vor und nach dem Kriege 6. Samoa Das deutsche Schutzgebiet Samoa lag völlig isoliert von den übrigen deutschen Besitzungen. Es umfaßte den größeren Teil der Samoainseln, nämlich die großen Inseln Upolu und Savaii sowie zwei kleinere Inseln und bedeckte eine Gesamtfläche von ungefähr 2500 qkm. Samoa kam 1899 nach langjährigen schwierigen diplomatischen Auseinandersetzungen der Großmächte in deutschen Besitz. Damit wurden die Samoawirren beendet, die in innerpolitischen Streitigkeiten der samoanischen Häuptlinge und ihrer Anhänger begründet waren, aber die Großmächte zum Eingreifen veranlaßt hatten (s. S.16-18). Die Inseln sind vulkanischen Ursprungs und durchweg von Vulkanen durchsetzt, welche 1100 m auf Savaii und 1800 m auf Upolu hoch sind. Vulkanausbrüche in jüngster Zeit auf Savaii haben gezeigt, daß der Vulkanismus noch nicht erloschen ist, wie man anzunehmen geneigt war. Die Küste fällt zum Teil schroff ins [148] Meer ab, zum Teil findet sich ein flacher Sandstrand. Dem Lande sind meist Korallenriffe vorgelagert, zwischen denen sich nur vereinzelt Bootspassagen finden. An Häfen ist Samoa arm, selbst der Hauptplatz Apia stellt nur einen offenen Ankerplatz dar, der in der schlechten Jahreszeit den Schiffen nur ungenügenden Schutz bietet. Auch die übrigen Häfen bieten entweder nicht das ganze Jahr hindurch guten Ankergrund, oder sie sind infolge unzulänglicher Tiefenverhältnisse nicht voll benutzbar. Der einzige gute Hafen der Samoagruppe, Pago Pago auf Tutuila, ist im Besitz der Vereinigten Staaten. Das Klima ist ein tropisches Seeklima mit Temperaturen zwischen 24 und 26°, das der frische regenspendende SO-Passat mildert. Die ihm zugewandten Gebirgsseiten sind reichlich beregnet, doch zeigt die Regenhöhe beträchtliche jährliche Unterschiede. Leider fehlen schwere, die Schiffahrt gefährdende Orkane nicht. Noch heute liegt auf dem Riff vor Apia das Eisengerippe des deutschen Kreuzers "Adler", der bei dem furchtbaren Sturm im März 1888 nebst anderen Schiffen dort zugrunde ging. Die Inseln sind, abgesehen von den Stellen, an welchen noch frischere, wenig verwitterte Lava sich findet, mit reicher Vegetation bedeckt. Am Strande sind Kokospalmen häufig, zwischen denen sich die Hütten der Eingeborenen erheben. Weiter nach dem Inneren zu finden sich Anpflanzungen besonders von Taro. Im übrigen ist das Innere von hochragendem Urwald bedeckt, soweit nicht, wie auf Savaii, umfangreiche jungvulkanische Böden die Entwicklung einer Pflanzendecke hemmen. Die Tierwelt ist besonders an Säugetieren arm. Dagegen finden sich Tauben in großen Mengen abseits der Wohnstätten. Den Menschen gefährliche Tiere, abgesehen von Insekten, gibt es auf den Inseln überhaupt nicht. Im Schutzgebiet lebten ungefähr 35 000 Samoaner, sowie 557 Weiße 1913, davon 329 Deutsche und 99 Frauen. Zudem gab es eine Mischlingsbevölkerung von etwa 1000 Köpfen sowie etwa 1500 Chinesen. Die Samoaner gehören zu den Polynesiern. Sie sind von stattlicher, oft schöner Erscheinung, hellbrauner Hautfarbe, und schlichtem schwarzem Haar. Sie sind ungewöhnlich höflich, liebenswürdig und gastfreundlich. Ihre schönen alten Sitten und Gebräuche, an denen sie mit großer Liebe hängen, haben ebenso wie ihr Charakter zu dem Glanze der "Perle der Südsee" beigetragen. Die wirtschaftlichen Eigenschaften sind weniger gut entwickelt als die sozialen; sie sind zu einer energischen Betätigung im europäi- [149] schen Sinne wenig geneigt, wozu die Leichtigkeit, mit der sie ihre Bedürfnisse decken können, nicht wenig beigetragen haben mag. Kokospalmen und Feldfrüchte liefern reichlichen Lebensunterhalt, den der Fischfang ergänzt. Die an sich schon geringe wirtschaftliche Tätigkeit der Samoaner wurde früher durch die beständigen Kriege und Zwistigkeiten der Eingeborenen untereinander beeinträchtigt. Einen besonderen Streitpunkt bildete die Verleihung der Königswürde, auf die zwei alte große Familien Anrechte geltend machten. Erst die Abschaffung des Königtums hat diese schwere Erschütterungen verursachenden Kämpfe beseitigt. An Stelle der alten ständischen Verfassung ist eine ähnliche Einrichtung der Selbstverwaltung getreten, und von der Regierung sind Dorfhäuptlinge eingesetzt worden. Seit der Übernahme Samoas durch das Deutsche Reich nahm das Land unter dem Gouverneur Dr. Solf, (dem späteren Staatssekretär) 1900–1911, seit 1912 unter Dr. Schultz-Ewerth, eine friedliche Entwicklung. Die Kolonie hat sich bereits jahrelang vor dem Kriege selbst erhalten und keinen Reichszuschuß mehr benötigt. Der Gesamthandel Samoas belief sich 1899 auf 3,6 Mill. M.; 1904: 4,3 Mill. M.; 1910: 7,6 Mill. M.; 1912: 10 Mill. M. Einfuhr- und Ausfuhrwerte machten mit geringen Schwankungen je etwa die Hälfte aus. An der Spitze der Ausfuhr stand die Kopra, die teils aus Plantagen (⅓), teils aus Eingeborenenproduktion (⅔) gewonnen wurde und ⅘ des Ausfuhrwertes bestritt. An zweiter Stelle stand die Kakaoausfuhr, während der Kautschuk nur eine bescheidene Stellung einnahm. Die Produktion der Eingeborenen für den Außenhandel beschränkt sich nahezu ausschließlich auf die Kopraerzeugung; die Ernten stammten zu einem kleinen Teil bereits aus den auf Anordnung des Gouvernements vorgenommenen Neuanpflanzungen. Die Versuche, die Samoaner als Pflanzungsarbeiter heranzuziehen, haben nur einen beschränkten Erfolg gehabt. An europäischen Unternehmungen bestanden anfangs nur Handelshäuser, wie die Firma Johann Cesar Godeffroy, die seit 1857 hier ansässig war; später ging man zum Plantagenbau über, wobei besonders die Kokospalme mit Erfolg kultiviert wurde. Die 130 vorhandenen Plantagen bedeckten 1913 fast 5000 ha, von denen etwa ⅘ schon ertragfähig waren. Eine weitere Steigerung der Produktion infolge der günstigen Naturbedingungen war zu erwarten. Die Kakaopflanzungen nahmen 1913 mehr als 3600 ha ein, jedoch lieferte erst ein kleiner Teil der Bäume Erträge. Der Kautschuk [150] hat keine rechte wirtschaftliche Bedeutung erlangen können. Da, wie erwähnt, die Samoaner wenig als Plantagenarbeiter in Betracht kamen, mußte man, um dem Arbeitermangel abzuhelfen, fremde Kräfte heranziehen. Diese stammten zunächst aus Neuguinea, später wurden chinesische Kuli eingeführt, deren Kontrakte drei Jahre liefen. Besondere Bestimmungen über Handel und Landerwerb sollten unerwünschten chinesischen Einfluß im Wirtschaftsleben fernhalten. Samoa ist als Mandatsgebiet Westsamoa dem britischen Dominion Neuseeland unterstellt und hat unter dessen Gewaltherrschaft wohl das schlimmste Schicksal aller ehemaligen deutschen Kolonien erlebt. Hatte Samoa schon während der Besatzungszeit schwer unter Mißgriffen der Besatzung zu leiden, die auch für die verheerende Grippeepidemie 1918/19 mit verantwortlich zu machen ist, so zeigte sich das völlige Versagen der neuen Herren nach Übernahme des Mandates. Es wurde ein sehr großer Beamtenapparat geschaffen, dessen Erhaltung die Finanzen zerrüttete und der sich doch in keiner Weise seinen Aufgaben gewachsen zeigte. Völlig verfehlte wirtschaftliche Maßnahmen ließen das Wirtschaftsleben zusammenbrechen und veranlaßten mehrere Proteste der weißen Pflanzer. Die von der deutschen Regierung geachteten Rechte der Samoaner in bezug auf ihre Selbstverwaltung wurden vom Mandatar mit Füßen getreten und forderten damit deren Widerstand heraus, der der Lage nach nur ein passiver sein konnte. Jahrelang hielt die gespannte Lage an, bis der Verwalter des Mandats die Nerven verlor und versuchte, mit brutalen Unterdrückungsmaßnahmen, bei denen auch Blut floß, den Willen der Samoaner zu brechen, bisher vergeblich. Seit 1921 beschwert sich das samoanische Volk, das sich in der "Mau" zusammengeschlossen hat, über die Willkürherrschaft seines Vormundes und bittet um Wiederherstellung seiner Rechte. Bisher sind seine Wünsche in Auckland, London und Genf überhört worden. Die Bevölkerung von Samoa zählt heute rund 43 000 Menschen, darunter etwa 600 Weiße. Auf wirtschaftlichem Gebiet sind gegen die Vorkriegszeit keine wesentlichen Veränderungen eingetreten. Die Anbauflächen von Kokospalmen und Kakao haben sich wenig verändert. Als neues Kulturgewächs, das auch in der Ausfuhr auftritt, ist die Banane zu nennen.
Der Preissturz für alle Rohprodukte hat auch eine starke Schrumpfung des Außenhandels hervorgerufen (von 1928 bis 1932 [151] um mehr als die Hälfte), der 1932 wertmäßig beträchtlich unter dem der Vorkriegszeit lag. Gleichzeitig damit ist der beachtenswerte Ausfuhrüberschuß bedeutend zurückgegangen. Die wichtigsten Lieferanten und Abnehmer Samoas sind Neuseeland, Australien und England. |