vor und nach dem Kriege 3. Kamerun a. Erwerbung, Erforschung Mit der Hissung der deutschen Flagge in Duala an der Mündung des Kamerunflusses am 14. Juli 1884 durch den berühmten Afrikaforscher Dr. Gustav Nachtigal sicherte Deutschland seinen politischen Einfluß in einem Gebiet, an dessen Küste der deutsche Kaufmann seit vielen Jahren als Wirtschaftspionier wirkte, während in seinem Inneren bedeutende Forscher gereist waren wie Barth, Rohlfs, [112] Nachtigal, Flegel. Es war das Verdienst Adolph Woermanns, die Aufmerksamkeit Bismarcks auf die Biafrabucht zu lenken, die damals noch nicht von den Großmächten besetzt war, wenn auch deutsche, englische und französische Interessen hart aneinanderstießen, und vor allem die Engländer sehr rührig waren, ihrem Einfluß durch Verträge politischen Rückhalt zu verschaffen. Nur wenige Tage nach Dr. Nachtigal, der als kaiserlicher Generalkonsul durch Verträge die deutsche Oberhoheit sicherte, trat der englische Konsul auf. Zu spät! Weitere Flaggenhissungen an der Küste folgten. Nachdem der Widerstand der Dualaneger an der Küste gebrochen war, die ihr Handelsmonopol für den Verkehr mit dem Inneren bedroht sahen, wurde der deutsche Einfluß auch ins Innere ausgedehnt, wenn auch die Grenzfestlegungen erst nach langen diplomatischen Verhandlungen möglich waren. Die ersten 20 Jahre der Geschichte Kameruns sind erfüllt von Reisen und Expeditionen im Urwald und auf der Savanne. Die Hauptschwierigkeit lag in der Herstellung einer sicheren Verbindung von der Küste zum Binnenland und der Durchquerung und Befriedung des Urwaldgürtels, bei der Feindseligkeit der Eingeborenen, dem tropischen Klima und den großen Entfernungen ein mühevolles Unternehmen, das viele Opfer gefordert hat. Hier haben sich Offiziere und Reisende wie Kund, Tappenbeck, Weißenborn, v. Morgen, Zintgraff, v. Ramsay, Strümpell und Dominik einen Namen gemacht. Besonderen Widerstand leisteten die mohammedanischen Herrscher im NW, vor allem in Adamaua. Infolge des langsamen Vordringens der Deutschen gelang es Franzosen und Engländern, ihre Stellung im Tschadseegebiet so zu erweitern, daß unsere Kolonie eine ungünstige Grenzgestaltung erfuhr. So blieb das erstrebte Nola in englischer Hand, und erst das Marokkoabkommen von 1911 brachte im N Grenzverbesserungen, wie es auch die Grenzen der Kolonie im O und S weit vorschob und damit ihre Fläche nicht unwesentlich vergrößerte. Auch im sogenannten "Neukamerun" wurde, wie im übrigen Lande, die deutsche Herrschaft durch Anlegung von Militärstationen gesichert. Gleichzeitig mit der Erschließung setzte die Erforschung des Landes ein, und viele Expeditionen wurden von Wissenschaftlern begleitet, während nach und nach reine Forschungsreisen auf den verschiedensten Gebieten durchgeführt wurden. Zu nennen sind außer den oben Erwähnten insbesondere Passarge, Hassert, Thorbecke, Guillemain.
[113] Kamerun, zwischen 1° und 13° nördlicher Breite, ist ein ausgesprochenes Tropenland, das infolge seiner Lage am inneren Winkel des Guineagolfes eine vorteilhafte Weltlage aufweist. Diese Lage bringt es mit sich, daß seine Grenzen, die nur politischen Erwägungen ihren Verlauf verdanken, vom Golf von Guinea in der Kolonie weit auseinander laufen und ihr einen fast dreieckigen Umriß geben. Kamerun umfaßte bis 1911 eine Fläche von 520 000 qkm (Altkamerun), wurde in diesem Jahre durch Gebietsabtretungen Frankreichs im O und S (Neukamerun) um 270 000 qkm auf 790 000 qkm erweitert und gewann in zwei Zipfeln Zugang zum schiffbaren Ubangi und Kongo. Es grenzte im W an Britisch-Nigeria und wurde im O und S von Französisch-Äquatorialafrika umschlossen, doch bildete seit 1911 die spanische Kolonie Rio-Muni am Guineagolf eine Enklave im deutschen Gebiet. Nach der Natur des Landes läßt sich das Schutzgebiet in drei Großlandschaften gliedern: das Küstenvorland, aus dem der vulkanische Kamerunberg aufragt, das weitausgedehnte Kameruner Hochland und im N die Tschadseeniederung. Die 320 km lange Küste Kameruns ist eine von Mangroven umsäumte, ungesunde Schwemmlandflachküste. In ihrem südlichen Drittel von ziemlich geschlossener Strandlinie (Hafenplatz Kribi), ist sie im restlichen Teil durch zahlreiche tiefgreifende Buchten und Mündungsarme kleinerer und größerer Flüsse (Creeks) gegliedert. Besondere Bedeutung haben das den Kamerunberg einschließende Ästuar des Rio del Rey und die vielfach gebuchtete Kamerunmündung, die Haupteingangspforte des Seeverkehrs mit dem Hafen Duala. Etwas weiter westlich liegt Victoria zu Füßen des Kamerungebirges, das sich aus der Ebene unvermittelt zu mehr als 4000 m Höhe erhebt und gelegentlich eine Schneehaube trägt. Das Kamerungebirge, das Wahrzeichen Westafrikas, liegt auf einer Störungslinie, die sich nordost-südwestlich durch die Bucht von Biafra, den innersten Teil des Guineagolfes hindurchzieht und durch die vulkanischen Inseln Fernando Po und San Thomé, sowie das Manengubagebirge bezeichnet wird. Das Küstenland, im S von geringer Ausdehnung, nimmt im N bis 250 km Breite zu. Es stößt im O an Hochland von Innerkamerun, der am weitesten nach NW vorgeschobenen Bastion des großen südafrikanischen Hochlanddreiecks zu dem ein langsamer Anstieg von 600 m im S, ein stufenförmiger von 800 bis 1000 m im N hinaufführt. Im S zieht sich das Plateau als [114] flachwellige Hochfläche von 600–800 m Höhe bis an den Rand des Kongobeckens hin, durch den Dscha-Ngoko und Ssanga und ihre Nebenflüsse nach SO und S entwässert. Der nördliche höher gelegene Teil (1200–1500 m) ist stärker gegliedert und im Manengubahochland mit Bergspitzen von 3000 m gekrönt. Aus den nördlich und südlich zur Benueniederung (200 m) abbrechenden Rumpfflächen erheben sich die steil aufragenden Granitinselberge Adamauas und des Mandaragebirges. Allmählich senkt sich die Rumpffläche zur Tschadsee-Ebene. Kamerun hat auch Anteil am Tschadsee, einem flachen, von morastigen Ufern umsäumten abflußlosen Süßwasserbecken. Es bedeckt etwa 10 000 qkm in der Trockenzeit, bei Hochwasser die doppelte Fläche, die Ufer weithin überschwemmend. Zum Einzugsgebiet des Tschadsees gehören u. a. der Logone und der Schari an der NO-Grenze der Kolonie. Weitere größere Flüsse, wie der Benue, der zum Nigersystem gehört, und der Ubangi, der zum Kongo entwässert, sind nur beschränkt schiffbar, und münden außerhalb der Grenzen der Kolonie. Der Ssanga mündet auf Kameruner Gebiet in den Kongo; er ist ein bequemer Zugang für den SO. Einige größere Flüsse verlaufen ganz auf dem Boden der Kolonie, wie der Campo Ngong, der Sanaga und der Wuri. Die Höhengestaltung bringt es jedoch mit sich, daß die Flüsse, auf dem Hochland entspringend, in zahlreichen Wasserfällen und Schnellen, den Höhenunterschied zum Meeresspiegel überwinden. Die Lage dieser Schnellen, die dem Rande des Gebirges entsprechend nach N landeinwärts rücken, bestimmt die Länge der schiffbaren Strecken. So ist der Campo nur 30 km für Motorschiffe benutzbar, der Ngong 60 km, der Wuri 70 km bis Jabassi, der Sanaga 70 km bis zu den Edeafällen. Der Ngong wird außerdem oberhalb des Steilrandes in seinem Oberlauf auch auf mehr als 200 km von Kanus benutzt. Beim Klima machen sich deutlich Breitenlage und Höhengliederung bemerkbar, so daß drei Klimabezirke zu unterscheiden sind: das regenreiche Küstentiefland, das Hochland und das Tschadseetiefland. Das Pflanzenkleid ist diesen Verhältnissen angepaßt, und als Urwald, Parksavanne und Steppe ausgebildet. Die Temperaturen liegen im ganzen Gebiet um 25° und weisen nur in den hochaufragenden Gebirgen und in den nördlichsten Landstrichen bedeutende Schwankungen auf. Entscheidend für das Klima sind die Regenver- [115] hältnisse. Die Niederschläge fallen der niedrigen Breite gemäß in 2 Regenzeiten, die durch 2 Trockenzeiten unterbrochen werden. Im S, nördlich des Ngong, rücken die Regenperioden stärker zusammen und die Länge der Trockenzeiten nimmt nach N zu. Die Regenhöhe selbst dagegen vermindert sich von W nach O, da an der Küste der SW-Monsun als Regenspender wirkt. Und zwar weisen die Hänge des Kamerunberges mit 10 m jährlich die zweithöchste Regenmenge der Erde auf. Das Küstengebiet verfügt im ganzen über wenigstens 3 m Niederschlag im Jahr. Was dieses Klima für Europäer ganz besonders unerträglich macht, ist die Treibhausschwüle; beträgt doch die Luftfeuchtigkeit bei 25° Wärme selten unter 80%. Die Küstenzone ist von düsterem tropischem Urwald bedeckt, der eine fast undurchdringliche Sperre bildet. Er ist aber nicht auf diese Zone beschränkt, sondern nimmt auch den S des Hochlandes südlich des Ngong ein und stößt sogar im feuchten Quellgebiet des Sanaga noch weit nach N vor. Das Hochland hat durch seine Höhenlage etwas größere Temperaturschwankungen, nächtlichen Taufall, ja sogar verderblichen Hagelschlag. Es weist eine in der Mitte und im N allmählich spärlicher werdende Parksavanne und Grasland mit Galeriewäldern auf, während der S, wie erwähnt, ein dichtes Waldkleid trägt. Die Tschadseeländer sind durch den stark ausgeprägten Wechsel von Regenzeit und Trockenzeit gekennzeichnet. Trockensteppen bedecken das Land, das trotz des spärlichen und unregelmäßigen Regenfalls sehr fruchtbar ist. In der Tierwelt ist ebenfalls ein deutlicher Unterschied festzustellen zwischen dem Regenwaldgebiet, das Klettertiere wie Affen und Faultiere, sowie eine reiche Vogelwelt beherbergt, und den Savannen und Steppen, die reich sind an Leoparden, Dickhäutern, Huftieren. Die Flüsse sind von Alligatoren und Flußpferden belebt. Doch ist Kamerun im ganzen nicht mehr so reich an Jagdtieren wie Deutsch-Ostafrika. Kamerun wies nach den letzten Vorkriegsschätzungen etwa 3½ Mill. Einwohner auf, davon etwa 2,6 Mill. in Altkamerun, und war damit die zweitvolkreichste deutsche Kolonie. Die Bevölkerung ist über das weite Gebiet recht ungleich verteilt, doch ist im ganzen eine Abnahme nach O und SO festzustellen. Die größte Dichte zeigen das Hinterland der Häfen Victoria und Duala, die südwestlichen und mittleren Hochlandbezirke (über 10), sowie die Tschadseeländer (fast 20 Menschen je qkm). Große Teile des Hochlandes [116] haben in Steppe und Urwald Dichten unter 5, ja, das Urwaldgebiet kann auf weiten Strecken als völlig menschenleer gelten. Ebensowenig wie Kamerun eine geographische Einheit darstellt, ist seine Bevölkerung von einheitlicher Herkunft, Rasse oder Sprache. Eine Völkerkarte des Landes zeigt vielmehr ein buntes Gemisch, das vorwiegend zu den afrikanischen Völker- und Sprachgruppen gehört, die sich hier berühren und durchdringen. Der Urwaldgürtel einschließlich der Küste ist von Bantunegern bewohnt, die als Waldbewohner keine hohe Kulturstufe erreicht haben. Sie betreiben Hackbau und Fischfang. Als bekannte Bantustämme in Kamerun sind zu nennen die Duala, die durch die Schwierigkeiten, die sie der deutschen Herrschaft bereiteten, bekannt geworden sind, und die Bimbia und Babwiri. An Zahl stehen sie weit hinter anderen Volksstämmen zurück, wie den Pangwe oder Fang in Südkamerun. Die Grenze zwischen Wald und Grasland ist im allgemeinen auch die Grenze zwischen Bantu und Sudannegern. Die Sudaner sind in zahlreichen Stämmen vertreten, wie Baja, Lakka, Musgum und Bamum. Sie bilden vielfach unter einem Stammesoberhaupt organisierte Einheiten und stehen im allgemeinen auf einer höheren Kulturstufe als ihre südlichen Nachbarn. Einen interessanten Bestandteil der Bevölkerung bildeten die Baguelli. Zahlenmäßig spielten sie mit ihren wenigen 1000 Köpfen keine Rolle, doch stellen sie wohl den Rest der Ureinwohner des Landes dar, die mit den Zwergvölkern des Kongourwaldes verwandt sein dürften. Als vierte Gruppe treten die Einwanderer aus dem N dazu, die unter sich und mit der ansässigen Bevölkerung viele Mischungen eingegangen sind. Unterscheiden lassen sich Semiten, Hamiten und Hamitoiden. Zu den Semiten gehört das Hirtenvolk der Schoa-Araber südlich des Tschadsees. Hamitisch-berberisches Blut weisen die Haussa auf, die eine nur durch die Sprache einheitliche Bevölkerung darstellen. Sie wanderten bereits im 11. Jahrhundert in ihre heutigen Wohngebiete ein und sind meist Mohammedaner. Sie sind bekannt im ganzen Sudan als Händler und Handwerker und sind überall in Haussakolonien vertreten. Ihr politisches Geschick erwiesen sie durch große Staatsgründungen, die erst im Beginn des 19. Jahrhunderts durch die Fulbe zerstört wurden. Die Fulbe oder Fullah sind, abweichend von der übrigen Bevölkerung, von heller Hautfarbe. Sie drangen als friedliche Hirten in die Haussastaaten ein, deren sie sich endlich nach einem blutigen Aufstand bemächtigten; ihre Hauptwaffe war ihr Reiterheer. [117] Sie sind gleichfalls Mohammedaner. Auf Kameruner Boden besteht noch heute das Reich Adamaua, das beschränkte Selbstverwaltung besitzt. Die Fulbefürsten geboten jedoch ebensowenig wie früher die Haussa über das ganze Gebiet. Vielmehr saßen überall zahlreiche Sudanstämme, die ihre Freiheit gegenüber den mohammedanischen Bedrückern nur durch Rückzug in unzugängliche Gebirge zu erhalten vermochten. Das Haupt der politischen Organisation war der Fürst von Nola (Nigerien), der als Lehnsherr mehrere Reiche beherrschte und seinerseits wieder dem Emir von Sokoto unterstand. Die Einrichtung des Staates selbst hat starke Anklänge an unseren mittelalterlichen Lehnsstaat. Die Wirtschaft der Fulbe beruhte auf Sklavenarbeit und Sklavenhandel, die die deutsche Regierung natürlich unterdrückte. Das führte zu Streitigkeiten mit den Lamidos, den Provinzialfürsten, die sich zu einem jedoch bald niedergeschlagenen Aufstand zuspitzten (1907). Die weiße Bevölkerung ist von Anfang an gering gewesen, da sie sich stets aus sich vorübergehend aufhaltenden Kaufleuten, Missionaren, Beamten und Schutztruppenangehörigen zusammensetzte. Die Zahl der Frauen war sehr gering. Für eine Daueransiedlung bietet Kamerun, abgesehen von den Höhengebieten im Innern, keine günstigen Voraussetzungen. Die weiße Bevölkerung zählte 1901: 548, 1907: 1010, 1913: 1871. Davon waren 1525 Deutsche, darunter etwa 400 im öffentlichen Dienst. Nach Überwindung der ersten Schwierigkeiten der Erschließung zeigte sich bald im Handel Kameruns ein rascher Aufschwung, der bewies, daß das Land die besten Voraussetzungen für eine reichhaltige wirtschaftliche Produktion besaß. Aber gleichzeitig zeigte sich auch, in wie hohem Maße die Ausnutzung der vielen Möglichkeiten eine Verkehrs- und Arbeiterfrage war. Und so ist das erfreuliche Ansteigen des Handelsumsatzes in den letzten Vorkriegsjahren nicht zuletzt auf die reichlich spät ausgeführten Bahnbauten zurückzuführen. Wie es dem Entwicklungsstande der Kolonie entsprach, überwog die Einfuhr die Ausfuhr. Gesamthandel 1903: 17,2 Mill. M.; 1909: 33,1 Mill. M.; 1911: 50,5 Mill. M.; 1912: 57,5 Mill. M.; 1913: 63,7 Mill. M. (einschließlich Neukamerun). Die Haupteinfuhrartikel waren Webwaren, Eisenwaren, Lebensmittel, Getränke, Salz, Gebrauchsartikel und Waffen. In der Ausfuhr spielten die von den Eingeborenen gewonnenen Wild- und [118] Sammelprodukte wie Kautschuk, Palmkerne, Palmöl, Elfenbein zunächst die Hauptrolle. Jedoch entwickelte sich die Kakaokultur derart, daß in den letzten Jahren der Kakao an die dritte Stelle rückte. Der Kameruner Handel ging zu etwa ¾ nach Deutschland, während den Rest fast ganz England in der Hand hatte. Neben dem Überseehandel nahm mit dem Wachsen des Binnenverkehrsnetzes und der zunehmenden Sicherheit auch der Binnenhandel stark zu und äußerte sich z. B. in einer wachsenden Viehzufuhr aus den Savannengebieten nach den Urwaldbezirken, wo die Bevölkerung durch die Kautschukproduktion auch für Vieh ein kaufkräftiger Abnehmer wurde. Der Eingeborenenproduktion entstammte das wichtigste Ausfuhrgut, der Kautschuk, der, von verschwindenden Mengen abgesehen, aus wilden Beständen gewonnen wurde. Der Urwald des S ist reich an kautschukliefernden Gewächsen, besonders dem Kautschukbaum Kickxia oder Funtumia elastica und der Kautschukliane Landolphia. Infolge des rücksichtslosen Raubbaus der Eingeborenen mußten immer entferntere Teile des Schutzgebietes zur Produktion herangezogen werden, so daß schließlich an 50 000 Träger im Kautschukhandel tätig waren. Dieser Karawanenverkehr hat infolge mancher Unzuträglichkeiten dem Lande keinen reinen Segen gebracht. Die durch den erwähnten Raubbau hervorgerufene Verlagerung der Produktionsgebiete zeigt sich deutlich darin, daß die anfänglich wichtigsten Ausfuhrhäfen Duala und Victoria nach wenigen Jahren von Kribi weit überflügelt wurden. Die Kautschukausfuhr stieg von 700 t 1903 im Werte von 2,2 Mill. M. auf 3000 t 1913 im Werte von 12,1 Mill. M. Während der hochwertige Kautschuk selbst aus den abgelegensten Gebieten zur Ausfuhr gelangte, kam nur ein bescheidener Teil der möglichen Ausbeute der Ölfrüchte in den Ausfuhrhandel; bedarf doch die Ölpalme, die halbwild im Regenwald weit verbreitet ist, zur rationellen Ausnutzung wegen des verhältnismäßig geringen Handelswertes ihrer Früchte besonders billiger Transportwege. Leider standen diese nicht in dem wünschenswerten Maße zur Verfügung. Zu beachten ist ferner, daß der Ölbedarf der Bevölkerung selbst natürlich auch gedeckt werden mußte. Die Ölpalmprodukte, d. h. das Palmöl und die Palmkerne lieferten daher die küstennahen Bezirke. Bei einer rationelleren Ölgewinnung und der Verwendung maschineller Anlagen wäre auch damals schon eine [119] wesentlich höhere Produktion zu erzielen gewesen. Die Entwicklung läßt wiederum die Zahlenreihe erkennen: Palmkerne 1905: 1,6 Mill. M.; 1909: 2,6 Mill. M.; 1911: 4,1 Mill. M.; 1912: 4,4 Mill. M; 1913: 6,2 Mill. M. und Palmöl 1905: 0,79 Mill. M; 1909: 1,1 Mill. M.; 1911: 1,4 Mill. M.; 1912: 1,6 Mill. M.; 1913: 1,9 Mill. M. Im Gebiet am Kamerunberg, wo sich die meisten europäischen Plantagen befanden, wurde auch der Versuch gemacht, die Eingeborenen zur selbständigen Kakaoproduktion heranzuziehen, was nach anfänglichen Mißerfolgen gelang; doch war vor dem Kriege die Menge und Anbaufläche des hier gewonnenen Kakaos ganz gering, wenn auch im Steigen begriffen. Die Anbaufläche der großen europäischen Pflanzungen betrug etwa 13 000 ha, die Kakaokulturfläche der Eingeborenen etwa 2000 ha. Während die bisher behandelten Produkte der Urwaldzone entstammen, trug das Grasland des N zur Überseeausfuhr so gut wie nichts bei, wenn auch eine kleine Ausfuhr von Vieh und tierischen Produkten über die Landesgrenzen zu verzeichnen war. Eine Hoffnung auf die weitere Erschließung setzte man auf die Eisenbahnen, deren Fertigstellung Kamerun weder in deutscher Zeit noch bisher als Mandatsgebiet erlebt hat. Auch die Baumwollerzeugung in den Savannenländern, auf die man in Deutschland große Hoffnung setzte, hätte nur bei rentablen Transportwegen erfolgreich ausgestaltet werden können. Die von den Eingeborenen angebauten Sorten waren für den Export nicht geeignet.
Die Tätigkeit der europäischen Firmen in Kamerun erstreckte sich sowohl auf Handel als auf Plantagenbau, wobei die Zahl der im Handel Tätigen die der Pflanzer noch weit überwog. Der Handel hatte früher den Charakter des Tauschverkehrs, wurde dann aber immer mehr durch Geldhandel abgelöst. Der Sperrhandel der Dualaneger an der Küste ist zum Nutzen der Bevölkerung beseitigt worden und die europäischen Firmen haben ihre Faktoreien weit ins Grasland vorgeschoben. Das zweite wichtige Feld für europäische Unternehmungen sind die Plantagen, die sich zumeist in der urwaldreichen Küstenzone befinden und ihre stärkste Verbreitung um den Kamerunberg haben. Anfang 1912 bestanden 52 Pflanzungen mit 150 europäischen Angestellten und etwa 13–15 000 farbigen Arbeitern. Die Gesamtfläche des Plantagenlandes betrug etwa 100 000 ha, davon [120] über ⅕ bebaut; mehr als die Hälfte der Anbaufläche (13 000 ha) bedeckte die Kakaokultur, dann folgten Kautschukgewächse (Kickxia und Hevea), Ölpalmen und verschiedene andere Nutzpflanzen, die zum Teil erst versuchsweise eingeführt wurden, wie Tee und Tabak. Da Mischpflanzungen häufig waren, können die angegebenen Zahlen nur einen Anhalt geben. Die Kakaoplantagen lieferten ein gleichmäßiges Produkt, den sogenannten Kamerunkakao, welcher eine gute Mittelsorte darstellt und sich eines regen Absatzes erfreuen konnte. Die Erzeugung nahm einen raschen Aufschwung, wie aus den folgenden Zahlen hervorgeht: 1889: 0,25 t; 1897: 169 t; 1900: 260 t; 1905: 1410 t; 1908: 2450 t; 1913: 5260 t. Damit stand Kamerun an der Spitze aller deutschen Kakao liefernden Kolonien und besaß dabei noch weitere für den Anbau geeignete Flächen. Die übrigen Pflanzungsgewächse standen demgegenüber weit zurück. Die Kautschukpflanzungen sind zudem in den Niedergang der afrikanischen Kautschukproduktion, den die Konkurrenz Ostasiens hervorrief, mit einbezogen worden und haben demzufolge überhaupt keine rentable Nutzung erfahren. Die Arbeiterverhältnisse in der Kolonie waren nicht ungünstig. Wie erwähnt, waren in den Pflanzungen etwa 13–15 000 Mann tätig, die durch freien Kontrakt geworben wurden. Regierungsaufsicht sorgte für die Innehaltung der vorgeschriebenen Arbeitsordnungen. Fast ebensoviel Leute wurden von der Regierung im Straßen- und Eisenbahnbau beschäftigt, so daß einschließlich der Träger etwa 75–80 000 Arbeitskräfte mittelbar oder unmittelbar in der Produktion tätig waren. Die brauchbarsten und intelligentesten Arbeiter stellten die Jaunde und Buli, während die im Grasland beheimateten tüchtigen Sudanneger zumeist das Klima der Küstenzone nicht vertragen konnten. Die Förderung der landwirtschaftlichen Erzeugung haben sich das Gouvernement sowie das kolonialwirtschaftliche Komitee angelegen sein lassen. Den Regierungsstationen waren Versuchsgärten angegliedert, die die Erweiterung der Eingeborenenkulturen fördern sollten. Ein botanischer Garten samt Versuchsstation befand sich in Victoria am Kamerunberg, dessen Leitung viele Jahre in der bewährten Hand von Professor Preuß lag. Es ist mehrfach auf die Verkehrsschwierigkeiten Kameruns hingewiesen worden, die erst durch Bahnbauten zu beheben waren. [121] Die Ausführung der endlich geplanten Bauten hat lange auf sich warten lassen. 1910 wurde die erste Teilstrecke der Nordbahn (160 km) eröffnet (seit 1906 im Bau), die Duala mit den Manengubabergen verbindet. Diese Bahn in 1-m-Spur, deren Fortführung nach N geplant war, stellte die erste politisch wichtige, zuverlässige Verbindung nach dem Grasland her. Seit 1908 wurde der Bau der ebenfalls von Duala ausgehenden Mittellandbahn in Angriff genommen, die die Küste über Edea-Jaunde mit dem Hinterlande verknüpfen sollte, und von der etwa 170 km in Betrieb waren. Außerdem gab es im Pflanzungsgebiet am Kamerunberg eine Schmalspur-Privatbahn von 43 km Länge. Zur Ergänzung dieses immer noch bescheidenen Streckennetzes bestanden eine Reihe von wichtigen Straßen, von denen mehr als 300 km im Hinterland von Kribi bereits für Kraftwagen befahrbar waren. Der Schiffsverkehr spielte sich vor allem in den Häfen Duala, Victoria, Tiko und Kribi ab, von denen Duala am besten ausgestattet war und den stärksten Verkehr aufwies. Die Tonnage der ein- und auslaufenden Schiffe, von denen ⅗ unter deutscher Flagge fuhren, stieg auf 1 730 000 Reg.-Tonnen (604 Fahrzeuge). An der Spitze der Verwaltung stand der kaiserliche Gouverneur mit dem Amtssitz in Duala, später in dem klimatisch günstigeren Buea. Gouverneur war 1885–1890 Graf Soden, 1895–1906 v. Puttkamer, 1907–1910 Dr. Seitz, 1910–1911 Dr. Gleim, 1912 bis Kriegsende Ebermaier. Die Verwaltungseinheit war das Bezirksamt, weniger wichtige bezeichnet man als Stationen. Ein Teil der Bezirke war noch nicht in die Zivilverwaltung überführt, sondern unterstand den örtlich zuständigen Schutztruppenoffizieren. Das galt insbesondere auch für die seit 1912 unter deutsche Oberhoheit übernommenen Bezirke in Neukamerun. In den mohammedanischen Staaten des NW und N wurde die bestehende Selbstverwaltung weitgehend beibehalten, den Herrschern (Lamidos) jedoch ein Resident, meist ein höherer Offizier, zugewiesen. Residenturen bestanden in Mora, Garua, Ngaundere und Bamum. Dem militärischen Schutze diente eine farbige Schutztruppe von 12 Kompanien mit 1650 Mann unter weißen Offizieren. Daneben bestand eine Polizeitruppe in dem Gebiet der Zivilverwaltung von etwas geringerer Kopfzahl.
[122] In dem Maße wie der deutsche Einfluß sich im Lande verbreitete, hielten auch deutsche Schutztruppen- und Regierungsärzte ihren Einzug in den fieberschwangeren tropischen Urwald Kameruns, in dem leider fast alle bösen tropischen Krankheiten vorkommen, wie Malaria, Pocken, Rückfallfieber, Ruhr, Hakenwurmkrankheit und vielleicht als verheerendste die Schlafkrankheit. Die Aufgaben, vor denen die Ärzte (1912: 40) standen, schienen unbezwingbar, und doch hat zähe Ausdauer, gestützt auf vorbildliche Ausbildung und reiche wissenschaftliche Praxis einzigartige Erfolge in der Bekämpfung der tropischen Volkskrankheiten erreicht. Noch war es nicht gelungen, die erst spät entdeckten Schlafkrankheitsherde zu beseitigen, wohl aber weitgehend zu isolieren. Fast die Hälfte des ärztlichen Personals widmete sich völlig oder nebenher der Ausrottung dieser gefährlichen Krankheit, von der einige Landesteile verseucht waren, besonders der Südosten. Neben dem Sanitätsdienst nahm die Krankenbehandlung die Ärzte voll in Anspruch. Für Europäer standen mehrere große Krankenhäuser zur Verfügung, und Eingeborenenhospitäler fanden sich über die Kolonie in größerer Zahl verteilt. War die ärztliche Tätigkeit zunächst durch das Mißtrauen der Bevölkerung auch erschwert, so zeigte sich doch bald ein derartiger Andrang von Kranken, daß die Zahl der Ärzte und des Hilfspersonals den Ansprüchen kaum zu genügen vermochte, und eine Vermehrung der Krankenstationen nötig wurde. Besondere Aufmerksamkeit widmete auch das Gouvernement den sanitären Verhältnissen der Pflanzungsarbeiter. Regelmäßige ärztliche Untersuchungen bezweckten die Gesunderhaltung der Arbeiter, über deren Unterbringung, Verpflegung und Behandlung strenge Vorschriften bestanden; auch die Anwerbung und Verpflichtung stand unter Aufsicht von Regierungsorganen. Nur einige der Männer mögen schließlich erwähnt sein, die als Tropenärzte in Kamerun erfolgreich gewirkt haben: Ziemann, Werner, Plehn und Kuhn. Eine nennenswerte Missionstätigkeit in Kamerun ist erst nach der Besitzergreifung durch das Deutsche Reich zu verzeichnen. Seit 1886 wirkte die protestantische Baseler Mission im Lande, die erfolgreich tätig war und 89 Missionare bei Kriegsausbruch zählte. Weiter gab es eine Deutsche Baptisten-Mission mit 40 Missionsangehörigen sowie im Süden der Kolonie die Presbyterianische [123] Mission, eine früher im französischen Kongogebiet tätige amerikanische Gesellschaft von bedeutendem Wirkungsfeld. Im ganzen wies Kamerun 28 evangelische Hauptstationen mit 136 europäischen Arbeitern auf. Das umfangreichste Missionsunternehmen stellte jedoch die seit 1888 tätige katholische Pallotinermission dar, die im Jaundebezirk vor allem tätig war und ein weißes Personal von 121 Köpfen besaß, die auf 19 Hauptstationen verteilt waren. Die Missionsgesellschaften erfreuten sich der wohlwollenden Haltung der Verwaltung, um so mehr als in ihrer Hand zum größten Teil das Eingeborenenschulwesen lag. Für Schulen für Europäerkinder bestand kein Bedürfnis. Bei Anerkennung des amtlichen Lehrplanes und erfolgreichem Unterricht wurden für die Schulen bedeutende Zuschüsse geleistet. Grundsätzlich wurde der Unterricht in den Eingeborenensprachen erteilt, von denen 4 sich aus der Unzahl der Sprachen als wichtiger herausschälten, darunter vor allem Jaunde. Um aber auch einen der deutschen Sprache mächtigen Stamm intelligenter Leute zur Verfügung zu haben, der im Regierungsdienst Verwendung finden sollte, wurden nach und nach 4 Regierungsschulen geschaffen, 1913 3 neue; 4 weitere und eine Fortbildungschule sollten 1914 folgen. Von dieser Art gab es schon 2, dazu kamen 2 Handwerkerschulen und eine landwirtschaftliche. Die Schülerzahl dieser Anstalten stand weit hinter der der 205 katholischen und über 600 evangelischen Missionsschulen zurück. Schon der Weltkrieg brachte eine Aufteilung Kameruns in ein kleines, an Nigerien angrenzendes, englisches Verwaltungsgebiet, und ein weit größeres französisches Verwaltungsgebiet. Diese Teilung ist auch nach der Unterstellung Kameruns unter Mandatsverwaltung beibehalten worden, mit dem Unterschied, daß das 1911 von Deutschland im Marokko-Kongo-Abkommen erworbene Neukamerun dem französischen Kolonialreich wieder einverleibt worden ist, also kein Mandatsgebiet darstellt. Daher fehlen zuverlässige Vergleichszahlen für Kamerun in deutscher Zeit und in der Zeit der Mandatsverwaltung, was bei den späteren Zahlenangaben, bei denen nur die Mandatsgebiete berücksichtigt sind, zu beachten ist.
Das französische Mandatsgebiet umfaßt mit 420 000 Quadratkilometern mehr als ⅘ von Altkamerun. Die Verwal- [124] tung ist einem Commissaire de la République im Gouverneursrang übertragen, der dem französischen Kolonialministerium untersteht. In seiner Hand liegen gesetzgebende und vollziehende Gewalt; zwar besteht ein ernannter Verwaltungsrat mit 10 Mitgliedern, davon 2 Farbigen, doch dieser hat lediglich beratende Stimme. Der Sitz der Zentralverwaltung ist jetzt Jaunde, das als vorläufiger Endpunkt der Mittellandbahn und Straßenknoten stark an Bedeutung gewonnen hat. Für die Lokalverwaltung ist das Gebiet in 16 Bezirke (Circonscriptions) eingeteilt, die den deutschen ungefähr entsprechen. Die im N vorhanden gewesenen Residenturen mit beschränkter Selbstverwaltung werden allmählich abgeschafft und nach französischen Verwaltungsmethoden regiert, die eine direkte Verwaltung unter Heranziehung der eingeborenen Häuptlinge bevorzugt. Der Verwaltungsapparat ist gegen die deutsche Zeit stark vermehrt worden. Die im Lande vorhandenen Gruppen werden als Polizei bezeichnet; sie umfassen eine Milice indigène und eine Garde indigène mit zusammen etwa 60 weißen Offizieren und Unteroffizieren und etwa 1500 Mann. Die ursprünglich geplante und zeitweilig durchgeführte Einziehung von Eingeborenen zum Dienste in der französischen Kolonialarmee, die sich Frankreich hatte zubilligen lassen, mußte als im Widerspruch zu den Mandatsbestimmungen stehend 1925 aufgegeben werden. Das französische Mandatsgebiet zählt nach der letzten Bevölkerungsaufnahme 1931 mehr als 2,2 Mill. Einwohner. Die Zahl der Weißen beträgt 2100. Nach der Nationalität ergibt sich die traurige Feststellung, daß der Anteil der Deutschen, die vor dem Kriege in Kamerun etwa 80% ausmachten, nach der rücksichtslosen Austreibung im Kriege mit 30 Köpfen ganz bedeutungslos geworden ist. Neben den Franzosen, die jetzt das Hauptkontingent stellen, sind auch Griechen im Lande, die früher fehlten. In deutscher Zeit hatte das Gesundheitswesen in Kamerun einen hohen Stand erreicht, und die einstigen Sieger haben das auch anerkannt. Unter französischer Mandatsverwaltung hat die mangelhafte ärztliche Versorgung schwere Rückschläge hervorgerufen und vor allem zu einer neuen Ausbreitung der Schlafkrankheit geführt, deren die deutschen Kolonialärzte bereits Herr geworden [125] waren. An zahlreichen, früher seuchefreien Stellen sind Schlafkranke festgestellt worden, ein bedenkliches Zeichen für die allzu geringe Aufmerksamkeit, die man diesem gefährlichen Übel infolge unzureichender Methoden und einer zu geringen Zahl von Bakteriologen und Ärzten gewidmet hat. Langsam ist jedoch eine Besserung der Verhältnisse eingetreten, doch ist die Verwaltung von schuldhaftem Versagen nicht freizusprechen. Für 1932 waren von den 34 Regierungsärzten allein 17 in der Schlafkrankheitsbekämpfung eingesetzt; außerdem gibt es noch 3 Privatärzte und 5 Missionsärzte. Das französische Mandatsgebiet stützt sich vor allem auf die Eingeborenenproduktion. 1926 war etwa der Vorkriegsumsatz erreicht. Dem weiteren Aufstieg bereitete dann der scharfe Abfall der Rohstoffpreise ein plötzliches Ende. Unter den Ausfuhrprodukten stehen im französischen Mandat wertmäßig Ölpalmprodukte weitaus an erster Stelle, in größerem Abstand folgt Kakao (zum überwiegenden Teil aus Eingeborenenpflanzungen), Nutzhölzer und Erdnüsse. Bis zum Jahre 1932, in dem das französische Mandatsgebiet erstmalig eine aktive Handelsbilanz aufwies, überwog die Einfuhr die Ausfuhr. Hierin kommt die starke Bautätigkeit der Pflanzungen wie der Mandatsverwaltung zum Ausdruck, die einen bedeutenden Bedarf an Eisenwaren, Maschinen, Schienen und Baumaterialien nötig macht. Im übrigen sind die wichtigsten Einfuhrgüter wie vor dem Kriege Textilien aller Art, Nahrungs- und Genußmittel, alkoholische Getränke, Maschinen und Fahrzeuge und Werkzeuge. In der Richtung des Außenhandels zeigt sich die für uns unerfreuliche Tatsache, daß im französischen Mandatsgebiet Frankreich die führende Stellung einnimmt, auf das mehr als ein Drittel der Einfuhr und zwei Fünftel der Ausfuhr entfallen. In der Einfuhr folgt dicht auf England, während Deutschland in den letzten Jahren sehr an Boden verloren hat und nur wenige Prozent des Einfuhrhandels in der Hand hält. Dagegen nimmt Deutschland nach Frankreich in der Ausfuhr die zweite Stelle ein (mit 29%). Auf dem Gebiete des Verkehrswesens hat die Zeit der Mandatsverwaltung im wesentlichen nur die Vollendung von Plänen des deutschen Gouvernements gebracht. Das gilt sowohl vom Ausbau des Hafens von Duala, der im französischen Gebiet liegt, wie der [126] Weiterführung der Mittellandbahn nach Jaunde. Heute bestehen etwa 500 km Eisenbahn gegenüber 340 km bei Kriegsausbruch. Auch der von der Mandatsverwaltung gern erwähnte Ausbau des Straßennetzes stellt nur die Ausgestaltung meist vorhandener Straßen für die Benutzung von Automobilen dar, an deren Verwendung in einem Umfang wie heute vor 20 Jahren gar nicht zu denken war. Mittelpunkt des Straßennetzes ist heute Jaunde, von dem Straßen nach den wichtigsten Punkten vorhanden sind. Im Schiffsverkehr steht Duala, über das neun Zehntel des Handels des französischen Mandats gehen, an erster Stelle. Seine Bedeutung beruht vor allem darauf, daß es der Ausgangspunkt der beiden Bahnstrecken ist, die ihm ein weites Hinterland sichern. Während die deutsche Regierung die Erziehung der Eingeborenen ganz überwiegend bewußt den Missionen überließ, verfolgt die Mandatsverwaltung eine entgegengesetzte Schulpolitik und bemüht sich, ein vollständiges Unterrichtssystem von sich aus einzurichten, von der Dorfschule bis zur höheren Schule, wobei die Unterrichtssprache Französisch ist. Die Schwierigkeit, geeignete Lehrkräfte in ausreichender Zahl zu beschaffen und die verhältnismäßig hohen Kosten haben den Ausbau gehemmt. Noch immer übertrifft die Zahl der Missionsschüler die der Regierungsschüler. Auch in der missionarischen Tätigkeit hat der Übergang in die Mandatsverwaltung erhebliche Umgestaltungen mit sich gebracht. Schon der Krieg brachte die Ausweisung aller Missionare mit Ausnahme der amerikanischen Presbyterianer. Dem Sinne des Mandatsstatutes völlig zuwiderlaufend hat die Mandatsverwaltung aus durchsichtigen politischen Gründen die Wiederaufnahme der Missionsarbeit durch Deutsche hintertrieben, so daß außer den Amerikanern jetzt nur französische Missionare beider Konfessionen tätig sind, die die ehemalig deutschen Stationen übernommen haben. (i) Verwaltung Der durch die ungerechtfertigte Zerreißung Kameruns unter britische Mandatsverwaltung gestellte Teil Kameruns umfaßt etwa 90 000 qkm. Er stellt kein zusammenhängendes Gebiet dar, sondern setzt sich aus zwei schmalen Landstreifen längs der nigerischen Grenze zusammen. Er steht daher auch nicht unter einheit- [127] licher und gesonderter Verwaltung, sondern ist unter verschiedenartiger Verwaltungsorganisation im einzelnen der Verwaltung der britischen Kolonie Nigerien angegliedert worden. Der wichtigste Teil im Süden, das Plantagengebiet am Kamerunberg, wird als Cameroon Province von einem Residenten in Buea, der alten Hauptstadt Kameruns, verwaltet. Da für das Mandatsgebiet kein eigener Haushaltsplan ausgestellt wird, sondern dieser in dem Nigeriens enthalten ist, ist die Finanzlage undurchsichtig. Mit etwa 775 000 Köpfen umfaßt das britische Mandat ungefähr ein Drittel der Bevölkerung Altkameruns. Die weiße Bevölkerung, die durch Ausweisung aller Deutschen stark zusammen geschrumpft war (1921: 55 Europäer), stieg mit der Zulassung der Deutschen 1925 rasch an (1932: 280 Weiße). Das deutsche Element ist nun wieder beherrschend und stellt fast zwei Drittel aller Weißen. Während der Kriegszeit wurde die durch Eisenbahnen und Straßen nachdrücklich geförderte Entwicklung Kameruns jäh unterbrochen. Mit der rücksichtslosen Vertreibung der Deutschen verfielen die ehedem blühenden Pflanzungen, die der vom Feinde eingesetzte Zwangsverwalter nicht entsprechend zu bewirtschaften verstand. Der Handelsumsatz schrumpfte, nach dem abnormen Jahr 1920, 1921 zu einer Höhe von 7,3 Mill. RM. zusammen, was dem Umsatz von 1903 entspricht. Ein kräftiger Wiederaufbau setzte erst ein, nachdem die deutschen Pflanzer 1925 ihren ehemaligen Besitz zurückerwerben und sich wieder in dem alten Plantagengebiet am Kamerunberg niederlassen konnten. Dann zog aber die Weltkrise mit dem scharfen Sinken der Rohstoffpreise auch die Kameruner Pflanzungen in ihren Bereich und führte zu ungünstigen Rückwirkungen, zu deren Überwindung die stärksten Anstrengungen erforderlich waren und sind. Die Ausfuhr des englischen Mandats zeigt ein Vorwiegen des Kakaos; an Stelle der Palmprodukte, die unter dem Preisrückgang besonders zu leiden hatten, ist jetzt die Banane als zweitwichtigstes Ausfuhrgut getreten. Ihr Anbau gewinnt ständig an Bedeutung. Im Handel mit dem britischen Mandatsgebiet hat sich Deutschland wesentlich besser behauptet als im Handel mit dem französischen Mandatsgebiet. An der Einfuhr des ersteren ist es fast mit der [128] Hälfte beteiligt. Auch die Ausfuhr geht zum überwiegenden Teile nach Deutschland.
Die infolge des Krieges vertriebenen deutschen Missionare der evangelischen Baseler Mission haben ihre Tätigkeit wieder aufgenommen, wenn auch mit vermindertem Personal, während die katholische Mission heute von einer englischen Gesellschaft betrieben wird. Die Missionare unterrichten die große Mehrzahl aller eingeborenen Schüler, die Verwaltung beschränkt sich auf die Unterhaltung einiger eigener Schulen. Eine eigenartige Stellung nehmen die von den Eingeborenen errichteten und finanzierten Schulen der Selbstverwaltungskörper ein. Eine Verpflichtung zum Unterricht in englischer Sprache besteht nirgends. |