|
Olmütz
(Seite 1 von 2)
Bericht Nr. 50
Lager Hodolein: Mißhandlungen,
Raub
Berichter: K. S. Bericht vom 12. 2. 1951
Bei der Besetzung von
Olmütz wurden hunderte Deutsche jeden Alters und Geschlechtes
in
die Kellerräume der Kasernen eingesperrt, wo sie dicht zusammengepfercht, sich nicht
rühren konnten. Drei und mehr Tage lang steckten sie drin, ohne einen Tropfen Wasser
oder ein Stückchen Brot zu erhalten. Infolge der schlechten Luft und Unrat und Schmutz
(niemand durfte heraus) gab es einige Todesfälle. I. G. war gleichfalls in den Kellern
eingesperrt. Er sagte mir, daß er positiv weiß, daß über hundert oder gar
einige hundert Deutsche in die unterirdischen Gänge im Michaeler Ausfall getrieben und
dort lebend eingemauert wurden und elend umkamen. I. G. war auch etliche Monate im
Hodoleiner Lager auf der Baracke 7, wo er die fast täglichen Prügeleien, denen alle
unterworfen waren, mitmachen mußte. Er selbst wurde dabei so schwer verletzt daß
er geronnenes Blut ausschied und nur wie durch ein Wunder am Leben blieb. Karl Prachtl
wurden
bei den Prügeleien einige Rippen gebrochen.
Bericht Nr. 51
Lager Hodolein: Mißhandlungen,
Ermordungen
Berichter: K. S. Bericht vom 23. 1. 1951 (Olmütz)
Ich wohnte mit meiner
Familie (5 Köpfe) in der Nähe von Olmütz im
eigenen
Hause. Anfang Mai 1945 brachte ich meine beiden Kinder im Alter von 10 und 14 Jahren ins
Gebirge nach Pohorsch, um sie vor einer evtl. Schießerei bei der Besetzung zu
schützen.
Nur unsere 20-jähr. Tochter blieb bei uns zu Hause. Später wollte ich mit meiner
Frau die Kinder wieder nachhause bringen und wir machten uns am Samstag, den 5. 5. 1945
vormittags auf den Weg. Wir erfuhren, daß die Russen nur noch einige km entfernt
ständen und ein Rudel Flieger umkreiste bereits die Gegend. Die deutsche Wehrmacht
befand sich auf der Flucht und in Auflösung. Wir packten unsere Sachen und wollten
gegen
4 Uhr nachm. wieder zurückfahren. Aber es war bereits zu spät, russ. motorisierte
Einheiten hatten uns den Rückweg abgeschnitten und in den Wäldern steckten die
Partisanen. Noch am selben Abend kamen russische Patrouillen den Berg herauf ins Dorf und
einige Mann kamen auch zu uns ins Haus, wo wir gleich durchsucht und verhört wurden.
Ich konnte meine Familie und einige andere Personen vorläufig durch meine
Sprachkenntnisse schützen. Der Bürgermeister des Ortes hatte alle Waffen
zusammentragen lassen und glaubte sich dadurch gerettet. Doch er verschwand in den folgenden
Tagen gerade so wie viele andere Männer, höchstwahrscheinlich verschleppt.
In den nächsten Tagen kamen immer mehr Russen in das Dorf und schließlich
kamen
sie mit leeren LKW angefahren und fast sämtliche Häuser der Deutschen wurden
geplündert und das Vieh weggetrieben. Viele arbeitsunfähige Männer
wurden
verschleppt, einige auch mißhandelt oder erschossen und viele Frauen vergewaltigt. Wir
durften bei schwerster Strafe unsere Wohnungen nicht verlassen. Ein Gastwirt wurde mit seiner
Frau erschossen, weil er keinen Schnaps mehr geben konnte. Manche begingen Selbstmord. Die
Familie Tannenberger (5 Personen) hängte sich auf. Die Frau und drei erwachsene Kinder
wurden noch rechtzeitig abgeschnitten, der Mann war aber schon tot. Die Frau mit den Kindern
kamen dann schutzsuchend zu uns, weil ihre
beiden 18-20-jährigen Töchter von den Russen verfolgt wurden. Unsere Nachbarin,
Frau Jahn, eine 65jährige gelähmte Frau, die ständig im Bette lag, wurde von
den Russen blau geschlagen und vergewaltigt. Ihr Mann, der mit einem betrunkenen Russen in
Streit geriet, wurde mißhandelt und mußte fliehen. Sie selbst erzählte mir dies
weinend, als ich zufällig ins Haus kam.
Eines Nachts erbrachen einige schwer bewaffnete
Russen die Türen und Fenster unserer kleinen Wohnung, bedrohten uns mit Waffen und
raubten den Keller im Vorraum aus, wo die Hausfrau ihre Wertsachen versteckt hatte. Eine Frau
aus Brünn, die auch bei uns schlief, wurde hinausgeschleppt und vergewaltigt und blieb
nachher verschwunden. Die beiden Töchter des Tannenberger steckten unter den Betten
und
wurden nicht bemerkt. Ich konnte meine Angehörigen nur dadurch retten, indem wir uns
als Tschechen ausgaben. Ein russischer Feldwebel hatte mir gesagt, Stalin hätte strengsten
Befehl gegeben, wer einem Tschechen etwas zu Leide tut, kommt vor das Kriegsgericht,
hingegen
können sie mit den Deutschen tun, was sie wollen, die sind vogelfrei.
Unsere Hausfrau, Frau Kimmel, mußte aus ihrer Wohnung, in der es nachher furchtbar
aussah,
vor den 16-17-jähr. Rotgardisten fliehen, um nicht vergewaltigt zu werden. Ihr weiteres
Schicksal blieb mir unbekannt. So erging es vielen. Meine Frau mußte in den folgenden
Tagen fleißig die schmutzige Wäsche für die Russen waschen und geklaute
Hühner kochen, um nicht in Ungnade zu fallen. Nach einer Woche bekamen wir vom
Kommissar nach vielen Bitten eine "Propustka" und durften mit den wenigen geretteten Sachen
nachhause fahren. Unser Haus war gleichfalls ausgeraubt und nur die leeren Möbel
standen
da. Zwei Russen waren noch bei der "Arbeit", als ich ankam. Meine ältere Tochter konnte
noch rechtzeitig zu einer Verwandten flüchten, sonst wäre sie wohl kaum am Leben
geblieben. Im Keller, wo wir zum Großteil unsere Sachen untergebracht hatten, herrschte
ein wüstes Durcheinander von zerstörten Sachen.
Das meiste bei uns, sowie im Dorfe, wurde auf Veranlassung unseres Nachbarn Josef Dostal
ausgeplündert.
Dieser 45-jährige Tscheche genoß deutsche Schulbildung und hatte auch eine
deutsche Frau und Kinder, die nur deutsch sprachen. Während der Hitlerzeit hatte er eine
gut bezahlte Stelle bei dem deutschen Baumeister Schneider. Nach dem Umsturz entpuppte er
sich plötzlich als verbissener Kommunist und Deutschenhasser. Als Mitglied des
"Národní Výbor" wurde er Wohnungskommissar und besorgte als
solcher
die vielen Ausquartierungen und Beraubungen der Deutschen auf brutalste Art und Weise. Er hat
durch sein schlechtes Treiben auch etliche Menschenleben auf dem Gewissen, darunter seinen
eigenen Schwager namens Panak, der als Deutscher in Brünn im Lager war. Seine Frau,
die
10 minderjährige Kinder hatte, wurde ausgesiedelt und starb angeblich in Bayern.
Den 75-jährigen Vater des Lehrers Hartmann steckte dieser Dostal ins Armenhaus, wo er
im folgenden Winter verhungerte und erfror.
Seine 70-jährige Frau erhängte sich noch vor der Austreibung in ihrem Hause.
Hartmann und J. Pallik und noch einige andere wurden in Ratibor im Lager erschlagen. Auch
meine Angehörigen trieb er ins Dorflager mit dem Befehl: Nur Löffel und Decke
dürft ihr mitnehmen! Bei den vielen Schandtaten, Beraubungen usw. im Dorfe hatte er
wohl
meist die Finger im Spiele, denn als Ortskundiger spielte er den Angeber. Der Idiot Herentin und
der Einäugige Rudolf Raab wurden auf viehische Weise gemordet. Der frühere
Feldwebel
Kunz, ein 60-jähriger Mann, wurde auf einer Tischplatte zu Tode geprügelt; dies
war
übrigens eine beliebte Methode der Partisanen. Der Pensionist Zednik wurde erschossen.
Viele Frauen und oft auch schulpflichtige Kinder wurden vergewaltigt. Ich ging auf den
Ortsfriedhof, wo ich den alten Totengräber Steiger antraf, er erzählte mir, daß
er gleich nach den ersten Tagen 12 Leichen begraben mußte. Etliche wurden gemordet und
einige verübten Selbstmord, darunter der gew. Kapitän Tobias aus Nimlau.
Der Vorstand im Ortsvýbor war Oberlehrer Hecl; ein wichtiges Organ hieß
Ocenásek, die anderen kannte ich nicht namentlich. Weitere Greuel aus der Umgebung,
die ich erfuhr, waren:
Eine Verwandte von uns wurde durch die Russen oder Partisanen vergewaltigt und ihr
vierjähriger Sohn erschossen, daraufhin sprang sie in den Brunnen und ertrank. Als dies
ihre Mutter vernahm, ging sie mit der zweiten Tochter ins Wasser und der Vater zündete
sein Haus an und hängte sich auf. Solcher Tragödien gab es viele. Der Gastwirt
Schwarz verübte Selbstmord, der alte Lokheizer wurde erschossen. Der Bauer Ed. Sach
ebenfalls. Der Beinamputierte Glier und der Beamte Franz Sauer zu Tode mißhandelt. Der
Kaufmann Sander und der Beamte Ed. Sach mißhandelt und hingerichtet. Ein
früherer Schulkollege namens H. Kwapil wurde schwer mißhandelt und verhungerte
im Lager.
Ich meldete mich auch beim Výbor, da es hieß, daß jeder Deutsche sich
melden muß, falls er seinen Besitz nicht verlieren will. Doch dies war nur eine List, um
jeden zu fangen. In den folgenden Tagen klebten sie schon Plakate auf die Häuser der
Deutschen mit der Aufschrift "Národní majitek". An allen Ecken wurden auch
Hetzplakate geklebt und mit den schwersten Strafen gedroht, unterschrieben vom
Národní Výbor, dem Bürgermeister der Stadt oder auch von Dr.
Zenkl und Dr. Blaha u. a. Eines Nachts kamen einige bewaffnete Banditen vor unser Haus und
warfen einen schweren Stein durchs Fenster und begehrten polternd Einlaß. Sie
durchstöberten alles und wollten schließlich die Frau vergewaltigen. Nur durch
meine
Sprachkenntnisse und energisches Entgegentreten konnte ich dies verhüten.
Nächsten Tag beschwerte ich mich beim Výbor (Hecl) und es wurde mir zum
Schein
Genugtuung versprochen, die aber auf dem Papier blieb. Ich meldete mich dann wieder an
meinem früheren Dienstort und mußte mit dem Beamten Franz Müller und
noch weiteren zehn Kollegen am Bahnhof Aufräumungsarbeiten verrichten
unter Aufsicht 17-18jähriger Partisanen, die es an rohen Flüchen und Drohungen
nicht fehlen ließen.
Mitte Mai 1945 hieß es, wir müßten uns beim russischen Kommando zwecks
Registrierung melden. Der Sekretär der kommunistischen Partei, Slanský,
ließ
uns durch die Bahnpolizei dorthin bringen, aber es war das Hodoleiner Lager, wo wir landeten.
Dort waren schon fast 2000 Menschen jeden Alters und Geschlechtes beisammen, die man aus
den Wohnungen geholt oder auf der Eisenbahn und der Straße gefangen hatte, um sie im
Lager auszuplündern und zu mißhandeln.
Gleich am Eingang auf der Wache wurden unsere Taschen geplündert bis aufs
Streichholz.
Dann sagte der Wachkorporal zynisch hohnlachend: "Ihr könnt euch auswählen,
wollt ihr gehängt oder erschossen werden?"
Dann steckten sie uns in eine kleine Einzelzelle, wo bereits 10 Mann dichtgedrängt
beisammen waren. Einige waren furchtbar mißhandelt worden und hatten schwarze,
blutunterlaufene Striemen am ganzen Körper und im Gesicht. In der kleinen Zelle der
Baracke konnten wir kaum nebeneinander stehen und es herrschte eine unerträgliche
Hitze.
Draußen am Gang suchten die Partisanen brüllend einen gewissen Weiser aus
Sternberg und als sie ihn nach einer Stunde endlich fanden, wurde er schrecklich
mißhandelt. Ich sah den ca 60jähr. Mann einige Tage später am Hofe. Wo ihn
aber die Partisanen erblickten, wurde er immer wieder geschlagen. Dann verschwand er eines
Tages und nur sein grüner Plüschhut blieb zum Andenken in unserer Baracke
hängen. Gegen Abend wurden Müller und ich in der Baracke Nr. 2 untergebracht
gegenüber der Hauptwache. Dort herrschte reger Verkehr, denn dort wurden die meisten
erst richtig ausgeplündert und "verhört" und die Schreie der Gequälten und
Mißhandelten konnte man ständig hören.
Dann wurden sie in die Baracken
eingepfercht. In den Räumen der Baracken kam durchschnittlich
je m2 ein
Mensch, sodaß die Leute meist wie die Heringe gepreßt nebeneinander schliefen
oder
manchmal auch sitzend oder stehend schlafen mußten. In der Nacht wurde alles
abgeschlossen und es durfte niemand heraus und dann spielten sich oft unbeschreibliche Szenen
ab. Schlafen konnte man natürlich nur auf dem blanken Fußboden und die meisten
hatten keine Decke, ja oft nicht einmal einen Überrock zur Verfügung. Früh
gegen 4
Uhr wurde geweckt und gereinigt. Nach dem "Frühstück" wurden Arbeitskolonnen
aufgestellt für schwere Aufräumungsarbeiten. Als "Verpflegung" gabs früh
und abends ¼ Liter schwarzen bitteren Kaffee und eine Brotschnitte dazu, mittags eine
leere Kartoffel- oder Krautsuppe und
wieder 40-50 g Brot. Zusammen waren dies
kaum 300-400 Kalorien täglich, bei oft schwerster körperlicher Arbeit.
Hätten
uns nicht manchmal Verwandte und Bekannte von draußen oder die Arbeitsgeber etwas
Eßbares zugesteckt, so wäre wohl die Zahl der Toten bedeutend größer
geworden. Nach 14 Tagen Aufenthalt im Lager brachen manche Menschen vor Schwäche
und Hunger zusammen und wurden noch obendrauf von den Partisanen mißhandelt.
Besonders in den weiter rückwärts gelegenen Baracken waren die schwersten
Mißhandlungen während der Nacht üblich. Zum Prügeln verwendeten
die Banditen schwere, mit Eisen und Blei beschlagene Lederpeitschen oder Stahlruten. Wenn die
Mißhandelten bewußtlos und blutend zusammenbrachen, wurden sie
kübelweise mit kalten Wasser übergossen. Am nächsten Morgen wurden sie
wieder zur Arbeit getrieben. Die Toten wurden irgendwo hinter den Baracken verscharrt.
Öfters fuhr auch ein Totenauto vor. Manche verübten vor unerträglichen
Schmerzen Selbstmord, so auch der Seifensieder Hvabcik aus unserem Dorfe. Wenn die
halbverhungerten und müde gearbeiteten Kolonnen abends von der Arbeit zurück
ins
Lager kamen und nicht genug stramm einmarschierten, wurde nachexerziert, bis manche
zusammenbrachen, dann bekamen sie Fußtritte und Hiebe. Deutsche Schuljungen im
Alter von 10-14 Jahren mußten gleichfalls exerzieren und tschechische Hetzlieder singen,
sonst bekamen sie Schläge und nichts zu essen. Übliche Quälereien waren
auch das Bartrupfen, Fußtritte, Faustschläge,
Schuhtauschen, an-die-Wand-stellen, wobei dann der Kopf hinterrücks an die Wand
geschlagen wurde usw. Beim geringsten Anlaß oder Mißfallen wurden auch viele
Leute in die finsteren, naßkalten Kellerbunker gesteckt bei Wasser und Brot, wo auch
viele
zu Tode mißhandelt wurden. Nach ein paar Tagen Aufenthalt sahen die Betroffenen
heruntergekommen wie die Räuber aus. Einige Bekannte waren auch darunter, so der
Bauer
Ed. Biebel und der pens. Bahnplatzmeister Matzner. Ich sah auch öfters, wie deutsche
Jungen im Alter
von 15-16 Jahren, aber auch Männer von der Polizei und den Partisanen zu den Bunkern
geschleppt wurden, dort wurden sie schwer mißhandelt und niedergeknüppelt und in
die Bunker geschleift. Viele kamen in den Bunkern ums Leben. An den tschechischen
Nationalfeiertagen gab es gewöhnlich noch
eine Extra-Prügelei. Unter den Polizisten
waren manche bekannte Gesichter, die ich leider mit Namen nicht kannte. Nur einen gewissen
Labounek kannte ich mit Namen.
Man hörte von Berufsmördern, die
sich mit 50-60 Morden rühmten. "Särge wie die Berge" prophezeiten diese
Unmenschen und ich glaube, daß es auch so war. Niemand war seines Lebens sicher. Der
schlesische Ing. Keitke oder ähnlichen Namens aus Schweidnitz wurde ohne Urteil
gehängt, weil er angeblich die Wache überfallen hatte! In Wirklichkeit hat er sich
gegen die üblichen Mißhandlungen gewehrt und mußte dafür
büssen. Apathisch mit zerschlagenem, schwarz angeschwollenen Kopfe schritt er zum
Galgen. Die Leiche ließ man nachher tagelang im Hofe hängen und der tschechische
Tuchhändler Hunka und noch ein Mann mußten vor der Leiche knien, später
auch einige Deutsche. Die Deutschen mußten alle am Hofe rufen: "Wir danken unserem
Führer!"
Am 29. 5. 1945 mußten alle "Internierten" am Hofe antreten, es wurden
Befehle verlesen und Handwerker herausgesucht. Nachher wurden die Namen der Anwesenden
vor ihren Baracken verlesen und die Aufgerufenen "eingewiesen". Ich schlief seit einigen Tagen
bei meinem Kameraden Müller auf der Baracke Nr. 11 wo wir Glaserarbeiten verrichteten
und mit noch einem Herrn Franz Neckar aus unserem Orte, der aber nicht mehr hier war. Bei
den
"Einweisungen" hagelte es von gröbsten Beschimpfungen und Hieben seitens der
Banditen.
Zuletzt mußten die Aufgerufenen am Gang noch Purzelbäume schießen und
dabei wurde weitergedroschen. Müller kam noch glimpflich davon und ich ging um die
Baracke und kroch zum Fenster hinein. Wir legten uns beide im Finstern auf den
Fußboden
zur Ruhe. Plötzlich kam es Müller vor, der bereits im Halbschlummer lag, er
wäre von den Partisanen am Gange gerufen worden. Meine Einwendungen nützten
nichts, er ging auf den Gang, um sich zu melden. Die Banditen empfingen ihn mit wüsten
Schimpfworten und trieben ihn zurück und sagten, sie würden sich ihn später
"ausborgen." Eine Stunde später kamen einige herein und holten ihn ab, ich wurde im
Finstern nicht bemerkt. Sie schleppten ihn quer über den Gang auf das Wachzimmer, wo
noch mehrere waren, rissen ihm mit Gebrüll die Kleider vom Leibe und peitschten ihn
nackt zu Tode... Ich hörte schreckerstarrt das Schmerzgebrüll und die verzweifelten
Hilferufe des Gefolterten und konnte ihm nicht helfen, mich hätte das gleiche Schicksal
getroffen. Als das Blut zuviel spritzte, schleiften sie ihn wieder über den Gang in eine
andere Kammer, um das Wachzimmer nicht zu beschmutzen. Dort vollendeten sie ihr teuflisches
Werk. Der Kommandant der Baracke hieß Zugführer Vítavský und
Müller hatte ihm seine Barschaft
von Kc 1000.- abgeliefert und nur 850 "gutgeschrieben" erhalten, was doch ohnehin zwecklos
war. Er hoffte aber, dadurch eine bessere Behandlung zu erreichen, anfangs schien es fast so. Ich
möchte noch erwähnen, daß Müller kein Nazi war, sondern
langjähriger Gewerkschaftler wie ich.
Einer plötzlichen Eingebung folgend, packte
ich meine wenigen Sachen und sprang wieder zum Fenster hinaus und ging quer über den
Hof in meine frühere Baracke 2. Dort lief ich, es war gegen 11 Uhr, gerade den Partisanen
in die Hände, die wieder eine der üblichen "Durchsuchungen" bei den Gefangenen
machten und dabei klauten, was ihnen gefiel. Ich bekam einige Hiebe und mußte mich mit
dem Gesicht zur Wand stellen. Nach einem peinlichen Verhör, bei dem ich
natürlich
Ausreden gebrauchte, konnte ich schlafen gehen. Ich schlief natürlich sehr wenig und
früh nach dem Wecken war mein erster Weg, nach Müller zu forschen. Da der
Eingang der Baracke 11 bewacht war, kroch ich wieder zum Fenster hinein. Da lag der
korpulente
arme Müller nackt am Fußboden auf seiner Pelerine, vor ihm stand ein Glas Wasser.
Sein Rücken von oben bis unten war eine einzige blauschwarz gefärbte blutige
Wunde, aufgerissen von den Peitschenhieben. Stellenweise trat das Fleisch hervor. Trotzdem
war
der starke Mann noch nicht tot und atmete noch. Ich versuchte ihm Wasser
einzuflößen, aber es war zwecklos, er lag scheinbar schon in den letzten
Zügen. Ich kroch vorsichtig wieder hinaus und schloß mich dann einer
Arbeitskolonne an. Als ich abends zurückkehrte, sagte mir Dr. Himmel, der sich in der
Baracke befand, daß Müller gleich früh gestorben sei und man ihn irgendwo
verscharrt hätte. Derartige bestialische Morde gab es hier unzählige.
Einige Tage arbeitete ich auf der Strecke bei Stefanau, dort wurde ich von einem tschechischen,
mir unbekannten Eisenbahner angepöbelt, worauf ich von den Partisanen einige
Kolbenhiebe bekam und er mir sagte: "Ich habe jeden Deutschen am liebsten 4 Meter unter der
Erde!" Mitte Juni 1945 wurde ich durch die Beihilfe eines früheren tschechischen
Dienstkollegen aus dem Lager abgeholt und kam zu einem tschechischen Bauern nach Nedweis
auf Arbeit. Mit mir kamen noch weitere sieben bekannte Arbeiter dorthin. Beim Bauer S.
bekamen wir wenigstens satt zu essen, wenn wir auch sonst weiter wie Gefangene behandelt
wurden. Wir schliefen dichtgedrängt in einem kleinen Kellerraurn, wo es von Ungeziefer
wimmelte. Aber auch hier waren wir mancherlei Schikanen von draußen ausgesetzt, wenn
auch nicht in dem Maße wie im Lager. Der Bauer, der die deutsche Sprache gut
beherrschte,
erwies sich im allgemeinen als Mensch und wenn die Russen auf seinen Hof kamen, versteckte
er
sich selbst vor ihnen und ließ die Angehörigen verhandeln. Auch einige weitere
bekannte Tschechen erwiesen sich menschlich und steckten mir manchmal etwas zu, oder
gewährten Erleichterungen.
Im allgemeinen durfte aber keiner auf die Straße ohne Erlaubnis, oder die
gesäuberte
Wäsche von Verwandten abholen. Immer mußte dabei die Armbinde mit dem "N"
getragen werden, sonst gab es Unannehmlichkeiten. In die Stadt durften wir auch nicht,
höchstens ausnahmsweise auf eigenes Risiko und da durfte man nicht auf dem Gehsteig
gehen oder gar die Straßenbahn benutzen, da konnte es leicht wieder Lager und
Schläge geben. Mir gelang es trotzdem ein paar Mal, in die Stadt zu kommen, weil meine
Frau dort beschäftigt war. Da sah ich auch, daß frühere Mörder in den
Zeitungen und auf den Plakaten öffentlich als "Helden" gepriesen wurden, so z. B. ein
gewisser Jan Smurda, der in Pirk zwei deutsche Grenzbeamte erschoß und einen
schwer verletzte und darauf entkam, wurde als der "nicht zu fangende Jan" gefeiert. Weiters
rühmte sich ein gewisser Safar aus Nimlau,
einen SA-Mann, ich glaube er hieß Svoboda oder ähnlich, in Olmütz,
Romhofgasse erstochen zu haben. Dies erzählte mir ein junger Bursche namens
König aus Nimlau, der auch bei uns arbeitete. Dagegen wurden die Namen vieler
Deutscher öffentlich angeprangert, die vielleicht nie einem Tschechen ein Haar
gekrümmt hatten; nur weil sie verschiedene Ämter bekleideten, wurden sie als
Scheusale und Auswurf der Menschheit bezeichnet. Auch in Nedweis gab es verschiedene
Fanatiker, die sich in der Verfolgung der Deutschen hervortaten. Besonders ein junges
Bürschchen namens Walter Koralka, dessen Verwandte übrigens Deutsche waren,
sowie die Lehrer Andrysek und Sohn und die Tschechen Barta, Cuka, Polonsky, Kolman u. a.
taten sich in der Verfolgung wehrloser Deutscher hervor und ließen viele ins Lager
bringen
und verprügeln. Diese Gesellschaft markierte einmal eine kleine Brandstiftung, die sie
den
Deutschen in die Schuhe schob, worauf der Beinamputierte B. Hausner schwer mißhandelt
wurde.
Das deutsche Mädchen Albertine Kollmann hängte sich einige Tage nach
dem Umsturz auf, um den Vergewaltigungen und Mißhandlungen zu entgehen. Der
Viehhändler Dostal schlug noch auf die Tote mit einer Stange wütend ein. Die
Mutter der Genannten, eine 60jähr. Frau, wurde zu 10 Jahren Zuchthaus verurteilt, weil
sie
einem Tschechen früher eine Ohrfeige gegeben hatte. Viele deutsche Männer
wurden
auch hier von den Partisanen schwer mißhandelt und die Frauen vergewaltigt. Fast
sämtliche Deutsche beiderlei Geschlechtes ab 10. Lebensjahr wurden wie üblich ins
Lager geschleppt. Der 60jährige Lehrer Coufal war nach einer Woche im Lager zu Tode
mißhandelt worden. Der örtliche Národní Výbor, dessen
Vorstand der ältere
Lehrer Andrysek war, ließ die Landwirte Kleiber, Müller und Skacel ins
Gefängnis bringen, wo sie dann hingerichtet wurden. Sie hatten angeblich einen
Tschechen
während der Hitlerzeit ins Lager bringen lassen. Die berüchtigten "Volksrichter" in
unserer Gegend hießen Matura und Svoboda.
Zu erwähnen wäre auch die unchristliche Tätigkeit eines gewissen Teiles des
tschechischen Klerus, der den Löwenanteil für die Austreibung und Ausrottung der
Deutschen aufgrund seiner Tätigkeit während des Krieges für sich
beanspruchte.
Unser Ortspfarrer verbot den Deutschen den Kirchenbesuch, nahm keine Einsegnungen der
Toten
mehr vor, die irgendwo in einer Ecke verscharrt wurden. usw.
Dokumente zur Austreibung der Sudetendeutschen
Überlebende kommen zu Wort
|
|