[67] IV. Die wichtigsten Rohstoffe und ihre Quellen (Forts.) 4. Mineralische Rohstoffe Die nationalwirtschaftliche Bedeutung eigenen Kolonialbesitzes liegt in erster Linie in der Möglichkeit der Erzeugung wirtschaftlicher Güter, die zur Ergänzung der heimischen Volkswirtschaft – sei es als gewerbliche Rohstoffe, sei es als Nahrungsmittel – nötig sind. In diesem Falle handelt es sich um die Neueinführung oder Belebung von Kulturen, deren Erträge allmählich heranwachsen sollen. Daneben kann eine unter Umständen nicht weniger wichtige Form der Nutzbarmachung in der Erschließung vorhandener Bodenschätze bestehen, die einen Bedarf des Mutterlandes decken helfen oder ihm Einnahmen zuführen können. Fälle dieser Art sind Vorkommen von Kohle, Petroleum, Erzen, Edelsteinen usw. In welchem Umfang solche Bodenschätze in den besetzten deutschen Schutzgebieten der Aufschließung zur Verfügung stehen, läßt sich nicht endgültig angeben, da die eingehende Durchforschung aller in Frage kommenden Gebietsteile noch längst nicht abgeschlossen war. Immerhin läßt sich soviel sagen, daß vor allem im früheren Deutsch-Südwestafrika abbauwürdige Bodenschätze vorhanden sind. Das ist durch die geologischen Erkundungen unter deutscher Verwaltung bewiesen und durch die späteren Untersuchungen bestätigt worden. Ihrem Vorkommen ist eine erhebliche Bedeutung beizumessen, denn auch der Bedarf an metallischen und fossilen Rohstoffen ist durch die fortschreitende industrielle Entwicklung der Kulturstaaten außerordentlich gesteigert worden. Auch hier haben sich Rohstoffmonopole herausgebildet, die die Versorgung der Verbrauchsstaaten, die nicht im Besitz solcher Rohstoffquellen sind, erschweren und ihre Industrie in eine zum Teil sehr weitgehende Anhängigkeit vom Ausland bringen. Ein Beispiel möge das zeigen: Die zunehmende Ausnutzung der Elektrizität als Kraftquelle, die schnelle Entwicklung der Verkehrs- und Beleuchtungstechnik, die Ausdehnung des Fernsprech- und Telegraphenverkehrs hat den Kupferverbrauch der Welt außerordentlich erhöht. Nach den Berechnungen der Metallgesellschaft zu Frankfurt a. M.1 steigerte sich der Verbrauch an Rohkupfer seit dem Anfang des Jahrhunderts – in 1000 t ausgedrückt – folgendermaßen:
Der Weltverbrauch von Rohkupfer hatte sich demnach von 1900 bis zum letzten Friedensjahr auf reichlich das Doppelte erhöht und zwar am stärksten in den Vereinigten Staaten und in Deutschland, während England, das 1900 noch ungefähr den gleichen Bedarf wie Deutschland hatte, beträchtlich dahinter zurückgeblieben war. In der Kriegszeit ist der Weltverbrauch zunächst gestiegen; er betrug – in 1000 Tonnen – 1914: 893,7, 1915: 1179,2, 1916: 1437,9, 1917: 1465,5, 1918: 1500,2. In der Nachkriegszeit trat dann ein plötzliches Absinken des Rohkupferverbrauchs ein. Das lag einmal daran, daß Deutschland mit seiner Versorgung fast völlig ausfiel, daß zweitens aus der Verarbeitung von Kriegsmaterial Rohkupfer in den einzelnen Ländern gewonnen wurde, und daß endlich Ersatzmetalle das Kupfer zum Teil verdrängt hatten. In den letzten Jahren indessen hat sich der Verbrauch wieder gehoben; er steht gegenwärtig über dem des letzten Friedensjahres. Die nachstehende Übersicht läßt diese Entwicklung – in 1000 t – erkennen:
Gegenwärtig sind die Vereinigten Staaten bei weitem die Hauptverbraucher von Rohkupfer; Deutschland,das 1900 rund 63 v. H., 1913 bereits 80 v. H. des amerikanischen Verbrauchs zu verzeichnen [69] hatte, war im letzten Berichtsjahr auf 19 v. H. des amerikanischen Verbrauchs herabgesunken. Die Bergwerksproduktion von Rohkupfer stellt sich nach den Berechnungen der Frankfurter Metallgesellschaft – Kupferinhalt der Förderung in 1000 t – folgendermaßen dar:
Die Weltproduktion hatte sich von 1900 bis 1913 verdoppelt; seither ist sie um weitere 37 v. H. gestiegen, und zwar zeigt sich, daß ihr Schwerpunkt in erster Linie in einem einzigen Produktionsland, den Vereinigten Staaten, liegt. Sie brachten 1913: 56,5, 1925: 54,8 v. H. des in den in der ganzen Welt geförderten Erzen enthaltenen Rohkupfers hervor. Dagegen konnte Deutschland aus eigener Kupferproduktion immer nur einen geringen Bruchteil seines Verbrauchs decken. Der außerordentlich große und steigende Rest seines Bedarfes mußte stets eingeführt werden. Wie sich die Rohkupfereinfuhr Deutschlands entwickelt hat, zeigt die nachstehende Übersicht:
[70] Von 1900 bis 1913 hatte sich sonach die Rohkupfereinfuhr fast verdreifacht. Sie erforderte im letzten Friedensjahr einen Aufwand von 335,3 Millionen M und stellt auch in der Nachkriegszeit einen sehr bedeutsamen Posten unseres Einfuhrhandels dar. Im Jahre 1925 hatte sie den Friedensstand fast erreicht. Die Abhängigkeit von einem Haupterzeuger ist in der Vor- und Nachkriegszeit im wesentlichen dieselbe geblieben: Drei Viertel bis neun Zehntel des deutschen Bedarfs wurden von den Vereinigten Staaten geliefert, die auf dem Kupfermarkt, ähnlich wie auf dem Baumwollmarkt, eine beherrschende Stellung haben. Ähnliche Abhängigkeiten bestehen für die Versorgung mit anderen unedlen Metallen, wie Blei, Zink, Zinn. Auch hier machen sich monopolistische Tendenzen gerade in der Nachkriegszeit sehr stark bemerkbar. Es sei daran erinnert, daß der Übergang der deutschen Zinkvorkommen in Oberschlesien in die Hände eines amerikanischen Trusts erst im Winter 1925 lebhaft erörtert wurde. Angesichts dieses Tatbestandes erhellt die Wichtigkeit der Bodenschätze unseres früheren afrikanischen Besitzes, vor allem im einstigen Deutsch-Südwestafrika. Hier handelt es sich zunächst um Kupfervorkommen im Otawi-Minengebiet, von denen die Tsumeb-Mine bei weitem die größte Bedeutung besitzt. Mit ihrer Ausbeute war bereits vor Ausbruch des südwestafrikanischen Aufstandes begonnen worden. Während der Jahre 1904 und 1905 hatten die kriegerischen Ereignisse die bergmännische Tätigkeit völlig zum Stocken gebracht, und erst im Jahre 1906 setzten die Förderungsarbeiten in größerem Umfang ein, verbunden mit der Fertigstellung eines Verkehrsweges zur Küste, der Otawi-Bahn. Sie ist 566 km lang (ungefähr die Entfernung von Berlin nach Köln), wurde zunächst aus den Mitteln der Otawi-Gesellschaft errichtet und hat 18 Millionen M gekostet, – ein Beweis für die Zuversichtlichkeit, die in bezug auf die Ergiebigkeit der Kupferlager herrschte. Außer im genannten Gebiet fanden sich Kupfervorkommen auch in anderen Teilen, so im mittleren Teil des Schutzgebiets bei Gorob, in der Nähe von Okahandja und Swakopmund. Die Erzaufschlüsse waren auch hier durchweg erfreulich und sprachen für eine beträchtliche Ergiebigkeit des Vorkommens. Ihre Ausbeutung hing im wesentlichen davon ab, daß sich hinreichendes Kapital zur Inangriffnahme der notwendigen Vorarbeiten nach der Kolonie wandte. Die Vorbereitungen dazu waren getroffen, als auch hier der Krieg die weitere Entwicklung hemmte und zum Teil Vorhandenes zerstörte. Was unter deutscher Herrschaft an Kupfererzen aus Süd- [71] westafrika zur Verschiffung gelangte, läßt die aufwärtssteigende Entwicklung der Erzeugung deutlich erkennen. Es wurden ausgeführt:
Die Kupferförderung Südwestafrikas hat sich somit namentlich in den letzten Jahren recht ansehnlich gestaltet. Die auffällig starke Erhöhung, die mit dem Jahre 1907 einsetzte, beruht auf der Inbetriebnahme der obenerwähnten, 1906 eröffneten Otawi-Bahn und zeigt sehr augenfällig die Bedeutung der Verkehrsmittel in kolonialen Gebieten. Das Vorkommen von Bodenschätzen im früheren Deutsch-Afrika beschränkt sich nicht auf Kupfer und auch nicht auf Südwest. Soweit die geologische Erforschung Aufschluß gab, hat sich herausgestellt, daß auch in Ostafrika, zum Teil auch in Kamerun und Togo mineralische Vorkommen an vielen Stellen zu finden sind. Die Untersuchung darüber, inwieweit ihre Ausbeutung lohnende Ergebnisse liefern könnte, war nicht abgeschlossen. Immerhin berechtigt die geographische und geologische Übereinstimmung großer Teile unserer Schutzgebiete, vor allem natürlich Südwestafrikas, mit anderen Gebieten, in denen bereits ein lohnender Abbau betrieben wurde und wird, zu der Annahme, daß ähnliches sich auch für die Zukunft unserer eigenen Besitzungen erwarten ließe. Auf einige Möglichkeiten sei im folgenden hingewiesen: Außer Kupfer führte Südwestafrika bereits andere Erze, vor allem Blei- und Zinnerze, aus, nämlich
[72] Die Erhöhung der Weltmarktpreise für diese Metalle hat die Schürftätigkeit in der Nachkriegszeit auch in Südwestafrika stark angeregt und zur Aufdeckung neuer Zinnvorkommen geführt, deren Mächtigkeit nach einem englischen Bericht auf eine Reihe von Jahrzehnten hinaus einen geregelten Bergbau gewährleistet. Die technischen Vorarbeiten und die Finanzierung sind im Herbst 1925 zum Abschluß gebracht worden. Der Abbau im großen soll demnächst beginnen.
Goldvorkommen sind in Südwestafrika und in Ostafrika festgestellt worden. Im
ersteren herrschte im letzten Friedensjahr eine rege Schürftätigkeit auf den
gold- und silberhaltigen Quarzgängen von Kunjas, wo 206 Edelmetallschürffelder
belegt waren. In Ostafrika ist vor allem der Grubenbetrieb der
Kironda-Goldminengesellschaft zu erwähnen. Der Wert der Ausfuhr von Gold und
Golderzen aus Ostafrika erreichte folgende Beträge:
Die Verringerung der Goldausbeute 1912 war auf Betriebsstörungen durch
Wassereinbrüche zurückzuführen; gegen Ende des Berichtsjahres 1912/13
hatte die monatliche Ausbeute den früheren Stand wieder erreicht.
Glimmerbestände wurden in den letzten Vorkriegsjahren in Ostafrika im Bezirk
Morogoro ausgebeutet; zur Ausfuhr gelangten
Marmor ist in Südwestafrika in der Nähe der Eisenbahnstation Kubas
gefunden worden. Zu seiner Ausbeutung hatte sich die
Afrika-Marmor-Gesellschaft gebildet, die im letzten Friedensjahr noch mit ihrer
Maschinenanlage beschäftigt war, ihren Betrieb also erst in geringem Umfang
aufgenommen hatte. Ein Marmorgebirgszug von großer Mächtigkeit war an der
Küste bei den Osterklippen festgestellt worden. Verschifft wurden bisher
Größtes Aufsehen haben seiner Zeit die südwestafrikanischen
Diamantenfunde erregt, und ihre Auffindung bietet das beste Beispiel für das
unerwartete Auftauchen neuer Möglichkeiten,
kolo- [73] nialen Besitz wirtschaftlich nutzbar zu
machen. Bekanntlich sind die Edelsteine im Herbst 1908 im Sande desselben Baiweges gefunden
worden, über den ein Vierteljahrhundert hindurch der ganze
Karawanen- und Truppenverkehr in das Innere ging. Sie können in dem hier behandelten
Zusammenhang nicht als Rohstoffe gelten, waren indessen naturgemäß für die
Finanzwirtschaft des Schutzgebietes von erheblicher Bedeutung. Die Einnahmen aus der
Diamantenförderung bildeten das finanzielle Rückgrat der Kolonie und wurden zu
einem erheblichen Teil der wirtschaftlichen Erschließung des Landes nutzbar gemacht. Der
Wert der zur Versendung gekommenen Steine betrug
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