[74] IV. Die wichtigsten Rohstoffe und ihre Quellen (Forts.) 5. Tropenhölzer und tropische Gerbstoffe Die deutsche Holzindustrie bedarf zur Herstellung von Möbeln, Drechslerwaren, Musikinstrumenten überseeischer Hölzer in beträchtlicher Menge. Ebenso werden trotz der Fortschritte der Färbetechnik, im besonderen auf der Grundlage der Teerfarbstoffe, noch immer Farbhölzer zum Färben gewisser Gespinstwaren und von Leder aus dem Auslande bezogen. Die Einfuhr dieser Hölzer gestaltete sich im letzten Friedensjahr und in der Nachkriegszeit folgendermaßen:
Dieser Einfuhr steht nur eine sehr unbedeutende Ausfuhr gegenüber. Sie betrug für alle obengenannten Holzarten 1913: 6 318 t im Werte von 1,5 Millionen M, 1923: 758,6 t im Werte von 285 000 M, 1924: 681,7 t im Werte von 315 000 M und 1925: 730,8 t im Werte von 334 000 M. Rund die Hälfte dieser an sich geringfügigen Ausfuhr besteht aus weiterverarbeiteten (zerkleinerten, gegorenen) Hölzern, so daß der eigentliche Rohstoff fast restlos im Lande zu Halb- oder Fertigfabrikaten verarbeitet wird. Tropische Hölzer lieferte auch vor dem Kriege fast ausschließlich das Ausland. Zwar besitzen unsere früheren Kolonien selbst große Waldgebiete, jedoch hatte ihre Ausbeutung erst in den letzten Jahren vor dem Kriege eine nennenswerte Höhe erreicht. Das hängt in erster Linie mit der Entwicklung der kolonialen Verkehrsverhältnisse zusammen, die für die Holzausfuhr in noch stärkerem Maße als für die sonstigen Kolonialprodukte ausschlaggebend sind. Baumwolle, Kautschuk und Hanf lassen sich zur Not auch auf den Köpfen von Trägern aus dem Innern an die Küste befördern, beim [75] Holz wird diese Beförderungsweise naturgemäß fast zur Unmöglichkeit, falls die Hölzer nicht am Gewinnungsort zerkleinert werden. Das kann natürlich nur in geringem Umfang geschehen, denn einerseits erhöhen sich dadurch die Gestehungskosten, andrerseits werden die Hölzer durch das Zerkleinern zu vielen Zwecken untauglich. Für die Edelholzgewinnung hätten in erster Linie Ostafrika und Kamerun in Frage kommen können, ferner Neu-Guinea. In Ostafrika sind in der Nähe der Küste rund 250 000 ha Hochwald, 50 km landeinwärts weitere ein bis zwei Millionen Hektar vorhanden, die mit Zedernholz und Mahagoni durchsetzt sind.1 Um für ihre sachgemäße Pflege und Erhaltung vor allem im Hinblick auf die Zukunft Sorge zu tragen, hatte das Gouvernement die Bildung von fiskalischen Waldreservaten eingeleitet, die am 1. April 1908 rund 260 000 ha, am 1. April 1913 bereits 742 000 ha umfaßten. Auch die Privatindustrie hatte sich der Ausbeutung einiger Gebirgswaldungen zugewandt. So betrieb die Firma Wilkins & Wiese die Aufschließung des etwa 25 000 ha großen Schumewaldes in Ost-Usambara mit Hilfe einer im Juli 1909 in Betrieb genommenen Drahtseilbahn, die den Transport des Holzes zu Tal besorgte. Daneben war, ebenfalls in Ost-Usambara, die Deutsche Holzgesellschaft tätig, die durch eine 23 km lange Stichbahn Anschluß an die ostafrikanische Mittellandbahn hatte. Im Süden Kameruns weist das Küstengebiet große und ziemlich reine Bestände von Okume, einer wertvollen Hartholzart, auf, während in Neu-Guinea, ebenfalls unmittelbar an der Küste, große Flächen mit einem anderen Hartholz, Afzelia bijuga, bedeckt sind. Das letztgenannte ist der einzige vollwertige Ersatz für das im Schiffbau unentbehrliche Tiekholz, und unmittelbar vor dem Kriege war zu seiner Ausbeutung eine eigene deutsche Gesellschaft gegründet worden. Mahagoni und Ebenholz sind in den tropischen Kolonien Westafrikas überall zu finden, wenn auch nicht in geschlossenen Beständen. Pläne, durch Stichbahnen den Anschluß an die bestehenden Hauptbahnen und die schiffbaren Flüsse zu suchen, waren für Kamerun wie für Ostafrika vorbereitet. Der Erfolg aller dieser Bemühungen spiegelt sich in den Aus- [76] fuhrzahlen der beiden Schutzgebiete wider. Die Ausfuhr von Farb- und anderen Hölzern (außer Brennholz, Holzkohle und Gerbhölzern) betrug:
In enger Verbindung mit der Nutzholzfrage steht die Frage der Versorgung Deutschlands mit Gerbstoffen. Schon seit langer Zeit ist Deutschland nicht mehr in der Lage, den Bedarf der deutschen Lederindustrie an Gerbstoffen zu decken, um so weniger, als die deutsche Eichenschälkultur immer mehr zurückgegangen ist. Bereits vor dem Kriege wurde berechnet, daß Deutschland nur den sechsten, höchstens den fünften Teil seines Bedarfes an Eichen- und Fichtenrinde für Gerbzwecke hervorbrachte. Die deutsche Lederindustrie ist also in sehr starkem Maße auf die Einfuhr von Gerbstoffen aus dem Auslande angewiesen, und zwar aus dem überseeischen Auslande. In unseren vier Vergleichsjahren ergibt sich über diese Einfuhr folgendes Bild:
Wie bei allen Rohstoffen, zeigt sich auch hier die Unzulänglichkeit der Nachkriegseinfuhr bei gleichzeitiger starker Verteuerung. Die Ausfuhr von Gerbstoffen war immer unerheblich und ist es gegenwärtig ganz besonders. Sie betrug 1913: 30 657 t, 1923: 12 974 t, 1924: 8 591 t, 1925: 7 099 t. Auch hierbei handelte es sich im wesentlichen nicht um ausgeführte unbearbeitete Rohstoffe, sondern fast ausschließlich um bearbeitete, wie Quebrachoholzauszug. Von den eingeführten Gerbstoffen stammte stets der größte Teil aus überseeischen Gebieten. Es kamen
Wie oben ersichtlich, ist die Liste der von Deutschland bezogenen überseeischen Gerbstoffe sehr vielgestaltig. Gerade die wichtigsten von ihnen unterlagen aber schon im Frieden einer monopolartigen Preisfestsetzung. So kamen das Quebrachoholz ausschließlich aus Argentinien, Mimosa-, Mangrove-, Malettorinde zu mehr als der Hälfte der Gesamtmenge aus Britisch-Südafrika. Besonders die letzte Tatsache gab die Anregung, auch die deutschen Afrika-Besitzungen auf ihre Lieferungsfähigkeit für Gerbstoffe zu untersuchen. Die umfangreichen Waldgebiete, die in Deutsch-Ostafrika und Kamerun vorhanden sind, wurden schon erwähnt. Sie bergen, wie eine vom Kolonial-Wirtschaftlichen Komitee im Jahre 1900 veranlaßte Expedition feststellte, auch Gerbstoffe in großen Mengen. Abgesehen von anderen ist hier besonders der Mangrovenrinde zu gedenken, die im großen aus unseren [78] früheren Schutzgebieten bezogen werden könnte. Man versteht unter Mangroven eine eigenartige tropische Gehölz- oder Waldbildung an den Flußmündungen und Meeresbuchten, wo der Boden durch Ebbe und Flut abwechselnd überschwemmt und trockengelegt: wird. Derartige Bildungen kommen häufig vor, und im übrigen hat sich auch ergeben, daß Mangrove-Waldungen künstlich angelegt werden können. Ein im Jahre 1905 in Ostafrika damit unternommener Versuch hat zu durchaus befriedigenden Ergebnissen geführt. Von Bedeutung für Anbauzwecke ist ferner die ursprünglich australische "Mimose" oder Gerberakazie. Sie entwickelt sich unter tropischem Himmel sehr schnell und erlaubt bereits im Alter von sechs Jahren eine Rindennutzung. Eingehende Untersuchungen von Sachverständigen hatten zu dem Urteil geführt, daß der Anbau dieser Pflanze sowohl für Ost- wie für Südwestafrika in Frage käme. Versuche haben das bestätigt. Von seiten der Gouvernements waren demgemäß in Ostafrika Kulturen dieser Pflanzen selbst angelegt oder durch Verteilung von Saatgut gefördert worden. Ähnlich verhält es sich mit Myrobalanen und Dividivi, einem Baum, dessen Holz zu Gerbzwecken geeignet ist, und der in Ostafrika ebenfalls gut gedeiht. Daß die deutschen Kolonien, solange sie unter deutscher Herrschaft standen, nennenswerte Mengen von Gerbstoffen nicht ausgeführt haben – Ostafrika verzeichnet für 1913 eine Ausfuhr von 1748 t –, liegt also nicht daran, daß sie sie nicht hervorzubringen imstande gewesen wären, sondern hauptsächlich an ihrer noch nicht weit genug gediehenen Erschließung. Die natürlichen Vorbedingungen für eine Erzeugung auch dieser wichtigen Rohstoffe waren in ihnen ebenso gegeben wie in anderen afrikanischen Gebieten, von denen Britisch-Südafrika bereits hervorgehoben worden ist.
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