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Hindenburgs Aufruf
Am Vorabend der Abstimmung richtete der
Reichspräsident, Generalfeldmarschall
von Hindenburg, nachfolgenden
Aufruf an das deutsche Volk:
Deutsche Männer! Deutsche Frauen!
Lassen Sie auch mich in dieser Stunde, da es um Lebensfragen deutscher
Gegenwart und Zukunft geht, einige Worte der Mahnung an Sie richten.
Ich und die Reichsregierung, einig in dem Willen, Deutschland aus der
Zerrissenheit und Ohnmacht der Nachkriegsjahre emporzuführen, haben
das deutsche Volk aufgerufen, morgen selbst über sein Schicksal zu
entscheiden und vor aller Welt zu bekunden, ob es die von uns eingeschlagene
Politik billigen und zu seiner eigenen Sache machen will.
Lange Jahre schwächender Uneinigkeit liegen hinter uns. Dank der
mutigen, zielbewußten und kraftvollen Führung des am 30. Januar
d. J. von mir berufenen Reichskanzlers Hitler und seiner
Mitarbeiter hat Deutschland sich selbst wiedergefunden und die Kraft gewonnen,
den Weg zu beschreiten, den ihm seine nationale Ehre und seine Zukunft
vorschreiben. Zum ersten Male nach langen Jahren der Zersplitterung soll morgen
das deutsche Volk als geschlossene Einheit vor die Welt hintreten, einig
in der Bekundung seines Willens zum Frieden, einig aber auch in seiner
Forderung nach Ehre, Gleichberechtigung und Achtung der anderen.
Arbeit und Neuaufbau im Innern, Friede, Ehre und Gleichberechtigung nach
außen, das sind die Grundpfeiler, auf denen Deutschland sein staatliches
Leben fest errichten will. Wir wollen unsere Ehre wahren, aber wir
wünschen und ersehnen dabei einen wahrhaften Frieden. Es ist
Lüge und Verleumdung, wenn man uns im Ausland kriegerische Absichten
unterstellt. Niemand in Deutschland verspürt den Drang nach
gewaltsamer Auseinandersetzung. Wer, wie ich, in drei Feldzügen die
Schrecknisse des Krieges selbst erlebt hat, wird keinen neuen Krieg
wünschen können und die Erhaltung des Friedens als ernsteste
Pflicht gegenüber dem deutschen Volke und der ganzen Welt ansehen. Die
Reichsregierung hat durch den Mund des Reichskanzlers feierlich vor den anderen
Völkern versichert, daß wir aufrichtig die
Verständigung wünschen; er hat wiederholt unsere
Bereitwilligkeit ausgesprochen, jeder tatsächlichen Abrüstung der
Welt freudig zuzustimmen, und sich auch zur vollständigen Entwaffnung
bereiterklärt, insofern sich die anderen Völker zum gleichen
entschließen. Mit unserem ganzen Herzen wollen wir den Frieden, aber
einen Frieden in Ehren und Gleichberechtigung. Wir haben die
Abrüstungskonferenz und den Völkerbund verlassen, nicht um
damit gegen den Gedanken der friedlichen Verständigung unter den
Völkern zu [55] demonstrieren, sondern
um der Welt zu zeigen, daß es mit der bisherigen Methode der
Unterscheidung zwischen Siegern und Besiegten, zwischen gerüsteten und
abgerüsteten Staaten, zwischen freien und unfreien Völkern nicht
weitergehen kann, und um zu bekunden, daß eine wirkliche
Verständigung und ein wahrer Frieden nur auf dem Boden
der Gleichberechtigung möglich ist.
An Euch, deutsche Volksgenossen, ist nun der Ruf ergangen, zu dieser unserer
Politik der Ehre und des Friedens Euch selbst zu erklären. Morgen soll das
ganze deutsche Volk das Bekenntnis ablegen, daß es einig ist in dem
Gefühl der nationalen Ehre, der Forderung nach gleichem Recht und
zugleich nach einem wahren, wirklichen und dauerhaften Frieden. Laut und
eindringlich sollen morgen alle Deutschen, in einem Willen
zusammengeschlossen, bekunden, daß Deutschland künftig
niemals mehr als Nation zweiter Klasse behandelt werden darf.
Deshalb richte ich an alle deutschen Männer und Frauen in dieser Stunde
den Appell: Zeigt morgen geschlossen Eure nationale Einheit und Eure
Verbundenheit mit der Reichsregierung. Bekennt Euch mit mir und dem
Kanzler zum Grundsatz der Gleichberechtigung und für den Frieden in
Ehren und zeigt der Welt, daß wir wiedergewonnen haben und mit Gottes
Hilfe festhalten wollen die deutsche Einigkeit!
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