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Karwin
Bericht Nr. 220
Arbeitseinsatz in den Kohlengruben
Berichter: Dr. Paul Schmolik Bericht vom 21. 8. 1946
Ich war von Anfang September
1945 bis 10. März 1946 als Kriegsgefangener im
Arbeitseinsatz im Arbeitslager der Steinkohlengruben L. M. in Karwin. Ich war als
Schwerstarbeiter auf der Koksanstalt des Johannschachtes beschäftigt. Ich arbeitete in
drei
Schichten die ganze Zeit hindurch. Es gab keinen einzigen Ruhetag. Bei qualitativ guter,
quantitativ vollkommen unzureichender Verpflegung bekam ich Wasser in den
Füßen
und mein Körpergewicht sank bei einer Größe von 1.83 m auf 58 kg bei
meiner Entlassung als Invalide. Aus russischer Kriegsgefangenschaft entlassen, war meine
Überstellung unmittelbar nach Karwin erfolgt. Ich hatte daher weder ausreichende Kleider
noch
Wäsche. Wir erhielten Hosen, Tarnjacken und andere Bekleidungsstücke von der
Lagerleitung in Miete, Holzschuhe wurden an uns verkauft. Die Höhe des Entgeltes
für die Überlassung der Kleider ist uns nicht bekannt, jedoch wurden bei der
monatlichen
Verrechnung Mietbeträge immer wieder in Abzug gebracht. Die Holzschuhe wurden
ebenfalls in Rechnung gestellt, ungeachtet dessen aber bei der Entlassung abgenommen. Der
Schichtlohn
von Kcs 52.-, später 72.-, wurde zwar verrechnet, eine Barauszahlung des Lohnes oder
Lohnwertes wie auch eines Lagergeldes erfolgte aber nicht, sodaß bei der Entlassung ein
Guthaben für mich verblieb, welches ich bis heute nicht erhalten habe.
Die Behandlung im
Lager war sehr schlecht, da eine ärztliche Betreuung im richtigen Sinne nicht vorhanden
war. Nicht die Entscheidung des Arztes über die Arbeitsfähigkeit war
maßgebend, sondern die des Verwalters. Häufig mußten Schwerkranke noch
zur Schicht, und die Zahl der Todesfälle stieg an. Arbeitsverpflichtete Zivilisten und
Kriegsgefangene waren vermengt. Einschränkungen im Schriftverkehr mit den
Angehörigen waren an der Tagesordnung. Deutscher Schriftwechsel und Briefwechsel
waren verboten. Nach ca. drei Monaten dieser Anhaltung wurde die Absendung einer Postkarte
mit von der Lagerleitung vorgeschriebenem tschechischen Text bewilligt. Neben Nachtarbeit in
achtstündiger Schicht wurde zusätzlich nicht entlohnte, schwere Arbeit verlangt, u.
zw. in der ersten Zeit bis zu vier Stunden, besonders Abladen von Grubenholz und Baumaterial.
Durch die Unterbringung von Arbeitern aller Schichten in einem Raum war für Ruhe nach
der Arbeit nicht gesorgt. Die ganze Anhaltung war nicht einem Arbeitslager gemäß,
sondern einem Straflager. Züchtigungen mit dem Gummiknüppel, Halten unter den
Wasserstrahl des Hydranten im Winter, Essenentzug bei Eßkartenverlust waren als Strafen
üblich, ebenso das Jagen um das Lager im Trab. Während meiner Anwesenheit im
Lager war eine einzige Geldüberweisung, deren Höhe der Verwalter bestimmte, an
die Verwandten möglich. Trotz des Bestandes von Guthaben aus dem Arbeitslohn
erfolgten
weder an die Lagerinsassen noch an die Anverwandten Auszahlungen, sodaß die
Angehörigen trotz Schwerstarbeit der Ernährer der Not ausgesetzt waren.
Als
Transportführer des aus Troppau am 17. 8. 46 abgegangenen Transportes kann ich
angeben: Gegen den Transportkommandanten und die Begleitmannschaften können
keinerlei Beschwerden vorgebracht werden. Die Behandlung war korrekt bis entgegenkommend.
Ebenso wurden im allgemeinen keine Beschwerden bezüglich der Zollrevision laut. Die
Ausstattung des Transportes mit Kleidern und sonstiger Habe war unterschiedlich. Besonders
ehemalige Kriegsgefangene, welche auf volle Ausstattung angewiesen waren, erhielten
Wäsche und Kleidung, mit wenigen Ausnahmen, aus Beständen anderer Deutscher
u. zw. alte, wenn auch gereinigte Sachen. Bei der Mehrzahl der Reisenden durfte
die 70 kg-Grenze
überschritten worden sein, bei dem Rest, welcher weder über Habe noch Geld
verfügte, der also vollkommen auf Ausstattung angewiesen war, wurde dieses Gewicht
von
70 kg bei weitem nicht erreicht. Ich hatte wie viele höchstens 25 kg Gepäck. Eine
Vorsorge für den Winter ist bei diesen Leuten nicht als gegeben zu erachten.
Die Transportverpflegung in Troppau war ausgesprochen gut. Auf
der Reise - in Böhmisch Trübau besonders - war die allein gereichte Suppe
unzureichend. Nach Ankunft in der Verpflegsstation in Prag
liefen die 60-jährigen Frauen Emma Wolf aus Waggon 24 und Olga Simon aus Waggon
15
in ein nahes Rübenfeld, um ihre Notdurft zu verrichten. Deshalb wurden sie von einem
Posten der Wehrmacht geohrfeigt. Der Transportkommandant hat über meine Meldung
Sicherstellung und Weitermeldung des Vorfalles veranlaßt. Der Umgangston des
diensttuenden Korporals den Frauen gegenüber war grob. Für die Verrichtung der
Notdurft an den Haltepunkten war die getroffene Vorsorge als nicht zureichend zu bezeichnen.
Ebenso war die Trinkwasserversorgung mangelhaft.
Bericht Nr. 221
Grubenarbeit, Mißhandlungen
Berichter: Dipl.-Ing. Brancik Bericht vom 4. 11. 1946 (Karwin)
Am 2. 9. v. J. wurde ich aus
russischer Kriegsgefangenschaft entlassen, von den Tschechen aber
neuerdings festgenommen und in der Kohlengrube in Karwin eingesetzt. Ich arbeitete ½
Jahr in ständiger Nachtschicht untertags und wurde dann zur Bauabteilung versetzt.
Untertags herrschten die furchtbarsten Zustände. Die deutschen Kriegsgefangenen wurden
von drei Tschechen beaufsichtigt, die ständig mit Gummiknüppeln umherliefen und
jeden, der sich nur von der Arbeit aufrichtete, erbarmungslos zusammenschlugen. Die
Verpflegung war völlig ungenügend, obwohl dem Lager für uns
Schwerstarbeiterkarten zugewiesen wurden. Jede Krankheit wurde als Arbeitsverweigerung
betrachtet und mit Schlägen behandelt. Einem älteren Mann, der schon
völlig
entkräftet war, wurde für einen Sarg Maß genommen, dann wurde im Keller
mit Platzpatronen auf ihn geschossen. Er war aber schon so apathisch, daß auch diese
Prozedur keinen Eindruck mehr auf ihn machte. Es wurden uns Kleidungsstücke und
Schuhe verkauft, nach einiger Zeit beschlagnahmt und uns neuerdings verkauft.
Klattau
Bericht Nr. 222
Deportiertenlager
Berichter: Ferdinand Bruxdorfer Bericht vom 7. 12. 1945
Ich bin Hilfsarbeiter, war kein
Angehöriger der NSDAP und ihrer Formationen und war
wegen eines Augenleidens auch nicht Soldat. Am 10. 10. 1944 wurde ich zum Volkssturm
einberufen, kam an die ungarische Front und wurde nach Beendigung des Krieges in Linz aus
amerikanischer Gefangenschaft entlassen. Am 2. Mai 45 kam ich mit meinem regulären
Entlassungsschein nach Eisenstein, wo sich meine Eltern befanden und wo ich früher in
Regenhütte in der Glasfabrik gearbeitet hatte. Am 19. Juni wurde ich von den Tschechen
verhaftet, weil ich Angehöriger des Volkssturmes war. Nach dreitägiger Haft im
Gefängnis Eisenstein wurde ich in das Barackenlager Klattau gebracht.
Wir waren in Baracken auf Militärbetten untergebracht und mußten in der
Landwirtschaft arbeiten. Jedem wurden die Haare kahl geschoren, auf dem Rücken
meines
Mantels war ein großes Hakenkreuz angebracht, außerdem trug jeder eine gelbe
Binde mit aufgedrucktem "N".
Gleich beim Eintreffen in Klattau bekam ich von den tschechischen Aufsichtsposten
ununterbrochen Ohrfeigen und Fausthiebe. Ich wurde in die sogenannte "Korrektion" in einen
Keller gebracht, nackt ausgezogen, mit kaltem Wasser überschüttet und dann von
vier bis fünf Männern mit Ochsenziemern geschlagen. Ich fiel ohnmächtig in
das 10 cm hoch den Boden bedeckende Wasser und wurde, als ich erwachte, neuerdings
geschlagen. Die Hände waren mir dabei durch eiserne Ketten gefesselt. Diese Prozedur
wurde Tag und Nacht wiederholt und auch
an 10-12jährigen Buben durchgeführt, weil man angeblich Waffen bei ihnen
gefunden hatte.
Auch Frauen (darunter die mir bekannte Luise Jungbeck aus Eisenstein) mußten sich in
dieser Kammer nackt ausziehen. Es wurden ihnen die Haare abgeschnitten. Dann wurden sie
ebenfalls von tschechischen Legionären geschlagen. Vergewaltigungen kamen dabei nicht
vor.
Viele Männer konnten die Qualen nicht ertragen und starben. Unter ihnen sind mir
persönlich bekannt gewesen der Kaufmann Karl Fuchs und der Baumeister Passauer,
beide
aus Eisenstein. Sie waren in Klattau im "Schwarzen Turm" ums Leben gebracht worden.
Die Verpflegung im Lager bestand aus 2 kg Brot für 8 Mann täglich und zweimal
Kartoffelsuppe. Gearbeitet wurde von 5 Uhr früh bis abends zum Finsterwerden. Doch
durften erst um 22 Uhr die Lagerstätten aufgesucht werden.
Ein gewisser Schubek, der in Wien bei der Gestapo war, wurde von den Tschechen
zunächst auch eingesperrt, darauf als Aufseher gegen die anderen Deutschen eingesetzt.
Er hat uns ebenfalls geschlagen.
Am 29. November 1945 wurde ich aus dem Lager, in dem ich nie verhört worden war,
entlassen und ging, aller Gegenstände beraubt, nach Deutschland.
Bericht Nr. 223
Korrektionszelle im Gefängnis
Berichter: Rudolf Payer Bericht vom 28. 6. 1946 (Klattau)
Ich wurde vom 8. 5. 45 bis 6. 6.
46 im Gerichtsgefängnis in Klattau gefangengehalten.
Neben den schwersten Mißhandlungen, die ich wie alle anderen Häftlinge
erduldete, erhielt ich dreimal - einmal im Juni und zweimal
im Juli 1945 - die sogenannte Korrektion.
Jedesmal wurde ich an Händen und Füßen nackt gefesselt und mit Stahlruten,
die mit Leder überzogen waren, blutig geschlagen. Wer bewußtlos wurde, wurde
mit
Wasser begossen und weitergeschlagen, bis die Schläger selbst erschöpft waren.
Einmal wurde mir mit Benzin getränkte Holzwolle zwischen die Füße gelegt
und angezündet, sodaß mir die Geschlechtsteile versengt wurden. Ich habe selbst im
Juni und Juli Leichen aus dem Gefängnis herausgetragen, darunter Muckenschnabel aus
Teschenitz, der in der Korrektion Selbstmord verübt haben soll, nach meiner
Überzeugung
aber dort zu Tode gequält worden ist, dann den Sohn des ehemaligen Abgeordneten
Zierhut, der im Gefängnis gestorben ist. Die anderen Leichen kenne ich nicht mit Namen.
Ich habe selbst gesehen, wie im Hof des Gefängnisses zwei junge Soldaten, 16 und 17
Jahre alt, von einem Tschechen in Uniform mit Genickschuß erschossen wurden. Vorher
wurden sie grausam mißhandelt.
Bericht Nr. 224
Kriegsgefangenenlager, Mißhandlungen und
Mord
Berichter: Franz Neumayer Bericht vom 28. 6. 1946 (Klattau)
Ich fiel als Insasse des Lazarettes
Annaberg in Sachsen in russische Kriegsgefangenschaft und
wurde am 6. 6. 45 entlassen. Meine Wunde, Granatsplittersteckschuß am linken Fuß,
war noch nicht verheilt und näßt heute noch. In Kladno [Klattau??] wurde ich von
den Tschechen
festgehalten und in das dortige Kriegsgefangenenlager gebracht, wo ich 6 Wochen blieb, nach
welcher Zeit ich beim Bauern arbeitete. Im Kriegsgefangenenlager wurde ich wie auch die
Kameraden täglich geschlagen. Ich sah dort, wie ein Kriegsgefangener, der nur
gebückt stehen konnte, deshalb an 2 Tagen mehrmals so geschlagen wurde, daß er
bald darauf starb. Ein anderer, der bei der im Rundfunk übertragenen Rede des
Präsidenten Benesch Zweifel an der Wahrheit äußerte, wurde ebenfalls so
mißhandelt, daß er starb.
Klein-Herrlitz
(Kreis Freudenthal)
Bericht Nr. 225
Erschießung einer deutschen Bäuerin
am 1. 9. 45
Berichterin: Martha Kral Bericht vom 24. 6. 1946
Ich wohnte als Evakuierte
bei meiner Schwester in Klein-Herrlitz, Kreis Freudenthal. Anfang
Juli
wurde meiner Schwester der Verwalter Heinrich Eschig auf den Hof gesetzt. Er war ein
jähzorniger Mensch und nicht gut zu meiner Schwester. Am 1. 9. abends gegen 10 Uhr
pochte es an unsere Haustüre. Wir Frauen hatten Angst und liefen durch das Fenster zum
Nachbarn, nachdem wir gerufen hatten, wer klopfe, und keine Antwort erhalten haben. Wir
hörten noch wie die Türe eingeschlagen wurde und die Näherin Auguste
Bockrich, die auch in unserem Hause wohnte, schrie, da sie geschlagen wurde. Unsere Kinder
waren von dem Lärm erwacht und weinten. Deshalb wollten wir vom Nachbarn in unser
Haus zurück gehen. Als wir in die Haustüre traten, krachte ein Schuß und
meine Schwester sank tot nieder. Sie war von
einem Dum-Dum-Geschoß ins Herz getroffen worden. Der tschechische Kommissar von
Klein-Herrlitz Franz Schimek hatte sie erschossen. Er befand sich in Begleitung seiner Frau und
Eschigs. Als wir Frauen weinten, brüllte er uns an. Um 1 Uhr nachts kam der Kommissar
mit Gendarmerie und einem Arzt. Wir wurden alle verhört. Dabei wurde die Nachbarin,
Frau Güttler, zweimal ins Gesicht geschlagen. Seitdem habe ich von dieser Angelegenheit
nichts mehr gehört. Schimek und Eschig befinden sich heute
noch in Klein-Herrlitz. Der Kommissar verbreitete in einigen Tagen das Gerücht, der
Mann
der Nachbarin, Rudolf Güttler, habe meine Schwester erschossen. Rudolf Güttler
aber
war erst am 2. 9. in Auschwitz aus russ. Kriegsgefangenschaft entlassen worden.
Kleinbocken
(Kreis Tetschen / Elbe)
Bericht Nr. 226
Plünderung, Mord, Vergewaltigung
Berichter: Franz Limpächer Bericht vom 11. 5. 1946
Ich stamme aus dem Orte
Kleinbocken im Kreise Tetschen/Elbe.
Von Beruf bin ich Kaufmann und hatte in meinem Geburtsort
ein Kolonial-, Schnittwaren-, Getreide-,
Kohle- und Baustoffgeschäft, außerdem eine Landwirtschaft in der
Größe von 6.55 ha, die ich selber mit bewirtschaftete.
Am 10. 5. 1945 kam um 9 Uhr vormittags die polnische Armee in unseren Ort und damit begann
unser Leidensweg. Fünf Tage lang dauerten die Plünderungen, Totschlag und
Brände. Frauen und Mädchen wurden vergewaltigt. Mir hatten sie in dieser Zeit
meine Wertsachen, Kleider, 16.000 kg Hafer, 3000 kg Gerste, 1100 kg Zucker, für ca RM
15.000 sonstige Ware und
meinen Skoda-Diesellastwagen 2½ t geraubt. Meiner Frau und meiner Tochter, die
sich während dieser Zeit im Nachbarhause im Schweinestall versteckt hielt, wurden
sämtliche Kleider bis auf das eine was sie anhatte, geraubt. Am 14. 5. 1945 drangen
abends
um ½11 Uhr nochmals Polen in mein Schlafzimmer ein, steckten mir Patronen in meine
Hemdtasche, zogen sie wieder heraus und behaupteten, ich wäre ein Partisan. Ich wurde
dann die Stiege hinuntergestoßen und mußte, nur angetan mit Leibwäsche, die
Hände erhoben, mit Gewehrkolben geschlagen eine Stunde lang zusehen, wie mein
Anwesen geplündert wurde.
Dann wurde ich außerhalb des Ortes an einen Wasserturm geschleppt und hingestellt und
dreimal nach mir geschossen, ohne aber mich zu treffen und nur der bei mir beschäftigte
Pole, der hinzu kam und sagte, ich hätte ihn sehr gut behandelt, rettete mir das Leben.
Die kommenden Tage waren dann immer vereinzelt ausgefüllt durch
Überfälle
von Russen und Polen und auf wehrlose Frauen und Mädchen, sowie Raub und
Plünderung. Unterdessen war auch unser einziger Ortstscheche namens Stanislaus
Mikesch, der im Jahre 1938 die Tochter meines Nachbarn geheiratet und im Jahre 1939 als
großer Hitleranhänger von Kladno mit der Behauptung, er könne unter den
Tschechen nicht mehr leben, in unseren Ort kam, von der Organisation Todt in deren
Arbeitsuniform heimgekehrt. Am Blusenkragen hatte er 2 kommunistische Sterne, sowie 5
Trikoloren auf Anzug und Mütze. Sein erstes Wort war: "Ich bin jetzt Kommissar von den
Orten Kleinbocken, Großbocken und Karlsthal und alles hätte ihm zu gehorchen."
Er
beschlagnahmte gleich mein Eigentum, bestehend aus 2 Häusern,
Wirtschaftsgebäuden, Magazinen, 2 Autogaragen, Wochenendhaus im Walde und
Bienenhaus mit 9 Völkern, ferner acht Stück Großvieh und 1 Kalb, 2
Schweine, 15 Hühner, 32 Stück Kaninchen und 15 Tauben. Die
Geschäftswarenvorräte wurden laut Inventur
mit RM 50.000.- angegeben, was aber nur dem halben Wert entspricht. Die Landwirtschaft war
zur Gänze maschinell eingerichtet. Meine Frau, Tochter und ich mußten nun auf
unserem Anwesen weiter arbeiten, ohne Bezahlung und ohne genügend zu essen und nur
der Umstand, daß wir während des Zusammenbruchs Nahrungsmittel versteckt
hielten, half uns über das Hungern hinweg.
Die Tschechen kamen nun scharenweise aus
den Kreisen Prag, Pardubitz und Tabor und besetzten die ganzen Anwesen, deren Besitzer
entweder über die Grenze nach Sachsen getrieben oder ins Lager gesteckt wurden.
Manche
wurden ins Innere von Böhmen auf Arbeit geschafft oder mußten wie ich mit
Familie
als Sklaven umsonst weiter arbeiten. Die Tschechen lebten nun von unserer Habe in Saus und
Braus und wir mußten die Arbeit verrichten. Bemerkt sei noch, daß jeder
behauptete,
er sei im KZ gewesen. Wie sich aber später herausstellte, waren alle wegen Diebstahl und
anderen Delikten vorbestraft, keiner politisch. Einer hatte 27 Vorstrafen wegen Diebstahl. Eine
Kommission kam einmal von Prag, die bei uns übernachtete und der Leiter dieser
Kommission sagte mir wörtlich: Es sei himmelschreiend, zu sehen, was diese Tschechen
hier treiben.
Sonntag mußten wir den ganzen Tag für die Gemeinde Arbeiten verrichten, u. zw.
Häuser einreißen, deren Besitzer schon fort waren und die den Tschechen nicht
mehr
schön genug waren. Dies geschah unter Aufsicht der Gendarmerie mit der Knute.
Am 24. 11. 1945 wurden wir, die noch auf ihren Anwesen leben durften, innerhalb einer
½
Stunde mit 30 kg Gepäck herausgejagt, von der Gendarmerie untersucht und was dieser
für sich als brauchbar dünkte, wurde noch weggenommen.
Mein Bruder Richard, der Dr. der Chemie ist und Direktor bei der Firma G. Schicht A. G.
in Aussig-Schreckenstein war, war seit Juli 1945 im KZ in Aussig, ohne daß ihm gesagt
wurde, warum und weshalb und seine Frau, die an der Kunstakademie in Paris studiert hatte,
mußte Aborte ausputzen. Der Sohn, 11 Jahre alt, durfte nicht in die Schule gehen. Sein
Schwiegervater, 70 Jahre alt, war Direktor der Weberei Regenhart und Weimann, saß
ebenfalls im KZ Jauernig. Ein Cousin von mir, Industriebeamter in den Sandauer Eisenwerken,
ebenfalls im KZ Böhmisch Leipa, seine Frau wurde mit 2 kleinen Kindern nach Sachsen
über die Grenze getrieben. Ich habe gesehen wie heuer im März die
Frauenschaftsleiterin von ihrem 4jährigen Kinde, gefesselt an beiden Händen,
fortgeschleppt wurde, ohne daß diese Frau in ihrem Leben irgendetwas verbrochen
hatte.
Tausende sudetendeutsche Soldaten, welche von den Alliierten als krank entlassen wurden,
wurden von den Tschechen, ohne daß diese ihre Angehörigen sahen, in die
Kohlenschächte geschleppt.
Kleinmohrau
Bericht Nr. 227
Mißhandlung Kriegsinvalider
Berichter: Rudolf Klamert Bericht vom 24. 6. 1946
Ich wurde als Kriegsinvalider am 14. 8. 1945 in Kleinmohrau verhaftet
und bei der Polizei durch
4 Tage mißhandelt. Die Tschechen Chalupa und Kopecký schlugen mich mit
Ochsenziemern auf die blanken Fußsohlen, bis ich ohnmächtig wurde. Dann wurde
ich mit Wasser angeschüttet und neuerlich geschlagen. Als ich sagte, daß ich eine
Kopfverletzung aus dem Krieg habe, wurde ich von einem Tschechen mit den Fäusten auf
den Kopf geschlagen und mit dem Kopf an die Wand gestoßen.
Nach 4 Tagen kam ich in das KZ Freudenthal in Einzelhaft. Bei der Einlieferung erhielt ich von
Jarosch 25 Hiebe mit dem Ochsenziemer. Mein Freund Rudolf Beck wurde dort so
geprügelt, daß sein Rücken offene Wunden hatte, und dann wurden ihm
Nadeln unter die Fingernägel gestochen und seine Fingerspitzen mit brennenden
Zigaretten
angebrannt. Er war auch Kriegsinvalider mit einem Lungenschuß.
Am 10. 9. v. J. wurden wir ins Gefängnis Olmütz überführt und dort
auch täglich verprügelt. Dort verbrachte ich 8 Wochen. Bis 23. 11. v. J. war ich
noch
im Arbeitslager Olmütz, von wo ich zu schweren körperlichen Arbeiten verwendet
wurde, bis ich auf Grund einer ärztlichen Untersuchung als arbeitsunfähig entlassen
wurde.
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