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I. Allgemeines

6. Das Versailler Diktat und die koloniale Schuldlüge

Die deutschen Kolonien waren, als am 11. November 1918 in der Heimat der Waffenstillstand abgeschlossen wurde, sämtlich von fremden Truppen besetzt. Im Versailler Diktat wurde Deutschland der Verzicht auf seine sämtlichen überseeischen Besitzungen zugunsten der alliierten und assoziierten Hauptmächte aufgezwungen. Die Kolonien wurden als Mandate unter die Siegermächte verteilt.

Dieses Vorgehen stellte einen Bruch des zwischen Deutschland und seinen Gegnern geschlossenen Vorfriedensvertrages dar (Note des amerikanischen Staatssekretärs Lansing vom 5. November 1918), nach welchem die 14 Punkte des Präsidenten Wilson die Friedensgrundlage bilden sollten. Was die deutschen Kolonien anbetrifft, so hatten sich die Alliierten durch jenen Vertrag zur Innehaltung des Punktes 5 des Präsidenten Wilson verpflichtet, welcher lautet: "Eine freie, weitherzige und unbedingt unparteiische Schlichtung aller kolonialen Ansprüche, die auf einer genauen Beobachtung des Grundsatzes fußt, daß bei der Entscheidung aller derartiger Souveränitätsfragen die Interessen der betroffenen Bevölkerung ein ebensolches Gewicht haben müssen wie die berechtigten Forderungen der Regierung, deren Rechtsanspruch bestimmt werden soll." Die Regelung durch das Versailler Diktat stand in offensichtlichem Widerspruch dazu. Denn diese Regelung war alles andere als frei, weitherzig und unparteiisch. Sie erfolgte ohne jede Anhörung Deutschlands und ohne Berücksichtigung der Interessen der Eingeborenen. Die Verteilung der Kolonien auf Grund des Versailler Diktates und der einen integrierenden Bestandteil desselben bildenden Völkerbundsatzung geschah ausschließlich nach machtpolitischen Gesichtspunkten an die Mächte, deren Truppen im Kriege die deutschen Kolonien besetzt hatten und zum Teil selbst auf Grund von Geheimverträgen, welche darüber von den betreffenden Mächten geschlossen waren.

Die am Kriege in den deutschen Kolonien beteiligten Mächte gingen nach dem für Deutschland unglücklichen Ausgang des Krieges sämtlich auf die Annexion der Kolonien aus. Wie wir aus den Veröffentlichungen der Geheimprotokolle über die Verhandlungen zwischen den Vertretern der Siegermächte wissen, verlangten im Januar 1919 sowohl die Vertreter Englands, Frankreichs und Japans, wie die Vertreter der britischen Dominions Südafrika, Australien und Neuseeland, die unmittelbare Annexion der von [47] ihren Truppen besetzten deutschen Kolonien. Dies scheiterte nur an dem Widerspruch des Präsidenten Wilson, der diese "bloße Verteilung der Beute" ablehnte und seinerseits die Unterstellung der Kolonien unter die Mandatsverwaltung der damit vom Völkerbund zu betrauenden Mandatarmächte verlangte. Schließlich erfolgte die Lösung in der Weise, daß die Alliierten sich mit dem Mandatssystem einverstanden erklärten, daß aber die tatsächliche Verteilung der deutschen Kolonien genau nach den während des Krieges abgeschlossenen Geheimverträgen und, soweit solche nicht vorhanden waren, nach den Forderungen der beteiligten Mächte und Dominions erfolgte, deren Truppen die Kolonien besetzt hatten. Selbst Belgien, dessen Kongotruppen in Deutsch-Ostafrika einmarschiert waren, erhielt seinen Anteil in Gestalt eines Mandats über den nordwestlichen Teil des ostafrikanischen Schutzgebiets.1

Das Verfahren der Alliierten stellte einen dreifachen Betrug dar, begangen am deutschen Volk, in dem der Irrtum eines Rechtsfriedens unter unparteiischer Schlichtung der kolonialen Frage erregt wurde; an den Eingeborenen, denen Berücksichtigung ihrer Interessen und Anhörung vor Verteilung der Kolonien versprochen war; und schließlich gegenüber der Öffentlichkeit, in der durch Angabe falscher Motive irrtümliche Auffassungen über die Moral der Alliierten erzeugt wurden oder erzeugt werden sollten.

Bemäntelt worden ist dieser Betrug durch die koloniale Schuldlüge. Es wurde dem deutschen Volke vorgeworfen, daß es seine Kolonien als Stützpunkte für seinen militärischen Imperialismus benutzt, und daß es sich als unfähig und unwürdig zum Kolonisieren gezeigt habe. Daß es sich dabei um bewußte Lügen handelte, ergibt sich ohne weiteres daraus, daß vor dem Kriege niemals etwas Derartiges von fremden Kolonialsachverständigen und Reisenden behauptet worden ist, sondern daß im Gegenteil eine Fülle anerkennender Urteile, besonders von englischer und amerikanischer Seite aus jener Zeit vorliegt.

Aus der Fülle solcher Äußerungen seien hier nur einige wenige angeführt. Der frühere englische Kolonialgouverneur Sir Harry Johnston sagte kurz vor dem Kriege in einem Kolonialvortrag, den er in Stuttgart hielt: "Wenn von den großen Kolonialvölkern der Welt gehandelt wird, ist es schwierig, zwischen den Deutschen und den Engländern einen Unterschied zu machen". Der frühere Präsi- [48] dent der Vereinigten Staaten von Amerika, Theodore Roosevelt, schrieb in seinen Afrikanische Wanderungen eines Naturforschers und Jägers 1910 über die deutschen Pflanzer, Zivilbeamten und Offiziere: "Es waren Männer von unzweifelhafter Fähigkeit und Tatkraft; wenn man sie sah, so verstand man leicht, warum Deutschland in Ostafrika so zusehend emporgeblüht ist. Es sind erstklassige Menschen, diese Engländer und Deutschen; beide verrichten in Ostafrika ein Werk, das der ganzen Welt zugutekommt." Sein Landsmann E. A. Forbes, der längere Zeit in Afrika geweilt hat, schrieb 1911 in der amerikanischen Review of Reviews: "Von allen Schutzherren in Afrika hat der Deutsche die reinsten Hände und die besten Aussichten". Hervorzuheben ist auch, daß die englische Regierung dem deutschen Reiche vor dem Kriege große weitere Kolonialgebiete vertragsmäßig zu überlassen im Begriff war, nämlich große Teile der portugiesischen Besitzungen in Afrika, für den Fall, daß die Portugiesen aus finanziellen Gründen sich genötigt sehen sollten, diese Kolonien aufzugeben. Offenbar sah damals die englische Regierung Deutschland noch als fähig und würdig zum Kolonisieren an.

Erst während des Krieges setzte eine Verleumdungspropaganda ein, die in zielbewußter Weise darauf ausging, die deutsche Kolonisationsarbeit in der Öffentlichkeit herabzusetzen. Diese Tendenzschriften haben dann als Grundlage gedient für die Noten zum Versailler Gewaltdiktat, in denen die Lügen in konzentrierter Form zusammengefaßt wurden, um in der Welt den Eindruck zu erwecken, als ob die Alliierten aus bloßer Humanität die armen Schwarzen von dem Joch brutaler deutscher Gewaltherrschaft befreien wollten.

In der Hauptsache gehen die Behauptungen der kolonialen Schuldlüge darauf hinaus: Der militärische Imperialismus Deutschlands sei darauf ausgegangen, sich Stützpunkte zu schaffen, um gegenüber anderen Mächten eine Politik der Einmischung und Einschüchterung zu verfolgen, die Kolonien seien verwandt worden als Ausgangspunkte für Raubzüge auf den Handel der Erde; Deutschland habe auf dem Gebiet der kolonialen Zivilisation versagt, wobei besonders grausame Unterdrückungen, Zwangsarbeit usw. hervorgehoben werden; die eingeborenen Bevölkerungen der deutschen Kolonien erhöben starken Widerspruch dagegen, daß sie wieder unter deutsche Oberherrschaft gestellt werden.

Die Wirklichkeit bietet ein vollkommen anderes Bild.

Die Behauptung von der Schaffung militärischer Stützpunkte [49] und von Ausgangspunkten zu Raubzügen auf den Handel der Erde widerspricht vollkommen den Tatsachen. Irgendwelche Stützpunkte waren, abgesehen von Tsingtau (Kiautschou), das Hafenbefestigungen zu Verteidigungszwecken besaß, weder vorhanden noch geplant. Es gab in den afrikanischen und Südseeschutzgebieten überhaupt keine Befestigungen, welche zur Verteidigung gegen einen europäischen Gegner geeignet waren. Es gab keine Hafenbefestigungen und Strandbatterien, hinter denen sich deutsche Kriegsfahrzeuge hätten für Raubzüge bereitmachen können, keine Stützpunkte, wo sie in Sicherheit liegen und kohlen konnten, keine U-Boothäfen oder sonstige Anlagen, die irgendwie gegen europäische Gegner verwendbar gewesen wären. Die deutschen Häfen und Küstenstädte lagen sämtlich offen und ungeschützt vor den Kanonen der feindlichen Kriegsschiffe. Es waren in den Kolonien nur die kleinen Schutz- und Polizeitruppen vorhanden, deren Aufgabe in der Aufrechterhaltung der Sicherheit und Ordnung im Lande selbst bestand. In der größten Kolonie, Deutsch-Ostafrika, von der doppelten Ausdehnung des gegenwärtigen Deutschland, mit fast 8 Millionen Schwarzen war eine Schutztruppe vorhanden von nur 2500 eingeborenen Soldaten unter 152 deutschen Offizieren und Unteroffizieren, wozu noch 108 deutsche Sanitätsoffiziere und ‑unteroffiziere traten. Daneben bestand noch eine Polizeitruppe von 2140 Farbigen unter 4 deutschen Offizieren und 61 deutschen Unteroffizieren. Die Truppen waren überwiegend noch bewaffnet mit alten Jägerbüchsen, Einladegewehren, die mit rauchstarkem Pulver schossen. Geschütze waren, abgesehen von ganz kleinen für den Eingeborenenkrieg bestimmten Geschützen und einigen alten mit rauchstarkem Pulver schießenden Salutgeschützen, überhaupt nicht vorhanden. Ähnlich lag die Sache in den anderen Kolonien, nur daß die Schutz- und Polizeitruppen dort noch erheblich kleiner waren. In Togo und in der Südsee gab es überhaupt nur kleine Polizeitruppen. Der Gedanke, daß man von deutscher Seite mit diesen kleinen Truppen, die im Kriegsfalle sofort von jeder Zufuhr von der Heimat abgeschnitten waren, auf Eroberungen in benachbarten Gebieten hätte ausgehen können, ist absurd. Als der Weltkrieg ausbrach und von unseren Gegnern in die Kolonien hineingetragen wurde, waren weder ausreichende Truppen, noch Waffen, noch Munition in den deutschen Schutzgebieten vorhanden, um dem von allen Seiten eindringenden weit überlegenen Gegner auf die Dauer erfolgreich Widerstand leisten zu können. Wenn trotzdem [50] so viel geleistet worden ist und besonders die deutsch-ostafrikanische Schutztruppe in ihrem Kern den ganzen Krieg hindurch sich im Felde halten konnte, so beruht das neben der hervorragenden deutschen Führung und dem Halt, den die farbigen Truppen durch die Einberufung deutscher Reservisten erhielten, hauptsächlich auf der Treue der Eingeborenen zur deutschen Regierung.

Die Behauptung von Deutschlands kolonialer Unfähigkeit wird am besten widerlegt durch einen Vergleich des Zustandes der deutschen Kolonien zur Zeit des Erwerbes und des Zustandes, in dem sie sich bei Ausbruch des Weltkrieges befanden. Es wird auf die Ausführungen auf S. 3O ff. verwiesen. Hier genügt es festzustellen, daß im Laufe weniger Jahrzehnte aus den wilden Ländern, in welchen beständige Kämpfe der Eingeborenen untereinander tobten und vielfach Sklavenraub und Sklavenhandel herrschten, wohlgeordnete in schnellem Aufblühen begriffene Kolonien geworden waren. Es war eine große kolonisatorische Leistung vollbracht worden, die ebenso den Eingeborenen wie uns Deutschen zugute kam.

Was die Behandlung der Eingeborenen anbelangt, so sind keineswegs die üblen kolonialen Methoden in den deutschen Kolonien angewandt worden, wie sie jene Lügenpropaganda die Welt glauben machen wollte. Das einzige, was bei einer genauen Prüfung übrig bleibt, sind Einzelfälle von Eingeborenenmißhandlungen und anderen Übeltaten. Derartiges ist bei allen Nationen vorgekommen und kommt heute noch in den Kolonien vor, wie französische und englische Parlamentsverhandlungen und Zeitungsberichte, darunter solche aus neuester Zeit, erkennen lassen. Die Wahrheit über die Eingeborenenbehandlung ist, daß wir jene Völker aus einem Zustande der Fried- und Rechtlosigkeit, in dem sie sich zur Zeit der deutschen Erwerbung befanden, aus den beständigen Kämpfen der Stämme untereinander und der Willkürherrschaft der eingeborenen Machthaber befreit haben, daß wir Ruhe und Ordnung in den Kolonien hergestellt und den Schwarzen das gebracht haben, was sie vorher nicht gekannt hatten: Sicherheit für Leben und Eigentum und eine geordnete Verwaltung.

Das Los der Eingeborenen ist unter der deutschen Herrschaft aber auch in anderer Beziehung wesentlich gebessert worden, ganz besonders was die Seuchenbekämpfung, die Gesundheitspflege und das Unterrichtswesen anbetrifft (siehe oben S. 33/34).

Was die Behauptung anbetrifft, die Eingeborenen erhöben Widerspruch dagegen, wieder unter Deutschlands Herrschaft gestellt [51] zu werden, so ist das Gegenteil wahr. Es ist oben dargelegt, daß die Kolonien ohne Rücksicht auf die Interessen und Wünsche der Eingeborenen an die Siegermächte als Mandate verteilt worden sind. Gewisse Schritte hatte die englische Regierung Anfang 1918 getan, um die Wegnahme der deutschen Kolonien als den Wünschen der Eingeborenen entsprechend erscheinen zu lassen. Es wurde eine Rundfrage durch die Verwaltung der von England okkupierten deutschen Kolonien betr. die Wünsche der Eingeborenen veranstaltet. Die eingegangenen Antworten wurden im November 1918 dem Parlament in Gestalt eines Weißbuches vorgelegt. Das Ergebnis der Rundfrage war äußerst kläglich. So hob in Deutsch-Ostafrika der englische Administrator in seinem Bericht selbst hervor, daß es ein Irrtum gewesen wäre anzunehmen, daß von Kriegsausbruch an die ostafrikanischen Eingeborenen sich nach einer Befreiung von der deutschen Herrschaft gesehnt hätten. Er erklärte es für unklug (injudicious), eine offene allgemeine Rundfrage an die Eingeborenen zu veranlassen, ob sie deutsche oder englische Herrschaft vorzögen, da dieses Vorgehen Verdacht erregen und eine beunruhigende Wirkung haben würde. Auch das Ergebnis in Kamerun, Togo und Deutsch-Südwestafrika war dürftig.

In der Südsee war das Ergebnis für Deutsch-Neuguinea negativ, indem der dortige australische Administrator berichtete, daß mit Rücksicht auf die Zersplitterung der Eingeborenen in viele kleine Stämme auf verschiedenen Inseln und mit verschiedenen Sprachen es unmöglich sei, irgendeinen zuverlässigen Ausdruck ihrer Wünsche hinsichtlich der künftigen Regierung der Kolonie zu erlangen. In Samoa wurde zunächst eine Entschließung einiger Häuptlinge herbeigeführt, daß das Inselgebiet unter englischer Herrschaft bleiben würde, aber 1921 richtete der Samoanische Rat, die Vertretung des samoanischen Volkes, eine Petition an den König von England, in welcher die vereinigten Häuptlinge Samoas baten, von der Kontrolle der neuseeländischen Regierung befreit zu werden. Seither hat es beständige Differenzen zwischen dem samoanischen Volke und der neuseeländischen Regierung gegeben.

Wenn schon diese Vorgänge erkennen lassen, daß keine Rede davon sein konnte, daß die Eingeborenen den Ersatz der deutschen Herrschaft durch eine fremde wünschten, so ist ein weit stärkerer Beweis die Haltung der Eingeborenen im Weltkriege. Von ganz wenig Einzelausnahmen abgesehen, haben in allen deutschen Kolonien die Eingeborenen treu zur deutschen Regierung gehalten, ob- [52] wohl bald nach Kriegsbeginn weit überlegene feindliche Streitkräfte eindrangen. Liegt es nicht auf der Hand, daß der Einfall der Feinde in allen Kolonien das Signal für eine allgemeine Erhebung, zum mindesten für große Eingeborenenaufstände, hätte sein müssen, wenn die Eingeborenen den Wunsch gehabt hätten, sich von der deutschen Herrschaft zu befreien? Hätten nicht die Schwarzen, wenn sie in brutaler Gewaltherrschaft niedergehalten wären, den günstigen Augenblick benutzt, um das Joch von sich abzuschütteln? Würden nicht die farbigen Truppen selbst gemeutert haben, die in allen deutschen Kolonien, abgesehen von Deutsch-Südwestafrika, aus Eingeborenen der Kolonien selbst bestanden, wenn ihnen die deutsche Herrschaft verhaßt gewesen wäre?

Tatsächlich haben wir im Kriege in unseren Kolonien keine Aufstände von Schwarzen gehabt wie die Engländer in Britisch-Nyassaland und die Portugiesen in Mozambique, keine Meuterei wie die Engländer im ersten Kriegsjahre mit Sikhtruppen in Indien. Dabei war unsere Lage in den von der Heimat abgeschnittenen völlig ungenügend mit Truppen und Kriegsmaterial versehenen Kolonien ungleich ungünstiger als die unserer Feinde.

Im Gegenteil haben die Eingeborenen, von seltenen Einzelausnahmen abgesehen, treu zur deutschen Sache gestanden. Ganz besonders leuchtet hervor die Treue der Eingeborenen Deutsch-Ostafrikas. Wir waren dort nur knapp 6000 Weiße unter fast 8 Millionen Schwarzen. Ohne die tätige Hilfe der Eingeborenen als Soldaten, als Träger, als Arbeiter und für sonstige Kriegsleistungen hätten wir keineswegs durchhalten können wie geschehen (s. S. 41 ff.). Die Haltung der ostafrikanischen Eingeborenen im Weltkrieg war nicht nur der Beweis für ihre eigene Loyalität gegenüber der deutschen Regierung, sondern ebenso auch für die Richtigkeit und Humanität der von uns den Eingeborenen gegenüber verfolgten Methoden.

Die Eingeborenen haben uns die Treue auch über den Krieg hinaus bewahrt. Es liegen viele Zeugnisse aus den Mandatsgebieten vor, welche erkennen lassen, daß der Wunsch nach Rückkehr der deutschen Herrschaft unter den Eingeborenen allgemein ist.

Die koloniale Schuldlüge ist vollständig widerlegt worden. In immer weiteren Kreisen des Auslandes, auch in den früher feindlichen Ländern, ist erkannt worden, daß es sich dabei um Kriegspropaganda gehandelt hat, welche in tendenziöser Weise die Tatsachen entstellt hat. Besonders bemerkenswert ist, daß diese Erkenntnis auch in bezug auf eine offizielle englische Publikation [53] durchgedrungen ist, nämlich das 1918 als englische Parlamentsdrucksache herausgegebene berüchtigte Blaubuch Bericht über die Eingeborenen von Südwestafrika und ihre Behandlung durch Deutschland, in dem alle möglichen und unmöglichen angeblichen deutschen Greueltaten in Südwestafrika zusammengestellt waren. Dieses Blaubuch wurde bereits im Jahre 1925 von dem Erstminister der Südafrikanischen Union, Hertzog, gelegentlich eines Besuchs in Südwestafrika als Erzeugnis der Kriegspropaganda bezeichnet. Im Jahre darauf nahm dann am 29. Juli 1926 der Südwestafrikanische Landesrat, der aus Deutschen, Südafrikanern und englischen Mitgliedern bestand, einstimmig eine Entschließung an, in welcher gesagt wurde, daß das Blaubuch nur die Bedeutung eines Kriegsinstruments habe, und daß die Zeit gekommen sei, dieses Instrument außer Wirkung zu bringen und alle Kopien dieses Blaubuches, die in offiziellen Akten und in öffentlichen Büchereien dieses Gebiets sich befinden, auszuschließen und zu vernichten. Auf einen entsprechenden Antrag, das gleiche in Südafrika durchzuführen, antwortete im Auftrage des Erstministers Hertzog dessen Sekretär am 9. April 1927, daß der Erstminister bereit sei, dem Wunsche soweit wie möglich entgegenzukommen, daß aber rechtliche und technische Schwierigkeiten der Ausführung entgegenstehen und fügte dann hinzu: "Die Unzuverlässigkeit und Unwürdigkeit dieser Urkunde der Kriegshetze genügt nach Ansicht des Erstministers, es zu dem schimpflichen Begräbnis aller verwandten Schriften der Kriegszeit zu verdammen."

Es sind neuerdings wiederholt objektive und selbst anerkennende Urteile über Deutschlands koloniales Wirken im Auslande geäußert worden. Andererseits treten auch noch heute ab und zu in gewissen Organen mancher Länder Verleumdungen der Kolonialpropaganda hervor.

Schon diese Tatsachen lassen es als notwendig erscheinen, den Kampf gegen die koloniale Schuldlüge noch weiter durchzuführen. Aber auch abgesehen hiervon können wir uns bei der Sache, so wie sie steht, nicht beruhigen. Denn die Konsequenz, welche unsere früheren Kriegsgegner aus der kolonialen Schuldlüge gezogen haben, die Wegnahme der deutschen Kolonien, besteht auch heute noch. Deutschland hat, trotzdem die koloniale Schuldlüge restlos widerlegt ist,2 bisher nicht eine einzige Kolonie zurückerhalten. [54] Selbst die Zuteilung von Kolonialmandaten ist ihm versagt geblieben. So muß der Kampf gegen die koloniale Schuldlüge weitergeführt werden, bis die tatsächliche Wiedergutmachung des uns zugefügten Unrechts erfolgt ist.


1Näheres darüber s. Dr. H. Schnee, Die koloniale Schuldlüge, 5. (11.) Auflage 1928. S. 17 ff. ...zurück...

2vgl. insbesondere Dr. H. Schnee, Die koloniale Schuldlüge, 5. (11.) Auflage 1928, auch in englischer, französischer, italienischer und japanischer Sprache erschienen. ...zurück...







Die deutschen Kolonien vor, in und nach dem Weltkrieg
Dr. Heinrich Schnee, Gouverneur i. R.