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Theresienstadt
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Bericht Nr. 92
Schwere Mißhandlungen im Lager
Berichter: Hans Strobl Bericht vom 26. 6. 1946
Ich meldete mich am 9. 5.
45 gemäß offizieller Aufforderung mit meiner Familie bei
der Prager Polizei und wurde 14 Tage in Pankraz festgehalten, wo wir alle Häftlinge aufs
schwerste mißhandelt wurden. Von dort wurde ich am 26. 5. mit einem Transport von 600
Leuten, Männer, Frauen und Kinder, nach Theresienstadt gebracht. Bei der Ankunft
wurden die Häftlinge wahllos mit Knüppeln, Axtstielen, Gewehrkolben usw. aufs
grausamste verprügelt. 59 Männer wurden dabei zu Tode geprügelt; es waren
meistens ältere Männer, die nicht schnell genug laufen konnten. Ungefähr
200
Personen sind in der nächsten Zeit an den Folgen der Mißhandlungen gestorben.
Mir selber wurde dabei das Ellbogengelenk zertrümmert und die Elle und die Speichen
gebrochen. Eine ärztliche Hilfe war nicht vorhanden. Erst am 25. 8. nach 3 Monaten,
wurde
ich ins Leitmeritzer Krankenhaus eingeliefert und operiert. Ich brachte dann 5 Monate im
Krankenhaus zu.
Bericht Nr. 93
Augenzeugenbericht eines Internierten
Berichter: Eduard Fritsch (Theresienstadt)
Mit dem Transport aus
Prag am 24. Mai 1945 kamen annähernd 600 Personen
verschiedenen Alters und verschiedener politischer Anschauungen nach Theresienstadt, alle in
der
Hoffnung nach kurzem Aufenthalt wieder in die Heimat entlassen zu werden. Vor dem Tore der
Festung wurde der Transport nach Männern und Jugendlichen, nach Frauen und Kindern
und nach Kranken und Kriegsversehrten geordnet. Nach einer Ansprache eines Tschechen mit
der
Binde des Roten Kreuzes, der uns alle Schlechtigkeiten, die die SS in Theresienstadt verbrochen
hatte, vor Augen führte, wurden wir in die Festung getrieben. Dabei wurden schon viele
geschlagen. Der Weg zum Hof 4 hat einen ziemlich langen zum Hof abfallenden Toreingang, wo
frühere Häftlinge des Theresienstädter KZ, bewaffnet mit
Kreuzhackenstielen,
die oben mit Eisen beschlagen waren, zu beiden Seiten des Ganges auf uns warteten. Was sich
hier zugetragen hat, läßt sich schwer beschreiben. In dieser ca. 10 m langen
Toreinfahrt lagen Haufen von sich windenden und krümmenden Menschenleibern, die
schrien und denen wir nicht helfen konnten, denn ohne eine entsprechende Tracht Prügel
kam niemand durch. Mit Absicht wurde in die Nierengegend und auf den Hinterkopf geschlagen.
Am Hofe selbst mußte sich der Rest in Fünferreihen aufstellen und sich selbst
abzählen. Da es dem Festungskommandanten Prusa zu langsam ging, zählte er
selbst
ab, indem er mit dem mit Eisen beschlagenen Stiel jeden einzelnen auf den Kopf schlug und
dabei
abzählte. Daß von denen nicht viele übrig blieben, die in der Prusa
zugekehrten
Reihe standen, ist leicht erklärlich. Ich wagte einen Blick zum Toreingang und einen nach
rückwärts. Es war schauerlich, überall am Boden lagen Leute, die vor
Schmerzen stöhnten und die still lagen waren bereits tot. Einer meiner Zellengenossen
aus Prag-Pankraz lag mit zertrümmertem Kopf da. Ein anderer aus München stand
ganz ratlos allein bei der Abfallgrube, blutüberströmt von oben bis unten, er
vergaß sich bei uns einzureihen und wurde durch ständige Schläge zu uns
getrieben. Sein Gang war schwer und schleppend und die Schläge hagelten auf seinen
Körper. Daß er durchhielt war staunenswert. Wir bemerkten, daß jene, die zu
Boden geschlagen wurden, nicht mehr hochkamen. Sie wurden nachher ganz erschlagen. Die
dieser Prozedur Entronnenen mußten sich dann mit erhobenen Händen an die Wand
stellen, was ca. von 9 Uhr bis 17.00 Uhr dauerte. Gegen Mittag fing es zu regnen an, das Wasser
lief in die Ärmel und unten heraus. Wenn jemand die Arme senkte, so war das ein
Anlaß
für die Schergen, uns mit dem Kopf an die Wand zu schlagen. In dieser Zeit reifte bei
jedem von uns der Gedanke, wenn wir nicht in Kürze erschlagen oder erschossen werden,
Selbstmord zu begehen. Gegen Abend wurden wir auf die Zellen aufgeteilt. In unserer Zelle
waren
wir 480 Mann ganz eng zusammengedrängt. Es kam die Nacht, draußen wurde
geschossen, man hörte Schreie und wir warteten, bis die Reihe an uns kam. Es wurden
viele geholt, die nicht mehr wieder kamen. Am nächsten Tage Desinfektion und
Entlausung. Ein Streifen Haare von der Stirn zum Hinterkopf wurde mit der Maschine
ausgeschnitten. Diesen Streifen bezeichneten die Tschechen mit "Hitlerstraße". Nackt
liefen
wir dann über den Hof und erhielten die Sträflingsuniformen, die schmutzig und oft
blutbefleckt waren. In den nächsten Tagen gingen Arbeitskommandos an verschiedene
Arbeitsstellen. Ich erhielt mit anderen die Aufräumungsarbeiten der Einzelzellen, wo die
Erschlagenen lagen. Zentimeterhoch lag das geronnene Blut, abgeschlagene Ohren,
ausgeschlagene Zähne, Hautteile rnit Haaren vom Kopf, Gebisse und dergl. herum. Der
durch Blut und dergl. verbreitete Gestank machte uns das Waschen der Zellen und Gänge
bald unmöglich. Bei vielen zeigten
sich nach 2-3 Tagen Geschwülste am Rücken, Hals, Kopf und Armen. Köpfe
sahen aus wie Masken, alles geschwollen, die Augen herausstehend, die Lippen wulstig, die
Ohren abstehend, der ganze Kopf um vieles vergrößert, ein Anblick zum
Erbarmen.
Nach zwei Tagen wurde ich zum Krankenrevier kommandiert. Es bestand aus 5 Einzelzellen,
darin lagen bis zu 5 Mann, teilweise liegend, teilweise in Hockstellung, oder sitzend. Dort sah
ich
etwas, was mir den größten Schrecken einjagte: Patienten aus diesen Zellen wurden
vollkommen entkleidet, auf eine Bahre von uns gelegt und erhielten vom Arzt eine Injektion
eines
schnell wirkenden Giftes. Diese Leute starben innerhalb einer Minute. Ich gebe zu daß
diese
Injektion für viele eine Erlösung war, aber es waren auch Leute dabei, die leicht
hätten ausgeheilt werden können. Die Beseitigung der Kranken auf diese Art wurde
von der Kommandantur der Festung aus angeordnet. Viele meiner Bekannten gingen diesen
Weg.
Die Verpflegung bestand
in der ersten Zeit aus Kaffee und Suppe mit Kartoffel und verdorbenem
Fleisch, das mitunter Madennester aufwies. Dieses verdorbene Fleisch aus Freibänken
wurde drei Monate hindurch verkocht. Nachdem die deutschen Salzvorräte verbraucht
waren, trat Mangel an Salz auf. Eine Tagesration im August 1945 bestand aus einem halben
Liter
Suppe resp. ungesalzenem Wasser mit wenigen Kartoffelstückchen, wenn man
Glück hatte. Außerdem 180 Gramm Brot. Bei dieser geringen Kost mußten
die
Internierten schwerste Arbeit verrichten, wie Gräber
ausheben usw. - und manche hatten kaum die Kraft, die Kreuzhacken zu heben. Typhus
wütete unter den Internierten. Der Hunger war groß. Wir mußten
Massengräber ausgraben, mit bloßen Händen Tote freilegen und einsargen,
dabei die große Hitze im August und der penetrante Gestank der Leichen, der Hunger und
dabei wurden wir noch geschlagen, es gab sogar Erschlagene dabei. Wegen Choleragefahr
wurden wir zu rascher Arbeit angetrieben und die Zustände brachten uns bald zur
Verzweiflung.
Eine Hinrichtungsmethode der Tschechen bestand darin, daß ein Tscheche mit seinem
Fuß in eine Schlinge eines Strickes trat, der Strick wurde dem Häftling um den Hals
geschlungen und am anderen Ende des Strickes war die zweite Schlinge, in die ein
Knüppel
kam. Mit diesem Knüppel wurde der Strick angezogen und auf diese Weise wurden die
Opfer langsam erwürgt.
Erst als der russischen Armeeleitung die Zustände bekannt wurden, setzte sie
Kommissionen ein, die energisch durchgriffen, die eisenbeschlagenen Knüppel wurden
verbrannt. Auch die Injektionen hörten auf und die Behandlung wurde menschlicher.
Wenn ich nur eine Verletzung des Beckenknochens, Nasenbeinbruch, Armverletzung davon
getragen habe und den Verlust sämtlicher Zähne des rechten Oberkiefers zu
beklagen
habe, so habe ich noch Glück gehabt, daß ich so davon gekommen bin.
Dokumente zur Austreibung der Sudetendeutschen
Überlebende kommen zu Wort
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