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Anlage 19
Übereinkommen,
vereinbart zwischen General Prchala, London, für den Tschechischen
Nationalausschuß und der Arbeitsgemeinschaft zur Wahrung sudetendeutscher Interessen,
München, letztere vertreten durch Dr. Lodgman, Reitzner und
Schütz.
1. Beide Teile stehen auf dem Boden der demokratischen Weltanschauung und lehnen
jedes totalitäre System ab. Beide Teile betrachten eine demokratische Ordnung der
Verhältnisse
im böhmisch-mährisch-schlesischen Raum als einen Teil des Kampfes für
ein
einheitliches Europa. Dieses kann nach ihrer Überzeugun nur dadurch erreicht werden,
daß sich seine Völker ohne Zwang in Ausübung ihres
Selbstbestimmungsrechtes zusammenfinden.
2. Beide Teile anerkennen den Grundsatz, daß in der Emigration niemand
berechtigt ist, ein Volk zu verpflichten. Es ist der berufene Herr seines Schicksals und soll sich
frei entscheiden können, welchen Weg es gehen will. Nur ein Volksentscheid kann
endgültig bestimmen.
3. Beide Teile betrachten die Rückkehr der vertriebenen Sudetendeutschen in
ihre
Heimat als gerecht und daher selbstverständlich. Sie sind sich dessen bewußt,
daß diese Rückkehr nur dann erfolgen kann, wenn auch das tschechische Vok
befreit
ist. Deshalb wollen sie alles tun, um seine Befreiung zu verwirklichen.
4. Beide Teile lehnen die Anerkennung einer Kollektivschuld und des aus ihr
fließenden Rachegedankens ab, sie verlangen aber die Wiedergutmachung der
Schäden, die das tschechische Volk und das sudetendeutsche Volk erlitten haben und die
Bestrafung der geistigen Urheber und der ausführenden Organe der begangenen
Verbrechen. Diese Maßnahmen erscheinen beiden Teilen notwendig, weil die
Geschehnisse
der letzten Jahrzehnte ein freundschaftliches Nebeneinanderleben beider Völker
unmöglich machen, solange die jetzige Generation lebt, weil sie an der Begehung der
Verbrechen an Gut und Leben unmittelbar beteiligt war, entweder als Täter oder als Opfer
und weil sie auf beiden Seiten die Erinnerung an diese Ereignisse nicht auslöschen
könnte, auch wenn sie es wollte, wenn sich nicht ihr wertvoller Teil von den Verbrechern
trennt. Die Durchführung dieser Maßnahmen sollte nach Ansicht beider Teile durch
die eigenen Volksgenossen erfolgen, denn die Verbrechen sind ja nicht nur gegen das andere,
sondern auch gegen das eigene Volk begangen worden, dessen Ruf und Ansehen in den Augen
aller anständigen Menschen schwer geschädigt wurden.
5. Beide Teile sind darin einig, daß über die endgültigen
staatspolitischen Verhältnisse gemäß Punkt 2 beide Völker
entscheiden
sollen, sobald die Befreiung des tschechischen Volkes und die Rückkehr der
Sudetendeutschen erfolgt sein werden. Da die Voraussetzungen heute nicht überblickt
werden können, beide Völker durch ein Jahrtausend
im böhmisch-mährisch-schlesischen Raum in engster Nachbarschaft gelebt haben
und auch in Zukunft leben werden, so haben beide Teile beschlossen, einen
Föderativausschuß einzusetzen, der die Voraussetzungen hierfür schaffen
soll.
Beide Teile nehmen an diesem Ausschusse gleichberechtigt teil.
6. Dieser Entwurf unterliegt der Ratifizierung durch den Tschechischen
Nationalausschuß einerseits und durch die Arbeitsgemeinschaft zur Wahrung
sudetendeutscher Interessen, München, andererseits. Bis dahin wird er als vertraulich
betrachtet, er soll nach der Ratifizierung veröffentlicht werden.
7. Dieses Übereinkommen ist in der deutschen und der tschechischen Sprache
abgefaßt worden, beide Ausfertigungen werden vom Präsidium der
Arbeitsgemeinschaft zur Wahrung sudetendeutscher Interessen, München, einerseits und
von General Prchala in Vertretung des Tschechischen Nationalausschusses, London, andererseits
unterschrieben. Beide Ausfertigungen gelten als authentisch.
München - London, Freitag, den 4. August 1950.
Dokumente zur Austreibung der Sudetendeutschen
Überlebende kommen zu Wort
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