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Troppau
Bericht Nr. 94
Schwerste Mißhandlungen einer Frau
1945
Berichterin: Elfriede Hanke Bericht vom 21. 6. 1946
Am 2. 6. 45 wurde ich in das
Troppauer Lager eingeliefert. Dabei wurde ich zuerst einmal
geschlagen, gewürgt und mit der Pistole bedroht, da ich sagte, daß ich nicht bei der
Partei war und auch nichts von Munition wisse, was man mir nicht glauben wollte. Am 6. 7. 45
wurde ich ins Gefängnis des Lagers gebracht und dort aufs schwerste mißhandelt.
Ich
wurde gleich bei der Einlieferung geohrfeigt, mit Füßen getreten und mit
Gummiknüppeln geschlagen. Das wiederholte sich durch 13 Tage täglich. Am 13.
Tage kam Fitzek mit mehreren anderen Tschechen. Sie warfen mich auf die Pritsche meiner
Zelle,
zogen mir die Hose ab und schlugen mich mit Gummiknüppeln von der Hüfte bis
zu
der Wade beider Beine, sodaß ich abends in das Krankenzimmer gelegt werden
mußte, wo ich vier Wochen lang auf dem Gesicht liegen mußte, da ich am
Gesäß und auf beiden Waden große eiternde Wunden hatte. Ich mußte
auch mehrmals geschnitten werden. Ich war vier Monate lang krank. Dann wurde ich zwar nicht
mehr geschlagen, aber wie alle anderen angebrüllt, gestoßen und schikaniert. Am 8.
2. 46 wurde ich entlassen.
Bericht Nr. 95
Sammellager, Quälereien eines Kranken, Herbst
1945
Berichter: V. Skolaut Bericht vom 21. 6. 1946 (Troppau)
Anfang Juli 1945 kam ich mit
der übrigen deutschen Bevölkerung der Stadt in das
Sammellager Troppau. Von dort aus war ich täglich im Elektrizitätswerk bei
schwerer körperlicher Arbeit eingesetzt, der ich gesundheitlich nicht gewachsen war, da
ich
52 Jahre alt, an einer schweren Angina pectoris leide und kurz vorher eine akute
Gallenblasenentzündung hatte.
Am 3. August hatte ich im Laufe des Nachmittags einen Herzanfall. Als ich am Abend mit den
übrigen Häftlingen von der Arbeit ins Lager zurückkehrte, begab ich mich
zum Arzt und wurde von dort, bevor ich noch mit ihm sprechen konnte, zu neuerlichem
Arbeitseinsatz ins Lager bestimmt. Ich folgte dieser Aufforderung ohne Widerspruch, nur
bat ich, mir vorher meine Abendsuppe holen zu dürfen, die eben ausgegeben wurde. Der
Milizsoldat bewilligte mir das. Als ich in meine Baracke ging, um mir mein Eßgeschirr zu
holen, kam ein anderer Milizsoldat und mißhandelte mich. Er schlug mich mit einer Latte
zu Boden und trat mich mit den Füßen in den ganzen Körper, daß ich in
den Seiten offene Wunden hatte und stundenlang bewußtlos lag. Trotzdem mußte
ich
am nächsten Tag wie immer zur Arbeit antreten und wurde von dem Milizsoldaten, der
mich mißhandelt hatte, wegen meiner Schwäche und wegen meiner Schmerzen
verhöhnt. Im Laufe des Vormittags, als ich eine Büromaschine über eine
steile
Steintreppe trug, wurde ich plötzlich von Schwäche befallen und stürzte
bewußtlos nieder, wobei ich mir die Kniescheibe brach. Zuerst wurde ich nicht als krank
anerkannt und zu weiterer Arbeit verhalten. Erst nach zwei Tagen, als die Kniegeschwulst
bedrohlich aussah und die Schmerzen sich ständig steigerten, wurde ich dem Krankenhaus
überwiesen, wo ich vier Wochen in Behandlung war. Gegen Ende dieser Zeit wurde ich
gebeten, für einen Tschechen Blut zu spenden, was ich auch tat.
Bericht Nr. 96
Schwere Mißhandlungen im Lager
Berichterin: Emma Bittner Bericht vom 21. 6. 1946 (Troppau)
Am 31. 5. 45 wurde ich ins
Arbeitslager nach Troppau eingeliefert und blieb dort bis zum 5. 6.
46. Ich habe drei Wochen dort gearbeitet und alle Appelle mit allen Mißhandlungen und
Schikanen mitgemacht. Nachdem ich bei einem Appell infolge der ständigen erlittenen
Aufregungen zusammengebrochen war, wurde ich vom Arzt als arbeits- und lagerunfähig
erklärt und kam am 20. 6. 46 aufs Krankenzimmer, wo ich mehrere Monate verblieb. Dort
wurde ich Zeuge, wie täglich in der Nacht die betrunkenen Milizen, an der Spitze
Grossmann, der nur unter dem Namen "Lagertiger" bekannt war, auch mit tschechischen
Milizinnen in die Zellen neben der Krankenbaracke einbrachen und dort die Insassen furchtbar
schlugen, sodaß die Schmerzensschreie der Gepeinigten stundenlang bis zu uns drangen.
Der Großkaufmann Habel aus Troppau wurde dabei erschlagen. Diese Prügeleien
erstreckten sich über Monate. Ich selbst sah die zerschlagenen Opfer dieser
Mißhandlungen. Die Verpflegung bestand nur aus 100 g Brot und einer dünnen
Suppe ohne jedes Fett.
Als das Lager Ende August auf den Eichendorffplatz in Troppau übersiedelt war, wurde
dank der Verwendung des deutschen Partisanen Gebauer die Verpflegung besser. Doch hatten
wir
nun furchtbar unter Ungeziefer zu leiden, da die Waschgelegenheit völlig unzureichend
war. Erst drei Monate später wurde eine Duschanlage gebaut. Prügeleien von
Männern, Frauen und Mädchen sowie die gemeinsten Beschimpfungen kamen noch
immer vor. Bei der Einlieferung ins Lager wurde mir mein letztes Hemd gestohlen.
Ich kann diese Aussagen beeiden.
Bericht Nr. 97
Schwerste Mißhandlungen im Lager
Berichter: Rundt Bericht vom 21. 6. 1946 (Troppau)
Ich wurde am 4. Juni 45 am
Bahnhof Troppau
von Böhmisch-Leipa mit Reiseerlaubnis kommend, als Deutscher verhaftet ohne
daß mir ein Grund angegeben wurde, und ins Polizeigefängnis gebracht. Dort erhielt
ich nur einige Schläge und wurde aller Sachen beraubt. Nach drei Tagen wurde ich ins
Arbeitslager
Troppau überführt und sofort in die Einzelzelle gebracht. Dort wurde ich durch
zwei Wochen, wie alle anderen sich in Einzelhaft befindliche Häftlinge, täglich
verprügelt. Wir wurden von der Miliz mit Riemen, Gummiknüppeln,
Stöcken
auf den ganzen Körper geschlagen. Viele wurden bewußtlos und bluteten aus
offenen
Wunden. Ich selbst hatte auf dem Rücken mehrere
offene Wunden, die - da ich trotzdem täglich
weitergeschlagen wurde - schließlich vereiterten. Die schlimmsten Tschechen waren
Grossmann, Fitzek, Noss und Hoza. Der deutsche Partisane Gebauer hat sich in vielen
Fällen für die Häftlinge eingesetzt und so vielen das Leben gerettet. Wenn er
Dienst hatte, wurde nicht geprügelt. Nachdem ich 14 Tage diese Quälereien
ausgehalten hatte, meldete ich mich freiwillig aufs Land zu bäuerlichen Arbeiten. Es
dauerte noch zwei Monate, bevor meine Wunden abgeheilt waren.
Bericht Nr. 98
Tödliche Verletzung einer Frau um den 20. 11.
1945
Berichter: Alois Leckl Bericht vom 21. 6. 1946 (Troppau)
Um den 20. 11. 45 ging meine
alte Mutter, Irene Leckl, aus Troppau, auf der Ginschwitzer
Straße und benützte den Gehsteig, um eine Ecke abzuschneiden. Sie wurde von
einer
Tschechin vom Gehsteig heruntergestoßen, fiel dabei auf das Hinterhaupt und blieb
bewußtlos liegen. Sie wurde in das Troppauer Ordensspital gebracht und starb dort, ohne
das Bewußtsein wieder erlangt zu haben, an Gebirnblutung. Sie wurde am Troppauer
städtischen Friedhof beerdigt. Es wurde keine kirchliche Einsegnung der Toten bewilligt.
Am Friedhof selbst gelang es mir nach vieler Mühe, einen dort zufällig anwesenden
tschechischen Geistlichen dazu zu bewegen, die Einsegnung vorzunehmen. Es kam zu einer
Gerichtsverhandlung gegen die Tschechin, die meine Mutter gestoßen hatte. Sie wurde
freigesprochen. Ich selbst wurde zur Gerichtsverhandlung nicht zugezogen, da ich mich im
Arbeitslager befand.
Bericht Nr. 99
Mißhandlungen und Vergewaltigung einer
Frau
Berichterin: M. T. Bericht vom 19. 6. 1946 (Troppau)
Ich wurde am 19. 6. 45
von vier Partisanen in meiner Wohnung verprügelt. Ich mußte
mich über einen Stuhl legen, einer nahm meinen Kopf zwischen die Beine und ein anderer
prügelte mich mit seinem Lederkoppel. Nach mir wurde in der gleichen
Weise mein 66-jähriger Vater verprügelt. Nachher mußte ich die Partisanen
im
ganzen Hause, vom Keller bis zum Boden, herumführen. Am Speicher wurde ich von
ihnen
überfallen und vergewaltigt. Hierauf wurde ich und mein Vater ins Troppauer Lager
gebracht, ohne daß wir uns aus der Wohnung etwas mitnehmen durften.
Bericht Nr. 100
Beschlagnahme einer Familiengruft
Berichter: Wilhelm Loy Bericht vom 3. 8. 1945 (Troppau)
Ich war 13 Monate im Lager in
Troppau und wurde nach der Verhaftung und nach der
Einlieferung ins Lager schwer mißhandelt. Am Friedhof in Troppau besaß ich eine
Familiengruft, in der seit 10 Jahren meine erste Frau begraben lag. Im September 45 wurde, wie
ich im Oktober feststellte, meine Frau exhumiert und an einer anderen, unkenntlich gemachten
Stelle bestattet. In meiner Familiengruft wurde ein tschechischer Drechslermeister, Mitglied der
Familie Vrablik, begraben. Die deutsche Inschrift des Grabsteines wurde entfernt.
Bericht Nr. 101
Augenverletzung durch
Mißhandlungen
Berichter: Dr. Karl Prokop Bericht vom 21. 8. 1946 (Troppau)
Als Österreicher erhielt
ich vom Juni bis Oktober 1945 tschechische Lebensmittelkarten.
Am 2. 11. 45 wurde ich auf Grund einer Denunziation zu einem Nachverhör zur
Polizeistelle Teichgasse, Troppau, vorgeladen. Dort wurde mir gesagt, daß ich kein
Österreicher sei. Als ich widersprach, erhielt ich drei Ohrfeigen, daß ich einen Tag
lang ganz benommen war und Sehstörungen auftraten. Gleichzeitig wurde ich ins Lager
abgeführt, wo ich acht Monate festgehalten wurde, bis sich schließlich doch die
Haltlosigkeit der Denunziation herausstellte. Vom Lager aus wurde ich einem tschechischen
Augenarzt namens Dr. Steffek vorgeführt, der eine Netzhautentzündung und
Glaskörpertrübung feststellte. Er nahm mich in Behandlung, als ich ihm aber sieben
Wochen später auf seine Frage, seit wann ich das Leiden bemerkt hätte, antwortete,
"Am 2. 11. erhielt ich drei Ohrfeigen, nach denen die Sehstörungen aufgetreten sind",
lehnte er jede weitere Behandlung ab.
Bericht Nr. 102
Lager Schimrowitz, Mißhandlung nach
Entbindung
Berichterin: Maria Weißhuhn Bericht vom 21. 9. 1946 (Troppau)
Ich wurde am 15. 5. 45 mit
meinen drei kleinen Kindern, das Kleinste war 14 Tage alt, in das
Lager Schimrowitz bei Troppau eingeliefert und mußte, obwohl ich knapp nach der
Entbindung war, in der Papierfabrik die schmutzigsten und schwersten Männerarbeiten
verrichten. Immer bekam ich zu hören: Krepieren soll sie mit ihren deutschen Kindern. Es
wurde nicht gestattet, das Kind zu stillen. Ich mußte es mit Wasser und schwarzem Kaffee
nähren. Nach 8 Wochen wurde ich von dort entlassen. Im Lager war mir alles, was ich
für mich und die Kinder mitgebracht hatte, abgenommen worden. Auch meine Sachen zu
Hause waren vollständig geplündert worden. Das Aussiedlungsgepäck wurde
auch geplündert. Darunter war ein Sack mit Kleidern und Wäsche, der
Kinderwagen
mit den Windeln, der Nachttopf und andere Kindersachen, das gesamte Eßbesteck und
Eßgeschirr für vier Personen. Ich habe sofort bei der Gepäckkontrolle in
Bautsch bei der Gendarmerie und beim Aussiedlungskommissar, dann später beim
Bezirkshauptmann in Bärn und zum Schluß beim tschechischen Grenzoffizier in
Wiesau Einspruch erhoben, doch ohne jeden Erfolg. Der Aussiedlungskommissar war betrunken.
Als ich am nächsten Tag abermals bei ihm vorsprach, als er nicht betrunken war,
erklärte er, ich könne die Sachen nicht zurückbekommen, da er sie selbst
brauche. Es ist mir bekannt, daß seine Frau in den nächsten Tagen ein Kind
erwartete.
Mein Mann, Ing. Karl Weißhuhn, geb. 13. 3. 1902 in Innsbruck, wurde am 12. 5. 45
verhaftet und über Troppau und Ratibor nach Auschwitz gebracht. Alle meine
Bemühungen, etwas über ihn zu erfahren, waren erfolglos.
Dokumente zur Austreibung der Sudetendeutschen
Überlebende kommen zu Wort
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