Massenvergewaltigungen in
Saaz
Robert Rief: "Ich bin bis zum 10. Oktober 1945 in Saaz gewesen und hatte Gelegenheit, alles mitzuerleben, was seit den Umsturztagen in meiner Heimatstadt vor sich gegangen ist. Am 7. Mai besetzten die Russen, vom Erzgebirge kommend, mit Panzern die Stadt, die von Flüchtlingen aller Art und von den zurückflutenden Kolonnen der deutschen Front in Mähren, sowie von zahlreichen Verwundeten in den Lazaretten, überfüllt war. Am 3. Juni übernahmen die Tschechen die Verwaltung, verhafteten die gesamte männliche Bevölkerung ohne Unterschied der Parteizugehörigkeit und brachten sie in ein Lager nach Postelberg. Dort wurden die Deutschen zu Tausenden in den Kasernenhof gepfercht und ohne jede Nahrung gelassen. Am Morgen des 4. Juni erschienen Angehörige der Revolutions-Garde und schossen wahllos in die Menge. Neben vielen Verwundeten gab es 3 Tote, darunter meinen Bekannten Heidenreich. Der tschechische Polizist Marek ging durch das Lager und legte mit seinem Revolver, ebenfalls ohne Grund, Deutsche um. Fünf 13- bis 15-jährige Buben, darunter der kleine Körner, dessen Vater der Exekution zuschauen mußte, wurde an die Wand gestellt und ohne jedes vorhergehende Verfahren erschossen. Von den ohne jeden besonderen Grund Erschossenen sind mir bekannt gewesen: Baumeister Heinzel, Hauptmann Langer und der Chemiker Hausmann. Ich schätze die Zahl der in Postelberg erschossenen Deutschen auf 600. Am 13. Juni wurde, nachdem bereits alle Männer weggeschafft worden waren, alle deutschen Frauen in ein Lager in Saaz, und zwar in die ehemalige SS-Kaserne gebracht. Dort herrschten viehische Zustände. Die tsche- [95] chischen Posten traten die Frauen, auch werdende Mütter, mit Füßen und befahlen ihnen wahllos niedrige Dienste. Am Abend öffneten sich die Tore des Lagers den russischen Soldaten, die sich wie die wilden Tiere auf die Frauen stürzten und vergewaltigten. Sie nahmen dabei keine Rücksicht auf ihre Umgebung, sondern taten ihren Opfern in aller Öffentlichkeit Gewalt an. Die Tschechen vergnügten sich damit, zuzusehen. Unter anderem wurde die Tochter des Kaufmanns Pichert in Anwesenheit ihrer Mutter vergewaltigt, die im Bette über ihr liegen bleiben mußte. Ende Juni mußten sich alle Frauen nackt ausziehen. Man gab vor, verborgenen Schmuck bei ihnen zu suchen. Auch das geschah in der Gegenwart der Kinder. Die Lagerverpflegung bestand nur aus 200 Gramm Brot und zweimal verabreichter Kartoffelsuppe. Männer und Frauen kamen zum Arbeitseinsatz aufs Land und in die Kohlenbergwerke von Brüx, zum Teil wurden sie auch wieder in Saaz beschäftigt, ohne jedoch ihre Wohnungen wieder betreten zu dürfen. Saaz, vordem eine rein deutsche Stadt mit etwa 20.000 Einwohnern, war mittlerweile ganz entvölkert worden. Die Häuser standen, mit Ausnahme jener, in die sich bereits die Tschechen eingenistet hatten, vollkommen leer. Aus dem Innern Böhmens kamen massenweise unbekannte Gestalten, die die herrenlosen Wohnungen plünderten und mit vollen Koffern und Rucksäcken verschwanden. Die Bevölkerung wurde auf diese Weise binnen weniger Tage all ihrer Habe beraubt. In geschlossenen Transporten wurden zuerst die Kranken und gebrechlichen Personen an die Grenze geführt (Ende Juni), dann wahlweise auch andere Bevölkerungsschichten. Auch Kommunisten (z. B. der mir bekannte Obermüller der Kröbelmühle, Hubel, mit seiner Frau) wurden mit solchen Transporten weggeschafft. Bis zur Grenze wurden die meisten 3-4 mal ausgeraubt. Viele Leute kamen von Postelberg direkt nach Brüx in das im Hydrierwerk befindliche sogenannte 28er Lager, in welchem die Insassen stundenlang Ziegel treppauf und treppab tragen mußten. Ähnliche Quälereien waren uns schon im Lager Postelberg widerfahren, wo die [96] Tschechen in einem Kasernenraum eine Schwitzkammer errichtet hatten, in der sie - es war im Juli - die Dampfheizung aufdrehten und die Leute, besonders eingefangene deutsche Landser, brutal erschlugen. Dem Arzt Dr. Krippner, dessen Frau Tschechin ist, wurde von den Tschechen eine Sprengschnur um den Hals gelegt, durch deren Entladung sein Körper verstümmelt wurde. Nach der Exhumierung seiner Leiche, die seine Frau durchgesetzt hatte, wurden mehrere tschechische Wachposten versetzt."
Johann Partisch: "Am 24. Juni 1945 wurden in Engelsberg durch die sogenannte Revolutionsgarde 8 Männer zusammengetrieben, darunter auch ich, und in das KZ nach Freudenthal gebracht. Wir waren 10 Tage in Einzelhaft und wurden jede Nacht und mehrmals am Tage verprügelt. Die Prügel wurden jede Nacht halbstündlich 6 bis 7 mal wiederholt. Wir waren dadurch alle bis zur Unkenntlichkeit entstellt. Der schlimmste Tag war der 4. Juli 1945. An diesem Tag begannen die Prügel schon früh. Dann mußten 25 Häftlinge ein Loch graben; beim Graben wurden sie ununterbrochen geprügelt. Hierauf wurden alle Häftlinge um das Loch versammelt. Es wurde ein tschechisches Urteil verlesen, das die meisten nicht verstanden. Dann wurden 20 Männer halb entkleidet aus einer Baracke gebracht, sie mußten sich vor das Loch hinknien und wurden durch 10 Tschechen mit Maschinenpistolen erschossen und in die Grube geworfen. Die zweiten 10 folgten sogleich. Es befanden sich darunter Wilhelm Banin aus Engelsberg, der Engelsberger Oberlehrer Hermann Just, der als ehemaliger Sozialdemokrat als Staatsbeamter disqualifiziert worden war, der Radiofachmann Frohler aus Freudenthal, der als Antifaschist der deutschen Revolutionsgarde angehört hatte, der Bauer Zimmermann aus Dürrseifen, [97] der nachweislich Fremdarbeiter begünstigt hatte. Der Totengräber Riedl Gustav war in der ersten Gruppe nur angeschossen worden; er erhob sich nach 3 Minuten aus der Grube und bat um noch einen Schuß. Ein Tscheche schoß mit der Maschinenpistole nochmals auf ihn. Nach weiteren wenigen Minuten erhob sich Riedl abermals aus der Grube; es wurde wieder auf ihn geschossen. Gustav Alraun und Alfred Nickmann, beide aus Engelsberg, hatten die Grube zu schließen. Sie sahen, daß Riedl und noch einige andere noch lebten und von den Tschechen erst mit Kolbenhieben völlig erschlagen wurden. Die Vorgeschichte der Exekution war: Zwei Tschechen der Stadtwache waren beim Hantieren mit einer russischen Handgranate verunglückt, einer tödlich, der andere schwer verletzt. Diese Feststellungen wurden von der russischen Stadtkommandantur gemacht. Die Tschechen aber behaupteten, ein Zeitzünder in einem Radiogeschäft sei explodiert, die Deutschen hätten diesen Zeitzünder gelegt. Die Tschechen verlangten gleichzeitig von der russischen Kommandantur zuerst 100, dann 50 Deutsche zu erschießen, was die russische Kommandantur ablehnte. Die 20 Mann wurden schließlich ohne Bewilligung erschossen. Im Freudenthaler Lager befanden sich Jugendliche im Alter von 11 Jahren aufwärts. Helmut Muhr, 16 Jahre alt, wurde am 26. Juni erschossen, weil er zu seiner Mutter gegangen war. Daraufhin wurde verlautbart, daß jeder Flüchtling bei der Ergreifung zusammen mit 10 Angehörigen seines Lagers erschossen werden sollte, bei Nichtergreifung seine Familie und andere 10 Mann erschossen werden. Den Gastwirt Adolf Thiel aus Neu-Vogelseifen habe ich persönlich mit den Händen verscharrt, weil ich dazu die vorhandenen Spaten nicht benützen durfte."
[98] Antifaschisten und
politisch Verfolgte mißhandelt Karl Leuchtenmüller: "Ich war 27 Jahre sozialdemokratisch organisiert, was den Tschechen auch allgemein bekannt war. Trotzdem wurde ich am 23. Mai 1945 verhaftet und in das Kreisgericht nach Budweis eingeliefert und auf das Unmenschlichste mißhandelt. Am 12. Feber 1946 wurde ich ins Budweiser Lager überstellt. Auch dort war die Behandlung schlecht. Meine Frau war am 29. August 1945 ebenfalls verhaftet worden und wurde 14 Monate im Lager Kaplitz festgehalten. Unsere Wohnung wurde vollkommen ausgeplündert."
"Bis zum Jänner 1938 war ich Leiter des Polizeiamtes in Neudek, wurde nach dem Anschluß am 15. März 1938 in Lubenz verhaftet und bis 13. November 1942 in den KZs Dachau und Flossenburg gefangen gehalten. Zuletzt war ich als Kraftfahrer in Norwegen eingesetzt, wo ich nach der Kapitulation in englische Kriegsgefangenschaft geriet. Im Oktober 1945 wurde ich mit einem Repatriierungstransport in die Č.S.R. zurückgebracht. Dort wurde ich mit allen Transportangehörigen im Lager Motol festgehalten, dabei wurde uns die reiche und gute Ausrüstung an Decken, Lebensmitteln usw., die uns die Engländer mitgegeben hatten, bis auf eine Decke restlos abgenommen. Wir wurden in kahlen ungeheizten Räumen mit Steinfußboden untergebracht. Durch 4 Wochen wurden viele Lagerinsassen täglich geschlagen. Vom Lager aus wurden Arbeitskommandos zur Arbeit bei Bauern, in Fabriken, zur Straßenarbeit in Prag verschickt. Ein großer Teil der Arbeitskommandos wurde auch bei der Arbeit geschlagen. Mein Neffe wurde am Silvesterabend in einer Straße von Prag, am Weg von der Arbeit, von einem russischen Soldaten so geschlagen, daß er schwere [99] Verletzungen erlitt und später an den Folgen starb. Ich selbst wurde anfangs März aus dem Lager Motol nach Neudek entlassen, wo ich im Antifaschistenausschuß tätig war. Bei der Anerkennung als Antifaschist wurde von der tschechischen Behörde zwischen Sozialdemokraten und Kommunisten ein großer Unterschied gemacht, indem von den sozialdemokratisch organisierten Deutschen nur 10 Prozent, von den Kommunisten aber das Doppelte der im Jahre 1938 Organisierten anerkannt war."
"In der Zeit vom 12. bis 18. August wurde im Pfarrhof Malschin ein Einbruch verübt und dabei ein Betrag von 18.230 Kronen entwendet. Als Antifaschist durfte ich das Gasthaus besuchen und traf dort am 14. August den tschechischen Kommissar, der in größter Aufregung vom Pfarrhof ins Gasthaus gelaufen kam und sich neben mich niedersetzte. Er erklärte mir, er habe im Pfarrhof einen guten Fang gemacht. Dabei fielen ihm 4 Hundertkronennoten aus der Tasche und ich sah, daß er seinen Rock mit Geld vollgestopft hatte. Trotzdem ich sofort wußte, daß der tschechische Kommissar der Einbrecher war, unternahm ich nichts, da ich weiß, daß die Anzeige eines Deutschen, auch wenn er Antifaschist ist, in der Tschechoslowakei wertlos ist. Anfang Oktober kam der Kommissar und nahm mir meinen Antifaschistenausweis ab, ohne mir darüber eine Quittung auszustellen."
Herbert Schernstein: "Ich war schon vor dem Krieg Mitglied der Kommunistischen Partei und bin vom 18. Okt. 1938 bis zum 9. Dez. 1945 in den Konzentrationslagern Theresienstadt, Sachsenhausen und Ravensbrück gewesen. Am 8. Juli kam [100] ich aus dem KZ nach Aussig zurück, wo die Tschechen gerade meine Mutter evakuiert hatten. Trotz meiner Ausweise (Kommunistische Partei und KZ) traf ich überall auf schroffe Ablehnung. Mit den Worten "Němec jest Němec" (Deutscher bleibt Deutscher) wurde mir überall gesagt, daß ich keine Ausnahme bilden könne. Viele meiner ehemaligen Genossen wurden trotz des Antifaschistenausweises ebenso behandelt. So wurde meinem Freunde Willi Krebs in Leitmeritz, welcher der Gründer der Kommunistischen Partei in Prödlitz war, schon vor 2 Monaten binnen 5 Minuten sein Lebensmittelgeschäft weggenommen. Die Tschechen und auch die tschechischen Kommunisten unterstützten uns in keiner Weise. Ich bin auch der Überzeugung, daß sich viele faschistische Elemente in der KPČ befinden. So befindet sich in Aussig ein Kriminalinspektor Libisch, der heute der größte Kommunist zu sein vorgibt, mich selbst aber vor dem Kriege ob meiner kommunistischen Parteizugehörigkeit verfolgte. Über die Vorkommnisse bei der großen Explosion neben der Zuckerfabrik Schönpriesen, bei der an die tausend Deutsche ums Leben kamen, kann ich genaue Angaben machen, weil ich zufällig auf der Fahrt von Schreckenstein nach Aussig dort vorbeikam. Es handelte sich um die Explosion eines Granatlagers, welches neben der Zuckerfabrik in Schönpriesen, der während des Krieges die chemische Fabrik angeschlossen war, errichtet ist. Die Tschechen sprachen die Schuld an der Explosion den Deutschen zu und gingen gegen sie in radikaler Weise vor. Nach 4 Uhr nachmittags trieben die Angehörigen der Svobodni Garda alle Deutschen aus den umliegenden Häuserblöcken aus ihren Wohnungen und hetzten sie massenweise in den Elbestrom. Ich sah Frauen und Kinder in den Wellen versinken; auf Ferdinandshöhe hatten sich tschechische MG.-Nester eingegraben, die von dort aus auf die im Strom treibenden Deutschen schossen. Meiner Schätzung nach sind an die 1000 Deutsche durch dieses Vorgehen ums Leben gebracht worden. Besonders scharf gingen die Tschechen gegen deutsche Antifaschisten vor, die durch rote Armbinden gezeichnet waren. Die Tschechen [101] erklärten, daß diese Deutschen die Hauptschuld an diesem Ereignis trügen. Viele Deutsche, so die mir bekannte Tochter der Familie Klinger aus Prödlitz, sind heute noch vermißt. Viele Deutsche wurden in das Lager nach Lerchenfeld getrieben, wo sie unter kümmerlichsten Verhältnissen leben mußten. Das Lager wurde später nach Schöbritz verlegt. Dort konnte man oft die gelbe Fahne sehen, welche Außenstehende wegen ansteckender Krankheiten vor dem Besuch warnen sollte und "Vorsicht - Hungertyphus!" bedeutete. In Schöbritz verstarben täglich 300 bis 400 Deutsche an dieser Seuche. Ehemalige KZ-Häftlinge, darunter ein gewisser Vlcek und der Arbeitseinsatzführer Cuba gingen besonders rücksichtslos gegen die deutschen Häftlinge vor und übertrumpften bei weitem die mir selbst bekannten und am eigenen Leibe erfahrenen KZ-Methoden der Nazi. Ich selbst mußte meine Vaterstadt Aussig verlassen, weil mir die Tschechen keine Lebensmöglichkeit boten und weil ich die unmenschliche Art und Weise, mit der sie die deutsche Bevölkerung ausrotteten, nicht mehr ertragen konnte."
Kommunistischer Schriftführer der Zelle 3: "Ich bin von Beruf Lokomotivführer und war bis zum Anschluß des Sudetenlandes 1938 Mitglied der Kommunistischen Partei in Teplitz-Schönau, wo ich wohnte. Ich war Schriftführer der Zelle 3 und wurde nach dem Anschluß verhaftet und war 13 Monate lang eingesperrt. Nach meiner Entlassung aus dem Gefängnis zog ich nach Kutterschitz, wurde am 13. Dez. 1940 wieder verhaftet und saß zweieinhalb Monate, weil ich mich weiterhin gegen den Nationalsozialismus ausgesprochen hatte. Am 9. August 1940 wurde ich laut vorgelegtem Ausschließungsschein des Wehrbezirkskommandos Teplitz-Schönau, Wehrnummer 04/26/16/10, aus der deutschen Wehrmacht ausgeschlossen. Am 26. Juni 1943 wurde ich trotzdem zum Bewährungsbatl. 999 nach Heuberg eingezogen, jedoch am 1. November 1943 wegen unerlaubten Fernbleibens von der Truppe zu 15 Jahren Zuchthaus ver- [102] urteilt. Nach meiner Verurteilung wurde ich einem Bombenentschärfungskommando als Feuerwerker zugeteilt und habe weit über 1000 abgeworfene Blindgänger entschärft. Daraufhin wurde ich der Strafanstalt Bancever in der Nähe von Belgrad am 26. Juni 1944 überstellt. Wegen Fluchtverdachtes kam ich nach Belgrad, von Belgrad nach Herzogenburg in die Waffenfabrik, von dort wurde ich an die Strafanstalt Graz überwiesen. Am 21. Februar 1945 wurde ich laut vorgelegtem Entlassungsschein der Strafanstalt Graz wegen Bombenangriffen und Überfüllung entlassen. Ich bin dann nach Kutterschitz gefahren und sollte mich beim Volkssturm melden, habe es aber nicht getan. Als am 8. Mai 1945 die Russen in Kutterschitz einzogen, bildete sich eine tschechische Revolutionsgarde und es begannen die Greueltaten. In Kutterschitz mit rund 600 Einwohnern wurden ohne Verhör und Urteil 14 Personen, u. a. Ingenieur Benke, Obersteiger Pohl, Hirschmann, Mayer, Schäfer erschossen; und zwar direkt am Schacht. Ferner wurden viele zusammengeschlagen, 40 Mann des RAD, lauter junge Burschen von 14 bis 16 Jahren mit MG zusammengeschossen und ohne Rücksicht darauf, ob sie noch lebten, in den Splittergräben bei ihren Baracken verscharrt. Viele deutsche Frauen in Kutterschitz, Hostomitz, Bilin und in anderen Orten wurden öffentlich vergewaltigt und dann vertrieben. Die Zustände, die dort herrschten, lassen sich nicht beschreiben. Ich habe bei den Tschechen weitergearbeitet, bekam Belege, daß ich mich illegal betätigt habe, und zwar von der antifaschistischen Kommission, Bezirk Bilin, vom 16. 7. 1945, ferner ein Gutachten des Betriebsrates Schacht Patria II in Kutterschitz vom 27. Juni 1945 und von der Polizeibehörde in Bilin vom 28. Juni 1945. Ich bekam die tschechischen Lebensmittelkarten, konnte mich zunächst frei bewegen und brauchte die Armbinde nicht zu tragen. Ich war Schriftführer der Antifaschistischen Partei in Kutterschitz und bemühte mich um die notleidenden Deutschen. Das erregte das Mißfallen der Tschechen, die alles hassen, was deutsch ist, ohne Rücksicht auf die politische Einstellung der Deutschen. [103] Es kam so weit, daß ich am 21. Nov. 1945 in Haft genommen und in das Kreisstrafgefängnis nach Brüx eingeliefert wurde. Am 13. Dez. 1945 wurde ich wegen Platzmangel vorläufig entlassen und kam wieder nach Kutterschitz zurück. Am 6. Jänner 1946 kamen zwei Gendarmen in meine Wohnung, ich war zum Glück nicht zu Hause, und wollten mich verhaften. Doch wurde ich rechtzeitig gewarnt und als ich zum Dienst bei meiner Dienststelle erschien, durfte ich nicht anfangen; mir wurde gesagt, daß ich verhaftet werde. Daraufhin floh ich, bar jeder Mittel, aus der Heimat und kam über Sachsen hierher. Der tschechische Terror gegen alles Deutsche hat derartige Formen angenommen, daß ein weiteres Verbleiben im Sudetenland unmöglich geworden ist. Dabei spielt es gar keine Rolle, ob es sich um Kommunisten, Antifaschisten oder sonstige Deutsche handelt. Bereits Tausende sind den Foltermethoden der Tschechen in den Lagern erlegen. Ich kann auch noch bestätigen, daß nach dem großen Explosionsunglück in Schönpriesen bei Aussig, das durch die unsachgemäße Behandlung seitens der Tschechen entstanden ist, ungezählte Deutsche mißhandelt, erschlagen und eingesperrt wurden. Frauen wurden mit Kinderwagen von der Elbebrücke, die Aussig mit Schreckenstein verbindet, in die Elbe geworfen, andere wurden auf Straßen und Wegen erschlagen, von Fahrrädern gerissen und zu Tode getrampelt.
Meine Arbeitskollegen J. und B. aus Schwatz sind seit dieser Zeit spurlos verschwunden."
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