"Der Angriff" (Teil
1)
Die Herausgabe einer eigenen Zeitung war für die verbotene Partei in Berlin zu einer
unabweisbaren Notwendigkeit geworden. Da das Polizeipräsidium jede öffentliche
Wirksamkeit der Bewegung durch Versammlungen, Plakate und Demonstrationen unterbunden
hatte, blieb uns nichts anderes mehr übrig, als durch das Mittel der publizistischen
Massenbeeinflussung neuen Boden zu gewinnen.
Schon in der Zeit, da die Partei noch erlaubt war, hatten wir uns mit dem Gedanken getragen, ein
eigenes Organ für die Berliner Bewegung zu gründen. Aber die
Durchführung
dieses Planes war immer an den vielfältigsten Hindernissen gescheitert. Es fehlte uns
einmal das Geld, um ein der jetzigen Bedeutung der Bewegung entsprechendes
Zeitungsunternehmen aufzuziehen. Dann standen unserem Projekt eine Reihe von
organisatorischen und parteimäßig bedingten Schwierigkeiten im Wege; und nicht
zuletzt waren wir auch durch die Propagandatätigkeit der Partei in Versammlungen und
Demonstrationen so im Übermaß in Anspruch genommen, daß uns schon die
Zeit fehlte, das Projekt wirksam und erfolgreich zur Durchführung zu bringen.
Nun aber war die Partei verboten. Versammlungen waren untersagt, von Demonstrationen auf
der
Straße konnte gar keine Rede mehr sein. Nachdem der erste Pressesturm verebbt war,
herrschte über uns in der Journaille ein allgemeines Schweigen. Man hoffte dort, man
könne die Bewegung, die man mit brutaler Gewalt organisatorisch niedergeschlagen hatte,
durch Stillehalten überwinden.
Dem Übelstand wollten wir durch unsere Zeitung abhelfen. Sie sollte ein Organ für
die Öffentlichkeit werden. Wir wollten mitreden, mitbestimmen; wir wollten auch ein
Stück öffentliche Meinung sein; unser Ziel war, jenes Band zwischen
Führung
und Parteigenossenschaft wieder anzuknüpfen, das durch die drakonische Verbotspraxis
des Berliner Polizeipräsidiums rauh und mitleidlos durchschnitten worden war.
Schon die Wahl des Namens der Zeitung begegnete am Anfang großen Schwierigkeiten.
Es
wurden die wildesten und militantesten Titel erfunden. Sie machten zwar der
kämpferischen Gesinnung ihrer geistigen Väter alle Ehre, ließen aber auf der
anderen Seite jegliche propagandistische und programmatische Formulierung vermissen. Ich war
mir darüber klar, daß am Namen der Zeitung ein großer Teil des Erfolges
hing.
Der Name mußte agitatorisch wirksam sein und schon in einem einzigen Wort das ganze
Programm der Zeitung umschließen.
Noch heute ist es mir lebhaft in der Erinnerung, wie wir eines Abends im kleinen Kreis
brütend zusammensaßen und über den Titel der Zeitung nachdachten. Da
schoß es mir plötzlich wie eine Erleuchtung durch den Kopf: unsere Zeitung kann
nur
einen Titel tragen: "Der Angriff"! Dieser Name war propagandistisch wirksam,
und er
umschloß in der Tat alles, was wir wollten und wonach wir zielten.
Es war nicht der Zweck dieser Zeitung, die Bewegung zu verteidigen. Wir hatten nichts mehr,
was wir verteidigen konnten, denn man hatte uns alles genommen. Die Bewegung mußte
aus der Defensive in die Offensive geführt werden. Sie mußte kämpferisch
und
aggressiv vorgehen; kurz und gut, sie mußte angreifen. Darum kam als Titel
ausschließlich Der Angriff in Frage.
Wir wollten mit dem Mittel der Publizistik die Propagandamethoden fortsetzen, die uns im frei
gesprochenen Wort verboten waren. Es lag nicht in unserer Absicht, ein Informationsblatt zu
gründen, das für unsere Anhänger gewissermaßen das tägliche
Journal ersetzen sollte. Unsere Zeitung entstand aus der Tendenz heraus und sollte auch in der
Tendenz und für die Tendenz geschrieben werden. Unser Ziel war nicht, zu informieren,
sondern anzuspornen, anzufeuern, anzutreiben. Das Organ, das wir gründeten, sollte
gewissermaßen wie eine Peitsche wirken, die die säumigen Schläfer aus
ihrem
Schlummer aufweckt und sie zu rastlosem Handeln vorwärts hetzt. Wie der Name, so war
auch das Motto der Zeitung ein Programm. Neben ihrem Titel stand es groß und fordernd
zu
lesen: "Für die Unterdrückten! Gegen die Ausbeuter!" Auch hierin schon kam die
ganze kämpferische Haltung unseres neuen Organs zum Ausdruck. Es war schon in Titel
und Motto das Programm und der Wirkungskreis dieser Zeitung umrissen. Es handelte sich
für uns nur noch darum, Titel und Motto mit aktivem politischem Leben zu
erfüllen.
Die nationalsozialistische Presse hat ihren eigenen Stil, und es verlohnt sich, an dieser Stelle
einige Worte darüber zu verlieren. Die Presse ist nach einem Wort Napoleons die
"siebente
Großmacht", und sie hat seit der Zeit, da dieses Wort gesprochen wurde, ihre
Einflußmöglichkeiten eher vermehrt als vermindert. Welche ungeheure
Machtfülle in ihr beschlossen liegt, das hat sich vor allem im Krieg gezeigt.
Während die deutsche Presse in den Jahren von 1914 bis 1918 von einer fast gelehrtenhaft
anmutenden, wissenschaftlichen Objektivität war, erging sich die Ententepresse
in einer hemmungs- und zügellosen Demagogie. Sie vergiftete in systematischer Rafinesse
die ganze Weltmeinung gegen Deutschland, sie war nicht objektiv, sondern im radikalsten Sinn
tendenziös. Die deutsche Presse befleißigte sich, objektive Tatsachenberichte zu
geben und ihr Lesepublikum über die großen Ereignisse des Weltringens nach
bestem Wissen und Gewissen zu informieren. Die Ententepresse dagegen war aus einer
bestimmten Absicht heraus geschrieben. Sie hatte das Ziel, die Widerstandskraft der
kämpfenden Heere zu stärken und die uns feindlichen Völker zu erhalten im
Glauben an ihre gerechte Sache und an den "Sieg der Zivilisation über den von
Deutschland drohenden Kulturumsturz".
Die deutsche Regierung und Heeresleitung mußten manchmal verbieten, daß
deutschgeschriebene defaitistische Organe überhaupt an die Front befördert
wurden.
In Frankreich und England wäre ein gleiches undenkbar gewesen. Dort kämpfte die
Presse, unbeeinflußt durch Parteitendenzen, in fanatischer Geschlossenheit für die
nationale Sache. Sie war eine der wichtigsten Vorbedingungen für den endgültigen
Sieg.
Die Ententeorgane dienten somit weniger informatorischen als propagandistischen Zwecken. Es
kam bei ihnen nicht so sehr darauf an, die objektive Wahrheit festzustellen, als vielmehr den
Zielen des
Krieges publizistisch-aggressiv nachzuhelfen. Dafür hatte der kleine Mann
Verständnis; das war vor allem eine gute Kost für den Soldaten, der draußen
in
den Schützengräben für die Sache der Nation Blut und Leben einsetzte.
Der Weltkrieg war für Deutschland mit dem 9. November 1918 nicht beendet. Er wurde
fortgesetzt, nur mit neuen Mitteln und Methoden und auf einer anderen kämpferischen
Ebene. Er war nun aus dem Gebiet der waffenmäßigen Auseinandersetzung
hinübergelagert in das Gebiet eines gigantischen wirtschaftspolitischen Kampfes. Das Ziel
jedoch blieb dasselbe; die Feindbundstaaten gingen auf die restlose Vernichtung des deutschen
Volkes aus; und das Furchtbare an diesem Verhängnis war und ist, daß es in
Deutschland große, einflußreiche Parteien gibt, die der Entente bei diesem
teuflischen
Beginnen bewußt Vorschub leisten.
Angesichts dieser drohenden Gefahr steht es dem Zeitgenossen nicht
zu, wissenschaftlich-objektiv und nüchtern zu den Vorgängen in der Politik
Stellung
zu nehmen. Er selbst ist ja Mitgestalter der Dinge, die sich um ihn herum abspielen. Er kann es
getrost einer späteren Zeit überlassen, die historische Wahrheit zu finden. Seine
Aufgabe besteht darin, historische Realitäten mitzuschaffen, und zwar in einem Sinne,
daß sie seinem Volk und seiner Nation zu Nutzen und Vorteil gereichen.
Die nationalsozialistische Presse ist fast ausschließlich von dieser Tendenz bestimmt. Sie
wird aus propagandistischen Zwecken geschrieben. Sie wendet sich an die breiten Volksmassen
und will sie für die nationalsozialistischen Ziele gewinnen. Während
bürgerliche Organe sich damit begnügen, mehr oder weniger tendenzlose
Informationen zu vermitteln, hat die nationalsozialistische Presse darüber hinaus eine viel
größere und entscheidendere Aufgabe. Sie zieht aus den Informationen politische
Konsequenzen, sie überläßt es nicht dem Leser, sich diese nach eigenem
Geschmack zu bilden. Der Leser soll vielmehr in ihrem Sinne und in ihrer Zweckrichtung
erzogen
und beeinflußt werden.
So ist die nationalsozialistische Zeitung nur ein Teil der nationalsozialistischen Propaganda. Sie
hat ein ausgesprochen politisches Ziel und darf deshalb nicht mit einem
bürgerlichen Informations- oder gar Publikationsorgan verwechselt werden. Der Leser der
nationalsozialistischen Presse soll durch die Lektüre seiner Zeitung in seiner Haltung
bestärkt werden. Seine Beeinflussung wird ganz bewußt betrieben. Sie muß
eindeutig, unmißverständlich, zweckhaft und zielstrebig vorgehen. Das ganze
Denken und Empfinden des Lesers soll in eine bestimmte Richtung hineingezogen werden. So
wie
der Redner nur die Aufgabe hat, durch seine Ansprache den Zuhörer für die
nationalsozialistische Sache zu gewinnen, so darf der Journalist nur die Aufgabe kennen, durch
seine Feder das gleiche Ziel und denselben Zweck zu erreichen.
Das war ein Unikum in der gesamten deutschen Journalistik und wurde deshalb auch zu Anfang
mißverstanden, bekämpft oder gar lächerlich gemacht. Die
nationalsozialistischen Presseorgane hatten ihrer Natur nach gar nicht den Ehrgeiz, es mit den
großen bürgerlichen oder jüdischen Gazetten an Präzision der
Berichterstattung und Weite des zu behandelnden Stoffes aufzunehmen. Eine Weltanschauung
ist
immer einseitig. Wer eine Sache von zwei Seiten betrachten kann, verliert damit schon seine
Sicherheit und kompromißlose Schärfe. Die "sture Eigensinnigkeit" unserer
öffentlichen Wirksamkeit, die uns so oft zum Vorwurf gemacht wird, ist letzten Endes das
Geheimnis unseres Sieges. Das Volk will klare und unmißverständliche
Entscheidungen. Der kleine Mann haßt nichts mehr als Doppelseitigkeit und den
Standpunkt
des Sowohl-als-auch. Die Massen denken einfach und primitiv. Sie lieben es, komplizierte
Tatbestände zu verallgemeinern und aus der Verallgemeinerung heraus ihre klaren und
kompromißlosen Schlüsse zu ziehen. Die sind zwar meistens einfach und
unkompliziert, aber sie treffen doch in der Regel den Nagel auf den Kopf.
Die politische Agitation, die von diesen Erkenntnissen ausgeht, wird die Volksseele immer bei
der
richtigen Stelle anfassen. Versteht sie es nicht, die Verwirrung der Tatbestände zu
entwirren, sondern trägt sie die Kompliziertheit der Dinge so, wie sie sich in der Sache
darbietet, ins Volk hinein, dann wird sie immer am Verständnis des kleinen Mannes
vorbeischießen.
Auch die jüdische Presse ist ja nicht ohne Tendenz. Sie kann sich heute
selbstverständlich einer greifbaren und sichtbaren Tendenz begeben; denn die ihr
innewohnende Tendenz ist öffentlich schon wirksam geworden und bedarf deshalb nicht
mehr der agitatorischen Verteidigung.
Die vornehmen Judenblätter sind solange objektiv und befleißigen sich dem Schein
nach einer nüchternen Leidenschaftslosigkeit, solange die Macht der Judenheit gesichert
ist.
Wie wenig aber diese nüchterne und leidenschaftslose Objektivität dem wahren
Wesen der jüdischen Journaille entspricht, das kann man immer feststellen, wenn diese
Macht einmal bedroht ist. Dann verlieren die Soldschreiber in den jüdischen
Redaktionsstuben alle ruhige Überlegung, und aus den seriösen Journalisten
werden
mit einem Schlage die verlogensten Kanaillen einer verleumderischen Judenjournaille.
Selbstverständlich konnten und wollten wir im Anfang unserer publizistischen Arbeit den
großen jüdischen Organen keine Konkurrenz machen in bezug auf Information.
Dazu
hatte die Journaille einen zweiten Vorsprung; wir hatten ja auch nicht so sehr den Ehrgeiz,
tendenzlos zu informieren, wir wollten agitatorisch kämpfen. Beim Nationalsozialismus
ist
alles Tendenz. Alles ist auf ein bestimmtes Ziel eingestellt und auf einen bestimmten Zweck
eingerichtet. Alles wird diesem Ziel und Zweck dienstbar gemacht, und was ihm nicht dienlich
sein kann, das wird mitleidlos und ohne viel Bedenken ausgemerzt. Die nationalsozialistische
Bewegung ist von großen Rednern, nicht von großen Schriftstellern gemacht
worden.
Sie hat diesen Wesenszug mit allen entscheidenden revolutionären Bewegungen der
Weltgeschichte gemeinsam. Sie mußte von vornherein dafür sorgen, daß auch
ihre Presse ihren großen agitatorischen Tendenzen untergeordnet wurde.
Die Berliner Führerschaft
(1927)
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Die Presse
mußte in der Hauptsache von Agitatoren der Feder geschrieben werden, so wie die
öffentliche Propaganda der Partei selbst von Agitatoren des Wortes betrieben wurde.
Das war in unserer damaligen Situation allerdings leichter gesagt als getan. Wir verfügten
zwar über ein ansehnliches Korps von ausgebildeten und erfolgreichen Parteiagitatoren.
Unsere bedeutenden Redner waren aus der Bewegung selbst hervorgegangen. Sie hatten in der
Bewegung und für die Bewegung das Reden gelernt. Die Kunst der modernen
Massenbeeinflussung durch Plakat und Flugzettel wurde von den Propagandisten der Partei
souverän beherrscht. Jetzt aber galt es, diese Kunst auf das Gebiet des Journalismus zu
übertragen.
Die Bewegung hatte hier nur einen Lehrmeister: den Marxismus. Der Marxismus hatte vor dem
Krieg seine Presse in dem eben skizzierten Sinn erzogen. Die marxistische Presse hat niemals
informatorischen, sondern immer nur tendenziösen Charakter gehabt. Marxistische
Leitaufsätze sind geschriebene Reden. Die ganze Aufmachung der roten Presse ist
bewußt auf Massenbeeinflussung eingestellt. Hier liegt eines der großen
Geheimnisse
des marxistischen Aufstiegs. Die Führer der Sozialdemokratie, die ihre Partei in
vierzigjährigem Ringen zu Macht und Ansehen brachten, waren in der Hauptsache
Agitatoren und blieben das auch, wenn sie zur Feder griffen. Niemals haben sie bloße
Schreibtischarbeit geleistet. Sie waren von dem Ehrgeiz besessen, aus der Masse heraus
für
die Masse zu wirken.
Damals schon waren uns diese Erkenntnisse nicht fremd. Wir gingen nicht unvorbereitet an
unsere schwere Aufgabe heran. Das Neuartige unserer Arbeit bestand lediglich darin,
theoretische
Grundsätze in die Praxis umzusetzen.
Kampf um Berlin: der Anfang
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