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Braunau
Bericht Nr. 138
Mißhandlung, Raub, Mai 1945
Berichter: Josef Lausch
Am 17. Mai 1945 kamen 2
tschechische Gendarmen auf das Postamt Braunau und frugen den
Stellvertreter, wo der Postassistent Lausch sei. Dieser zeigte auf mich am Schalter I. Ich
mußte mit den beiden Gendarmen, die mir Handschellen anlegten, zum Bezirksgericht
gehen. In einem Vorraum wurden mir alle Papiere, 1765 Mark Bargeld, 1 Postsparbuch mit
über 3000 Mark, Hosenträger, Schnürsenkel, kurz alles abgenommen. Dabei
wurde ich mit dem Revolver, Schlagring und Gummiknüppel fast bewußtlos
geschlagen. Dann ging es blutüberströmt mit mir zum Verhör. Mir wurde
vorgeworfen, ich sei Truppführer der SA und Gruppenführer der SS gewesen, als
ich
aber behauptete, ich sei niemals bei der SA oder SS gewesen, wurde ich wieder halbtot
geprügelt. Unseren Bürgermeister, der nebenan verhaftet saß, gab ich als
Zeugen an, daß ich dies niemals gewesen sei. Ich wurde dann blutüberströmt
in eine Dunkelzelle aufs Steinpflaster geworfen, es gab 2 Tage nichts zu essen, nur dauernde
Vernehmungen und Prügel gab es. Dann kam ich
in eine 3 Mann-Zelle, wo 9 Mann untergebracht waren. Fast alle Stunden bei Tag und bei Nacht
wurde die Tür aufgerissen und es traten ein oder mehrere tschechische
Jungen von 16-18 Jahren ein, verprügelten uns auf das Gemeinste und gingen mit
lachenden Gesichtern wieder davon. Verpflegung bekamen wir vom Gericht keine. Es
mußten uns die Angehörigen von zuhause Essen bringen, was wir da in der Zelle
bekamen, das kann sich jeder lebhaft vorstellen. 10 Tage dauerte diese Qual, die sich
täglich auf das Grausamste wiederholte. Nach 10 Tagen wurde ich mit einem Auto in die
Fabrik der Fa. Pollak geschafft und der GPU übergeben. Von dort ging es per Auto nach
Waldenburg/Schlesien, zufuß nach Oppeln/OS, dann nach der Festung Graudenz und
später
in das KZ-Lager Fünfeichen bei Neubrandenburg in Mecklenburg. Im Juli 1948 wurde ich
entlassen und fand nach längerem Suchen meine Frau in bitterster Not und Elend hier.
Denn auch sie wurde von den Tschechen ins Innere verschleppt und nach einem Jahr harter
Arbeit
kam sie zerlumpt und zerrissen in die Heimat zurück, wollte Sachen von unserem Besitz
zur
Aussiedlung haben, leider war alles gestohlen. So wurde sie zerrissen und zerlumpt
hinausgeschmissen, ich kam elend bekleidet und voller Wasser aus dem Lager.
Bretterschlag
Bericht Nr. 139
Grundlose Verhaftung aller Männer eines
Dorfes
Berichter: Wenzel Parth, Kirchendiener Bericht vom 14. 8.
1946
Am 14. 4. 1946 wurden
sämtliche Männer des Dorfes Bretterschlag im Alter von
16 bis 60 Jahren von der Gemeinde verhaftet und in das Lager Kaplitz eingewiesen. Zu dieser
Verhaftung waren Finanzer, Soldaten und Gendarmen in das Dorf gekommen und behaupteten,
die Deutschen hätten auf die Finanzer geschossen. Tatsächlich aber war das Dorf
von
Soldaten umstellt, welche selbst Schüsse abgaben. Bei der Verhaftung der Deutschen war
auch keine einzige Waffe gefunden worden. Offensichtlich war das auch nur ein Vorwand, um
die
Deutschen zu verhaften. Ich war auch verhaftet worden, obwohl ich gar nicht nach Bretterschlag
gehörte, sondern nur zufällig an diesem Tage dort anwesend war. Bei der
Verhaftung
wurden wir alle auf das Schwerste mißhandelt. Einige wurden dabei auch verletzt. Wir
wurden 6 Monate in Haft gehalten. Verhöre haben keine stattgefunden.
Brunnersdorf
(bei Kaaden)
Bericht Nr. 140
Erschießungen und
Mißhandlungen
Berichter: Wenzel Parth, Kirchendiener Bericht vom 14. 8.
1946
In der
Filialkirche Wistritz, wo ich meinen Wohnort hatte, ereignete sich am 24.oder 25.7.
(genau
weiß ich den Tag jetzt nicht) folgendes: Abends um 9 Uhr war ich verständigt
worden, daß ich am nächsten Tag ins Lager abgehen müsse; nachts um halb
12 kamen die Tschechen nochmals zu mir. Ich hatte die Monstranz und den Kelch einem mir als
katholisch bekannten Tschechen namens
Scheffler übergeben, - einen geistl. Herrn konnte ich nicht mehr verständigen, da
unser H. Pfarrer Hanus aus Brunnersdorf bereits tags vorher ins Lager
gekommen war, - weiter weg konnte ich wegen der Sperrstunde
auch nicht gehen. - Früh um 6 Uhr mußte ich gestellt sein. Auf der Straße
beim
Abmarsch wurde ich vom Kommissar gefragt, ob ich die goldenen Gefäße habe. Ich
erklärte, Monstranz und Kelch dem Scheffler übergeben zu haben. Er frug nach den
anderen Gefäßen. Ich sagte ihm, daß die noch im Tabernakel stünden,
das dürfe ich nicht anrühren. Ich wurde gezwungen, den Schlüssel
herauszugeben. Ich mußte mit in die Kirche und zum Tabernakel gehen. "Aufmachen!"
brüllte der Tscheche. Ich weigerte mich: "Das darf ich nicht". Ich erklärte wieder,
nein, nachdem er mich von neuem bedroht hatte. Da sagte der Mann: "To je fuk", griff selbst in den
Tabernakel, nahm das Ziborium samt den konsekr. Hostien, warf alles in seine Aktentasche und
ging damit weg. Wohin alles kam, weiß ich nicht. Ich kam ins Lager und meldete den
Vorfall sofort dem Herrn Pfarrer Hanus. Mehr konnte ich vom Lager aus nicht mehr tun. Am 30.
April wurden wir abtransportiert.
Die obenstehenden Aussagen mache ich an Eidesstatt und versichere, daß sie auf Wahrheit
beruhen.
In Brunnersdorf wurden 7 Mann schwer geprügelt, dann zum Friedhof geführt,
hinter
der Friedhofmauer wurde ihnen befohlen, Gräber zu schaufeln. Als sie tief genug waren,
bekam jeder einen Genickschuß, dann wurden sie in die Gräber geworfen und diese
zugeschaufelt. In Kaaden wurden an einem Tag früh 3 Bauersleute aus Karkau, der eine
namens Guba, erschossen. Am Nachmittag wurden 7 Mann, darunter ein gewisser Proschka,
Bartl und ein Kaufmann aus Radonitz, am Marktplatz aufgestellt, die Zivilbevölkerung
herbeigetrieben, welche zusehen mußte, und brutal erschossen. Ich selbst war mit meiner
Tochter anwesend. Ich kann gar nicht schildern, welche Panik unter den Menschen war. Zuerst
wurden sie in die Beine, dann in den Leib und zum Schluß in den Kopf geschossen. Ist das
menschlich? In Prösteritz 2 Mann am Rübenfeld erschossen und begraben, in
Dehlau
7 Mann begraben, in Kaaden noch 40 Mann am Gericht. Wenn es nötig, bin ich bereit, mit
einigen Herren an Ort und Stelle zu fahren, damit sie sich davon überzeugen
können.
Ich war 20 Jahre Kirchendiener in Brunnersdorf und Wistritz und könnte noch so manches
anführen, aber das hätte unser Geistlicher müssen tun.
Brüsau
Bericht Nr. 141
Plünderung, Mißhandlung
Berichter: Franz Langer Bericht vom 26. 9. 1946
Ich war vom 9. 12. 45 bis
30. 3. 46 ohne jeden Grund mit meiner ganzen Familie im Lager
Brüsau interniert. Ich bin dabei um alle meine Sachen gekommen.
Die Verpflegung im
Lager war sehr schlecht, obwohl wir alle schwere körperliche Arbeit verrichten
mußten. Jeder war darauf angewiesen, von außerhalb des Lagers Lebensmittel zu
bekommen, sonst wäre er verhungert, auch wenn er nicht gearbeitet hätte, so gering
war die Verpflegung. Alle wertvollen Lebensmittel, wie Butter, Marmelade, Zucker,
Gebäck usw. wurden von den Posten unterschlagen. Anfang Februar wurde mir auf den
Arbeitsplatz ein Stück Brot gebracht, das ich zum Teil gleich aufaß, z.T. einsteckte,
um es meiner Frau ins Lager mitzunehmen. Davon erfuhr der Lagerleiter. Er ließ mich
rufen
und mißhandelte mich deshalb schwer. Zuerst erhielt ich Ohrfeigen, daß ich zu
Boden
fiel, dann schlug er mich mit einer Hundepeitsche mehrmals auf die blanken Fußsohlen zu
je 10 Hieben, dann bekam ich 5 Schläge mit einem Ochsenziemer. Dann stießen
mich mehrere Posten während des Laufens mit den Füßen.
Bürgersdorf
Bericht Nr. 142
Schwere Mißhandlungen
Berichter: Adolf Aust Bericht vom 30. 9. 1946
Am 30. 6. wurden in
der Gemeinde Bürgersdorf
sämtliche 6 SA-Leute, die nie eine Uniform getragen und nur den Mitgliedsbeitrag bezahlt
hatten, verhaftet und in das Lager Würbenthal gebracht. Am nächsten Tag wurden
von dort 102 Leute im Fußmarsch 36 km nach Jägerndorf getrieben. Unterwegs
wurde ein Fleischer aus Karlsthal erschossen, als er während einer Rast an der freien
Straße sich ungefähr 3 Schritte zum Austreten entfernte und seine Notdurft
verrichtete. In
Jägerndorf wurden SA- und SS-Leute hinter Gitter gesteckt und durch 3 Tage hindurch
wiederholt furchtbar mißhandelt. Dabei wurde Gesierich aus Heinzendorf, der zur SS
gemustert, aber noch nicht eingezogen war, länger als 15 Minuten mit
Gummiknüppeln bearbeitet, bis er liegenblieb, ebenso ein gewisser Klement aus Karsthal.
Ich selbst bekam 2 Schläge gegen das rechte Auge, sodaß es einen Monat
völlig verschwollen war. Ärztliche Behandlung für die Verletzten gab es
nicht.
Als besondere Quälerei mußten wir über ausgestreute Glasscherben robben,
wobei wir ebenfalls geschlagen und mit Füßen getreten wurden. Alle hatten davon
zerschnittene Ellenbogen und Knie. Nach 3 Tagen wurden 100 Mann nach Wittkowitz zur Arbeit
in der Schamottfabrik, beim Hochofen usw. abtransportiert. Dort wurden die
Mißhandlungen täglich bei, vor und nach der Arbeit fortgesetzt. Ein gewisser Ott
aus
Ludwigsthal mußte dort trotz Erkrankung zur Arbeit gehen und als er zusammenbrach,
wurde er aufgejagt und mit Gummiknüppeln so geschlagen, daß er am
nächsten Tag starb.
Die Verpflegung bestand nur aus Wassersuppe. Wir hatten alle geschwollene Füße.
In den ersten 14 Tagen sind in Wittkowitz 12 Leute an Erschöpfung gestorben. Ich selbst
war nach 9 Monaten so erschöpft, daß ich mich nicht mehr auf den Beinen halten
konnte. Ich wurde nach Jägerndorf zurückgeschickt, wo mich der Arzt eine lebende
Leiche nannte. Nach weiteren 11 Wochen wurde ich als völlig arbeitsunfähig
entlassen.
Butschafka
(bei Jägerndorf)
Bericht Nr. 143
Drangsalierung einer bäuerlichen
Familie
Berichterin: Marie Breier Bericht vom 19. 6. 1946
Ich
hatte seit 22. 11. 1945 einen slowakischen Verwalter Petr auf dem Hof. Am 19. 12. 1945
ging
ich nachmittags nach Liebental, um mir auf meine Karten Lebensmittel einzukaufen. Als ich am
Abend zurückkam, machte mir der Verwalter Vorwürfe, daß ich nicht arbeite
und warf mir vor, daß ich ihm einen Zentner Korn gestohlen habe. Ich bestritt das. Da ging
er zum Národní výbor und holte den Kommissar, der mich schlug und zu
Boden stieß. Am nächsten Tag konnte ich vor Schmerzen nicht aufstehen. Da holte
der Verwalter die Gendarmerie, die mich mit einem Wagen nach Jägerndorf zu Gericht
führten. Dort wurde ich vom Richter freigesprochen. Als ich mit dem Entlassungsschein
das Gerichtsgebäude verlassen wollte, wurde mir dieser abgenommen und ich wurde 8
Wochen in einer Zelle festgehalten.
Unterdessen kümmerte sich niemand um meine zwei Kinder. Im Jänner wurden
auch
sie vom Verwalter aus dem Hause getrieben. Mein 13jähriger Sohn wurde
außerdem
drei Tage eingesperrt und von der Gendarmerie und dem Kommissar zweimal so
verprügelt, daß er 14 Tage mit Fieber liegen mußte und auf seinen Ohren
nichts
hörte. Alle meine Kleider und Wäsche wurden mir genommen. Ich bekam
später nichts mehr davon zurück. Das Gericht in Jägerndorf entschied am 20.
Februar, daß ich mit meinen Kindern in meinem Hause in Butschafka wohnen durfte.
Bericht Nr. 144
Lager Pardubitz-Königgrätz, Ausplünderung
des Gepäcks
Berichter: Heinrich Furch Bericht vom 4. 7. 1946 (Butschafka bei Jägerndorf)
Als
Transportführer des Transportes 96 hatte ich Gelegenheit,
festzustellen, daß 30-40% der Angehörigen des Transportes nicht das
zulässige
Gewicht von 60 kg besaßen. Es handelt sich meistens um Leute, die monatelang in
Arbeitslagern gewesen sind, wohin sie sich fast nichts hatten mitnehmen dürfen und wo
sie
bei der Arbeit schon einen großen Teil der mitgenommenen Kleidung verbraucht hatten.
Ich
habe mich persönlich für die Auffüllung des Gepäcks eines alten
Mannes eingesetzt, der nicht einmal 10 kg bei sich hatte. Obwohl bergeweise beschlagnahmte
Sachen vorhanden waren, wurde diesem Mann nichts gegeben. Einem Herrn Fuchs, der in
derselben Lage war, wurde ein geflickter unbrauchbarer Anzug und ein Paar alte Schuhe
gegeben.
Seine Sachen waren, während er im Lager Pardubitz und Königgrätz war,
vom
Národní Výbor in Butschafka beschlagnahmt worden.
Ferner war ich Zeuge, wie den Aussiedlern die Kisten und Koffer bei der Gepäckkontrolle
angebohrt, zerhackt oder sonst für den Transport unbrauchbar gemacht worden sind. Es
wurde den Leuten wahllos alles, was den Kontrollorganen gefiel, weggenommen. Insbesondere
wurden auch Dokumente und Bescheinigungen verschiedenster Art, die von früheren
tschechischen Behörden ausgestellt waren, abgenommen, darunter insbesondere auch
Bestätigungen der tschechischen Behörden über abgeführte oder in der
Tschechoslowakei zurückgelassene Vermögenswerte. Es wurden auch vielfach
Federbetten aufgeschnitten und durchsucht, sodaß ein großer Teil der Federn
verstreut
wurde.
Bericht Nr. 145
Mißhandlung
Berichterin: Hilda Breier Bericht vom 4. 7. 1946 (Butschafka bei Jägerndorf)
Anfang Oktober [1945] wurden die Bauernfamilien von Butschafka, auf
deren Höfen
tschechische
Verwalter saßen, alle nach Jägerndorf ins Lager eingeliefert. Ich selbst ging damals
mit meinen 4 Kindern, das Jüngste war 2 Jahre, nach Ober-Paulowitz zu meiner
Großmutter. Im November hörte ich, daß ein Brief von meinem Mann nach
Butschafka gekommen sei. Ich ging nach Butschafka, um mir den Brief zu holen. Als mich in
Butschafka der Verwalter meines Hofes auf der Straße sah, kam er auf mich zu, nahm mir
den Brief meines Mannes, den ich noch gar nicht geöffnet hatte, ab und schlug mich mit
den Fäusten, bis ich hinfiel. Dann trat er mich mit den Füßen in die Seiten.
Als
er von mir abließ und den Brief meines Mannes las, gelang es mir zu entkommen. Er holte
den Kommissar herbei und kam
mir nach Ober-Paulowitz nach. Als ich selbst dort angekommen war, war ich so erschöpft,
daß ich ohnmächtig wurde.
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