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Berkowitz
Bericht Nr. 122
Drangsalierung einer Bauernfamilie
Berichterin: Anna Schneider Bericht vom 15. 6. 1946
Im Juni 1945 kam ein
tschechischer Verwalter namens Anton Gorec aus Berkowitz auf unseren
Hof. Am 20. Juli brachte er seine Familie auf den Hof. Als er am 20. Juli mit der Familie ankam
und 8 Partisanen mitbrachte, wollte er mich prügeln. Ich wich aus, da erwischte er meinen
15jährigen Sohn und mißhandelte ihn schwer. Er wurde 2 Stunden mit
Faustschlägen, Ohrfeigen und Fußtritten geprügelt und bei den Haaren
gezogen. Schließlich gelang es ihm, davonzulaufen. Seit dieser Zeit wissen wir nicht, wo
er ist.
Hierauf wurde mein 17jähriger Sohn von ihm wie ein Gefangener behandelt.
Tagsüber mußte er schwer arbeiten ohne Essen und nachts wurde er von ihm
eingesperrt. Am 23. 9. lief auch er davon.
Am 26. 8. wurde mein Mann zum Národní Výbor geholt und dort so
verprügelt, daß er Selbstmord verüben wollte, doch von einem Nachbarn
daran gehindert wurde.
Schon am 26. Juli hatte uns Gorec sämtliche Lebensmittel, Kleider, Wäsche, Betten
usw. genommen und alle Zimmer der Wohnung abgesperrt. Wir wohnten im Ausgedinge, 6
Personen in einem kleinen Raum und mußten 3 Personen in einem Bett auf den blanken
Brettern liegen. Zu Weihnachten und zu Ostern sperrte er uns das Wasser ab. Täglich kam
er um die Essenszeit in unser Zimmer und sah nach, was wir aßen. Wenn ich Wasser trug,
weil er die Wasserleitung abgesperrt hatte, wurde ich von der Familie Gorec verspottet. Im
Garten
erntete er. Wir erhielten nicht ein grünes Blatt und nicht einen einzigen Kartoffel, obwohl
wir die ganze Gartenarbeit verrichten mußten.
Von landwirtschaftlicher Arbeit verstand er gar nichts. Er konnte weder eine Kuh einspannen,
noch konnte die Frau melken. Ich mußte für sie melken. Die Milch ist mir noch im
Stall abgenommen worden. Ich kann diese Aussage beeiden.
Bilin
Bericht Nr. 123
Kranke während
des Austreibungs-Marsches erschossen
Berichter: Anton Watzke Bericht vom 15. 1. 1950
Am 15. 6. 1945 um 6 Uhr morgens
erschienen in meiner Wohnung in Bilin, Teplitzerstraße 18
(das Wohn- und Geschäftshaus gehörte mir und meiner Frau) ungefähr 10
schwerbewaffnete tschechische Soldaten der sog. Svoboda-Armee und forderten uns auf, das
Haus
binnen 5 Minuten zu verlassen. Ein dabei befindlicher Offizier zählte mit der Uhr in der
Hand die Minuten. Da unglücklicherweise meine Frau kränkelte und
bettlägerig war, konnten wir so gut wie nichts an Kleidung und Wäsche
zusammenraffen und mußten uns beeilen, um in den 5 Minuten mit dem Anziehen fertig
zu
werden. Die Zeit wurde um 2 Minuten überschritten und noch schnell einen Hut für
meine Frau aus dem Zimmer zu holen duldete der Offizier nicht mehr. Alles Bargeld, Uhren,
Schmuck usw. wurde uns abgenommen. Lediglich 20 RM pro Person konnten behalten werden.
Wenn man bei jemandem mehr an Bargeld fände, "der wird auf der Stelle erschossen", so
wurde uns ununterbrochen angedroht. Im Gastzimmer "Gaudnek" wurden die Bewohner der
Teplitzerstraße gesammelt. Im Gastlokal stand ein Maschinengewehr, schußfertig.
Während wir dort auf das Weitere warteten, war ich Zeuge, wie deutsche Männer
mit Gummiknüppeln geschlagen wurden. Während des Gewaltmarsches zur Grenze
unter großer Hitze schlug die Soldateska auf Frauen, Kinder und ältere Personen,
die
nicht den Dauerlauf aushielten, mit Gewehrkolben ein. Auf der linken Straßenseite im
Erzgebirge zählte ich 3 Tote, die, weil sie nicht mehr so schnell laufen konnten, durch
Genickschüsse ermordet wurden. Die Namen: Fiebach und Tochter und ein gewisser
Swoboda. Sie waren mir persönlich bekannt. Sonst hatte ich Glück und konnte der
Hölle rasch entrinnen. Aber ohne daß ich dabei war, weiß ich, daß man
meinen Bruder Hans samt Frau auf dem Bürgermeisteramt Bilin schwer
mißhandelte,
daß man meinen Bruder Julius erschlug, daß Pfarrer Köckert, Forstmeister
Tost
und viele viele, auf deren Namen ich mich nicht mehr besinnen kann, erschossen worden sind.
Bischofteinitz
Bericht Nr. 124
Lager Taus, Beraubung und
Mißhandlung
Berichter: Robert Hartl Bericht vom 20. 7. 1946
Am
22. 11. 45 fuhr ich mit meiner Frau in einem Mietauto von Karlsbad nach Hostau, Kreis
Bischofteinitz zu meiner Schwiegermutter, die 72 Jahre alt und hilflos ist, um mit dieser
auszusiedeln. Bei unserer Ankunft in Hostau wurden wir von der Gendarmerie festgenommen.
Bei
der Festnahme wurden wir beide von der Gendarmerie geschlagen. Alle unsere Sachen, Kleider
und Anzüge, Leib-, Bett- und Tischwäsche, Schuhe, meine Uhr und die Uhr meiner
Frau,
Bargeld von 1900.- und Kc 4500.- und sogar die Eheringe wurden uns abgenommen. Auch
sämtliche Personalpapiere wurden uns weggenommen. Dann wurden ich und meine Frau
8
Monate lang im Lager Taus zu unbezahlter Arbeit festgehalten. Erst Mitte Juni wurden wir auf
meinen Antrieb verhört. Niemand wußte, warum wir eingesperrt waren. Es war
überhaupt kein Akt vorhanden. Am 22. 6. wurden wir entlassen. Die mir und meiner Frau
abgenommenen Sachen waren nicht mehr auffindbar. Ich erhielt als Ersatz für mich und
meine Frau 45 kg minderwertige und zum Teil völlig unbrauchbare Kleider,
Wäsche
und Schuhe. Für das abgenommene Geld und die Papiere konnte ich keinen Ersatz
bekommen.
Bericht Nr. 125
Taus, spurloses Verschwinden von 35
Deutschen
Berichterin: Maria Büchse Bericht vom 20. 7. 1946 (Bischofteinitz)
Mein Mann Emil
Büchse wurde am 16. Juni 1945 in Bischofteinitz von den beiden
tschechischen Offizieren Karasek und Schlais nach einer über 3½ Stunden
dauernden,
rücksichtslosen Hausdurchsuchung, bei der alles Bargeld, die Sparbücher, der
Goldvorrat meines Mannes, den er als Dentist hatte, der gesamte Familienschmuck, und sogar
mein Ehering abgenommen wurde, verhaftet und nach Taus abgeführt. Mein Mann war
schon im Jahre 1939 aus der Partei und aus der Sanitätsstaffel der SS ausgeschlossen
worden und hatte sich öffentlich überhaupt nicht betätigt. Seitdem fehlt jede
Spur von meinem Mann. Alle Erkundigungen bei den Behörden wurden höhnisch
abgewiesen. Von Bischofteinitz sind außerdem 35 Männer spurlos verschwunden,
alle nach ihrer Einlieferung in Taus. Den Frauen dieser Männer wurde von den
Behörden trotz vielfacher Bemühungen über das Schicksal ihrer
Männer keine Auskunft gegeben, die eine Erklärung hätte geben
können. Vor der Aussiedlung haben ich und alle anderen Frauen versucht, den Aufenthalt
unserer Männer zu erfahren, um mit diesen ausgesiedelt zu werden oder einen amtlichen
Totenschein zu bekommen. Alle unsere Bemühungen waren erfolglos. Nach den
Berichten
entlassener Häftlinge müssen wir annehmen, daß unsere Männer tot
sind.
Bericht Nr. 126
Ermordung von 35 Sudetendeutschen am 11.
Juli 1945
Berichter: Ludwig Schötterl Bericht vom 3. 3. 1948 (Bischofteinitz)
Nach dem amerikanischen
Einmarsch in Bischofteinitz, Sudeten, am 5. Mai 1945, wurden von
tschechischen Gendarmen Massenverhaftungen in Bischofteinitz vorgenommen. Ins
Gerichtsgefängnis Bischofteinitz wurden am 11. und 12. Mai 1945 etwa 70
Sudetendeutsche eingeliefert, die meisten durch bewaffnete tschechische Zivilisten
jämmerlich geprügelt und erniedrigt. Wir mußten dort täglich unter
Aufsicht Zwangsarbeit leisten und unsere Frauen oder Verwandten durften täglich
zweimal
das Essen für uns bei den Posten abgeben. Anfang Juli wurden wir unter
starker Gendarmerie-Assistenz mit Lastautobus nach Chrastwitz bei Taus transportiert, es
hieß, wir gingen zum Verhör und würden dann entlassen. Dort angekommen,
empfingen uns viele tschechische Soldaten, bis an die Zähne bewaffnet, mit Kabelenden,
Drahtseilen usw. ausgerüstet und es begann eine furchtbare und unmenschliche
Schlägerei, wobei viele von uns bewußtlos wurden. Diese Prügelei dauerte
tagelang und wir bekamen nichts zu essen. Vor der Baracke gab es immer Schießereien,
einzelne wurden herausgeholt und kamen nicht wieder, andere wurden am Tage bis dreimal
furchtbar geprügelt, sodaß sie starben. In den späten Abendstunden vom 11.
zum 12. Juni 1945 war die Hölle vollends los. Wir mußten uns aufstellen, von
Posten
und Gendarmen mit schußfertigen Waffen umringt, ein Gendarm entfaltete einen Bogen
Papier und begann Namen zu verlesen. Die Verlesenen wurden in rohester Weise vor die
Tür hinausgeprügelt, furchtbares Schreien und Wehklagen erfüllte den
Raum.
Jeder einzelne wurde vor der Baracke bewußtlos geprügelt und die Kleider von ihm
herabgefetzt, sodann als lebloser Körper von den Posten in ein Lastauto geschleudert. So
erging es 35 meiner Kameraden, darunter meinem besten Freund Max Netopill aus
Bischofteinitz,
und dessen Sohn. Nur dem Umstand, daß ein Chaffeur brüllte, "das Auto ist voll",
habe ich es zu danken, daß ich mit 5 Kameraden, die noch angestellt waren, am Leben
blieb. Wie ich später durch Umfrage ermitteln konnte, wurden diese 35 bewußtlos
geschlagenen Männer des nachts zu einer Sandgrube zwischen den Orten Taus und
Trasenau geführt und dort von zwei schwer alkoholisierten tschechischen
Roßmetzgern buchstäblich abgestochen. Die Leichen sollen in dieser Sandgrube
verscharrt sein. Die Frauen der Ermordeten haben sich wiederholt an verschiedene tschechische
Stellen um Aufklärung gewendet über das Schicksal ihrer Männer. Sie
erhielten von allen Stellen, vom tschechischen Roten Kreuz, von der Gendarmerie und vom
Národní výbor durchwegs verschiedene ausweichende Antworten
über das grausame Schicksal ihrer Männer. Kurze Zeit später
mußten in Taus-Milotow eingesperrte deutsche Frauen
blutige Männer-Kleidungsstücke auswaschen. In einem solchen Rock fand eine
Frau
eine Raucherkarte auf den Namen Alois Schlögl, Bischofteinitz, einer der Männer
unter den 35. Von keinem der 35 Männer hat auch nur einer bisher ein Lebenszeichen
gegeben.
Blatna
Bericht Nr. 127
Mißhandlung von Deutschen
Berichter: Alois Meißner Bericht vom 3. 6. 1946
Ich wurde am 21. 12. v. J. vom
Arbeitsamt Tuschkau nach Blatna zum Arbeitseinsatz geschickt
und wurde dort Zeuge von Mißhandlungen der Deutschen.
Ich habe gesehen, wie 12 deutsche Männer und Frauen, mit dem Kopf durch die Sprossen
einer Leiter gesteckt und mit den Händen an die Leiter gebunden, unter dauernden
Schlägen mit Knüppeln und Ruten im Laufschritt durch die Straßen der Stadt
getrieben wurden. Ich habe gesehen, wie deutsche Männer und Frauen am Friedhof mit
den
Händen deutsche Verstorbene und von Tschechen Ermordete ausgraben und
außerhalb der Mauer in einem schachtartigen Graben verscharren mußten.
Ich habe gesehen, wie deutschen Mädchen, welche während der amerikanischen
Besatzungszeit mit amerikanischen Soldaten gegangen waren, nach Abzug der Amerikaner die
Haare abgeschnitten und sie hierauf eingesperrt wurden.
Ich habe gesehen, wie ein deutsches Mädchen sich gegen die Vergewaltigung durch einen
tschechischen Bauern wehrte und von diesem mit der Mistgabel verfolgt wurde.
Blauendorf
(Kreis Neutitschein)
Bericht Nr. 128
Mißhandlung einer Bäuerin
Berichterin: Amalie Gödrich Bericht vom 10. 6. 1946
Im Juni 1945 wurde ich zur
Polizei geholt. Dort warf man mir vor, daß ich
meinen Knecht - einen Polen - hätte im Schnee ackern lassen, daß ich auf dem
Treck
einen Sack Schuhe gehabt hätte, ohne ihm welche davon abzugeben und daß ich
einen Deserteur bei der Feldgendarmerie angezeigt hätte. Rechtfertigung war gar nicht
möglich, sie ließen mich nicht zu Worte kommen. Ich mußte mich auf eine
Bank legen und erhielt bei aufgehobenen Kleidern von 2 Mann mit Gummiknüppeln 25
Hiebe für das Ackern, hierauf 25 Hiebe für die Schuhe und dann noch einmal 25
Hiebe für den Deserteur. Nachher verbot mir der Führer der Polizei, etwas von
meinen Schlägen zu erzählen, sonst würde ich noch mehr Hiebe bekommen,
und versetzte mir eine Ohrfeige, daß ich zu Boden fiel. Ich hatte lange danach Schmerzen
im linken Ohr. Mein Körper war von den Schultern bis zu den Kniekehlen vollkommen
schwarz.
Dokumente zur Austreibung der Sudetendeutschen
Überlebende kommen zu Wort
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