung in
ihrem Bereich unverkürzt zufloß,84 und nur
die Spenden einzelner großer Firmen, deren Wirkungskreis sich über
den Bereich einer Hauptfürsorgestelle hinaus erstreckt, gleich den
Schenkungen der Auslanddeutschen und der Heeressammlung einem
Ausgleichsfonds zugeführt wurden, der wiederum zum größten
Teil an die Hauptfürsorgestellen ausgeschüttet worden ist. Die
Nationalstiftung hat dagegen jeweils 9/10 der in den einzelnen
Ländern gesammelten Gelder diesen Ländern überlassen und
das restliche 1/10 dem
Ausgleichsfonds zugeführt.
Daneben wurden noch viele andere Sammlungen zugunsten der
Kriegsbeschädigten und Kriegshinterbliebenen durchgeführt, die
meist örtlichen Charakter hatten oder nur für einen nach der
Waffengattung oder der Beschädigung beschränkten Personenkreis
bestimmt waren.85 Als besonders erfolgreich seien hier
erwähnt die U-Bootspende für die tapferen
U-Bootleute und ihre Hinterbliebenen und die Deutsche Kriegsblindenstiftung
für Landheer und Flotte für die schwerbetroffenen erblindeten
Krieger (s. S. 324).
Die Zahl der Sondersammlungen schien ins Ungemessene zu wachsen. Dadurch
drohte schädliche Zersplitterung. Manche der Veranstalter, die, wie ohne
weiteres zugegeben werden mag, sich von edelsten Beweggründen leiten
ließen, verfügten nicht über genügende praktische
Erfahrung für die Durchführung solcher Sammlungen. Manche fielen
auch geschäftsgewandten gewerbsmäßigen
Geschäftsführern zum Opfer, die es verstanden, einzelne angesehene
[307] Persönlichkeiten
mit bekannten Namen für die Unterzeichnung eines Aufrufes zu gewinnen
und dann einen unverhältnismäßig großen Teil des
Sammelergebnisses in der Form von Geschäftsunkosten,
Reisespesen usw. in ihre eigene Tasche zu bringen. Um diesem
Übelstand abzuhelfen, wurden 1915 die Sammlungen zu
Wohlfahrts- und vaterländischen Zwecken und seit 1917 auch die
Mitgliederwerbung von Wohlfahrtsvereinen von einer behördlichen
Genehmigung abhängig gemacht.86
Auch heute noch werden mit Genehmigung bisweilen Sammlungen zugunsten der
Kriegsopfer weitergeführt und neu veranstaltet.87 Die Spendenmittel spielen zwar jetzt
gegenüber den erheblich beträchtlicheren öffentlichen Mitteln
nur eine geringere Rolle. Sie bilden aber eine wertvolle Ergänzung,
besonders in Fällen, in denen die Inanspruchnahme der Reichsmittel nicht
zulässig erscheint, z. B. bei deutschstämmigen
Angehörigen der früheren
österreichisch-ungarischen Monarchie, die nur zum Heeresdienst nach
Österreich eingerückt waren und nach Kriegsende in ihre eigentliche
Heimat in Deutschland wieder zurückgekehrt sind. Der Kreis der durch die
soziale Fürsorge zu betreuenden Personen ist inzwischen verschiedentlich
erweitert worden.88 Die Spendenmittel aber dürfen
fast durchwegs nur für Kriegsbeschädigte und Kriegshinterbliebene
des Weltkrieges verwendet werden, wobei aber nicht immer verlangt wird,
daß die Voraussetzungen, an die die Militärversorgungsgesetze die
Gewährung von Versorgungsgebührnissen knüpfen,
erfüllt sein müssen. Der weitaus überwiegende Teil der Kosten
für die Soziale Fürsorge wird jetzt aber aus öffentlichen
Mitteln bestritten, und zwar hat 4/5 das Reich, das restliche
1/5 haben das Land
und die Selbstverwaltungskörper als Interessenquote zu tragen.89
Im Gegensatz zum Pensionsfonds sind die Mittel für die soziale
Fürsorge im Reichshaushalt genau festgesetzt. Sie betrugen für die
Jahre 1920 und 1921 je 500 Millionen Mark, von denen 100 Millionen
ausschließlich als Sondermittel zugunsten der Kriegerwaisen und der
Kinder Kriegsbeschädigter, vor allem für [308]
Gesundheits-, Erziehungs- und Berufsfürsorge abgezweigt waren.
Für das Rechnungsjahr 1922 wurde der Betrag mit Rücksicht auf die
dauernd fortschreitende Geldentwertung allmählich auf nahezu 4
Milliarden, also auf das Achtfache erhöht; die Teuerung ist aber
unverhältnismäßig mehr gestiegen. Das Verhältnis wird
dadurch noch etwas günstiger, daß die heute so hohen
Verwaltungskosten nicht wie bisher aus diesen Mitteln bestritten werden sollen.
Es ist selbstverständlich, daß mit allen Mitteln angestrebt werden
muß, den Verwaltungsaufwand in der Fürsorge möglichst
niedrig zu halten, um die Mittel der Fürsorge möglichst restlos den
Kriegsbeschädigten und Kriegshinterbliebenen zuzuführen.
Trotzdem wäre es unzutreffend, einfach nach dem Verhältnis
zwischen Verwaltungs- und Fürsorgekosten einer Fürsorgestelle ihre
Tätigkeit zu beurteilen. Die Fürsorge soll sich nicht in der
Gewährung von Geldbeihilfen erschöpfen. Viel wirksamer und
wertvoller ist eine Fürsorge, die durch Vermittlung geeigneter
Arbeitsstellen ihre Schützlinge unabhängig macht von der
Unterstützung durch die Fürsorge, ihnen Heilbehandlung durch
andere Kostenträger vermittelt usw. Durch eine solche
Tätigkeit entsteht aber nur Verwaltungsaufwand, sie verursacht kaum
Fürsorgeausgaben.
Im Gegensatz zur Rentenversorgung, die genau umschriebene
Rechtsansprüche ohne Prüfung der Bedürftigkeitsfrage
einräumt, sollen sich die Leistungen der sozialen Fürsorge ganz dem
Bedürfnis des Einzelfalles anpassen. Sie sind deshalb auch nicht gesetzlich
festgelegt, vielmehr hat das Reichsversorgungsgesetz nur den Grundsatz
aufgestellt, daß die Fürsorgestelle den Beschädigten und
Hinterbliebenen bei der Wahl eines geeigneten Berufs, bei der Berufsausbildung
und bei der Unterbringung im Erwerbsleben beizustehen hat und ihnen behilflich
sein soll, die Folgen einer erlittenen Dienstbeschädigung oder des Verlustes
des Ernährers nach Möglichkeit zu überwinden oder zu
mildern. Im übrigen aber hat es auf die vom Reichsausschuß der
Kriegsbeschädigten- und Kriegshinterbliebenenfürsorge aufgestellten
Richtlinien verwiesen.90
Von Anfang an war wenigstens den Einsichtigen klar, daß es die beste und
wirksamste Hilfe für die Kriegsbeschädigten91 ist, wenn man ihnen die [309] Rückkehr in eine
sie voll befriedigende Berufstätigkeit ermöglicht; denn nur in einer
solchen kann sich der Kriegsbeschädigte wieder als ein nützliches
Glied des Volksganzen fühlen. Die Arbeit ist den
Schwerbeschädigten nicht nur eine Verdienstquelle, auf die nur teilweise
Erwerbsbeschränkte unbedingt angewiesen sind, sondern vor allem auch
das beste Mittel, um sie vor niederdrückenden Grübeleien zu
bewahren. Vielfache Erfahrungen haben gelehrt, daß sich wenigstens die
jüngeren, noch halbwegs rüstigen Kriegsinvaliden auch in
schön ausgestatteten Invalidenheimen, in denen ihnen alle
Nahrungs-, Kleidungs- usw. Sorgen abgenommen sind, nicht wohl
fühlen. Es fehlt ihnen der Segen der Arbeit, die innere Befriedigung, noch
etwas zu leisten. Gerade diese soll aber auch unseren Kriegsbeschädigten
zuteil werden. Diesem Ziele mußten alle Fürsorgemaßnahmen
zustreben. Da diese Aufgabe für die meisten, die sich ihr widmen wollten,
völlig neu war, wurde vielfach nach dem rechten Wege getastet.
Die beste Grundlage boten die Erfahrungen der Fürsorge an den
Friedensgebrechlichen, vor allem an den Unfallbeschädigten, aber auch an
den gebrechlichen Kindern, auf denen auch tatsächlich meistens aufgebaut
wurde. Dabei durfte nicht außer acht gelassen werden, daß die
Behandlung der verstümmelten und erblindeten Krieger in mancher
Beziehung eine andere sein mußte als die der verkrüppelten und
nichtvollsinnigen Kinder, die ihr Gebrechen schon mit zur Welt gebracht oder es
doch in den Kinderjahren, in denen der Mensch noch viel
anpassungsfähiger ist, erworben haben.
Freilich durfte die Berufsfrage auch nicht zu früh aufgerollt werden, um den
Heilungsprozeß nicht ungünstig zu beeinflussen. Die Verwundeten
oder Erkrankten mußten nach den Anstrengungen des Frontdienstes und den
Anspannungen, denen ihre Nerven besonders in den der Verwundung meist
vorangegangenen großen Kampftagen, aber auch vor allem nach der
Verwundung durch Narkose und operative Eingriffe ausgesetzt waren, erst zu
einer gewissen inneren Ruhe kommen.
Wenn aber dann die Genesung begann, da meldete sich nur zu bald die
Langeweile, ein gefährlicher Gast, denn sie wird gleich dem ihr
wesensverwandten Müßiggang gerne der Anfang von allen
möglichen Lastern. In dankenswerter Weise bemühten sich
Ton- und Vortragskünstler die Langeweile von den Lazarettinsassen
fernzuhalten. Auch der Besuch von Theater und Konzert wurde den Verwundeten
vielfach erleichtert. Weniger günstig wirkte
Kaffeehaus- und Kinobesuch. Sie förderten nur zu leicht bei den jungen
Leuten die Flucht vom Land zur Stadt.
Von weit größerer Bedeutung waren die Handfertigkeitskurse, die in
vielen Heimatlazaretten zur Beschäftigung der Kranken veranstaltet
wurden. Es war oft wahrhaft rührend, mit welchem Eifer die gereiften
Männer diese einfachen Kleb- und Bastelarbeiten verrichteten, und wie
kindlich - mit Recht nannten die Schwestern ihre Patienten häufig "unsere
Kinder" - sie sich über den Erfolg [310] freuten, zumal wenn er
trotz des Fehlens oder der Gebrauchsbehinderung der Hand usw. gelungen
war. Derartige Arbeiten bildeten für viele nicht nur Zeitvertreib und
Ablenkung von dem nur Trübsinn fördernden Nachgrübeln,
sondern auch Übungstherapie. Aus dem gleichen Grunde wurden bisweilen
in Lazaretten Schlosser-, Schreiner-, Schuster- und andere Werkstätten
eingerichtet, in denen die Verwundeten nach genauer ärztlicher Weisung
beschäftigt wurden als Ersatz für die eintönigen und darum
ermüdenden medikomechanischen Übungen. Gleichzeitig gewannen
die Verstümmelten vielfach wieder mehr Vertrauen zu ihrer
Leistungsfähigkeit.
Vielfach wurden auch gleichartige Verwundete aus einem örtlichen Bezirk
in Sonderlazaretten gesammelt, um die für sie zu schaffenden
Einrichtungen besser auszunützen und den Kranken auch Gelegenheit zu
geben, am Beispiel von Schicksalsgenossen zu lernen. Es seien besonders
erwähnt die orthopädischen Lazarette, die durchweg mit
orthopädischen Werkstätten, in denen die künstlichen Glieder
und Stützapparate für sie hergestellt wurden, und mit Gehschulen zur
Übung Beinamputierter verbunden waren. Ihnen waren meistens auch
Einarmerkurse zur Ausbildung, besonders der Linkshänder im Schreiben,
angeschlossen.92 Die besonders bedauernswerten
Doppeltarmamputierten, sogenannten Armlosen, sollten in dem
Oskar-Helenen-Heim für Heilung und Erziehung gebrechlicher Kinder in
Berlin-Dahlem untergebracht werden. Auch für die Kriegsblinden (s. S. 324) wurden besondere
Lazarette oder doch besondere Stationen eingerichtet, in denen ihnen Gelegenheit
zum Erlernen der Braille'schen Blindenschrift und Kurzschrift, des
Maschinenschreibens, des Musizierens, des Korbflechtens und
Bürstenmachens geboten wurde. Weiter bestanden besondere
Kiefer- und Hirnverletztenabteilungen.
Da sich die Behandlung in den Lazaretten oft sehr lange hinzog, zumal wenn
medikomechanische Massage oder die Ausstattung mit Kunstgliedern oder
Apparaten in Frage kam, wurde den Kranken auch häufig Gelegenheit zum
Besuch von Verwundetenfortbildungskursen,93 besonders
auch in Buchführung, Schönschreiben, Maschinenschreiben,
Stenographieren und ähnlichem gegeben. Sie sollten gleichzeitig das
Verlernte wieder beleben. Zum Teil wurden besondere Lehrgänge für
Kriegsbeschädigte abgehalten, zum Teil wurde ihnen die Beteiligung an
allgemeinen Kursen von den
Leitern - meist unentgeltlich - gestattet.
Verschiedene Verwundete fanden freilich in solchen Kursen Gefallen am
kaufmännischen Beruf oder auch am "Bureauhilfsdienst" und wollten dann
zu [311] diesem trotz der
Überfüllung und ohne Rücksicht auf die persönliche
Eignung übergehen, was zu manchen Enttäuschungen führte.
Diejenigen, die nach der Art ihrer Verwundung oder ihrer Krankheit
voraussichtlich nicht mehr für den Frontdienst in Betracht kamen, wurden
sobald als möglich in ein ihrer Heimat möglichst nahes Lazarett
gebracht, damit sie ihre Angehörigen nahe haben und damit sie vor allem
auch wieder feste Wurzel fassen konnten in dem ihnen besonders vertrauten
Heimatboden.
Wie bei den Gesunden, muß die Arbeitsfürsorge auch bei den
körperlich Beschädigten Neigung und Eignung zu verbinden suchen
und sich bemühen, sie in Einklang zu bringen mit der Lage des
Arbeitsmarktes. Wenn möglich, soll der Beschädigte wieder in
seinen bisherigen Beruf zurückkehren. In ihm fühlt er sich meist am
wohlsten, mag er auch in gesunden Tagen fast ausschließlich seine
Schattenseiten gesehen oder doch besprochen haben. Für diesen hat er
schon die erforderlichen Fachkenntnisse. Es bleibt ihm eine neue Ausbildung
erspart, die zumal in höherem Alter doch immer etwas Mißliches hat.
Man lernt nicht mehr so leicht wie in den
Schul- und Lernjahren im 1. und 2. Lebensjahrzehnt. Am schönsten
ist es natürlich, wenn der Beschädigte wieder in seine alte Stelle
zurückkehren kann und den Faden dort, wo er beim Eintritt ins Heer
abgerissen ist, nur wieder anzuknüpfen braucht. Er darf hoffen, bei seinem
früheren Arbeitgeber und seinen ehemaligen Mitarbeitern die meiste
Rücksichtnahme zu finden.
Bei manchen schließt freilich die Art der Beschädigung die
Wiederaufnahme der alten Tätigkeit, wenigstens im bisherigen Umfang,
aus. Man versucht auch in solchen Fällen, wenigstens einen
möglichst nahe verwandten Beruf ausfindig zu machen, in dem der
Beschädigte die bisher erworbenen Kenntnisse und Erfahrungen
ausnützen kann. Häufig vermag der Beschädigte noch
Teilarbeit zu verrichten oder die Arbeit zu überwachen. Läßt
sich ein Berufswechsel nicht vermeiden, so muß ihm eine gründliche
Berufsberatung vorangehen, zu der meist neben Fachvertretern der in Betracht
kommenden Berufe auch der Arzt und Persönlichkeiten, die den
Arbeitsmarkt zu überschauen vermögen, zugezogen werden.
Für vereinzelte wurde der durch die Beschädigung notwendige
Berufswechsel insofern sogar zum Glück, als sie einen Aufstieg erfuhren
oder ihnen die Verwirklichung eines Jugendwunsches ermöglicht
wurde.
Nach dem Reichsversorgungsgesetz hat der Beschädigte nunmehr
Anspruch auf unentgeltliche berufliche Ausbildung (vgl. S. 278).
Die Frage, ob sich ein Einarmer, ein Beinamputierter, ein Blinder usw. für
diesen oder jenen Beruf noch eignet, ist häufig außerordentlich
schwer zu entscheiden. Es gibt hierfür meist keinen absoluten
Maßstab, vielmehr hängt sehr viel vom einzelnen ab, vor allem von
dem Maß an Willenskraft, mit der er die Hemmnisse seines Gebrechens zu
überwinden versteht. Das größte Hindernis in der
Arbeitsvermittlung war von jeher das Vorurteil der Gesunden, die sich [312] kaum vorzustellen
vermögen, daß die Tätigkeit, die sie mit zwei gesunden Armen
und Beinen und zwei Augen verrichten, auch von
Bein- und Armbeschädigten oder gar von einem Blinden versehen werden
kann. Den Kriegsbeschädigten gelang es durch die besonderen
Verhältnisse des Krieges häufig leichter, diese Hindernisse zu
überwinden als den Friedensgebrechlichen, die aber, was
ausdrücklich anerkannt sei, außerordentlich wertvolle, aber auch oft
sehr schwere Pionierarbeit geleistet haben.
Aber man kann auch umgekehrt daraus, daß z. B. ein besonders energischer
und tüchtiger Kriegsblinder einen Beruf voll ausfüllt, nicht ohne
weiteres den Schluß ziehen, daß dies alle Blinden vermöchten,
und es wäre ungerecht, einen anderen Blinden, dem dies nicht gelingt,
darum geringer einzuschätzen. Daher bieten die Zusammenstellungen94 über die Berufe, die die
einzelnen Gruppen von Verletzten noch auszuüben vermögen, zwar
sehr wertvolle dankenswerte Anhaltspunkte für die Berufsberatung, sie
dürfen aber nicht als absoluter Maßstab angenommen werden. Dies
könnte sonst zu Härten führen für einen besonders
gewandten Beschädigten, der allen Sachverständigen zum Trotz eine
Tätigkeit, die man einem derartig Beschädigten nicht zugetraut hat,
doch auszuführen vermag. Wenn irgend möglich, sollte man
wenigstens einen Versuch wagen.
Wenn freilich der Körperfehler gefährlich werden könnte
für die Allgemeinheit, z. B. im öffentlichen Verkehr, so
muß das Allgemeinwohl unbedingt vorangehen.
Während des Krieges war es verhältnismäßig leicht,
auch erwerbsbeschränkte Kriegsbeschädigte in
verhältnismäßig gut bezahlte Stellen zu bringen. Damals, unter
dem unmittelbaren Eindruck der Opfer, die die Kriegsbeschädigten dem
Vaterlande gebracht hatten, empfanden es alle Arbeitgeber als heilige Pflicht,
Kriegsbeschädigte einzustellen. Damals herrschte auch ein
außerordentlicher Mangel an vollerwerbsfähigen
Arbeitskräften, so daß man froh sein mußte, überhaupt
jemand halbwegs Geeigneten zu bekommen. Dieser Grund entfiel mit dem
Kriegsende, mit dem Zurückströmen der gesund heimkehrenden
Kriegsteilnehmer und mit der Einstellung der Kriegsindustrie. Zustatten kam
dabei den Kriegsbeschädigten, daß man bei ihnen schon
während des Krieges bemüht war, sie in Dauerstellungen
unterzubringen, die nicht unmittelbar durch die besonderen Verhältnisse
des Krieges beeinflußt waren, und daß man bei ihnen den sonst allem
vorangestellten Grundsatz, alle Kräfte in erster Linie für die
Kriegs- [313] zwecke zu verwenden,
gegenüber dem Vorgenannten in den Hintergrund treten ließ.
Trotzdem erwies sich sofort nach Kriegsende die Einführung eines
gesetzlichen Zwanges zur Einstellung Schwerkriegsbeschädigter,
über die die Meinungen vorher sehr geteilt waren, als unbedingt
nötig.
Denn bei der unvorhergesehen raschen Demobilmachung bestand für die in
ihrer Leistungsfähigkeit beschränkten Kriegsbeschädigten die
große Gefahr, daß sie durch die vielen gesund
zurückkommenden Kriegsteilnehmer, die auch wieder nach einer
Erwerbstätigkeit suchten, verdrängt würden. Schon durch die
Verordnung vom 9. Januar 191995 wurden
daher alle öffentlichen und privaten Arbeitgeber, die eine gewisse Anzahl
von Arbeitnehmern beschäftigten, verpflichtet, auf je
100 - in der Landwirtschaft auf je
50 - Beamte, Angestellte und Arbeiter ohne Unterschied des Geschlechts
mindestens einen Schwerbeschädigten, der um wenigstens 50% in der
Erwerbsfähigkeit beschränkt ist, zu beschäftigen, aber auch
sonstige noch für Schwerbeschädigte geeignete Arbeitsplätze
mit solchen zu besetzen. Schon vor dem Erlaß des
Schwerbeschädigtengesetzes vom 6. April 192096 war der Hundertsatz der
einzustellenden Schwerbeschädigten allgemein auf 2% erhöht
worden. Den Schwerkriegsbeschädigten wurden von Anfang an die schwer
Unfallbeschädigten, die wegen eines Betriebsunfalles eine Unfallrente von
wenigstens 50% erhalten, gleichgestellt. Denn auch sie sind Opfer der Arbeit
für die Allgemeinheit. Daß durch diese Gleichstellung die
Kriegsbeschädigten nicht verkürzt werden, dafür bürgt
schon die Durchführung der Arbeitsvermittlung für
Schwerbeschädigte, die den Organen der
Kriegsbeschädigtenfürsorge obliegt. Zur Verhütung von
Härten kann die Hauptfürsorgestelle für
Kriegsbeschädigte und Kriegshinterbliebene auch
Kriegs- und Unfallbeschädigten, die nur eine geringere Rente erhalten, aber
auch Personen, die aus anderer Ursache, z. B. durch ein angeborenes oder
in der Jugend [314] erworbenes Gebrechen,
50% oder mehr erwerbsbeschränkt sind, den Schutz des Gesetzes zuteil
werden lassen, bei Teilblinden muß sie dies unter gewissen
Voraussetzungen.
Von fast noch größerer praktischer Bedeutung als der
Einstellungszwang waren besonders in der ersten Zeit nach dem Kriege die
Kündigungsbeschränkungen, die den Arbeitgebern gegenüber
Schwerbeschädigten auferlegt worden sind und zunächst in einem
Kündigungsverbot bestanden. Später wurde dieses dahin
abgemildert, daß die Kündigung nur wirksam wurde, wenn ihr die
Hauptfürsorgestelle zustimmte.
Diese Erschwerung der Kündigung erwies sich insofern aber auch als ein
zweischneidiges Schwert, als mancher Arbeitgeber, der gern über die
gesetzliche Pflicht hinaus Schwerbeschädigte einstellen wollte, davor
zurückschreckte, weil er befürchten mußte, sie nicht wieder
entlassen zu können, wenn sie den Anforderungen der Stelle nicht
gewachsen waren oder sich sonst für den Betrieb nicht eigneten. Deshalb
wurden die Kündigungsbeschränkungen immer weiter abgebaut. Vor
allem bedarf es jetzt nicht mehr der Zustimmung der Hauptfürsorgestelle,
wenn ein Schwerbeschädigter ausdrücklich nur zur
vorübergehenden Aushilfe, für einen vorübergehenden Zweck
oder versuchsweise angenommen wird. Auch der Austausch eines ungeeigneten
Schwerbeschädigten gegen einen etwa gleich schwer
Erwerbsbeschränkten ist jetzt vorgesehen.
Mit Zustimmung der Hauptfürsorgestelle können Arbeitgeber
Schwerbeschädigten Siedlungsstellen, die einen angemessenen Unterhalt
des Schwerbeschädigten und seiner Familie gewährleisten, zu
Eigentum oder Pacht überlassen. Dieser Schwerbeschädigte wird
ihnen dann auf die gesetzliche Mindestzahl angerechnet.
Wie wirksam der gesetzliche Einstellungszwang die Unterbringung der
Schwerbeschädigten beeinflußt hat, ist daraus zu ersehen, daß
von etwa 250 000 Schwerkriegsbeschädigten und 100 000
Schwerunfallverletzten Ende 1922 nur etwa 17 000 noch ohne Arbeit
waren. Von diesen war etwa die Hälfte dauernd arbeitsunfähig, so
daß nur etwa 8000 - 9000 noch nicht versorgt waren. Aber
nicht als ob es an den nötigen Arbeitsplätzen gefehlt hätte. Die
Arbeitsvermittlung war in diesen Fällen meist daran gescheitert, daß
trotz der für Schwerbeschädigte auch für die
Wohnungszuweisung geltenden Vergünstigungen die
Wohnungsbeschaffung und der Umzug auf unüberwindliche
Schwierigkeiten stieß.97
Die Erzielung dieser schönen Erfolge ist vor allem dem starken
Arbeitswillen, der erfreulicherweise in den meisten deutschen
Kriegsbeschädigten lebt, und dem tiefen Verständnis der weitaus
überwiegenden Zahl der Arbeitgeber zuzuschreiben, die die
Beschäftigung einer entsprechenden Zahl von
Schwerkriegsbeschädigten und der in ihren Betrieben verunglückten
Unfallbeschädigten als eine Ehrenpflicht betrachten, so daß nur selten
von den gesetzlich zulässigen [315] Zwangsmitteln
Gebrauch gemacht werden muß. Bisweilen wurde dadurch ein mittelbarer
Druck ausgeübt, daß nur Firmen, die ihrer rechtlichen und sittlichen
Pflicht zur Einstellung Schwerkriegsbeschädigter voll genügt hatten,
Staatsaufträge erhielten.
Verschiedene Werke haben auch besondere Vorkehrungen in ihren Betrieben
getroffen, um Schwerbeschädigten eine gefahrlose Mitarbeit zu
ermöglichen. Das Kleinbauwerk von Siemens-Schuckert
in Siemensstadt bei Berlin hat eigene Werkstätten
für Blinde und sonst Verstümmelte eingerichtet. Auch die
Siemens-Schuckertwerke und die Bingwerke in Nürnberg und die
Isaria-Zählerwerke in München haben eigene
Blindenwerkstätten geschaffen.
Es liegt weder im Interesse der Arbeitgeber noch in dem der
Schwerbeschädigten, aber auch nicht im Sinne des Gesetzgebers, wenn die
Schwerbeschädigten lediglich mitgeschleppt und entlohnt werden, ohne
daß sie Entsprechendes leisten, wie es anscheinend bisweilen vorkommt.
Eine solche Verwendung vermag vor allem den Schwerbeschädigten selbst
nicht zu befriedigen, weil sie in ihm nicht das Gefühl aufkommen lassen
kann, daß er Vollwertiges leiste. In der ersten Zeit des Gesetzvollzugs war
die Unterbringung der Schwerbeschädigten vielleicht bisweilen auch zu
sehr ein Massenproblem. Jetzt aber, da fast alle Schwerbeschädigten einmal
untergebracht sind, wird man immer mehr bemüht sein, durch individuelle
Kleinarbeit für jeden eine Stelle zu ermitteln, in der er trotz seines
Versorgungsleidens noch möglichst eine volle Arbeitskraft zu ersetzen
vermag. Für die meisten Beschädigten wird sich bei allseitigem
guten Willen solche Tätigkeit finden lassen.
Die vielfach gehörte Klage, daß der Staat bei Erfüllung der
Pflicht der Beschäftigung Schwerbeschädigter nicht der
Privatindustrie mit gutem Beispiel vorangehe, ist nicht begründet. Nach
einer Feststellung vom 1. Juli 1922 hatten alle Reichsbehörden nicht nur
ihrer gesetzlichen Pflichtzahl zur Einstellung von 2% Schwerbeschädigten
genügt, sondern sie meist erheblich überschritten, im Bereich des
Reichsarbeitsministeriums waren über 8% aller Arbeitsplätze mit
Schwerbeschädigten besetzt.98 Dabei ist
zu berücksichtigen, daß nach den damals noch geltenden
Anstellungsgrundsätzen die Behörden vor allem die Inhaber von
Zivilversorgungs- und Anstellungsscheinen ohne Rücksicht auf den Grad
ihrer Erwerbsminderung anstellen mußten. Die Behörden haben auch
dadurch die Unterbringung Schwerbeschädigter unterstützt,
daß sie z. B. bei der Vergebung von Bahnhofswirtschaften,
von -verkaufsständen für Tabakwaren, Zeitungen,
Bücher usw., von Postagenturen, von
Brücken- und Pflasterzolleinnehmerstellen Kriegsbeschädigte
bevorzugt berücksichtigten.
Fast noch schwerer als die Arbeitsversorgung der Kriegsbeschädigten ist
die der Kriegshinterbliebenen. Sie ist verhältnismäßig einfach
bei kinderlosen [316] Kriegerwitwen, die
schon vor der Verehelichung einen Beruf ausgeübt haben und nach dem
Tod ihres Gatten wieder in diesen oder doch in eine verwandte Tätigkeit
zurückkehren können. Schwieriger ist es besonders dann, wenn die
Witwen für schulpflichtige Kinder zu sorgen haben und wenn sie für
keinen Beruf vorgebildet und auch früher keinem solchen nachgegangen
sind. Die Fürsorge hat es immer als ihr höchstes Ziel angesehen, die
Mutter möglichst ihren Kindern zu erhalten, damit ihre Erziehung und
Ausbildung nicht gefährdet wird. Während des Krieges war man
auch besonders bemüht, die Hinterbliebenen, wenn irgend möglich,
in der sozialen Schicht, in der sie der Gefallene hinterlassen hat, zu erhalten.
Durch die Verschlimmerung der sozialen Lage, die der unglückliche
Ausgang des Krieges über weite Kreise des deutschen Volkes gebracht hat,
läßt sich dieser hohe Grundsatz leider nicht mehr restlos
durchführen. Viele Kriegerwitwen mit Kindern sind deshalb gezwungen,
nach einem Verdienst zu suchen. Manche werden als Reinemachefrau in einem
Bureau, als Zugehfrau eine Tätigkeit finden, die es ihnen ermöglicht,
die meiste Zeit zu Hause zuzubringen. Die Heimarbeiten, die solchen Witwen die
Vereinigung ihrer Mutterpflichten mit der Notwendigkeit eines Verdienstes
ermöglichen, sind leider meist sehr schlecht bezahlt.
Sehr beachtenswert erscheinen die an manchen Orten von den
Fürsorgestellen eingerichteten Näh- und Flickkurse, in denen
Kriegerwitwen wie auch weibliche Kriegerwaisen und Töchter
Kriegsbeschädigter nicht nur im Schneidern, Weißnähen,
Flicken unterrichtet werden, sondern durch die sie auch häufig Heimarbeit
bekommen. Vielfach werden in diesen Nähstuben
auch - zuweilen aus alten
Heeresbeständen - Bekleidungs- und Wäschestücke
umgearbeitet oder neu hergestellt, die von den Fürsorgestellen wieder
gegen Ersatz der Selbstkosten oder im Wege der Unterstützung an
hilfsbedürftige Kriegsbeschädigte und Kriegshinterbliebene
abgegeben werden. Bisweilen werden diese Flickstuben in Verbindung gebracht
mit Wäschereien für Studenten. Sie übernehmen dann die
Instandsetzung der zerrissenen Wäsche der Studierenden.
Dem vielfach geäußerten Wunsch der Ausdehnung des
Einstellungszwanges nach dem Schwerbeschädigtengesetz auf
Kriegshinterbliebene konnte nicht entsprochen werden. Das
Schwerbeschädigtengesetz will die schützen, die durch die im Dienst
für die Allgemeinheit erlittene Gesundheitsstörung in ihrer
Wettbewerbsfähigkeit auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt beschränkt
sind. Die letzte Novelle zum Schwerbeschädigtengesetz gibt aber den
Hauptfürsorgestellen die Möglichkeit, die Befreiung einzelner
Arbeitgeber von der Pflicht zur Einstellung der gesetzlichen Mindestzahl von
Schwerbeschädigten an die Bedingung zu knüpfen, Kriegerwitwen
und Frauen Schwerstbeschädigter einzustellen oder ihnen Heimarbeit
zuzuweisen. Dies kommt vor allem für Betriebe mit vorwiegend weiblichen
Arbeitskräften in Betracht.
Die Ausbildung gar schon älterer Witwen für einen neuen Beruf
stößt häufig auf sehr große Schwierigkeiten wegen der
oft schlechten Gesundheit dieser [317] Frauen, oder auch
wegen des Mangels entsprechender Schulkenntnisse. Wie bei den
Kriegsbeschädigten, muß auch bei den Kriegshinterbliebenen
besonders darauf geachtet werden, etwaiges Fachwissen oder besondere
Neigungen zu verwerten. Für die meisten kämen wohl
Tätigkeiten in Betracht, in denen die hausmütterlichen Eigenschaften
der Frau ausgenützt werden können.
Was diese Witwen, besonders auch die aus Offizierskreisen, die oft in besten
Verhältnissen gelebt haben, im Verborgenen leisten und entbehren, vor
allem um ihrer Kinder willen, ist oft ein tief ergreifendes stilles Heldentum. Ihnen
zu helfen, ist der Fürsorge häufig dadurch erschwert, weil sich diese
Hilfsbedürftigen gleich manchen Kriegsbeschädigten aus diesen
Kreisen vielfach scheuen, die Fürsorge in Anspruch zu nehmen, obgleich
sie ihnen ebenso wie den Hinterbliebenen der anderen
Bevölkerungsschichten helfen und dabei auch ihrer sozialen Stellung und
ihren besonderen Verhältnissen Rechnung tragen will. Fehlgriffe, die
vereinzelt bei einigen örtlichen Stellen vorgekommen sein mögen,
dürfen nicht verallgemeinert werden. Die Zentralstelle hat wiederholt
Weisungen ergehen lassen, wegen taktvoller Ausübung der Fürsorge
auch bei solchen begreiflicherweise besonders empfindlichen und
feinfühligen Personen.
Vielleicht mit die schwerste Sorge für die ins Feld ziehenden
Kämpfer war die, was aus ihren Kindern würde, wenn sie nicht mehr
oder nur mehr beschränkt erwerbsfähig heimkehren
würden.
Demgemäß hat es auch die Fürsorge von jeher als ihre heiligste
Pflicht erachtet, den Kriegerwaisen, dem teuersten Vermächtnis der
Gefallenen, soweit als irgend möglich, die Erziehung und Ausbildung zu
ermöglichen, die ihnen ihr Vater bei Lebzeiten vermutlich hätte
zuteil werden lassen. Es sind deshalb auch Sondermittel zugunsten von
Kriegerwaisen und Kindern Kriegsbeschädigter bereitgestellt worden,99 aus denen den Kriegerwitwen und
Schwerbeschädigten, die infolge des Verlustes des Ernährers oder
infolge der schweren Beeinträchtigung ihrer Erwerbsfähigkeit die
Kosten für eine entsprechende Ausbildung nicht aufbringen können,
Beihilfen gegeben werden können. Die Aufwendung von
öffentlichen Mitteln für die Ausbildung solcher Kriegerkinder zu
einem gelernten Beruf oder zum Mittel- und Hochschulstudium kann aber
natürlich nur verantwortet werden, wenn der Junge oder das
Mädchen sich hierfür auch eignet. Nach den Wandlungen, die die
allgemeine Anschauung gerade auch in diesen Dingen nach dem Kriege erfahren
hat, läßt es sich z. B. nicht rechtfertigen, Kinder, bei denen die
körperlichen oder geistigen Voraussetzungen hierfür fehlen, lediglich
aus Standesrücksichten einen ungeeigneten Beruf
er- [318] greifen zu lassen, wenn
auch schon aus Gründen der Pietät etwaigen Wünschen des
verstorbenen Vaters nach Möglichkeit Rechnung getragen werden soll.
In ganz besonderem Maße hat sich die liebende Fürsorge der
Kriegervollwaisen angenommen. Verschiedentlich war die Absicht aufgetaucht,
für sie eigene Waisenhäuser zu errichten. Zum Glück brach
sich aber immer wieder die Erkenntnis Bahn, daß die Unterbringung in
solchen nur für Kriegerdoppelwaisen errichteten Heimen, mögen sie
noch so schön ausgestattet sein, nicht im wohlverstandenen Interesse dieser
Kinder liegen würde. Schon an sich erscheint die Absonderung der
Kriegsbeschädigten und Kriegshinterbliebenen nicht als das Richtige: sie
sollen keine Sonderklasse werden, sondern im Volke ganz aufgehen. Für
die verhältnismäßig geringe Zahl von Kriegervollwaisen,
für die die Aufnahme in ein Waisenhaus in Betracht käme,
wären genügend Plätze in den meist vorzüglich
ausgestatteten Waisenhäusern vorhanden. Außerdem ist man schon
vor dem Kriege in Fachkreisen zu der Überzeugung gekommen, daß
für gesunde normale Kinder die Aufnahme in guten Familien einer
Anstaltserziehung meist vorzuziehen ist; denn das Aufwachsen in der Familie ist
das Natürlichste. Die Heranziehung der Kinder zu leichteren
häuslichen Arbeiten, die Teilnahme an den kleinen Sorgen des Haushalts
erzieht viel besser für das Leben als der Anstaltsbetrieb. Auf die
Bequemlichkeiten, die ihnen dort geboten werden, müssen sie nach
Verlassen der Heime meist doch verzichten, was ihnen das Angewöhnen
oft erschwert.
Viele dieser Vollwaisen konnten bei den nächsten Angehörigen, bei
den Großeltern oder bei den Geschwistern der Eltern liebevolle Aufnahme
finden. Auch fremde Familien haben häufig solche Kriegervollwaisen nicht
nur dem Gesetze nach, sondern in des Wortes tiefster Bedeutung an Kindes Statt
angenommen, bisweilen als Ersatz für einen gefallenen Sohn oder weil
ihnen der Kindersegen versagt geblieben. Zeitweise waren die Anerbieten,
Vollwaisen zu adoptieren, so zahlreich, daß nicht allen entsprochen werden
konnte. Familien und Personen, die solche Kinder nicht zu sich nehmen konnten,
übernahmen vielfach die Fürsorge für sie, auch für
Halbwaisen, in der Form einer Kriegspatenschaft, die sich dann häufig
nicht auf finanzielle Leistungen beschränkte, sondern sich vielfach zu
einem engen persönlichem Verhältnis zwischen Pate und Kind
gestaltete.
Voraussetzung für eine wirksame Berufsfürsorge bei Kriegerkindern
und Kriegerwitwen ist ihre Gesundheit. Diese hat meist durch die Sorge um den
Gatten und Vater und durch die allgemeinen Ernährungsschwierigkeiten
während und nach dem Kriege vielfach schwer Schaden gelitten. Ihr
muß daher auch die Fürsorge ihr besonderes Augenmerk
zuwenden.100
Für die Kriegerwitwen haben in vielen Fällen ja die Krankenkassen
oder Landesversicherungsanstalten einzutreten. Die Fürsorgestellen sichern
häufig [319] die Fortsetzung der
Krankenhilfe durch die Kasse dadurch, daß sie durch Übernahme der
Kassenbeiträge die Fortsetzung der freiwilligen Versicherung
ermöglichen. In Zukunft soll die Übernahme der Heilfürsorge
für bedürftige nichtversicherte Kriegshinterbliebene seitens der
Krankenkassen durch Abschluß besonderer Verträge sicher gestellt
werden.
Schon jetzt haben manche Fürsorgestellen mit Ärzte- und
Apothekervereinigungen Verträge wegen Heilbehandlung der in ihrer
Fürsorge stehenden Hinterbliebenen geschlossen. Vielfach haben sie in
Heilstätten, Sanatorien, Kinderheimen, Walderholungsstätten
für Tuberkulöse usw. die bevorzugte Aufnahme von
Kriegerwitwen und Kriegerkindern sichergestellt, so daß die von der
Fürsorge vorgeschlagenen Frauen und Kinder bei Freiwerden von
Plätzen ohne Rücksicht auf frühere Anmeldungen anderer
Personen außer der Reihe aufgenommen werden.
Zur Ermöglichung einer ausgiebigen Erholungsfürsorge haben
einzelne Hauptfürsorgestellen eigene Erholungsheime eingerichtet, so
für Kriegerwitwen das Frauensanatorium in Görden bei
Brandenburg, die Kuranstalt Villa Franziska in Stadt Brückenau, für
Kriegerkinder z. B. das Kindererholungsheim Wöllershof bei
Neustadt WN. (Bayern), Gaibach und Königsberg i. Franken.
Auch in anderen bekannten Kindererholungsheimen, Heuberg, Wegscheide,
Marienruhe in Hammelburg, in den Kinderheimen im
Riesen- und Erzgebirge, wie an der Nord- und Ostsee finden durch Vermittlung
der Fürsorge viele Kriegerkinder Aufnahme. Unter den Kindern, denen das
neutrale Ausland (Schweiz, Schweden, Dänemark, Holland) gastliche
Aufnahme und hochherzige Erholungsfürsorge gewährt hat,
befanden sich jeweils zahlreiche Kriegerwaisen und
Kriegsbeschädigtenkinder.
Bei der Bewilligung von Sondermitteln zur Heil- und Berufsfürsorge
für Kriegerwaisen und Kinder Schwerbeschädigter wird die Frage,
ob der Vater hierzu Leistungen zu machen vermöchte, falls er noch am
Leben oder im Vollbesitz seiner Kräfte wäre, wohlwollend
geprüft werden können, da es sich hierbei um eine vorbeugende
Fürsorge handelt, die auch im Interesse der Allgemeinheit liegt.
Bei den Kindern, die aus längerer Heilbehandlung wegen
orthopädischer Leiden, wegen Tuberkulose, Skrofulose,
Rachitis usw. oder auch aus einem Erholungsaufenthalt
zurückkehren, sorgen die
Kreis- oder Bezirksfürsorgerinnen, die jetzt in den meisten
Verwaltungsbezirken aufgestellt sind, durch nachgehende Fürsorge,
daß der mit viel Zeit, Mühe und Kosten erreichte Kurerfolg nicht
durch Vernachlässigung oder Außerachtlassung der ärztlichen
Anordnungen in kurzer Zeit wieder zunichte gemacht wird. Auch hierbei wird die
Fürsorge häufig eingreifen müssen durch Ermöglichung
einer kräftigeren Ernährung usw.
Wie schon ausgeführt wurde, obliegt die Heilbehandlung der
Kriegsbeschädigten, aber nur der wegen eines Versorgungsleidens, den
Versorgungsbehörden. [320] Soweit aber ein
Erholungsaufenthalt lediglich zur Erhaltung der Arbeitsfähigkeit in
Betracht kommt, ist dieser, falls der Kriegsbeschädigte ihn nicht selbst zu
bestreiten vermag, durch die Stellen der sozialen
Kriegsbeschädigtenfürsorge zu gewähren, die das
größte Interesse daran haben, daß die
Kriegsbeschädigten weiter ihrem Erwerb nachgehen können.
Da erfahrungsgemäß die Nerven der Blinden durch die
Berufstätigkeit und schon durch den Weg zur und von der
Arbeitsstätte wegen des mangelnden Augenlichts stärker in Anspruch
genommen werden, wurde ihnen in vielen Bezirken bei der Ermöglichung
eines Erholungsaufenthaltes besonders weit entgegengekommen.101
Die größte praktische Bedeutung in der Fürsorge kommt wohl
der Unterstützungstätigkeit zu. Gerade hier tritt auch stärker in
Erscheinung, daß die Fürsorge eigentlich nur dann helfend eingreifen
kann, wenn der Notstand durch die Beschädigung oder durch den Tod des
Ernährers verursacht ist oder doch hiermit in Zusammenhang steht. Da die
Kriegsbeschädigten und Kriegshinterbliebenen, wenn irgend
möglich, von der Armenpflege ferngehalten werden sollen, wird die
vorgenannte Frage immer wohlwollend geprüft. Auch bei diesem Zweig der
Fürsorge werden sich die Fürsorgestellen bemühen, vor allem
Selbständigkeit und Selbsthilfe zu fördern. Sie werden die
Kriegsbeschädigten und Kriegshinterbliebenen bei der Gründung
eines Geschäftes, der Einrichtung einer Werkstätte, bei der
Ansässigmachung, wenn sie dies nach reiflicher Prüfung als den
richtigen Weg erkannt haben, in jeder Weise unterstützen durch
Erschließung aller vorhandenen Hilfsquellen und durch Gewährung
einer Beihilfe, eines Darlehens oder auch durch Übernahme der
Bürgschaft gegenüber einem Gläubiger. Gerade dieser letzte
Weg hat sich in der Praxis sehr bewährt. Er bringt den
Kriegsbeschädigten oder den Kriegshinterbliebenen gleich wirksame Hilfe
wie ein Darlehen, spart aber die flüssigen Mittel der Fürsorge. Die
Rückzahlung der Verbindlichkeit durch den Schuldner, auf die schon aus
erzieherischen Gründen großes Gewicht gelegt werden muß,
wird bei diesem Weg noch mehr als selbstverständlich empfunden und
erfolgt deshalb auch meist noch reibungsloser, als wenn die Fürsorge das
Darlehen gibt.
In der so wichtigen Versorgung mit Lebensmitteln, Brennstoffen, Kleidung und
Wäsche nehmen die hilfsbedürftigen Kriegsbeschädigten und
Kriegshinterbliebenen an den allgemeinen Fürsorgemaßnahmen
für die minderbemittelte Bevölkerung teil. Soweit diese nicht
ausreichen, verdient im allgemeinen die Hinausgabe von Sachbezügen den
Vorzug vor der Barunterstützung. Hierbei, wie auch bei der
Gewährung von Heilbehandlung für die Kinder, hat es sich
besonders [321] bewährt, die
Unterstützungsempfänger mit einer wenn auch geringen
Interessenquote an der Kostentragung zu beteiligen, weil dadurch die
hinausgegebenen Gegenstände in den Augen des Empfängers viel an
Wert gewinnen und wegen der hohen Anschaffungskosten auch wirtschaftlicher
behandelt werden.
Vergünstigungen mannigfacher Art wurden den Kriegsbeschädigten
gewährt: besonders von der Eisenbahn102 durch
Fahrpreisermäßigung, Freifahrten für den notwendigen
Begleiter, kostenloses Durchlassen des gepäcktragenden Begleiters durch
die Bahnsteigsperre, Bereitstellung gesonderter Abteile für
Schwerbeschädigte. Bis vor kurzem hat fast überall auch die
Straßenbahn den Schwerkriegsbeschädigten, besonders den
Bewegungsbehinderten und Blinden, Freifahrten oder doch
Fahrpreisermäßigungen bewilligt. Den Schwerbeschädigten,
die wegen ihrer Beschädigung nicht längere Zeit stehen
können, werden Ausweise gegeben, daß ihnen Sitzplätze
angewiesen werden, falls dies nicht die gesunden Mitfahrenden, was eigentlich
eine selbstverständliche Menschenpflicht ist, von selbst tun, und daß
sie bei Stellen mit starkem Parteiverkehr bevorzugt abgefertigt werden. Auch die
Steuergesetzgebung sieht neben der vollkommenen Steuerfreiheit für die
Versorgungsgebührnisse manche Steuererleichterung für
Kriegsbeschädigte und Kriegshinterbliebene vor.103
Nach dem Reichsheimstättengesetz104 sind
Kriegsteilnehmer, insbesondere Kriegsbeschädigte und Kriegerwitwen bei
der Vergebung der Heimstätten vorzugsweise zu berücksichtigen.
Dem tragen auch die Satzungen der meisten gemeinnützigen
Siedlungsgenossenschaften Rechnung.
Auch bei der Wohnungszuweisung soll bei Schwerbeschädigten die
Wartezeit abgekürzt werden.
In ganz besonderem Maße gebührt die Fürsorge den
Schwerstbeschädigten, die zu keiner Erwerbstätigkeit mehr
fähig, die dauernd hilflos und vielfach ständig ans Bett oder an den
Fahrstuhl gefesselt sind. Zu ihnen gehören neben den besonders schwer
Verwundeten auch schwer innerlich Kranke, vor allem auch Tuberkulöse.
Um für solche tuberkulöse Kriegsbeschädigte, die nach
fachärztlichem Gutachten nur im Schweizer Höhenklima geheilt oder
gebessert werden können, eine geeignete Anstalt zu schaffen, hat der
Reichsausschuß der Kriegsbeschädigtenfürsorge im Jahre 1918
im Verein mit dem Roten Kreuz und der reichsdeutschen Hilfsorganisation in der
Schweiz das Deutsche Kriegerkurhaus
Davos-Dorf erworben und trotz der mancherlei Schwierigkeiten, die der
ungünstige Stand der deutschen Mark zur Folge hatte, aufrechterhalten.
Hierbei haben besonders auch die Auslanddeutschen ihre Anhänglichkeit
an die Heimat durch tatkräftige Mithilfe bezeugt (vor allem der
Kriegerdank der Aus- [322] landdeutschen). Vom
Frühjahr 1921 bis Herbst 1922 fanden auch etwa 300 tuberkulöse
Kriegerwaisen und Kriegsbeschädigtenkinder Aufnahme in dem Haus.
Nervensiechen,105 Rückenmarksleidenden oder
sonst völlig Gelähmten, mehrfach Verstümmelten usw.
kann meistens nur in Heimen, die in der Regel von Ordensbrüdern oder
Diakonen oder von Schwestern betrieben werden,106
sachgemäße Pflege zuteil werden. Innerlich Kranke, die besonderer
Diät bedürfen, sind auch bisweilen in Landkrankenhäusern in
der Nähe ihrer Heimat untergebracht worden. Dies hat für sie noch
den besonderen Vorzug, daß sie von ihren Angehörigen öfters
besucht werden können. Diese Schwerbeschädigten haben in ganz
besonderem Maße unsere Dankbarkeit verdient. Diese darf sich nicht
beschränken auf Gewährung eines von Unterhaltssorgen freien
Daseins, sie soll und muß sich äußern in Liebesbeweisen von
Mensch zu Mensch. Diese Kranken lechzen in ihrer erzwungenen
Untätigkeit und Hilflosigkeit, die sie besonders schwer bedrückt,
nach Ablenkung durch Besuche, durch Ausfahren, soweit dies noch
möglich, durch Vorlesen, Musik vorspielen usw. Erfreulicherweise
haben sich immer Personen gefunden, die solche Liebesdienste gerne
übernehmen und von ihnen sehr befriedigt sind, überwältigt
von der Geduld, mit der manche dieser Leidenden ihr schweres Kreuz tragen.
Zu den Schwerstbeschädigten gehören zweifellos auch die
Hirnverletzten und Kriegsblinden. Während das schwere Los der
Kriegsblinden allseits gewürdigt wird und sie sich des wärmsten
Interesses aller Volkskreise erfreuen, werden die Hirnverletzten noch vielfach
verkannt und mit Geisteskranken oder Neurotikern auf eine Stufe gestellt oder
sogar als Simulanten behandelt. Sie sind deshalb auch zum Teil noch nicht der
fachärztlichen Behandlung zugeführt, die ihnen Linderung und
Besserung zu bringen vermag. In den Sonderlazaretten für Hirnverletzte,
besonders in München (Dr. Isserlin), Bonn (Dr. Poppelreuter),
Frankfurt a. M. (Dr. Goldstein), Nietleben b. Halle,
Hamburg, Königsberg i. Pr.,107 neuerdings auch in Berlin, wurden
durch Übungstherapie dank [323] der starken
Willenskraft und Geduld der Patienten, wie der Ärzte und
Lehrkräfte, sehr schöne, bisher kaum geahnte Erfolge erzielt. Es
gehört wohl mit zum Erschütterndsten, diese Leute im besten
Mannesalter auf der Schulbank sitzen zu sehen, wie sie
sich - vielfach schwerer wie
ABC-Schützen - mühen, das Buchstabieren, Lesen, Schreiben
und Rechnen wieder zu erlernen und so die Ausfallerscheinungen im
Sprech- und Denkvermögen wieder auszugleichen. Die dazu kommenden
Lähmungen eines oder meist mehrerer Glieder (vielfach halbseitig), die
verschiedenartigen psychischen Störungen, sowie vor allem die
häufig wiederkehrenden Krämpfe und epileptischen Anfälle
erschweren eine Arbeitsvermittlung bei ihnen außerordentlich. Das
Tragischste ist, daß sie sich über ihre schwere Lage, ihre
Unfähigkeit, das auszusprechen und zu tun, was sie möchten, klar
sind: das Gefühl des Leistenwollens, aber Nichtleistenkönnens.108
Durch entsprechende Aufklärung der Allgemeinheit, besonders aber der
Ärzte und der Fürsorgepersonen im Außendienst,
müssen die noch nicht entsprechend versorgten Hirnbeschädigten
ermittelt werden, damit ihnen die Fürsorge und womöglich noch die
spezialärztliche Hilfe zuteil werden kann, die ihr Gesundheitszustand
dringend erfordert. Die Zahl der Hirnverletzten wird auf ein Mehrfaches der
Kriegsblinden geschätzt.
Kriegsblinde dürften im Reiche zwischen 3000 und 3500 vorhanden sein,
da in Bayern etwas über 400 Kriegsblinde gezählt wurden.109
[324] Wie sich schon seit den
frühesten Zeiten den Blinden das Mitgefühl der Allgemeinheit
zugewendet hat, so in begreiflicher Weise auch den Kriegsblinden, die mit dem
Augenlicht dem Vaterlande ein besonders schweres Opfer gebracht haben. Diese
Anteilnahme hat sich vor allem in zahlreichen Spenden, Stiftungen,
Vermächtnissen für Kriegsblinde geäußert, von denen
die Deutsche Kriegsblindenstiftung für Landheer und Flotte schon an
anderer Stelle erwähnt worden ist.
Dieses warme Interesse hat sich erfreulicherweise auch besonders bei der
Eröffnung neuer Berufe für die Kriegsblinden bekundet. Freilich hat
ein großer Teil auch der Kriegsblinden noch die alten üblichen
Blindenberufe des Korb- und Bürstenmachens erwählt. Zur
Erleichterung der Rohstoffbeschaffung und des Warenabsatzes haben sie in
verschiedenen Bezirken meist gemeinsam mit den Zivilblinden mit Hilfe der
Fürsorge Genossenschaften gegründet, unter denen die badische
besondere Bedeutung erlangt hat. Durch den Mangel an Rohstoffen, die
großenteils aus dem valutastarken Ausland bezogen werden müssen,
ist die wirtschaftliche Lage dieser Gewerbetreibenden vielfach eine sehr
schwierige. Dem Umstand haben auch das Reichsarbeitsministerium und die
Hauptfürsorgestellen durch besondere Maßnahmen für die
kriegsblinden Gewerbetreibenden Rechnung getragen. Manche dieser
Kriegsblinden betreiben dieses Gewerbe nur als Nebenerwerb neben einer kleinen
Landwirtschaft, die sie mit Hilfe ihrer Angehörigen auch nach ihrer
Erblindung weiter versehen. Für kriegsblinde Landwirte wurden nach dem
Vorbild der landwirtschaftlichen Kriegsblindenschule in Straß
(Österreich) auch in Deutschland besondere Kurse auf dem Gute des
Grafen Hochberg in Halbau und später in Wustrau, ferner 1918 in
Hochburg in Baden abgehalten.
Ganz neu waren die besonders auch von Direktor Perls vom Kleinbauwerk
Siemensstadt und in Württemberg angestellten Versuche, Blinde mit
Teilarbeiten in der Industrie zu beschäftigen. Sie waren von den besten
Erfolgen begleitet. Ein großer Teil der Kriegsblinden findet jetzt in Fabriken
Verwendung. Die meisten unter ihnen sind von dieser auch durchwegs gut
bezahlten Arbeit recht befriedigt, einige freilich haben die Tätigkeit als zu
aufreibend für ihre Nerven später wieder aufgegeben.
Eine nicht unbeträchtliche Zahl Kriegsblinder arbeitet als
Maschinenschreiber bei staatlichen Behörden oder in Privatbetrieben. Sie
bedienen sich dabei fast durchwegs der Hilfe eines Sprechapparats (Diktaphon,
Parlograph). Die Kriegsblindenschule von
Geh.-Rat Dr. Silex und des selbst blinden Fräuleins Betty
Hirsch empfiehlt neben dem Maschinenschreiben besonders auch das Aktenheften
als einen geeigneten Blindenberuf.
Einige Kriegsblinde wurden nach dem Vorbild Japans als Masseure und
Heilgymnasten ausgebildet. Doch ist die Massage in Deutschland noch zu wenig
eingebürgert, als daß die Blinden hätten dauernd volle
Beschäftigung finden können, soweit sie nicht in
Krankenhäusern verwendet werden.
[325] Während des
Krieges wurden auch die Einrichtungen für erblindete geistige Arbeiter
weiter ausgebaut und besonders die Hochschulbücherei, Studienanstalt und
Beratungsstelle für blinde Studierende in Marburg a. d. Lahn
gegründet, die viele erblindete
Mittel- und Hochschulstudierende und akademisch gebildete Kriegsblinde
benützt haben. Manche Kriegsblinde sind auch wieder in geistigen Berufen
tätig. Einzelne üben die Lehrtätigkeit an
Volks- und Mittelschulen oder an einer Blindenanstalt wieder aus, ein erblindeter
Taubstummenlehrer setzt sogar seinen Beruf in der Taubstummenanstalt fort.
Einzelne Juristen und Volkswirte sind als Rechtsanwälte oder in privaten
oder öffentlichen Verwaltungsstellen tätig. Einige frühere
aktive Offiziere haben evangelische Theologie studiert und erfreuen sich in ihrer
Prediger- und Seelsorgertätigkeit großer Beliebtheit. Daß sie
selbst schwerste Leiden durchgekämpft haben, macht ihre Worte noch
eindrucksvoller und gibt ihnen erhöhte Bedeutung. Diese geistig
arbeitenden Blinden bedürfen meist einer sehenden Hilfskraft zum
Vorlesen, am besten der Ehefrau.
Die Hochschulbücherei in Marburg dient in erster Linie wissenschaftlichen
Zwecken. Gleichzeitig oder vorwiegend Unterhaltungsbücher in
Blindenschrift enthalten die zwei Büchereien in Leipzig und Hamburg und
die Ernst-von-Ihne-Bücherei, die auch nach der Schließung des
Kriegsblindenheims I. Exz. Frau v. Ihne, Berlin, noch
aufrechterhalten wurde. Außerdem stehen den Kriegsblinden durchweg
auch die Büchereien der Blindenanstalten zur Verfügung. Freilich
macht nur ein kleiner Teil der Kriegsblinden von diesen Möglichkeiten
Gebrauch. Trotzdem sie fast alle im Lazarett die
Blindenvoll- und -kurzschrift erlernt haben, ist ihnen das Lesen in der
Blindenschrift doch meist zu mühsam. Sie lassen sich lieber vorlesen. Viele
von ihnen spielen und hören gerne Musik. Unter den Kriegsblinden sind
viele, die wegen ihres Ausgeschlossenseins von der Welt der Sehenden ein starkes
Bedürfnis nach geistiger Anregung haben. Dieses zu befriedigen, sind
gerade bei Blinden viele Sehende gern bereit.
Trotzdem von den meisten Sehenden der Verlust des Augenlichts als wohl das
schlimmste Unglück gewertet wird, finden wir erfreulicherweise viele
Blinde, die schon nach kurzer Zeit das seelische Gleichgewicht wieder gefunden
haben, die wieder glücklich und zufrieden sind, weil sie nach innen schauen
gelernt haben.
Zu solch ruhiger Seelenverfassung trägt wesentlich bei, daß viele
Kriegsblinde ein stilles großes Glück in ihrer Ehe gefunden haben.
Vor den Frauen der Schwerbeschädigten muß man die höchste
Achtung haben, ihnen gebührt eine eigene Strophe im deutschen
Heldenlied. Man fragt sich manchmal, ob die Frauen mehr Bewunderung
verdienen, die ihren Mann noch vor dem Kriege in Vollkraft und Gesundheit
kennengelernt und geheiratet haben und nun sich raschest auf die schwere
Verstümmelung oder Entstellung umgestellt haben, oder diejenigen, welche
den Schwerbeschädigten im vollen [326] Bewußtsein
dessen, was ihnen bevorsteht, geheiratet haben. Es sind häufig Schwestern,
die auf Grund ihrer Lazarettätigkeit die Tragweite ihrer Schritte am besten
beurteilen können. Daß die Rente sie locke, kann man bei deren
bisheriger Höhe kaum annehmen. Vielmehr steht ihnen neben der Arbeit
als Hausfrau und Mutter in Küche und
Haus - und nicht selten auch in Hof und
Stall - noch die oft sehr zeitraubende und körperlich wie seelisch
anstrengende Pflege des Gatten bevor, häufig daneben noch an Stelle des
Mannes Berufsarbeit. Der einzige Beweggrund, der diese Frauen leiten
dürfte, ist wohl der echt weibliche selbstlose Gedanke: einem so
schwerbeschädigten Manne noch mehr dienen zu dürfen, ihm mehr
sein zu können als einem gesunden.
Möchten sich dies nur auch die Schwerbeschädigten selbst immer
vorhalten, wenn sie wegen ihrer Beschädigung und der durch sie
verursachten Hemmnisse ungeduldig werden wollen.
6. Schluß.
Der Weltkrieg hat viel Menschenleben und Menschenschicksale vernichtet. Nach
dem enttäuschenden Kriegsende drängt sich immer wieder der
Gedanke auf: sollen all diese Opfer umsonst gewesen sein? Hiergegen
bäumt sich das Gerechtigkeitsgefühl auf. Sie waren auch nicht
vergeblich! Das deutsche Heer hat den Feind während des Krieges von der
deutschen Heimat ferngehalten. Auch für die, die ein solches Opfer
gebracht haben, liegt darin ein Segen, nicht nur für sie selbst, sondern auch
für andere. Wie an einigen Stellen schon angedeutet, kommen die
Erfahrungen der Kriegsbeschädigtenfürsorge den
Friedensgebrechlichen in mancher Beziehung zustatten, so durch die Fortschritte,
die die ärztliche Kunst,110 vor
allem auch in der Prothesentechnik,111 durch
die Behandlung der vielen Verwundeten gemacht hat. Das
Schwerbeschädigtengesetz kommt jetzt schon Unfallbeschädigten
und auch sonstigen Erwerbsbeschränkten zugute. Vor allem aber ist zu
hoffen, daß das Vorurteil über die beschränkte
Leistungsfähigkeit Gebrechlicher durch das Beispiel der
Kriegsbeschädigten, die trotz ihrer Beschädigungen ihre Stellungen
wieder voll ausfüllen, in weiten Kreisen schwindet.
Es ist für die Kriegsbeschädigten ein versöhnender Gedanke,
daß sie mithelfen dürfen, den Friedensgebrechlichen, die unter
erschwerenden Verhältnissen zu kämpfen haben, die Wege zu einem
besseren Dasein zu ebnen. Es ist dies gleichsam der Dank dafür, daß
sich die Kriegsbeschädigtenfürsorge auf [327] den Erfahrungen der
Fürsorge für die Friedensgebrechlichen aufbauen konnte.112 Desgleichen werden auch die
Erfahrungen der Kriegshinterbliebenenfürsorge die allgemeine
Wohlfahrtspflege, besonders auch die Jugendfürsorge, wirksam
fördern.
Die Gefallenen und Verwundeten haben nicht umsonst gelitten, Deutschlands
Kämpfer nicht umsonst gestritten. Das ist des ganzes Volkes tiefste innere
Überzeugung, sein fester Glaube und seine gewisse Zuversicht!
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