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Tremosna
(Lager Tremosna / Pilsen)
Bericht Nr. 341
Lager Tremosna, Schlechte Behandlung kranker
Deutscher
Berichter: Dr. Brandl Bericht vom 9. 12. 1945
Ich war als Arzt in
dem amerikanischen PW-Hospital 712e tätig, in welchem
für die US-Streitkräfte tätige Zivilpersonen versorgt wurden. Das Lager
befand sich in Pilsen und wurde von dem US-Oberst Bost geleitet.
Mitte November wurden uns auch sieben Deutsche zugewiesen, die aus dem Anhaltelager in
Tremosna kamen und aus dem Erzgebirge stammten. Die Deutschen waren gesundheitlich und
körperlich völlig heruntergekommen. Ihre Körper glichen Skeletten und
ließen jeden Knochen und jede Rippe erkennen. Ihr Rücken zeigte Spuren von
Schlägen. Es hatten sich zahlreiche Narben gebildet, die von blutigen Striemen
herrührten.
Sie berichteten übereinstimmend, daß sie völlig unzulässig
verköstigt worden seien. Schon wochenlang erhielten sie nur zweimal täglich
Suppe
und ¼ Brot pro Tag und Mann. Drei von ihnen waren schwer herzkrank und bekamen
keine ärztliche Behandlung, weil die Medikamente fehlten. Wenn Medikamente
vorhanden
waren, mußten sie von den deutschen Lagerinsassen gekauft werden, was wiederum
unmöglich war, da man ihnen ja alles Geld abgenommen hatte. Der Schriftleiter Weidlich
aus Graslitz berichtete, daß viele der Lagerinsassen nach der Strafanstalt Bory
überführt wurden, wo sie an Hungertyphus zugrunde gingen.
Die sieben Deutschen wurden dem amerikanischen Oberst Bost vorgeführt, der sich
entrüstet über ihren Zustand äußerte.
Triebendorf
(bei Mährisch Trübau)
Bericht Nr. 342
Beraubung einer Frau
Berichterin: Erna Mildner Bericht vom 15. 6. 1946
Ich wohnte seit 20. Juli 1945, nachdem ich 15 Jahre im Raiffeisenhaus
Baumeisterin gewesen
war, bei dem Bauer Heger. Als dem Bauer Heger ein tschechischer Verwalter auf den Hof
gesetzt
worden war, arbeitete ich bei diesem über vier Monate ohne jede Bezahlung. Am 5.
Dezember wies mich der tschechischer Verwalter Urbanek aus Nemcic, Kreis Prerau, aus dem
Haus und ich durfte mir von meinen Kleidern und meiner Wäsche für mich und die
Kinder nichts mitnehmen, obwohl diese Sachen nicht zum Bauernhof gehörten, da ich
dort
nur gewohnt und gearbeitet hatte. Ein paar alte Fetzen hat er mir dann herausgegeben und mich
gezwungen, eine tschechische Liste zu unterschreiben, die ich gar nicht lesen konnte. Auch
sämtliche Lebensmittel hat er mir weggenommen. Als ich am nächsten Tag noch
einmal zu ihm ging und ihn noch um einige von meinen Sachen bat, stieß er mich aus der
Tür und drohte mir mit dem KZ. Eine Anzeige bei der Gendarmerie wagte ich nicht. Als
sich zu Weihnachten meine Tochter bei ihm Weihnachtsschmuck und die Krippe holen wollte,
die
bei ihm geblieben war, drohte er dem Kind wieder mit dem KZ und zerschlug vor ihren Augen
den Christbaumschmuck und die Krippe auf dem Boden.
Ich sah, wie Urbanek, der von landwirtschaftlichen Arbeiten keine
Ahnung hatte - er war Maurer von Beruf - den Bauern Heger auf dem Felde mit der Peitsche
verprügelte und ihn zu Boden stieß, obwohl Heger Invalide war.
Ich kann diese Aussagen beeiden.
Tschachwitz
(Kreis Kaaden)
Bericht Nr. 343
Mehrfacher Mord an Sudetendeutschen im Juni
1945
Berichter: Josef Faßl Bericht vom 27. 6. 1950
Nachdem bereits am 6. Juni
der 42 Jahre alte Müller Wenzel Ment in Liebisch ermordet
worden war, kam am 10. Juni eine betrunkene Partisanengruppe mit einem Wagen durch den
Ort,
schleppte meine damals 42 Jahre alte Schwester, Mutter von fünf Kindern, aus dem
Hause,
warf sie auf den Wagen, fuhr 1 km außerhalb, stieß sie dort in den Graben,
erschoß sie mit einigen Maschinenpistolengarben und fuhr johlend und singend davon.
Am
13. Juni wurde mein 40 Jahre alter Bruder unter einem Vorwand nach Tuschmitz zu dem am
dortigen Bahnhof als Stationsvorsteher fungierenden Kommissar gelockt, dort die ganze Nacht
furchtbar mißhandelt, sodaß seine Schreie bis in den 2 km entfernten Ort
gehört
wurden, und am nächsten Morgen auf freiem Feld erschossen und verscharrt. Dieser
Verbrecher, welcher auch für die übrigen, in dieser Gegend meist verübten
Verbrechen verantwortlich ist und sich öffentlich rühmte, daß er mit seiner
Maschinenpistole bereits 36 Deutsche ermordet habe und hoffe, diese Zahl auf 50 zu
erhöhen zu können, ermordete einige Tage später auch den Landwirt Josef
Baier aus Liebisch. Ende Juni wurden in Tschachwitz der Pächter des Kurhauses,
Bechine,
der Arbeiter Edmund Gläser, der Landwirt Josef Strohwasser, die beiden Brüder
Karl
und Walter Merker und der Schuhmachermeister Hermann Peinelt bei der Kirchenmauer in
Tschachwitz erschossen. Die nächsten Angehörigen wurden unter Schlägen
gezwungen, zuzusehen und dazu zu lachen.
Als Zeugen seien noch angeführt: die Kinder meiner ermordeten Schwester Franziska
Müller, ferner Frau Emilie Gläser, sowie der ehemalige Bürgermeister der
Gemeinde Liebisch, Franz Löbling.
Tschenkowitz
Bericht Nr. 344
Erhängung zweier Deutscher
Berichterin: Erna Peschke Bericht vom 21. 6. 1946
Mein Mann war am 19. 4.
45 von der Wehrmacht nach Hause gekommen. Am 9. 5. wurde die
Bevölkerung von Tschenkowitz zu einer Versammlung aufgefordert. Ich war mit meinem
Mann auf dem Wege zu dieser Versammlung, als mein Mann auf die Gemeindekanzlei geholt
wurde. Ich ging mit meinem Mann zur Gemeindekanzlei. Er wurde dort festgehalten und nach
einigen Stunden mit einigen anderen Männern aus Tschenkowitz nach Gabel an der Adler
gebracht. Auf meine Anfrage beim Bürgermeister Burian erhielt ich die Auskunft,
daß die Deutschen nur in Schutzhaft genommen seien und voraussichtlich in wenigen
Tagen
wieder entlassen werden würden. Am 14. 5. gegen 9 Uhr früh wurden
ungefähr 30 Männer, darunter mein Mann, von Gabel zurückgebracht. Sie
waren bis zur Unkenntlichkeit zerschlagen. Ich hörte, daß mein Mann erhängt
werden sollte. Ich lief mit meinem drei Monate alten Kind zur Gemeinde und bat um Gnade
für meinen Mann. Auch mein Schwiegervater bat für ihn. Es wurden damals zwei
Männer erhängt, ein gewisser Spiller und mein Mann. Der Bürgermeister
hatte mir gesagt: "Es geschieht ihm ganz recht, er ist Deutscher!"
Tschirm
(Kreis Troppau)
Bericht Nr. 345
Mord an der Tochter am 17. Juni 1945
Berichter: Franz Schreier Bericht vom 9. 6. 1950
In Tschirm Nr. 84, Kreis
Troppau, drangen am Sonntag, den 17. Juli 1945, nachts um 11 Uhr
tschechische Partisanen (2 Zivilisten, 1 Mann in tschechischer, 1 Mann in russischer Uniform) in
das Schlafzimmer meiner Tochter,
der 25-jährigen Angela Schreier ein, um sie zu vergewaltigen. Sie hatte sich zur Wehr
gesetzt. Darüber empört, feuerte einer der Partisanen aus
einer Armee-Pistole einen Schuß auf sie ab, der nach wenigen Minuten den Tod
herbeiführte.
Der sofort herbeigeführte Arzt - Dr. Baier aus
Wigstadtl - stellte den eingetretenen Tod infolge Lungenschuß fest.
Hochw. H. Alfred Possel nahm die Einsegnung und das Begräbnis vor.
In demselben Bett neben der Mutter befand sich ihre Tochter Ingrid, geboren am 15. März
1943, die durch einen Schuß gleichzeitig ins Rückgrat getroffen wurde und ab
dieser
Zeit gelähmt ist. Durch ¾ Jahr war hernach das Kind in der Kinderklinik in
München.
Gleich nach der Mordtat erschien am Tatplatz der tschechische Gemeindediener Jan Bayger von
Tschirm. Beim Weggehen nahm er das vorhandene Schuhwerk, die besseren Kleider und
sämtliche Wäsche mit sich fort.
Tüppelsgrün
(und Altrohlau)
Bericht Nr. 346
Tod infolge Mißhandlungen
Berichterin: Emma Eigler Bericht vom 18. 9. 1946
Mein Mann war Friedhofsgärtner und Mesner in
Tüppelsgrün. Am 21. 6.
wurde er abgeholt und die ganze Nacht schwer mißhandelt. Am nächsten Tag
früh kam er nach Hause zurück, durch die Mißhandlungen bis zur
Unkenntlichkeit entstellt. Seit dieser Zeit war er krank. Er hatte von den Mißhandlungen
eine Milzverletzung erhalten, die eitrig wurde. Im Juni 1946 ist er daran gestorben. Nach
Aussage
des tschechischen Arztes von Altrohlau ist mein Mann an den Folgen der Mißhandlungen
gestorben.
Tuschkau
Bericht Nr. 347
Tod durch Verhungern
im Gefängnis Bory am 20. August 1945
Berichterin: Eleonore Hochberger Bericht vom 18. 6. 1950
Am 18. Mai 1945 wurde mein
Gatte Adalbert Hochberger, Hauptschullehrer in Tuschkau,
wohnhaft in Kosolup 123 bei Pilsen, Kreis Mies, von den Tschechen verhaftet. Seit 7. Mai
mußte er mit anderen Deutschen auf Befehl der Tschechen zuerst Panzersperren entfernen
und dann Schutt wegräumen, da unser Ort einige Volltreffer bei Fliegerangriffen
abbekommen hatte. In der ersten Zeit waren die Tschechen noch etwas zurückhaltend, da
sie
fürchteten, sich die Ungnade der Amerikaner zuzuziehen. Bald aber wurde es anders, als
sie merkten, daß sie von den Amerikanern nichts zu fürchten hatten und mit uns
Sudetendeutschen machen konnten,
was sie wollten.
Als mein Gatte am 18. Mai von der Arbeit nicht heim kam, teilte mir meine Tochter mit,
daß viele Männer verhaftet worden seien. Ich lief sofort zum Výbor und da
standen,
lagen und hockten ungefähr 20 Männer. Einige waren durch Mißhandlungen
ganz verschwollen. Meinen Mann sah ich stehen, er war noch unverletzt. Beim Výbor
war
eine
Menge Tschechen des Ortes und Gendarmen aus Pilsen, welche mit einem Autobus
angekommen
waren. Ich lief hin und rief: "Was hat mein Mann verbrochen, wem hat er etwas getan? Ich war
auch bei der Partei, so nehmt mich auch mit." Ein Tscheche ging auf mich zu und sagte: "Tak
pojdte." ["Komm schon." - Scriptorium.] Da faßte mich ein Gendarm am Arm und zog mich in die Gemeindekanzlei. Er
ließ
sich dort meine Personalien geben und ging dann mit mir und vier Tschechen in meine
Wohnung.
Nun wurde das ganze Haus, auch Hof und Garten durchsucht. Ein Tscheche sagte: "Wo ist
Revolver?" Ich sagte ihm, daß wir noch nie einen besessen hätten. Er sagte: "Ihr
Mann sagte, er hat Revolver." Als sie endlich nach zwei Stunden, ohne etwas gefunden zu
haben,
mit der Hausdurchsuchung fertig waren, entfernten sie sich. Der Gendarm, der sich
verhältnismäßig zurückhaltend benahm und bloß das Radio
beschlagnahmte, sagte beim Weggehen zu meiner Tochter in tschechisch: "Sagen Sie Ihrer
Mutter, sie soll sich nicht so aufregen, ihr Mann wird bald wiederkommen." Er ist nicht
wiedergekommen.
Als ich mich nach einiger Zeit wieder hinaus wagte, war der Autobus mit den Gefangenen weg.
Nach vier Wochen erfuhr ich erst durch eine vorgedruckte Karte mit Unterschrift meines
Mannes,
daß er in Pilsen im Gefängnis Bory war. Auf der Karte stand, daß man den
Gefangenen jede Woche frische Wäsche bringen könne. Einmal versuchte ich, von
den Tschechen eine Bescheinigung für die Bahnfahrt nach Pilsen zu erlangen. "Ihr
Verbrecherfrauen wollt fahren? Zu Fuß könnt Ihr laufen," sagte der Tscheche, gab
mir aber dann doch einen Schein, jedoch von den Amerikanern erhielt ich keine Bewilligung
und
man warnte uns vor Pilsen, daß es für uns Deutsche sehr gefährlich sei.
Zweimal gelang es mir, Wäsche nach Bory zu schicken, d. h. es nahm sie jemand mit, ob
mein Mann sie jemals erhalten hat, das erfuhr ich nicht. Ich unternahm verschiedene Schritte,
um
meinen Mann zu helfen oder ihn zu retten, alles vergebens. Ich schrieb ein Gesuch, wurde aber
beim Výbor ausgelacht, ich versuchte immer wieder beim amerikanischen
Kommandanten
vorzusprechen und um Hilfe anzuflehen.
Es war einfach unmöglich zu ihm zu gelangen. Vor dem Tor hielten zwei tschechische
Legionäre Wache und ließen nur jene vor, die vom Výbor eine
Bescheinigung
dafür hatten. Einmal gelang es mir, mit dem amerikanischen Dolmetscher zu sprechen.
Dieser erklärte mir kurz: "Wir Amerikaner sind nicht gekommen, um den Deutschen zu
helfen, sondern um die Tschechen von euch zu befreien. Was aber diese mit euch machen, ist
uns gleich, nur die reichsdeutschen Flüchtlinge stehen unter unserem Schutz, diesen darf
nichts geschehen."
Eines Tages erhielt ich von einem ganz fremden Tschechen ein Schreiben meines Mannes,
worin
er mir mitteilte, daß er furchtbare Hungerqualen leide und ich ihm Essen schicken
möchte. Der Tscheche ließ keine Adresse zurück, ich war nicht zuhause.
In dieser Zeit erhielt ich von den Tschechen die Aufforderung, das Haus zu verlassen. Meine
Tochter erzählte einem amerikanischen Soldaten von unserer Not und dieser kam am
anderen Tag mit zwei Freunden und sie trugen unsere schweren Möbel in die uns
zugewiesene Wohnung. Die Soldaten wunderten sich nur, daß wir aus unserer
schönen Wohnung in diese alte schlechte zogen und sie konnten nicht verstehen, warum
wir den Tschechen gehorchten.
Meine Tochter mußte auf dem im Orte gelegenen Gutshofe arbeiten, ohne dafür
Essen oder Lohn zu erhalten.
Als wir das Haus geräumt hatten, erfuhr ich, daß mein Mann gestorben sei. Es war
am 20. 8. 1945, ich wollte ihm das erste Lebensmittelpaket bringen, es war endlich erlaubt, da
schon das große Sterben unter den Gefangenen im Gang war, drei kleine Kartoffeln in
½ Liter heißem Wasser war alles, was sie täglich bekamen. Ich wollte durch
die Sperre, da stimmte wieder etwas an meinem Ausweis nicht. Ich gab das Paket einer
Bekannten, die auch nach Bory ging, mit. Nachmittag brachte sie es wieder und teilte mir mit,
daß mein Mann heute früh gestorben sei. Zwei Tage ging ich in Pilsen von einer
Amtsstelle zur anderen. Ich beachtete keine Vorschriften und Verbote für die Deutschen.
Ohne Armbinde liefen wir, meine Tochter und ich, umher, fuhren mit der Straßenbahn,
trotzdem schwere Strafen darauf standen, mir war alles egal. Von einem Amt zum anderen
wurden wir geschickt, hoffte ich doch wenigstens die Leiche meines armen, an Hunger
gestorbenen Mannes zu bekommen. Als wir endlich an die richtige Stelle kamen, sagte der
tschechische Beamte auf tschechisch: "Ihr seid Deutsche? Nein, glauben Sie, wir konnten unsere
Toten aus den deutschen KZ überführen lassen?"
Am vierten Tage verließen wir die Heimat, wobei uns ein Amerikaner behilflich war,
sodaß wir doch einige notwendige Sachen mitnehmen konnten.
Bericht Nr. 348
Entlassene Soldaten im Herbst 1945 in Lager
gepreßt
Berichter: Franz Zitterbart Bericht vom 8. 6. 1950 (Tuschkau)
Am 5. Mai 1945 kam ich von
der Wehrmacht nachhause
nach Tuschkau-Stadt. Ich arbeitete als Schneidermeister für die Tschechen und als
Bügler für die Amerikaner. Am 19. Juli 1945 ließ mich die amerikanische
Militärpolizei durch den tschechischen Bürgermeister J. Reiser auf das
Gemeindeamt
holen und nach kurzem Verhör kam ich mit LKW in das Soldatenlager Hammelburg in
Bayern. Die amerikanische Wachmannschaft dort war sehr anständig zu uns. Dann am 20.
9. 1945 wurde ich entlassen und von den Amerikanern nach Tirschenreuth an die bayerische
Grenze gebracht. Ich war nun frei und meine Familie war noch
in Tuschkau-Stadt, in unserem eigenen Haus. Ich meldete mich ordnungsgemäß mit
meinem amerikanischen Entlassungsschein beim amerikanischen Grenzoffizier in Altmugl. Am
22. 9. 1945 wurde ich mit 29 Kameraden über die tschechische Grenze nach Promenhof
(Proumov) gebracht. Dort vor dem tschechischen Zollhaus wurden uns von den Tschechen
unsere
Entlassungsscheine, Geld (mir 186.- Mark und 100 Kc) gegen Quittung, sofort abgenommen.
Dann mußten wir unsere Decken, Wäsche, Messer, Uhren, Konserven und Tabak
abgeben und warten. In ca einer Stunde kamen Gendarmen und Partisanen auf Rädern
angesaust und unter Führung des tschechischen Zugführers Snaidr ging es mit
Schimpfen, Ohrfeigen und Stößen zu Fuß nach der Stadt Plána (Plan).
Dort in
einer alten verwanzten Holzbaracke am Bahnhof mußten wir, immer zwei Mann, auf
einem
alten Strohsack ohne Decken schlafen. In diesem Elendslager (350 Mann) waren Ohrfeigen,
Prügel, Stiefelstoßen, tschechische Marschlieder (1 Stunde) und schwere Arbeit an
der Tagesordnung. Oft des Nachts auch noch Strohsackkontrollen nach Zeitungen, Briefen,
Waffen.
Am 12. 10. 1945 mußten wir, 20 Mann, in einem Walde bei Raketendörflas Tote
ausgraben. Vor einer tschechischen Gerichtskommission (Gendarmen, Bahnbeamten,
Partisanen)
mußten wir 20 Männer bald eine Stunde
in "Habt-Acht"-Stellung stramm stehen. Dabei ohrfeigten, schimpften und schlugen uns die
Partisanen. Dann ging es in den Wald hinein zu den Gräbern. Der Oberlehrer Bittner,
Monteur Kanzler, Schneidermeister Ernst und ich selber, kamen an eine einsame Grabstelle. Im
Eiltempo mußten wir schaufeln. Dann kam der halbverweste Leichnam zum Vorschein.
Jetzt schlugen uns zwei tschechische Zivilisten unbarmherzig mit den Gummiknütteln. Ich
war schon matt, da schrie ein tschechischer Gendarmeriekapitän: "Was bist Du von
Beruf?"
Ich sagte: "Schneidermeister und Kriegsverletzter". Da schrie der Gendarm: "Dann nimm deine
Finger und scharre den Toten sauber aus!". Ich scharrte nun mit den Fingern in dem Dreck und
dem stinkigen Menschenbrei herum. Auf einmal bekam ich derartige Schläge über
den Kopf, Hals, Rücken und Beine, daß ich bewußtlos auf die Seite rollte.
Später ging es auf eine Wiese und mußten wir im Laufschritt Gras abreißen,
um die verwesten Leichen zu reinigen. Ein tschechischer Totengräber nahm mich mit zum
Auto und ich hatte etwas Ruhe. Dieser Tscheche konnte die Mißhandlungen nicht
ansehen.
Abends 8 Uhr ging es zurück in unser Barackenlager und der tschechische Lagerleiter
Ulma gab noch einigen von uns kräftige Ohrfeigen. Am 2. 11. 1945 kamen wir 150 Mann
in das Arbeitslager Tschemoschna bei Pilsen. Dort gab es anfangs auch Schläge und
Prügel, auch einige Tote von Graslitz. Aber später verbot der tschechische
Lagerkommandant K. die Mißhandlungen. Am 4. 2. 1946 kamen wir 150 Mann wieder in
verschlossenen Viehwagen zurück nach dem Elendslager Plána (Plan). Dort, unter
dem
besoffenen Lagerleiter Snaidr, war die Prügelei und Bunker Sitte und Gesetz. Zum
Glück kam ich zu höheren tschechischen Beamten als Hausschneider in ihre
Wohnungen. Diese Tschechen waren gut zu mir. Auch bei drei tschechischen Kommunisten
arbeitete ich und mußte alle Mißhandlungen erzählen. Anfang Mai 1946
plötzlich wurde der rohe Lagerleiter Snaidr abgesetzt und die Verhältnisse im
Internierungslager Plan wurden erträglicher.
Nur wenige Deutsche kamen ins Kreisgefängnis nach Eger. Endlich am 27. 7. 1946 wurde
ich entlassen, von den Tschechen beschenkt und mit der Bahn nachhause geschickt.
Der "Národní výbor" (tschechische Volksausschuß) und der
tschechische
kommunistische Bürgermeister S. waren sehr anständig und human zu meiner Frau
und meinen Kindern. Auch die amerikanischen Soldaten (ich glaube die 16. Division) in
Tuschkau haben meiner Familie geholfen. Am 2. August wurden wir nach Bayern
ausgesiedelt.
Tschechen gaben uns sogar einige Lebensmittel mit auf unseren Aussiedlungsweg. Diese
Wahrheiten muß ich ehrlich bekennen.
Udritsch
(Gut bei Lubenz)
Bericht Nr. 349
Gut Udritsch bei Lubenz, Luditz,
Sprachgrenzverhältnisse
Berichter: Max Hilscher Bericht vom 12. 12. 1945
Ich bin Besitzer des
Gutes Udritsch bei Lubenz und war bis zum Eintreffen der Russen auf
meinem Anwesen. Nachdem ich vorübergehend dem Treiben tschechischer Partisanen
ausgewichen war, kehrte ich am 17. Mai 1945 wieder auf mein Gut nach Udritsch zurück.
Ich war weder aktiv in der NSDAP tätig gewesen, noch hatte ich sonst irgendwelche
exponierte Posten innegehabt. Es bestand also kein Grund für mich, irgendwelche
Befürchtungen zu hegen.
Am 6. Juni kam der 20-jährige Frantisek Sedlácek zu mir als Verwalter
(Národní správce). Er ist kein Fachmann und versteht von den Fragen
des landwirtschaftlichen Betriebes so
gut wie gar nichts. In seinem Gefolge erschienen 40 Mann der sog. "Svoboda Truppe". Diese
durchsuchten meinen Hof und fanden Ausrüstungsreste deutscher Einheiten, die im Laufe
ihres Rückzuges hier Unterkunft gesucht hatten. Die Tschechen machten mich
dafür
verantwortlich, zogen mich nackt aus und schlugen mich mit Knüppeln, Stricken und
Ochsenziemern, ohne mich überhaupt zu Wort kommen zu lassen. Ich wurde hierauf nach
Luditz in den Keller der dortigen tschechischen Schule transportiert, der zum Gefängnis
ausgebaut worden war. Im Gefängis herrschten üble Zustände. Schon vor
meiner Einlieferung waren der Kaufmann Melchner, der Schuster Frank und Herr Viktor
Hutterer,
alle aus Luditz und keine Parteileute, ohne jedes Verhör erschossen worden. Der
Altbürgermeister Liehm war körperlich vollkommen geschwächt. Trotz
seiner
65 Jahre hatte man ihn seit seiner Verhaftung dauernd geschlagen. U.a. war auch
die 74-jährige Frau Maria Brehm, eine Tante des Dichters Bruno Brehm, in dem
Gefängnis. Sie zeigte offensichtliche Spuren von Geistesverwirrung und verlangte von uns
beständig Hühnerfutter für ihr Federvieh. Als sie eines Tages den
Wachtposten entkommen war, sollte jeder zehnte von uns erschossen werden. Am Abend wurde
die alte Frau aber durch einen tschechischen Soldaten, völlig zerschlagen und
zerbläut und mit herabgerissenen Kleidern wieder eingeliefert. Ich mußte vier
Monate
in dem Gefängnis verbringen und Zwangsarbeit leisten und [wurde] endlich im Oktober
entlassen, weil man mir kein Verbrechen hatte nachweisen können.
Gleich in den ersten Maitagen stürzten sich die Tschechen der näheren Umgebung
auf die deutschen Dörfer und Bauern, nahmen wahllos und ohne jeden amtlichen Auftrag
bewegliches und unbewegliches Gut in Besitz. In Lubenz wurden 18 Deutsche ohne Grund
erschossen, darunter auch Frau v. Brechler, die Witwe des ehemaligen Bezirkshauptmannes von
Marienbad.
Die tschechischen Verwalter und Neubauern waren meistens keine Fachleute und richteten die
Betriebe in kurzer Zeit zu Grunde. Es kamen Fälle vor, wo derlei Leute im Herbste Hafer
säten oder Klee ausackerten. Die Tschechen, die Gewerbebetriebe übernahmen,
besassen keine Fachkenntnisse und scheiterten in kurzer Zeit. Im Keller des Luditzer
Schulhauses
sassen mit mir zusammen 8 tschechische Verwalter, die wegen unlauterer
Geschäftsgebaren eingekerkert waren. Ein gewisser Prokopec aus Nebosedl, der als
Bergmann das dortige Gut verwaltet hatte, saß schon zum zweiten Male.
Unterparsching
(bei Marienbad)
Bericht Nr. 350
Drangsalierung einer bäuerlichen
Familie
Berichter: M. Sch.
Am 6. 8.
1945 kam Miloslav Kubitschek, ein Schneider aus Prag, auf unseren Hof als
Erntekommissar. Er verkaufte die gesamte Ernte. Am 17. 11. übernahm er unseren Hof als
Verwalter. Wir arbeiteten ein ganzes Jahr ohne Lohn und nur mit sog. deutschen
Lebensmittelkarten. Wir haben das ganze Jahr nur 700 g Fleisch bekommen. Als Lohn bekamen
wir fünf Personen, die die ganze schwere bäuerliche Arbeit im Stall und auf den
Feldern verrichteten, nur 1100 Kr. Die ganze Zeit über bis zur Aussiedlung wurden wir
jede
Woche mehrmals schwer mißhandelt. Meine Tochter wurde von ihm mehrmals
vergewaltigt. 14 Tage vor der Austreibung hat er sie mit Fäusten geschlagen, mit
Füßen in die Beine und in den Bauch gestoßen und sie auch mit einem Messer
ins Bein gestochen. Sie ist durch seine Vergewaltigungen in andere Umstände gekommen.
Anzeigen bei der Gendarmerie waren völlig wirkungslos. Bei meiner verheirateten
Tochter
hat er fünf Hausdurchsuchungen vorgenommen und alles mitgenommen, was ihm gefallen
hat. Er hat im Hause oft geschossen und dadurch die ganze Familie eingeschüchtert.
Mehrere Türen sind durch Schüsse durchlöchert worden.
Ich kann dies Aussage beeiden und das ganze Dorf ist bereit, diese Aussage zu bezeugen.
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