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Klösterle und
Kaaden
Bericht Nr. 228
Mißhandlung Jugendlicher
Berichter: Josef Jugl, Forstanwärter
Am
Vorabend des Pfingstsonntags 1945 ging mir von befreundeter Seite eine Warnung zu u. zw.
des Inhalts, daß meine Verhaftung unmittelbar bevorstände. Um mich ihr zu
entziehen, flüchtete ich noch am gleichen Tage ins nahe Erzgebirge zu Verwandten. Doch
bereits am Pfingstsonntag erschien meine Mutter bei mir und teilte mir mit, daß mein
Vater
von den Tschechen als Geisel verhaftet worden sei. Falls ich mich nicht freiwillig stellen
würde, sollte er erschossen werden. Durch diesen Trick brachten sie mich in ihre Gewalt.
Am Heimweg erzählte mir meine Mutter, wie sich alles abgespielt hatte. Da mich die
Tschechen nicht fanden, nahmen sie meinen Vater mit. Er war gerade mit Gartenarbeiten
beschäftigt, als die Tschechen ankamen. Da er bloss mit Hose und Hemd bekleidet war,
wollte er sich noch eine Jacke überziehen, doch selbst das wurde ihm nicht gestattet.
Unter
wüsten Beschimpfungen rissen sie das Radio von seinem Platz und drückten es
meinem Vater zum Tragen in die Arme. Meine Großeltern, die für meinen Vater um
Gnade flehten, wurden herumgestoßen und selbst mit Verhaftung bedroht. Nachdem sie
noch einmal mit der Erschießung meines Vaters gedroht hatten falls ich mich nicht stellen
würde, verließen sie das Haus. Am Abend des Pfingstsonntages kam ich zu Hause
an. Da inzwischen die Sperrstunde herangekommen war, entschloß ich mich, mich erst am
anderen Tage zu melden. Am Morgen des Pfingstmontages tat ich dies. Am
"Národní Výbor", wo ich mich meldete, wurde ich von Tschechen, die
während des Krieges in meiner Heimatstadt als Zivilarbeiter beschäftigt waren,
oberflächlich durchsucht. Verschiedene Dinge wie Geldbörse, Ausweispapiere usw.
wurden mir abgenommen. Dann brachten sie mich in den Rathauskeller, wo sie mich in eine
Zelle
sperrten. Einer der Posten hatte mich vorher ermahnt, keinen Selbstmord zu machen, da dies,
wie
er sagte, Feigheit wäre. Die Zelle war klein und enthielt nur wenige Gegenstände.
An
der einen Seite lag ein alter Strohsack und diesem gegenüber waren einige Bänke
übereinander geschlichtet. Im Türenwinkel stand ein Eimer, der noch die
Exkremente
meines Vorgängers enthielt.
Unendlich langsam verrann die Zeit und Minuten wurden zu
Stunden. Da ich das Schlagen der Rathausuhr hören konnte, wußte ich stets wie
spät es war. Nach ungefähr 2 Stunden rasselten die Schlüssel und die Riegel
wurden zurückgeschoben. Mit viel Lärm kamen zwei Männer in
grünen
Uniformen herein. Da sie kein Wort deutsch sprachen, konnte ich aus ihrem Gebrüll nicht
klug werden. In der Annahme, daß sie mich zu einem Verhör abholen wollten,
strebte
ich der Tür zu. In diesem Augenblick rissen sie mich zurück, zerrten mir die
Hände hoch und schlugen mit Lederriemen auf mich ein. Außerdem
täuschten
sie vor, mich erschießen zu wollen; kaum waren sie fort, als erneutes Getrampel und
Geklapper abermals Besuch ankündigte. Diesmal war es eine ganze Gruppe von
Männern, die haßerfüllte Blicke auf mich warfen. Vor allem ein
hochgewachsener, breitschultriger Mann stach aus dieser Gruppe hervor. Dieser war es auch, der
das nun folgende Verhör begann. Blitzschnell mußte ich jede Frage beantworten;
sobald ich auch nur einen Augenblick mit der Antwort zögerte, schwang er schon seine
Ledergeißel. Erklärungen durfte ich überhaupt keine abgeben, sodaß
ich
meistens nur ja oder nein zu antworten hatte. Beschuldigt wurde ich der
Werwolfstätigkeit,
obwohl in unserer ganzen Gegend kein einziger Schuß von Zivilisten abgegeben worden
war. Durch furchtbare Drohungen sollte ich zu Geständnissen gebracht werden, aber noch
hatte ich die Kraft, mich gegen diese Beschuldigungen zur Wehr zu setzen.
Nur so konnte es geschehen, daß z. B. Ausbildner des Bannausbildungslagers
der Hitler-Jugend in Kaaden aussagten, sie hätten die Lehrgangsteilnehmer zu
Werwölfen ausgebildet. Das hatte zur Folge, daß viele Jungens völlig
unschuldig inhaftiert wurden und viel leiden mußten. Eine gern angewandte Methode der
Tschechen war das gegenseitige Ausspielen der Häftlinge. Waren sie bereit, einander zu
beschuldigen, so kamen sie glimpflich davon, aber wehe, sie weigerten sich, den tschechischen
Anschuldigungen zuzustimmen. So wurde z. B. Herr Otto Hammerschmidt aus Klösterle,
Ortsteil Zuflucht, schwer mißhandelt, weil er mich für unschuldig
erklärte.
Aber nun zurück in die Zelle. Nachdem das Verhör trotz aller
Einschüchterungsmethoden nicht zum gewünschten Erfolge führte, brachen
sie es ab, nachdem sie mir noch erklärt hatten, daß ich ins Hauptgefängnis
nach Kaaden gebracht würde. Wieder verrann Stunde um Stunde. Am Abend
übergaben mir die Tschechen sogar eine Tasche mit Essen und eine Decke, welche meine
Eltern geschickt hatten. Kaum hatte ich fertiggegessen, als die Wächter wieder
erschienen,
um die Tasche abzuholen. Sie durchwühlten die Tasche und stellten fest, daß sich
beim Besteck kein Messer befindet. Ich versuchte ihnen klarzumachen, daß mir meine
Eltern kein Messer mitgeschickt hatten, aber das glaubten sie mir nicht und so durchsuchten sie
die ganze Zelle. Da sie absolut nichts finden konnten, wurde nochmals ich durchsucht. Man
ließ mir so gut wie nichts, selbst meinen kleinen Taschenkamm nahmen sie mir weg. Als
ich sie bat, mir doch wenigstens den Kamm zu lassen, gaben sie ihn mir mit der Bemerkung
zurück, ich solle mir aber ja nicht einfallen lassen, mir damit die Halsschlagader
durchzukratzen. Bevor sie die Zelle verließen, bestürmten sie mich noch, doch bei
den Verhören alles einzugestehen. Als ich ihnen sagte, daß ich nichts einzugestehen
habe, nahmen sie eine bedrohliche Haltung ein. Durch die Aufregung, in die ich dadurch geriet,
mußte ich mich heftig übergeben, woraufhin die Tschechen endlich abzogen.
Die Nacht über hatte ich Ruhe, auch am nächsten Vormittag wurde ich nur wenig
belästigt. Zu Essen und zu Trinken gab es jedoch nichts. Hunger verspürte ich
sowieso keinen, dafür umsomehr Durst. Gegen Mittag holten sie mich aus meiner Zelle.
Mit erhobenen Händen wurde ich unter Kolbenschlägen auf den Marktplatz
getrieben, wo ich ein Fahrzeug besteigen mußte, das mit Beutegut beladen war.
Außer
mir und vielen tschechischen Soldaten befand sich noch ein weiterer Deutscher auf diesem
Fahrzeug. Da anscheinend noch nicht alles zur Stelle war, hatten wir Zeit, nocheinmal unser
Städtchen zu betrachten. Plötzlich sah ich in einiger Entfernung meine Schwester,
die
mir Essen bringen wollte. Die Tschechen ließen sie jedoch nicht an das Fahrzeug heran,
sodaß sie ergebnislos wieder den Heimweg antreten mußte. Später erfuhr ich
von ihr, daß sie von den Tschechen mit den Worten "der bekommt vorläufig nichts
mehr zum fressen" abgewiesen wurde. Es waren schon Stunden vergangen, als das Fahrzeug
abfuhr. In Meretitz wurde die Fahrt abermals unterbrochen und wir zwei Deutschen wurden in
die
ehemalige "Sumag" gebracht, wo wir wieder verhört wurden. Mein Leidensgenosse hatte
Glück, denn er kam frei. Mich versuchte man wieder mit Drohungen
einzuschüchtern, aber als das keinen Erfolg zeitigte, brachte man mich abermals auf das
Fahrzeug, welches nun in Richtung Kaaden seine Fahrt fortsetzte. Dies war jedoch keineswegs
der letzte Aufenthalt gewesen, denn fast bei jedem Haus, das an der Straße lag, wurde
angehalten. Die Soldaten strömten hinein und plünderten nach Herzenslust. Vor
allem auf Alkohol hatten sie es abgesehen. Die Folge davon war, daß eine große
Trinkerei in Gang kam. Der Soldat, welcher zu meiner Rechten saß, ließ des
öfteren ein Kistchen mit kleineren Plünderungsgegenständen fallen, da ich
ihm
beim Aufheben behilflich war, wurde er zusehends freundlich zu mir. Er fragte mich nach
meinem
Alter und warum ich mich in Haft befände. Auf halbem Wege zwischen Klösterle
und Kaaden gab er mir den Rat, abzuspringen. Da ich eine Falle vermutete, zögerte ich
noch. Daraufhin sagte er zu mir: "Kaadner Gefängnis schlimm, du noch jung". Nun gab es
für mich kein Halten mehr, da ich von der Ehrlichkeit seiner Worte überzeugt war
und in wenigen Minuten hatte mich der schützende Wald aufgenommen. In Kaaden
warteten sie vergeblich auf mich. Später erfuhr ich von Bekannten, daß mein Name
des öfteren im Kaadener Gefängnis verlesen wurde, ohne daß sich
natürlich jemand meldete.
Zu Hause Schutz zu suchen, wäre äußerst gefährlich gewesen und so
entschloß ich mich, bei Verwandten unterzuschlüpfen. Als dann die
Hausdurchsuchungen immer häufiger wurden, konnte ich mich auch bei ihnen nicht mehr
länger verbergen. Ich ging also in die Wälder. Eines Tages beobachteten die
Tschechen, wie mein 15jähriger Vetter Essen in den Wald trug. Dies hatte zur Folge,
daß er mitsamt meinem Onkel verhaftet wurde. Da mein Vetter trotz aller Schikanen
standhaft blieb und nicht davon abging, nur einem Heimkehrer etwas zum Essen gebracht zu
haben, wurden sie schließlich wieder freigelassen, doch mußten sie sich von nun an
jeden Tag am Národní výbor melden. Damit hatte auch für sie die
große Leidenszeit
begonnen, da Prügel an der Tagesordnung waren. Ich konnte mich nun nicht mehr
länger in der Heimat halten, wenn ich nicht all meine Helfer in größte Gefahr
bringen wollte. Am 10. Juli 1945 gelang es mir, die Grenze zu überschreiten, nachdem ich
am 9. Juli noch von einer tschechischen Streife beschossen worden war.
Kohling, Schindelwald,
Schönlind
Bericht Nr. 229
Mißhandlungen, Erschießungen
Berichter: Karl Sandner Bericht vom 5. 12. 1945
In Kohling und Schindelwald, beide im Bezirk Neudek, Sudetengau,
wurden nach der
vollständigen Kapitulation des deutschen Reiches zehn Mann erschossen. Dieselben
wurden von den Tschechen verhaftet und mißhandelt. Sie waren blutig geschlagen. Der
eine
mußte bei seiner Verhaftung, da im Schrank ein Hitlerbild gefunden wurde, dasselbe
aufessen vor den Augen der Tschechen. Sie wurden am Montag (an das Datum kann ich mich
nicht mehr erinnern) in Schönlind Bez. Neudek in Haft genommen, sollten am Dienstag
nach Neudek geschafft werden und mußten im LKW, der rings mit tschechischen Soldaten
besetzt war, auf dem Bauche liegen, damit von den Bewohnern nicht gesehen werde, wie sie
mißhandelt wurden. Auf dem Wege kam ein tschechischer Motorradfahrer entgegen und
gab eine andere Order. Sie fuhren wieder nach Schönlind zurück und am Abend
dieses Tages mußten sie ihr eigenes Grab schaufeln. Am Mittwoch früh
ungefähr um 5 oder 6 Uhr wurden sie dann doch erschossen. Die Angehörigen
durften das Grab nicht besuchen und wurden von der sich dort befindlichen tschechischen
Bewachung weggetrieben.
Kojetitz
(bei Prag)
Bericht Nr. 230
Landwirtschaftlicher Arbeitseinsatz
Berichterin: Erna Zicha Bericht vom 26. 6. 1946
Ich wurde am 9. 5.
1945 mit meinem Sohn in Prag verhaftet und zuerst in einem Kino, dann in
einer Schule interniert. Von dort wurden wir am 4. Juni, an welchem Tage mein Sohn so
verprügelt wurde, daß sein Rücken blutete, in Kojetitz bei Prag auf dem Gute
eines Herrn Vávra zur Arbeit eingesetzt. Dort waren 104 Deutsche, vorwiegend Frauen
und
Kinder, eingesetzt. Die Behandlung war sehr schlecht. Trotzdem viele Leute erkrankten, gab es
keine ärztliche Hilfe. Am Anfang starben wöchentlich ca. zwei Leute an
Entkräftung oder mangels ärztlicher Hilfe, Kinder starben ohne jede Hilfe an
Diphterie. Wir hatten nur die Kleidung, die wir bei der Verhaftung anhatten, die bei der
schweren
Arbeit bald verbraucht war und nicht ersetzt wurde. Bei Frost mußten die Leute trotz
mangelhafter Bekleidung arbeiten. Ich mußte ohne Handschuhe und mit ganz zerrissenen
Schuhen, bei denen die Zehen herauskamen, bei 26 Grad Kälte im Freien Mist aufladen
und am Felde ausbreiten. Viele wurden vom Verwalter bei der Arbeit mit einem Stock
geschlagen. Frl. Elfriede Schulz aus Berlin, schwanger nach Vergewaltigung, wurde mit der
Mistgabel ins Kreuz geschlagen. Frau und Herr Diehl wurden von dem Bauern Melwal so
geschlagen, daß sie sich an die Polizei um Schutz wandten, der ihnen aber nicht
gewährt wurde.
Ich bin schwer herzleidend und mußte trotzdem täglich 10 Stunden schwer arbeiten.
Die Verpflegung bestand trotz der schweren Arbeit nur aus zweimal schwarzem ungezuckerten
Kaffee, einer Wassersuppe und 125 g Brot täglich. Bis Oktober waren wir ungefähr
90, die anderen waren bereits
gestorben - in einer Scheune, später in kleinen Räumen von 9 qm zu je 8 Personen
untergebracht. Auch im Winter gab es weder Heizung noch Decken. Wir hatten kaum die
Möglichkeit uns zu reinigen. Frauen und Männer mußten sich den ganzen
Winter im Hof bei der Pumpe waschen. Auch zum Wäschewaschen gab es kein warmes
Wasser und keine Waschgefäße. Deshalb waren alle verlaust, viele bekamen
Krätze, Abszesse usw. Es gab Leute, die buchstäblich von Würmern und
Läusen gefressen wurden.
Eine fast 70-jährige völlig entkräftete hilflose Frau, die sich nicht mehr
erheben konnte, wurde von den Tschechen auf einen offenen Wagen im Hof gelegt, wo sie elend
umkam.
Mein Mann verlor in russischer Gefangenschaft beim Arbeiten in einer Mühle drei Finger
der rechten Hand und wurde deshalb von den Russen entlassen, von den Tschechen
aber in Brünn-Zidenice, Malá klaidovka, interniert und trotz Anforderung
anläßlich meiner Aussiedlung nicht freigegeben.
Kolin
Bericht Nr. 231
Arbeitslager Kolin, Mißhandlungen
Berichter: Ernst Hahn Bericht vom 29. 8. 1946
Ich wurde im Juni
1945 durch das Arbeitsamt Neudek mit ca. 200 Personen aus dem Kreise
Neudek im Alter von 13 bis 80 Jahren zu einem 3wöchigen Erntedienst in Kolin
verpflichtet. Von Neudek wurden wir in Personenwaggons mit normaler Besetzung
abtransportiert. Ein Waggon mit tschechischer Bewachungsmannschaft rollte mit. Beim
Passieren der
amerikanischen Zonengrenze in Chodau wurde der Transport von den Amerikanern angehalten.
Die Bewachungsmannschaft war verschwunden. In Komotau wurden wir von der wieder
erschienen Bewachungsmannschaft aus den Waggons gejagt und in zwei mit Stacheldraht
gesicherte Güterwaggons gepfercht. Dort begannen auch die Mißhandlungen.
Kleider, Wäsche, Uhren wurden sämtliche abgenommen. Bei der Ausladung in
Kolin wurden wir von der Bevölkerung mit Steinen beworfen, angespuckt und beschimpft
und mit Füßen gestoßen, was von den Posten nicht nur geduldet, sondern noch
unterstützt wurde. Im Internierungslager Kolin begann eine planmäßige
Quälerei. Man versuchte zu erpressen. Insbesondere Kinder wurden mit Pistolen bedroht
und mit glühenden Nägeln, bis sie die gewünschten Aussagen machten. Man
zwang sie Abschiedsbriefe zu schreiben und zermürbte sie völlig. Ein Mann wurde
über Nacht an den auf dem Rücken zusammengebundenen Händen an der
Dachrinne aufgehängt und am nächsten Tag zu Tode geprügelt. Ein zweiter
namens Flasche aus Westdeutschland, der nach Neudek evakuiert worden war, starb auf
ähnliche Weise. Es wurden ihm durch Fußtritte die Geschlechtsteile zertreten.
Die Verpflegung war so schlecht, daß alle Wasser in den Beinen hatten, die häufig
aufbrachen. Täglich gab es mehrere Todesfälle als Folge von Unterernährung
und Mißhandlungen. Trotzdem wurden wir Leute mit Gewehrkolben und
Gummiknüppeln, Kabeln, Peitschen usw. zur Arbeit getrieben. Viele sind an der
Arbeitsstelle tot zusammengebrochen. Nach einer vorübergehenden, kaum merklichen
Besserung im Spätherbst setzten die unerträglichen Verhältnisse zu
Weihnachten in verstärktem Maße ein und dauerten durch Monate an. Im Mai
wurde
ich plötzlich als Kriegsgefangener erklärt und kam in ein anderes Lager.
Ich kann diese Aussage beeiden.
Bericht Nr. 232
Internierungslager, Mißhandlungen
Berichter: Anton Kragl Bericht vom 27. 6. 1946 (Kolin)
Ich war ein Jahr im Lager in Kolin
zur Zwangsarbeit eingesetzt. Das Lager umfaßte zuerst
fast 700 Personen, darunter auch Jugendliche von 13 Jahren aufwärts. Die Verpflegung
war
so schlecht, daß viele geschwollene und offene Beine hatten, trotzdem mußten sie
arbeiten und wurden oft bei der Arbeit mit der Faust und mit Gewehrkolben geschlagen. Gegen
zehn Mann sind an Unterernährung gestorben. Für die Arbeit wurde kein Lohn
gezahlt. Es waren dort auch Familienväter mit fünf Kindern, die von ihrer Familie
weggeholt worden waren. Sie konnten kein Geld nachhause schicken, weil sie nichts verdienten.
Bei der Ankunft wurde uns alles, auch Kleider abgenommen. Die Arbeitskleidung mußten
wir uns von zuhause schicken lassen. Als wir entlassen wurden, haben wir die abgenommenen
Sachen nicht zurückbekommen. Als ich am 9. 6. d. J. entlassen wurde, waren noch
ungefähr 140 Mann im Lager.
Komoschau
(bei Prag)
Bericht Nr. 233
Unmenschliche Rohheit eines tschechischen Bauern
im Februar 1946
Berichterin: Antonia Stanek Bericht vom 26. 6. 1946
Ich stand in Komoschau bei Prag in
landwirtschaftlicher Arbeit bei einem tschechischen
Gastwirt
und Bauern. Eines Abends im Feber d. J. bemerkte ich bei den tschechischen Nachrichten im
Radio, daß man nicht alles glauben müßte. Da sprang die Frau meines
Arbeitsgebers auf und sagte, ich hätte gar nichts zu sagen, sie hätten es meinem
Sohn angesehen, der hätte ein großes Vermögen bei sich gehabt, das
hätte er sicher gestohlen. Ich fragte sie, was sie von meinem Sohn wisse. Sie erwiderte,
daß mein Sohn auf diesem Hof begraben sei. Ihr Mann hätte es mir schon immer
sagen wollen. Ich fragte, warum sie ihn erschlagen hätten. Ich bekam die Antwort: "Weil
er
Deutscher war und wir haben das Recht, jeden Deutschen zu erschlagen." Am nächsten
Morgen sagte mir der Bauer: "Wenn wir gewußt hätten, wie unentbehrlich Sie uns
werden, hätten wir ihn auch zur Arbeit behalten." Seine Mutter erzählte mir dann,
daß im August auf dem Hof ein Deutscher erschlagen worden sei.
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