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Seite 6 des tschechischen Originals.
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Die Mißgeburt
Es gibt keine treffendere Bezeichnung für die in Vorschlag gebrachte, in den
Geschäften emsig verbreitete Karte der "Tschechoslowakischen Republik".
Für einen Staat läßt sich einfach keine schlimmere Gestalt wählen.
Zwei fürchterliche Mängel haben wir an ihm auszusetzen: Die allzu
langgezogene (nudelartige) Gestalt und daß er mit seiner
Stützfläche
nur an dem einen Ende zusammenhängt. Von drei Längsseiten bleibt die
"Republik" vom Feinde umklammert.
Auf solche Weise wäre die Freiheit und die Zukunft der Nation nicht gesichert. Was die
Freiheit betrifft, so ist sie wenig wert, wenn man sie
nicht - auch auf sich allein gestellt - verteidigen kann.
Unseren Staatsmännern ist heute ihre Aufgabe sehr erleichtert. Unsere künftigen
Interessen sind identisch mit den propagierten Interessen der Welt, der Entente. Man muß
die Entente über die engeren, inneren Verhältnisse und Erfordernisse Mitteleuropas
gründlich aufklären. Man muß sie aufmerksam machen, wie Deutschland
und wir, die Neugebilde, einzurichten sind, wenn die Idee des Weltfriedens durchführbar
sein soll.
Verhältnisse und Umstände entscheiden. Der heutige Gesichtspunkt ist von dem
gestrigen zu unterscheiden, da wir noch unter der Karbatsche deutscher und magyarischer
Allmacht standen. Wir denken dabei hauptsächlich an die eingefleischte Furcht vor der
"deutschen Stimmenzahl". Für die bestandenen Verhältnisse typisch,
heute
aber ganz müßig ist die Furcht, wir könnten die annektierten "Deutschen
nicht
verdauen". Das gilt auch von der Entstehung der Karte des sogenannten "tschechoslowakischen"
Staates: ein Pappzeug, aus drei Teilen des Volkes einfach zusammengeklebt.
Seite 7 des tschechischen Originals.
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Mangel an Selbstvertrauen und ein Rest sklavischer Furcht um die goldene Freiheit verhindert
auch, daß im Konzert der freien Nationen entschieden erklärt wird, es werde keine
dauernde Freiheit der Nation geben, wenn nicht dem bisherigen Gewalttäter entrissen
wird, wessen er sich mit Gewalt bemächtigt hat, was seine Stärke
begründet, uns aber schwächt und was wir unerläßlich brauchen,
wenn wir unsere Aufgaben im Rahmen des Weltverbandes erfüllen wollen.
Ein Volk, das nicht Eigentümer seines Bodens ist, ist nicht befreit, weil seine
Abhängigkeit vom volksfremden Besitzer des Grundes und Bodens niemals aufhört.
Es befreit auch nicht, wer sich fürchtet, den Räuber aus dem geraubten Gute
hinauszujagen, und indem er, die Gefühle der Nachkommenschaft des Räubers
schonend, die Nachkommenschaft der rechtmäßigen Besitzer in Sklavendienste
zwingt.
Heute sind die Deutschen und die Magyaren geschlagen. Man muß das Werk der
Befreiung
rücksichtslos vollenden und an die Zukunft denken: Für immer ausrotten die Idee
der
Herrschaften und der Ritter. Die Deutschen stützten sich in allem auf ihr
zahlenmäßiges Übergewicht. Ein rein soldatischer Grundsatz, der Grundsatz
der Wölfe. Hier muß man den Hebel ansetzen: Das Deutschtum
zahlenmäßig schwächen! Ein Unrecht wird dadurch nicht begangen: Das
ganze deutsche Volk ist die Nachkommenschaft gewaltsam germanisierter Völker. Gallier
wie Slawen - alles wurde mit Gewalt eingedeutscht. Den Kern des Deutschtums,
Süddeutschland, entdeutschen zu wollen, hätte schon keinen Sinn mehr, das
nördliche Gebiet aber, Preußen, dann bei uns Österreich und unsere
Alpenländer dürfen nicht verschont bleiben. Wenn Gebiete
wie Elsaß-Lothringen, die Lausitz, Schlesien, Holstein usw. ihren
rechtmäßigen
Besitzern zurückgegeben werden, so wird dadurch dem Deutschtum die Eroberungssucht
genommen. Durch den Untergang Preußens werden auch die Deutschen von einem
Vampyr
befreit. Der politische Umsturz und der Umsturz der Machtverhältnisse in der Welt wird
auch die deutsche Standhaftigkeit umwerfen.
Schließlich ist bekannt, daß es kein national schlapperes Volk gibt als die
Deutschen.
Die Pflanze hat keine Wurzeln. Das preußische Deutschtum ist durchaus ein Produkt der
Neuzeit, stellenweise der allerneuesten Zeit. Der materielle Vorteil wird die Umwandlung der
deutschen Generationen beschleunigen. Die Befürchtungen wegen der Zahl der Deutschen
sind überflüssig. Auf die germanisierte Bevölkerung wird nicht mehr
bloß von unserer Seite allein eingewirkt werden.
Der in der Karte vorgeschlagene Staat ist auch vom geschichtlichen Standpunkt aus ein
Torso.
Die Bemühung der tschechischen Herrscher, Böhmen um die Lausitz und Schlesien
zu verbreitern, hatte stets einen militärpolitischen Beweggrund: eine breitere Basis zu
gewinnen und die Front gegen die wachsende deutsche Herrschaft zu vereinfachen.
Seite 8 des tschechischen Originals.
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Przemysl Ottokar II. hat zuerst die Notwendigkeit erläutert, sich auf das breite slawische
Hinterland, das mit der Idee der Festlandszone identisch ist, zu stützen. Welcher
Unterschied in der staatsmännischen Voraussicht: Seine damaligen Erläuterungen
und die heutige Zufriedenheit mit unserer elenden "Mißgeburt"! Eine Mißgeburt von
einem Ländergebiet, allzusehr in die Breite gezogen und mit einer nach Süden hin
durchwegs offenen Grenze! Es wird keine Schwierigkeit machen, die "Tschechoslowakische
Republik" - wie sie hier in der Karte veranschaulicht ist - zu überrumpeln, mit einem
Schlage zu zerdritteln und die drei Teile nach Belieben einzeln in Trümmer zu schlagen,
ehe sie auch nur imstande wären, sich zusammenzuschließen.
Die Ententekoalition stellt sich auf den Standpunkt der gemeinsamen Verteidigung des
Weltfriedens. Dieser Zweck wird nicht erreicht werden, wenn nicht die Grundlagen
geändert werden. Es wird verschuldet werden, daß das Unglück eines von
den
Ententemitgliedern, uns Tschechen,
Tschechisches Original a.d.J. 1918
Karte 1
(beide Abbildungen sind vergrößerbar - anclicken!)
Aus Nachdruck der deutschen Übersetzung vom Jahre 1922
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ereilt, ehe Verstärkungen zu Hilfe eilen. Die
schönen, vielversprechenden Losungsworte von der Freiheit würden sich als
für uns wertlos und verderblich erweisen.
Die in den Geschäften verkaufte Karte gesteht dem Deutschtum das Recht zu, uns auch in
Zukunft zu bedrohen. Sie "sanktioniert" die deutschen Keile zwischen den Staatsgebieten
der West-, Nord- und Südslawen. Sie erleichtert es dem Deutschtum, in der beliebten
Weise anzugreifen: durch Umklammerung. (Siehe die rote Fläche auf Beilage Nr. 1.)
Durch die habsburgische Politik, die sich um unsere Interessen nicht kümmerte, gingen
Schlesien und die beiden Lausitz im Norden verloren. Das Deutschtum keilte sich ein zwischen
uns und die südslawischen Brüder in den Alpenländern an der wichtigen
Donau, keilte sich mächtig auch ein zwischen uns und den polnischen Stamm im
Nordosten. Die tödliche Umklammerung erreichte ihren Höhepunkt durch die
Vereinigung Deutschlands mit Magyarien.
Der heutige Weltkrieg hat keinen Wert, wenn man die deutschen Keile im slawischen
Körper stecken läßt. Es würde der Triebstachel künftiger
Streitigkeiten und Kämpfe sein. Das Deutschtum wird verläßliche
Grundlagen
haben, um in der heute unterbrochenen Eroberung fortzufahren. Viel zu breite Schichten der
Welt
sind heute beteiligt und man kann nicht voraussetzen, daß sie alle
gleichmäßig
bis in die Einzelheiten unserer Frage eingeweiht und dafür interessiert seien. Es ist daher
nötig, sie einzuweihen und aufzuklären. Es gibt keine absolut
verläßlichen Bürgschaften dafür, daß künftige
Geschlechter
mit all dem einverstanden sein werden, was das heutige (Geschlecht) beschließt. Darum ist
es notwendig, wenigstens sachlich die Angelegenheiten so zu ordnen, daß an den
Grundlagen nichts mehr geändert werden kann. Die Grundlagen müssen mit
Überlegung so festgelegt werden, daß auch nicht die Lust anwandelt, sie zu
ändern.
Seite 9 des tschechischen Originals.
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Man muß starke, selbständige nichtdeutsche Staaten errichten, sie stark
ausrüsten und ihnen Zeit garantieren, damit sie Wurzel fassen können. Man
muß auf ein Menschenalter hinaus nach Deutschland
starke Garantie-Besatzungen legen, zusammengesetzt aus allen Ententenationen, die Jahr
für Jahr abgelöst werden. Wann findet sich denn wieder einmal eine solche
Solidarität der ganzen Welt! Ein solches geradezu begeistertes Lustverlangen "zu
befreien"
und gerade von den Deutschen! Man muß auch in den befreiten Gegenden den Befreiten
ihre ursprüngliche Muttersprache zurückgeben.
Wir meinen damit nicht, daß der jetzigen Generation ihre Sprache geraubt werden soll,
aber
man muß von langer Hand, für die Zukunft schon jetzt
durch Schul- und politische Erziehung zielbewußt darauf hinarbeiten.
Mit Zähnen und Nägeln müssen wir uns aber dagegen wehren, daß das
unglückliche Gebilde der tschechoslowakischen Republik, wie es heute abgebildet wird,
durch die Friedenskonferenz etwa dauernd sanktioniert werde!
Einwendungen, die an den einstigen "rücksichtsvollen" Sklaven gemahnen,
dürfen nicht die Überzeugnung der ganzen Nation und der Entente werden.
Wenn schon soviel Blut geflossen und soviel Vermögen vernichtet worden ist, so soll es
auch für die Freiheit jener Teile geschehen sein, die sonst ewiger Knechtschaft
anheimfallen
und unvermeindlich - früher oder später - die Ursache neuer Kämpfe werden
müßten. Warum also jetzt, wo das Deutschtum wirklich katastrophal geschlagen,
der
Krieg noch nicht beendet und das letzte Wort noch nicht gesprochen ist, warum jetzt nicht
gleichzeitig auch der rechtswidrigen deutschen Eitelkeit und Prahlerei mit ihrer
ziffernmäßigen Stärke ein Ende bereiten, da ja diese Stärke auf den
Elementen fremder,
nichtdeutscher Volks- und Stammeszugehörigkeit beruht? Weshalb nicht gleich jetzt das
Übel an dieser Wurzel packen, da es doch schon keine größeren Opfer mehr
kosten würde?
Ein relativ dauernder Friede läßt sich nur durch die dauernde Befreiung der Friesen,
Dänen, der baltischen Pommern im Norden, unserer Lausitzer, dann unserer und der
polnischen Schlesier, der Serben von Meißen und Sajda, der
Arberbewohner jenseits des Böhmerwaldes und des tschechischen und slowenischen
Stammes in Österreich, den Alpenländern, an der wichtigen mittleren
Donau sichern. Dasselbe gilt von den Angehörigen der durch das Magyarentum
unterjochten und magyarisierten Völker.
Aus den so verstärkten Neugebilden wird der Entente keinerlei Gefahr erwachsen. Keine
einzige von den so befreiten Nationen wird imstande sein, jemals eine von den
Großmächten zu bedrohen. Wie werden sie im Gegenteil das Interesse der
Gesamtheit, den allgemeinen Weltfrieden durch ihr Erstarken fördern!
Seite 10 des tschechischen Originals.
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Dann erst, wenn jeder der auf dem Gebiete des ehemaligen Deutschland errichteten
Pufferstaaten selbst gehörig gekräftigt, ausgerüstet und gesichert
sein wird, wird er auch ein taugliches Mitglied des Ganzen werden. Nur, wenn die Welt durch
solche Pufferstaaten beschirmt ist, wird sie sich der friedlichen Weiterentwicklung widmen
können.
Pufferstaaten müssen sein, wenn auch zwischen den Weltmächten Ruhe
herrschen soll. Auch die großen Weltblocks der Weltkoalition müssen rechtzeitig
Vorsorge treffen, daß die stets gefährlichen "Reibungsflächen" zwischen den
Großmächten beseitigt werden.
Eine solche "Mißgeburt", wie sie durch die bereits erwähnte Karte veranschaulicht
wird, wäre aber nicht einmal ein tauglicher "Pufferstaat".
Unser Staat und der Weltfrieden
Nás stát a svetový mír
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