Tetschen-Bodenbach
Bericht Nr. 337
Schwere Mißhandlungen
Berichter: Max Griehsel Bericht vom 7. 9. 1950
Am 3. Juni
[1945] wurde ich auf das Gemeindeamt in Johnsdorf gerufen. Dort bedeutete man
mir, ich
möge vor der Tür warten. Nach ungefähr einer halben Stunde gingen
zwei SNB-Leute und der Vorsitzende des Národní výbor mit mir in die
Wohnung meiner Eltern, wo ich mich zur Zeit aufhielt. Dort sagte man mir, ich solle die Waffen
herausgeben, die ich noch besitze. Da ich keinerlei Waffen besaß, konnte ich diesem
Verlangen nicht entsprechen. Nach Durchsicht aller Räume brachte man mich im Auto
nach Tetschen
ins Gerichts-Gefängnis. Hier mußte ich mich mit dem Gesicht zur Wand stellen und
es wurden mir alle Sachen abgenommen, die ich in den Kleidertaschen hatte, dann wurde ich in
eine Zelle gestoßen, in welcher sich bereits etwa 15 Männer befanden. Ich wurde
von
meinem Kameraden Karl Wischolit begrüßt, von dem ich gehört hatte, er sei
bereits von den Russen abgeholt und erschossen worden. Es wurden auch fortwährend
neue
Opfer eingeliefert, die zum Teil die Spuren grober und gröbster Mißhandlungen
aufwiesen.
Am nächsten Tage wurde ein gewisser Helmut Kuhn eingeliefert, der angab, er sei im KZ
Buchenwald gewesen. Er führte besondere Mißhandlungen ein. Ein beliebter Sport
war es, zwei der Häftlinge einander gegenüberzustellen, worauf sie sich gegenseitig
solange "bearbeiten" mußten, bis der eine zu Boden sank und nicht mehr weiterkonnte.
Dann wurden diese Unglücklichen erst noch von den Tschechen auf grausamste Weise
geprügelt. Als Essen erhielten wir ein wenig dünne Suppe und für zehn
Mann
ein Brot. Dies dauerte drei Tage.
Am 6. Juni 1945 wurden wir am Hofe aufgestellt, in einen Autobus verladen und nach
Bodenbach
gebracht. Dort wurden wir, an die sechzig Personen, in einen Güterwagen gepfercht und
dann auf der Station Rabstein ausgeladen. Dann ging es zu Fuß nach dem
Konzentrationslager in Rabstein. Wir wurden von Soldaten
der Svoboda-Armee eskortiert. Im Lager warteten bereits weitere tschechische Soldaten oder
Partisanen-Gruppen auf uns.
Wir mußten paarweise ins Lager einmarschieren. Die Soldaten stellten sich so auf,
daß wir an ihnen vorüber mußten und dann schlugen sie mit
Gurnmischläuchen auf uns ein. Ich entging einem gegen meinen Hals geführten
Schlag dadurch, daß ich den Kopf einzog. Wütend darüber, daß er mich
nicht so recht getroffen hatte, lief der Soldat mir nach und hieb mich so wuchtig über den
Kopf, daß ich taumelte. Am Platz angekommen, mußten wir uns ganz nackt
ausziehen und die Kleider auf einen Haufen legen. Dann erhielten wir alte und unsäglich
verschmutzte Häftlingskleider. Wir wurden mit Wasser angespritzt. Dann jagte man uns
in
die Baracken. Mißhandlungen schwerster Art waren an der Tagesordnung.
Essen erhielten wir so wenig, daß die Leute vor Hunger umfielen. Jedwede
Möglichkeit, außertourlich ein Stückchen Brot oder ein paar Kartoffel zu
erhaschen, wurde unterbunden. Wer es trotzdem versuchte und dabei erwischt wurde, bekam 25
Hiebe mit dem Gummischlauch auf das Gesäß.
Darüber hinaus wurden einzelne herausgegriffen. Sie wurden in den Keller geführt
und so grausam geschlagen, daß viele den Keller nicht lebend verließen. Viele gaben
sich selbst den Tod (z. B. Baumeister Appelt aus Böhmisch Kamnitz). Ein Mann namens
Przkal hatte als Wachsoldat in
den Mattausch-Werken Dienst gemacht und war dabei von einem Cyprioten angefallen worden.
Er hatte ihn abgewehrt. Wegen
dieses Notwehr-Aktes wurde Przkal tagelang gequält und geschlagen und dann eines
Tages
an einer Baracke buchstäblich zu Tode getreten. Da er sich damit verteidigt hatte, er habe
in
Notwehr gehandelt, erhielt er die Prügel mit den ständigen brutalen Rufen: "Ja ti
dám notwehr".
So wie diesem ging es noch manchem Deutschen, der verleumdet oder denunziert worden war.
Ich
verweise auf den Fall des Dr. Anton Kreisel aus Bodenbach. Ein oder zwei Wochen ließ
man ihn unbehelligt. Eine mehrmalige Behandlung im Keller brachte ihn körperlich so
herab, daß er an den Folgen starb. Das letzte Mal, als er im Keller so unmenschlich
behandelt worden war, war er ohnmächtig geworden und wurde mit kaltem Wasser
wieder
zum Bewußtsein gebracht. Er bekam dann eine Lungenentzündung und ist daran
gestorben. Sein Bruder, Lutz Kreisel, der zur selben Zeit in Rabstein interniert war, kann dies
bezeugen.
Auch Frauen wurden nach Rabstein gebracht und ebenso unmenschlich behandelt wie die
Männer. Außerdem wurden sie gezwungen, den tschechischen Soldaten
körperlich zu Willen zu sein. Vergewaltigungen waren an der Tagesordnung.
Es kam auch immer wieder einmal vor, daß jemand floh. Dann mußten wir alle
draußen stehen. Lagerarzt war Dr. M. aus B. Als dieser eines Tages geflohen war,
ließ man uns von abends 18 Uhr bis früh fünf Uhr stehen. Dazwischen gab es
allerhand Übungen: Kniebeugen, Laufen mit gebeugten Knieen usw. Viele der Alten und
Kranken fielen um; sie wurden weggetragen und blieben liegen. Beim Antreten kam es oft vor,
daß sich jemand verzählte. Dann gab es Ohrfeigen und Schläge für die
einzelnen Baracken-Ältesten. Einmal fehlte wieder einer. Nach langem Suchen fand man
ihn: er hatte sich im Keller in einer Ecke erhängt. Nun bekamen alle Kameraden, die mit
ihm im gleichen Zimmer lebten, Prügel.
Im Lager Rabstein gab es natürlich auch Denuntiationen. Ein Tscheche namens Teltscher
horchte überall herum. In der hiesigen Gegend geboren, sprach er deutsch so gut wie
tschechisch. Auf seine Veranlassung sind viele in den Keller gekommen.
Der eigentliche Kommandant des Lagers war ein Kapitän, er wohnte
in Böhmisch-Kamnitz. Wenn er abends zur Kontrolle kam, zitterten alle, die im Lager
waren. Ein anderer
tschechischer Stabs-Kapitän residierte auf dem Schloß zu Tetschen. Er kam
während der Zeit, die ich im Lager verbrachte, dreimal bei Nacht zur Kontrolle. Ein
Tscheche namens Kucera war eingeliefert worden, weil er bei der deutschen Wehrmacht gedient
hatte. Der Stabskapitän bearbeitete ihn brutal und schrie ihn an: "Du willst ein Tscheche
sein und hast bei der deutschen Armee gedient!" Es folgte eine wüste Beschimpfung der
deutschen Wehrmacht. Dieser Kucera ist öfter im Keller behandelt worden.
Einmal wurden wieder Deutsche, Männer und Frauen, mit Autos eingeliefert. Jedes Mal,
wenn ein neuer Schub kam, mußten wir in die Baracken und die hölzernen
Fensterläden schließen. Nun hatten diese hölzernen Fensterladen aber schon
Risse, sodaß man doch hinausschauen konnte. Ich war Zeuge eines Empfanges: Die
Menschen waren im Auto eingeschlichtet wie die Heringe. Dann mußten sie
herunterspringen. Ein Tscheche hielt das Bein vor, sodaß ein jeder hinfallen mußte.
Dann waren ein paar brutale Schläger da, die unbarmherzig auf die Deutschen
einschlugen,
gleich, ob Mann oder Frau, jung oder alt.
Hunger und Mißhandlungen waren die Erziehungsmittel der Tschechen. Der schon vorher
erwähnte Helmut Kuhn wurde dort
endlich Lager-Ältester. Als solcher hat er den Tod vieler Deutscher auf dem
Gewissen.
Unter den tschechischen Soldaten war ein Mann, der sich einige Male mit mir unterhielt. Den
Namen habe ich aber nicht erfahren. Einmal fragte er mich, wie wir zu dem Lagerältesten
Helmut Kuhn stünden. Ich antwortete ihm, es seien viele hier, die Kuhns Vorgehen gegen
uns andere weder begreifen noch verstehen könnten.
Im Lager wurden sämtliche vorhandenen Medikamente vernichtet. Zur Belustigung der
Tschechen wurden Barackenkontrollen durchgeführt. Dabei verursachten die geringsten
Kleinigkeiten:
gefundene Bleistift-Stummel, Papier oder gar ein Messer, Wutausbrüche. Der Betreffende
konnte zufrieden sein, wenn er seine Schläge nur innerhalb der Baracke erhielt. War es
ärger, nahm man ihn mit in
den Keller. - Wir mußten abends Wache halten, damit sich keiner der verzweifelten
Gefangenen abends in den Keller schlich und sich aufhängte. Wenn wir baten, die
Menschen doch nicht mehr in den Keller zu holen, weil viele dann aus lauter Angst den Freitod
vorzogen, so versprach man, nicht mehr zu prügeln. Am nächsten Tage aber ging
die
Prügelei womöglich noch ärger weiter. Sinnlose Arbeiten wurden uns
auferlegt in der Absicht, uns zu quälen und Gelegenheit zu finden, uns zu schlagen. Einen
Mann hatte man so geschlagen, daß sein Auge auslief. Behandlung gab es für ihn
keine, also mußte er erblinden.
Am 20. August 1945 kam ich mit noch 30 anderen Kameraden von Rabstein weg auf ein
Arbeitskommando. Wir mußten nun in einer
kleinen Reparatur-Werft für Elbe- und Moldaukähne in Staré Ouholice bei
dem
Unternehmer Frantisek Ruzek arbeiten. Sein Bestreben war es, uns auszunützen. Sein
Sohn
war ein wüster Bursche, der einzelne von uns auch schlug.
Der Zivil-Wachmann war anständig zu uns; seine Frau hat manchem etwas zugesteckt,
doch mußte es immer sehr heimlich geschehen.
Am 7. März 1946 geriet ich mit der rechten Hand in die Kreissäge. An der
Kreissäge war keine Schutzvorrichtung. Ich wurde mit einem Motorrad zu einem Arzt
Weltrus gefahren, welcher sich die Verwundung ansah, ein
bißchen Wasserstoff-Superoxyd darauf träufelte und einen
losen Gaze-Verband machte. Um 4.30 nachmittags kam ich zur Operation nach Raudnitz ins
Krankenhaus. Ich lag in einem Zimmer, in dem beinahe lauter tschechische Patienten
untergebracht waren. Während die Tschechen ihre vorgeschriebene Kost erhielten,
bekamen
die Deutschen außer dem für alle üblichen Frühkaffee nur Kartoffeln
mit
Soße oder trockene Kartoffeln, selten Knödel mit etwas Soße. Wir wurden
ständig verhöhnt. Die Krankenschwester (die Schwestern gehörten
dem Prämonstratenser-Orden an) gab mir jeweils nur auf wiederholtes Bitten das
Schlafpulver, das mir vom Arzt verordnet war. Ich hatte 14 Tage lang Fieber und viel Durst. Ich
bat abends um etwas Tee. Ihre Antwort war: "Trinken Sie Wasser; das hilft auch gegen den
Durst." Ein tschechischer Partisane, Kommunist, namens Fryda aus Raudnitz war seit Mai 1945
zur Behandlung einer Verwundung da. Er rühmte sich immer wieder, er habe die
deutschen Soldaten weggeputzt wie die Kaninchen.
Als ich so halbwegs wiederhergestellt war, kam ich in einen anderen Teil des Krankenhauses,
wo
nur Deutsche untergebracht waren. Dort war die Verpflegung noch schlechter. Wir bekamen
meistens nicht einmal das, was für uns vorgesehen war. Nach 3 Monaten wurde ich
entlassen. Zunächst kam ich auf
das Lobkowitz-Schloß in Raudnitz. Da war eine Art provisorisches Lager eingerichtet. Die
Behandlung war nicht allzuhart. Hier war ich ungefähr 3 Wochen.
Dann wurde ich von dem jungen Ruzek aus Staré Ouholice abgeholt und nach Tetschen
gebracht.
In Tetschen wurde ich aber nicht aufgenommen und kam nach Aussig in das Lager Lerchenfeld.
Hier waren ungefähr 4000 Deutsche (gegen 3000 Männer und etwa 1000 Frauen)
untergebracht. Der Verwalter dieses Lagers war ein
ehemaliger Schauckelbuden-Besitzer, der uns seiner Meinung nach sehr human behandelte. In
seiner Anrede schimpfte er die Frauen Schweine und Huren und uns Männer "faule
Hitlerschweine".
Von dort kam ich in das Aussiedlungs-Lager Altstadt bei Tetschen. Ich verblieb in diesem Lager
bis zum 23. November 1946.
Dann wurde ich in das Gerichtsgefängnis
in Böhmisch-Leipa eingeliefert. Die Behandlung von Seiten der Wärter und der
Inspektoren war roh und brutal. Die tschechischen Mithäftlinge, meistens kriminelle
Verbrecher, übten gegen uns den reinsten Terror aus. Sie waren unsere
Zimmerkommandanten. Keiner von uns durfte sich niedersetzen.
Am 29. November 1946 wurde ich vom Volksgerichtshof in Böhmisch Leipa als
ehemaliger hauptamtlicher Angestellter der Deutschen Arbeitsfront zu 5 Jahren Zuchthaus,
umgewandelt in Zwangsarbeit, verurteilt. Die Gerichtsverhandlung dauerte 8 bis 10 Minuten:
Der
Gerichtshof erhob sich, ging hinter einen Vorhang, kam auf der anderen Seite wieder hervor und
schon wurde die Urteilsverkündung vom Blatt abgelesen. Eine Verteidigung gab es
nicht.
In den nächsten Tagen bekamen wir, d. h. die Verurteilten, dann Häftlingskleidung
und dann ging es hinaus auf Arbeit. Mit meiner verkrüppelten Hand konnte ich viele
Arbeiten nicht oder doch nicht zur Zufriedenheit der zivilen oder staatlichen Aufseher
ausführen und wurde daher besonders gern beschimpft, "Ty svine germanský!
Hitlerový bandit!" waren die üblichen Bezeichnungen für uns. Ich arbeitete viele Wochen in den ehemaligen
Bohemia Waggon-Werken in Böhmisch Leipa. Dort hatten wir besonders schwer zu
arbeiten und genug Kartoffeln, aber sehr wenig Fett. Dann wurde ich eine zeitlang im
ehemaligen
Jahnelschen Alteisen- und Altwaren-Betrieb eingesetzt, wo wir nur schwere Arbeit zugeteilt
erhielten. Auch Frauen waren in diesem Betrieb eingesetzt.
Im August 1947 kam ich noch mit fünf anderen in die Strafanstalt Bory bei Pilsen. Die
begleitende SNB waren humane Kerle, die uns erlaubten, von unserem Gelde, soweit wir
welches
besaßen, Suppe, Brot, Wurst und sogar Zigaretten zu kaufen. Als wir am Bahnhof in Pilsen
angekommen waren, drangen sie aber darauf, daß wir unsere Zigaretten schnell
ausrauchten, damit sie keinen Anstand bekamen.
In der Strafanstalt wurden wir nach der Aufnahme in den Korrektionszellen untergebracht.
Über 2.500 Sträflinge, meistens politische, waren hier untergebracht. 2 Tage lang
ging ich mit in die Skodawerke, dann wurde ein Transport zusammengestellt und wir kamen
nach
Libkowitz bei Maria Ratschitz, wo wir in den Kohlengruben Kohinoor I und II eingesetzt
wurden.
Dort waren bereits gegen 140 Leidensgefährten.
Gearbeitet wurde 10-12 Stunden täglich. Fett gab es reichlich, aber nur 400 g Brot
täglich.
Wir hatten als Lagerarzt Dr. Gaag, Arzt aus Eger, der ebenfalls als politischer Häftling
hergekommen war. Er hat sich viel Mühe mit uns gegeben und geholfen, wo er helfen
konnte. Im Januar 1949 hörte ich, daß er im Krankenhaus in Bory an Tuberkulose
gestorben sei.
Nach einiger Zeit kam ich zurück nach Bory. Dort war ich ungefähr eine Woche
und
wurde dann mit noch einem Leidensgefährten in Sedlecko in der Nähe von Klattau
auf einem Staatsgut eingesetzt. Dort waren bereits 16 Strafgefangene eingesetzt. Die
Verpflegung
war gut aber knapp; es gab wenig Brot. Zur Zeit der Ernte erhielten wir dann jeden Tag ¾
l Vollmilch und auch etwas mehr Brot.
Am 1. Oktober 1948 kam ich von dort weg, zurück nach Bory. Ich hoffte, ich würde
entlassen, weil ja zwei Drittel meiner Haft vorüber waren. Das war aber ein Irrtum. Am 4.
Oktober kam ich mit mehreren Kameraden nach Kaznejov (Gaßnau bei Pilsen). Es war
eine
chemische Fabrik und wir mußten auch da wieder schwer arbeiten. Es gab eine
wüste
Antreiberei von
der Zivil-Miliz. Die Verpflegung war reichlich, doch ziemlich fettlos.
Dann wurde das Kommando aufgelöst und ich kam wie alle anderen zurück nach
Bory. Wir blieben da 4 Tage, dann ging es auf ein neues Kommando, diesmal nach
Horní
Briza, ein Kaolinwerk in der Nähe von Pilsen. Im Werk wurden wir ziemlich human
behandelt.
Am 19. März 1949 kamen wir wieder nach Bory. Zum ersten Male in der Zeit vernahm
ich
hier deutsche Laute und einzelne Wärter ließen sich jetzt sogar so weit herab, mit
uns
deutsch zu sprechen.
Am 23. März 1949 kamen wir in das
Aussiedlungslager Alt-Habendorf bei Reichenberg. Wer Geld hatte, konnte sich jetzt kaufen,
was
er wollte. Ich erhielt für meine mehr
als 2-jährige Tätigkeit im Gefängnis 192 Kronen. Was wir sonst mit unserer
Arbeit verdient hatten, behielt sich der tschechische Staat.
Nach 14 Tagen
in Alt-Habendorf, am 6. April 1949, wurden wir mit einem Transport nach Deutschland
abgeschoben.
Bericht Nr. 338
Mißhandlungen
Berichter: Dipl. Ing. Karl Pleß Bericht vom 15. 9. 1946 (Tetschen)
Ich bin am 16. 7. 1881 in
Graupen bei Teplitz-Schönau, Sudetenland, geboren. Als
Bauingenieur habe ich an der Baufachschule in Tetschen unterrichtet und zwar vom 1. Sept.
1913
bis 8. Mai 1945 (33 Jahre). Am 8. Juli 1945 um ¼3 Uhr früh wurde ich mit meiner
Familie, bestehend aus meiner Frau, Schwiegertochter
und 2½-jährigem Enkelsohn, von den Tschechen verhaftet und im
Militärgefängnis im Schloß in Tetschen interniert. Durch 14 Tage hindurch
wurde ich von einem tschechischen Kommissar zu
jeder Tages- und Nachtstunde mit einer Stahlpeitsche derart über den Kopf geschlagen,
daß ich am ganzen Körper nur eine Blutkruste war. Einige Male bin ich durch diese
Schläge über den Kopf bewußtlos liegen geblieben. Ich lag als
Schwerverbrecher auf Einzelzelle. Meiner Frau hat man nicht einmal Zeit gelassen, sich
anzuziehen. Sie mußte im Nachtgewand mitgehen und 4 Wochen in diesem Zustande
bleiben. Meine Frau wurde auch geschlagen und an den Haaren in der Zelle
herumgeschleift.
Mit mir zur gleichen Zeit wurde Studienrat Viktor Kerbler verhaftet, welcher im selben Hause
wohnte. Durch die Schläge über den Kopf hat Kollege Kerbler eine
Gehirnerschütterung erlitten, sodaß er mehrere Tage irr gesprochen hat. Er wurde
nach 3 Wochen als unschuldig entlassen. Nach vier Wochen brachte man mich und meine Frau
nach Böhmisch Kamnitz. Dort wurden wir noch einmal einem scharfen Verhör
unterzogen, hierauf aufs Schloß in Tetschen ins Gefängnis zurückgebracht
und
am nächsten Tag entlassen. Als wir in unsere Wohnung kamen, war dieselbe durch einen
tschechischen Lehrer besetzt worden. Aus der Wohnung bekamen wir nichts heraus. Es blieb
nichts als das, was wir am Leib hatten. Ein Kamerad schenkte mir einen Anzug und etwas
Wäsche. Am 17. 12. 45 verließen wir die Heimat.
Mein Bericht entspricht der Wahrheit.
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