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Königinhof
Bericht Nr. 234
Mißhandlungen und Mord im Jahre
1945
Berichter: Julius Herrmann Bericht vom 28. 5. 1950
Ich weilte zum
Umsturz in Königinhof a. E. bei meiner Lebensgefährtin Ernestine
Merthen, wo wir beide am Pfingstsonnabend ohne jeden Grund verhaftet wurden. Bemerken will
ich gleich zu Anfang, daß wir beide nicht der Partei angehört haben. Kaum hatten
wir
den Arrest betreten, gingen die Quälereien los. Gruppenweise ging es zur Arbeit und ich
wurde am nächsten Tag auf den Friedhof mit anderen Kameraden kommandiert, wo wir
Gräber schaufeln mußten für die ermordeten Opfer. Die Arbeit wurde durch
steinigen Boden sehr erschwert, der Pöbel ringsherum johlte und wir durften keine
Sekunde
ausruhen, da der Pöbel
sofort den MG-Schützen herbeirief und die Leute niederschlug. Beim nächsten
Grabe
arbeitete der Kamerad Hetfleisch, Buchhalter in Fa. Staffa. Ich sah, wie er mit dem
Gewehrkolben
niedergeschlagen wurde. Der Mörder schrie auf tschechisch "Du deutsches Schwein, steh'
auf!" Nach dem er kein Lebenszeichen mehr gab, wurde er mit Wasser begossen, da dies jedoch
auch nichts mehr nützte, wurde er kurzerhand in ein fertiges Grab geworfen, wo schon
andere Opfer lagen.
Nach dieser schweren Arbeit im Arrest wieder angekommen, gab es abends
einen schwarzen Kaffee, meist war das Stückchen Brot, das wir bekamen, längst
verzehrt, denn für den ganzen Tag bekamen wir 200 g Brot. Zu Mittag gab es nur einen
Teller Suppe. Kaum hatten wir abends den Kaffee geschluckt, so hieß es "Antreten!"
Im Gang vor der Zelle mit dem Kopf gegen die Wand gestellt warteten wir der kommenden
Dinge. Nun ging es in den Hof. Im Laufschritt ging es so lange, bis die Leute nicht mehr konnten
und dann wurden sie zusammengeschlagen.
Eines Tages mußten wir Baumstämme in einer Stärke von ca. 30 cm und
einer Länge von 6 - 7 m über die Elbbrücke tragen. Zwei Mann mußten
einen Stamm tragen, einer vorn, einer hinten, meine Schultern bluteten und am nächsten
Tag dieselbe Arbeit. Trotz meines Einspruches, daß ich diese Arbeit unmöglich
machen kann, bekam ich Schläge und Ohrfeigen. Das Fleisch an den Schultern war
abgedrückt und hing herunter, erst am nächsten Tage wurde ich dann von dieser
qualvollen Arbeit befreit und bekam eine leichte Arbeit zugewiesen. Einmal mußte ich
auch
mit einem Leidensgenossen eine schwere Kiste zwei Treppen herunter tragen. Der Scherge
kommandierte "Laufschritt!" Da dies doch unmöglich war, schrie die Bestie und schlug
mit
der Reitpeitsche auf uns ein, bis wir die Kiste auf das Auto geladen hatten. Blau unterlaufene
Flecke am ganzen Körper zeugten von den Mißhandlungen.
Ernestine Merthen wurde beschuldigt, SS-Männern Essen zugetragen zu haben. Da dies
nur ein Vorwand war, um sie zu quälen und zu drangsalieren, wurde sie am Pfingssonntag
früh auf den Hof getrieben, 7 Schergen setzten ihre Revolver an und sie sollte jetzt das
eingestehen. Da sie jedoch ihre Unschuld erklärte, sagten sie, dann geht es in den Keller.
Dort angekommen, droht man ihr, wenn sie es nicht eingestehe, werden in fünf Minuten
Russen hier sein. Es kamen aber keine und nach kurzer Zeit ließen sie sie wieder heraus.
Etwa 14 Tage danach kamen die Schergen um 12 Uhr nachts in die Zelle, holten sie und ihre
Kameradin, Frau Lukas, und sperrten sie in den Keller. Frau Lukas kam in den zweiten Keller,
wo
sie 25 Schläge mit einem fünfteiligen Lederriemen bekam. Sie selbst kam mit drei
Schlägen davon. Dann wurde ihnen gedroht, über das Geschehene zu schweigen,
sonst müßten sie mit dem Leben abschließen.
Kurze Zeit darnach wurde sie wieder um 12 Uhr nachts geholt, diesmal mußte sie sich im
Keller nackt ausziehen, trotz vielem Bitten und Flehen wurde sie mit kaltem Wasser von oben
bis
unten mit einem Schlauch bespritzt und nach einigen Tagen wiederholte sich das Gleiche. Da
der
Arzt eine schwere Herzlähmung und Bronchitis feststellte, wurde sie von den Qualen
befreit. Viele ihrer Kameradinnen ereilte dasselbe Schicksal. Sie war zuvor vollkommen gesund
und durch die Mißhandlungen der Tschechen ist sie jetzt mit ihren 50 Jahren invalid, da
sich aus der Bronchitis
ein schweres Asthma-Leiden entwickelt hat. Betonen will ich noch, daß wir nach 10
Wochen von den Quälereien befreit wurden und dann ins Lager kamen, und nach zwei
Tagen abtransportiert wurden. Vor der Grenze Bad Schandau wurden wir von den tschechischen
Finanzern nochmals gründlich durchsucht und bis auf wenige Sachen, alles
geplündert.
Königshof
Bericht Nr. 235
Eisenwerk Königshof, Arbeitseinsatz
Berichter: Ing. Ernst Deinl Bericht vom 25. 8. 1946
Ich wurde am 5. 10. mit
ungefähr 100 anderen Personen aus dem Kreise Mies durch das
Arbeitsamt auf drei Wochen als freier Arbeiter in das Eisenwerk Königshof verpflichtet.
In
Königshof wurden wir von der bewaffneten Werksmiliz übernommen und wie
Gefangene in einem Lager hinter Stacheldraht gehalten. Wir verbrachten dort 10 Monate. In
einem Raum 20x10x3.50
m waren 200-225 Mann untergebracht. Die Verpflegung war so gering, daß wir ohne
Zubußen von zuhause die schwere Arbeit nicht hätten leisten können.
Trotzdem bezog das Lager für uns Schwerarbeiterverpflegung. Ärztliche Betreuung
war praktisch keine vorhanden, da der Lagerführer kaum einen zum Arzt vorließ
und
wenn eine ärztliche Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung ausgestellt wurde, diese gar
nicht anerkannte. Der Postverkehr wurde so gedrosselt, daß ich z. B. in 10 Monaten nur
zwei Karten von meinen Angehörigen ausgefolgt erhielt. Lebensmittelpakete wurden
regelmäßig beraubt. Wir arbeiteten 8 Stunden im Akkord, außerdem leisteten
wir bis zu 8 Stunden täglich zusätzliche Arbeit (Kohlenabladen, Erzverladen usw.)
Obwohl wir nicht als Internierte galten, wurden uns täglich nur zwei Kronen
ausgezahlt. Sonntags- und Feiertagsarbeit wurde uns ebensowenig wie Überzeitarbeit
angerechnet. Auch 14-jährige Jugendliche waren zu denselben Bedingungen zur Arbeit
eingesetzt. Auch hatten sie jede dritte Woche Nachtschicht. Die Prügelstrafe war offiziell
eingeführt und war an der Tagesordnung. Das galt auch für Kriegsgefangene, die
mit
uns zusammen untergebracht waren und mit uns arbeiteten. Bei der Einlieferung mußten
Messer, Rasierapparate, Geld usw. abgegeben werden, was die meisten nicht mehr
zurück[er]hielten. Auch amerikanische Entlassungsscheine und Registrierscheine sind
nicht
mehr ausgehändigt worden.
Krautenwalde
Bericht Nr. 236
Schwere Mißhandlung eines Sozialdemokraten
durch die Gendarmerie
Berichter: Richard Stanke Bericht vom 6. 10. 1946
Ich war immer
sozialdemokratisch organisiert und war niemals Angehöriger der NSDAP.
Deshalb erhielt ich im Mai 1945 von der Leitung der deutschen soziademokratischen Partei eine
Parteilegitimation. Im Juli v. J. wurde ich auf der Straße von einem Gendarmen
angehalten,
der mir die Legitimation abverlangte. Ich weigerte mich, die Legitimation herauszugeben, da er
meiner Meinung nach gar kein Recht hatte, mir sie abzuverlangen. Da nahm mich der Gendarm
mit auf den Gendarmerieposten und mißhandelte mich dort schwer. Er versetzte
mir gegen 6-8 Faustschläge gegen den Kopf, riß mir die Legitimation aus der
Tasche
und zerriß sie. Ich habe 14 Tage einen verschwollenen Kopf und verschwollene Augen
gehabt.
Kremsier
Bericht Nr. 237
Vergewaltigungen
Berichterin: M. S. Bericht vom 26. 8. 1950
Im Jahre 1939 unternahm ich
mit meinen zu betreuenden Kindern als Kindergärtnerin einen
Ausflug, auf dieser Wanderung wurden deutsche Lieder gesungen. Ein des Weges kommender
halbwüchsiger Tscheche beanstandete dies, beschimpfte uns und brachte durch Vorhalten
seiner Füße die Kinder zum Fallen. Ich gab dem jungen Tschechen zu verstehen,
daß ich dies seiner Mutter melden werde. Ein anderer Tscheche sah diesem Geschehnis
damals zu. Von diesem wurde ich im Jahre 1945 angezeigt. Vom Jahre 1942 bis 1945 war
ich als Rote-Kreuz-Schwester dem Bahnhofsdienst in Kremsier zugeteilt. Am 5. Mai 1945 wurde
ich dort von Tschechen verhaftet und im Kremsierer Gericht in eine Zelle geworfen.
In dieser Zelle befanden sich 30 Personen, Frauen mit ihren Kindern. Jede Nacht wurden wir
fünf mal geweckt und hierbei die erste Zeit ausgeplündert und unserer Sachen
beraubt. Jeden Morgen 6 Uhr erschien ein tschechischer Gendarm, der uns alle auf den
Gefängnishof führte. Dort mußten sich die Frauen und Kinder links, die
Männer rechts anstellen. Nach einer erbärmlichen Prügelprozedur wurden
wir
trotz aller Schmerzen zur Arbeit getrieben. Unsere Verpflegung bestand täglich aus 50 g
Brot, früh und abends eine Tasse schwarzen Kaffee und mittags eine Wassersuppe, die
uns
aus Schweinekübeln verabreicht wurde. Zuerst mußten wir Frauen die Kaserne
reinigen und die Möbel aus den oberen Stockwerken abtransportieren. Hierbei wurde ich
von einem Russen mit der Bemerkung "Deine letzte Stunde hat geschlagen" abgeführt und
einem russischen Offizier vorgestellt. Beide haben sich meinetwegen mit dem tschechischen
Gefängniskommandanten gestritten und ich wurde hierauf dem Národní
výbor übergeben. An diesem Tage abends wurde ich neuerdings eingekerkert, es
wurden mir die Haare geschoren und mir mit Ölfarbe auf den nackten Rücken ein
großes Hakenkreuz gemalt. Von dort aus wurde ich mit anderen inhaftierten Frauen
täglich und bei jeder Hitze (verboten war Kopfbedeckung und Verabreichung von
Trinkwasser) zur Feldarbeit geführt. Wir wurden hierbei mit "deutsches Schwein",
"deutsche Hure" betituliert. In der Zelle mußten wir auf dem harten Fußboden
liegen.
Nach der Ernte- und Feldarbeit mußte ich ein volles Jahr schwer arbeiten, erst als Maurer,
dann in einer Ziegelei.
Als mich hierbei meine Kräfte verließen und ich wiederholt ohnmächtig
zusammenbrach wurde ich zur Schulsäuberung zugeteilt. Dann brachte man mich zum
Volksgericht Ungarisch-Hradisch, wo ich gem. § 3 (1939 deutsche Lieder gesungen etc.) zu
fünf Jahren schweren Kerkers verurteilt wurde. Die Verteidigung durch den tschechischen
Richter, daß ich nur schützend die in Obhut gegebenen Kinder vor Angriffen
bewahrte, wurde vom Volksgericht
zurückgewiesen - mit der Begründung, daß Deutsche kein Recht auf
Verteidigung besitzen.
Ich erkrankte an Rippenfellentzündung und ständigen Herzkrämpfen. Dies
waren die Ursachen, daß ich zu Handarbeiten herangezogen wurde.
Diese Handarbeiten habe ich durch drei Jahre ausgeführt, ich möchte
erwähnen, daß ich diese auch im Winter in einem ungeheizten Raum verrichten
mußte und dabei mir beide Hände erfror. Ich wurde sodann in ein
Wäschemagazin zur Arbeitsleistung kommandiert. Zu jeder Tageszeit wurden wir Frauen
vergewaltigt und uns das Hemd vom Leibe gerissen. Wir mußten sofort Folge leisten,
kleinen Verzögerungen wurden mit den Worten "Wie lange dauerts noch?" nachgeholfen.
Welche tierischen Sittlichkeitsverbrechen sich abspielten, die die deutschen Frauen sich ekelnd
ertragen mußten, möchte ich in der Öffentlichkeit verschweigen (daß
uns
männliche Geschlechtsteile auch in den Mund geführt wurden, war keine
Seltenheit).
In diesem Wäschemagazin erhielt ich die Nachricht, daß ich als Zeuge dem Gericht
in Prag vorgeführt werde. Ich kam nach Prag und dort nach Pankratz zum Verhör,
wo ich über Kost und Behandlung in den Gefängnissen aussagen mußte. 14
Tage nach diesem Verhör verbrachte man mich nach Reichenberg, von dort nach Jitschin
ins Gefängnis und von dort wieder nach Semil zur Zwangsarbeit. In Semil war ich ein
Jahr
mit Verbrechern in einer Spinnerei tätig. Mit dem Befehl von Reichenberg
"irrtümlich verurteilt" wurde ich in Semil entlassen, aber zwei Stunden später
von SNB-Angehörigen am 5. 5. 1950 bis zum 27. 5. 1950 in Schutzhaft genommen. Am
27. 5. 1950 stand ich vogelfrei und mittellos auf der Straße. Das Internationale Rote Kreuz
brachte mich als lebendige Leiche, abgemagert und abgeschunden in das
Erholungsheim Teplitz-Schönau, von wo ich meine Reise, zu der mir
mein Bruder 2000.- Kc besorgte, am 9. August 1950 nach Bayern zu meiner Stiefmutter antreten
konnte.
Ich möchte noch erwähnen, daß sich die inhaftierten Frauen
(Gefängnis
Kremsier) am Gefängnishofe täglich abends anstellen mußten, wo sie von
den
Russen mit den Worten "Du, Du und Du" usw. mitgenommen und im Keller vergewaltigt
wurden.
Nachher wurden diese Opfer wieder in die Zelle geworfen und immer dieselben nach drei Tagen
zu demselben Zweck wieder abgeholt. Meine Freundin T. wurde in einer Nacht 30 mal
vergewaltigt. Morgens mußten sich die inhaftierten deutschen Frauen, Männer und
Kinder anstellen und im Sprechchor rufen: "Wir melden uns zur Arbeit und bitten um vorherige
Auszahlung". Die Auszahlung bestand in den fürchterlichsten Quälereien und
Mißhandlungen. Dann mußten die Gemarterten rufen, "Wir danken für die
Zahlung!" Einem 80-jährigen Greis, der durch die Mißhandlungen nicht sitzen
konnte
und knieend mit gefalteten Händen um einen Strick bat, um sich aufzuhängen,
durften wir nicht einen Schluck Wasser reichen.
Kinder, die der Hitlerjugend angehörten, mußten 1945 des Nachts die in der
Gegend gefallenen und beerdigten Russen ausgraben und auf einem Friedhof neu bestatten.
Kunzendorf
(bei Mährisch Trübau)
Bericht Nr. 238
Verwalter Matonoha aus Boskowitz,
Plünderungen
Berichter: Josef Zeche Bericht vom 26. 9. 1946
Auf meinem landwirtschaftlichen Besitz in Kunzendorf bei
Mährisch Trübau
saß seit November 1945 der Tscheche Franz Matonoha aus Boskowitz als Verwalter.
Dieser
quälte nicht nur meine Familie in unmenschlichster Weise, sondern drangsalierte das
ganze
Dorf. Meine Frau war rückenmarkleidend und gelähmt. Darauf nahm er in keiner
Weise Rücksicht. Meine Tochter wurde von ihm schwer mißhandelt, als mein Sohn
aus dem Lager Mährisch Trübau entwichen war. Bei jeder Kleinigkeit wütete
er gegen uns und machte uns für alles verantwortlich. In allen Häusern nahm er
Kontrollen und Durchsuchungen vor und stahl dabei, was ihm gefiel. Zur Aussiedlung behielt er
die besten Sachen zurück und fertigte uns mit den minderwertigsten Sachen ab.
Kurim
(bei Brünn)
Bericht Nr. 239
Kriegsgefangenenlager
Berichter: Dr. Kurt Zamsch Bericht vom 23. 6. 1946
Ich wurde am 6. 10. 45
krankheitshalber (dauernde Arbeitsunfähigkeit infolge
Unterernährung, Körpergewicht 54 kg bei Körpergröße 184 cm,
Wasser in beiden Beinen) aus russischer Kriegsgefangenschaft in meine Heimat Mährisch
Schönberg entlassen. Bei meiner Ankunft in Brünn am 4. 11. wurde ich von den
Tschechen festgehalten und in das tschechische Kriegsgefangenenlager Kurim gebracht. Ich
wurde auch dort wieder arbeitsunfähig geschrieben, mußte aber trotzdem mehrmals
bei der Heranschaffung des Brennholzes mitarbeiten. Das bedeutete einen Tagesmarsch von 24
km mit Belastung. Das überstieg meine Kräfte und ich brach dabei einmal (14. 1.)
zusammen. Daraufhin wurde ich mit Stockschlägen angetrieben und mußte den
Rest des Weges mitmarschieren, wenn auch jetzt ohne Last.
Im Lager war offiziell die Prügelstrafe eingeführt und jede Kleinigkeit wurde mit
Prügeln bestraft, sodaß die Gefangenen völlig eingeschüchtert waren.
Die Verpflegung war zwar verhältnismäßig reichlich (800 ccm dünne
Graupensuppe und 500 g Brot tägl.) doch völlig ohne Salz und Fett.
Das Lager Kurim wurde anfangs Oktober 1945 eröffnet und hatte bis zu meinem Abgang
im Feber 1946 750 Todesfälle bei einer durchschnittlichen Belegungsstärke von
2500 Mann zu verzeichnen. Im Februar kam ich in das Erholungslager Kutiny. Die Verpflegung
war dieselbe, doch war die Behandlung wesentlich besser. Prügelstrafe und Arbeitspflicht
gab es dort nicht. Von 1000 Mann sind in drei Monaten 75 gestorben. Die meisten Insassen
hatten sich ihre Leiden in den Kohlengruben oder in den Battawerken in Zlin geholt.
Bericht Nr. 240
Lager, Bericht des Lagerarztes
Berichter: Dr. Alfred Schenk Bericht vom 18. 8. 1946 (Kurim)
Ich wurde Ende Oktober aus
russischer Gefangenschaft entlassen, von den Tschechen in
Brünn festgehalten und als Arzt im "Erholungslager" Kurim eingesetzt. In dieser
Eigenschaft hatte ich Gelegenheit, die gesundheitlichen Verhältnisse dieses Lagers von
November 45 bis März 46 festzustellen In dieser Zeit sind 600 Insassen des Lagers an
Unterernährung gestorben. Deutsche, die aus Zlin nach Kurim geschickt wurden, waren
nur
mehr Körperruinen, die zu 50% starben. Über die Wintermonate wurde nur so
wenig
Heizungsmaterial zur Verfügung gestellt, daß nicht einmal die ärztlichen
Behandlungsräume geheizt werden konnten. Seife zur Reinigung des Körpers und
der Wäsche für die Kranken gab es überhaupt nicht. Im Lager ist bei ca. 200
Patienten Tbc ausgebrochen. Trotz des schwachen Gesundheitszustandes mußten die
Insassen der Arbeitsbaracken arbeiten und wurden dabei von den Posten oft mißhandelt,
wenn sie aus Schwäche nicht genug leisteten. Im Arrestlokal haben sich mehrere
Häftlinge Erfrierungen zugezogen, die zu Amputationen führten. Die
Prügelstrafe war offiziell eingeführt, wodurch oft schwere Blutergüsse
wochenlange Behandlungen erforderten. Die aus Zlin ankommenden Häftlinge waren
völlig unfachmännisch ärztlich versorgt, wodurch sich häufig
Komplikationen ergaben (Amputationen von Fingern, Blutvergiftung, Trombosen,
Hautgangräne). Die Verpflegung bestand auch für die Kranken fast nur aus
ungefetteten und ungesalzenen Graupen ohne Fleisch, sodaß sich Schwerkranke
unmöglich erholen konnten.
Langenlutsch
Bericht Nr. 241
Schwerkriegsversehrter ermordet
Berichterin: Aloisia Ille Bericht vom 26. 9. 1946
Mein Sohn war
Schwerkriegsversehrter, ihm fehlte ein Bein, auf einem Auge war er blind. Er war
im Oktober 1943 verwundet worden. Als Invalider war er dann eine zeitlang als Angestellter des
Wehrmeldeamtes in Zwittau und als Ausbildner des Volkssturmes in Türnau
beschäftigt. Am 2. 6. 45 wurde er von den Tschechen verhaftete und am 3. 6. war er
bereits tot, was aus einer Verständigung der Leichenhalle hervorgeht, nach der er am 4. 6.
beerdigt
wurde. Ich selbst erfuhr von seinem Tode erst vier Wochen später und habe bis heute
keinen Totenschein bekommen. Ein Augenzeuge Hlawatsch aus Langenlutsch erzählte,
daß er gesehen habe, wie mein Sohn furchtbar zerschlagen war. Er hat ihn auch in der
Leichenhalle liegen sehen.
Liblin
Bericht Nr. 242
Mißhandlungen einer Frau
Berichterin: Herta Kaiser Bericht vom 4. 11. 1946
Ich war
Heimleiterin eines Müttererholungsheimes in Liblin bei Pilsen. Am 5. 5. v. J.
wurde mir vom Národní Výbor erklärt, daß die
Heiminsassen
durch das Internationale Rote Kreuz abtransportiert würden. Am 8. 5. v. J. wurde ich mit
einer anderen Frau und 2 Männern verhaftet und gefesselt an einen Wagen gebunden, der
im Trab nach Kralowitz fuhr, sodaß wir im Laufschritt folgen mußten, wobei ein
tschechischer Radfahrer uns mit einer Peitsche antrieb. Am Marktplatz von Kralowitz wurden
wir
der tschechischen Zivilbevölkerung zur Mißhandlung freigegeben und mit
Fausthieben ins Gesicht und auf den Kopf geschlagen und angespuckt. Nach acht Tagen wurde
ich auf einen Kohlenschacht zur Arbeit verschickt, wo ich sieben Monate in einem Heuschuppen
auf blanker Erde schlafen mußte. Ich war dort die einzige Frau und mußte Material
mit Schubkarren fahren, später kochen. Am 3. 1. d. J. wurde ich zu 8 Jahren schweren
Kerker verurteilt, da ich Heimleiterin gewesen war. Ein besonderes Delikt war in der
Anklageschrift nicht angegeben. Durch fünf Monate wurde ich in der Frauenstrafanstalt
Repy festgehalten, wo die Behandlung gehässig war. Dann kam ich in das Arbeitslager
einer Kunstseidenfabrik in Theresienthal, wo ich plötzlich als Einzige ganz wider
Erwarten
ausgesiedelt wurde. Ich besitze von meinen Sachen überhaupt nichts mehr. In Jitschin
erhielt ich vor der Aussiedlung aus einem Magazin einige alte Wäsche und Kleider, die
kaum brauchbar sind.
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