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1. Zum Geleit

Dieses Werk, mit viel Liebe und Sachkenntnis zusammengestellt, enthält einen Überblick über das Entstehen und Werden unserer Luftschiff- und Flugzeugtypen. Wir, die wir mitarbeiten durften, den jahrtausendalten Wunsch der Menschheit, sich von der Erde loszulösen, in die Wirklichkeit zu übertragen, begrüßen dieses Buch mit großer Freude.

Viele schöne Erinnerungen stolzen Miterlebens, mancherlei früher gehegte Sorgen und Vermutungen, die in wenig Jahren beseitigt und geklärt wurden, tauchen vor dem geistigen Auge wieder auf.

Bei Durchsicht der vielen vorzüglichen, mit Geschmack ausgewählten Bilder erinnern wir uns auch an liebe Freunde, die ihr Leben für die gute Sache eingesetzt haben, an die zu Anfang wenig zahlreichen Männer, die aus reinem Interesse mitarbeiteten an dem großen Werke der Eroberung der Luft.

Bis zu Beginn des großen Krieges wurden die Flieger zumeist für Akrobaten gehalten, und Ingenieur-Flieger, die dringend benötigt wurden, wollten ihre sicheren Stellungen aus vielerlei Rücksichten nicht aufgeben. Das große Völkerringen hat der Flugzeugtechnik aber einen gewaltigen Aufschwung gegeben. War es doch das erstemal, daß die bisher im sportlichen Rahmen geleistete Arbeit praktisch verwertet wurde. Tausende junger Techniker sind Flieger geworden; das Geld wurde flüssig für die Ausführung von Ideen, die in Friedenszeiten wohl erst in Jahren zur Verwirklichung gekommen wären.

Das als Sport betriebene Flugwesen wurde von weitblickenden Offizieren als überaus wichtiges militärisches Hilfsmittel erkannt. Von diesen Herren gingen dann Anregungen aus, mit deren Hilfe die Flugzeuge bis zur militärischen Brauchbarkeit weiterentwickelt wurden. Die bekannte deutsche Gründlichkeit benötigte für die exakte Durchbildung der Flugzeuge etwas mehr Zeit als unsere Feinde. Aber schon im Jahre 1913 konnten wir mit Recht behaupten, daß unsere Flugzeuge und ihre Zubehörteile an erster Stelle standen. Ein Jahr darauf gelang Reinhold Böhm der 24-Stundenflug, eine Leistung, welche kein feindliches Flugzeug – selbst heute noch nicht – ausführen kann.

Mit Stolz schauen wir auf die Leistungen unserer Flieger und ihrer Maschinen während des jetzigen mörderischen Völkerringens.

[6] Die gesammelten mannigfaltigen Erfahrungen stellen uns vor einen Berg neuer Aufgaben, die wir in friedlicher Arbeit dank den vorzüglich geschulten und opferfreudigen Fliegern in wenigen Jahren werden bewältigen können. Es eröffnen sich Möglichkeiten, die darauf hinweisen, daß das Flugwesen die gleiche Entwicklung nehmen wird wie Fahrrad und Automobil.

Möge dieses Buch mit dazu beitragen, daß das Flugzeug mehr und mehr Allgemeingut werde, möge es unsere Jugend zu begeisterter Mitarbeit und mutigem Fortschreiten auf dem schon gebahnten Wege heranziehen.

Ich will dieses Geleitwort nicht schließen, ohne des Mannes zu gedenken, der in rastloser, selbstverleugnender Arbeit nicht nur das Luftschiff zu großer Vollkommenheit ausgebildet, sondern auch die Entwicklung der Flugzeuge durch großzügige Gedanken gefördert und deren Ausführung ermöglicht hat. Se. Exzellenz Graf Zeppelin verkörpert in sich nicht nur die Triebfeder, sondern auch Kern und Wesen unserer deutschen Luftschiffahrt!

November 1915 Hellmuth Hirth


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2. Wüchsen mir Flügel – – –

– und ein Flügelpaar      
Faltet sich los!      
Dorthin! Ich muß! Ich muß!      
Gönnt mir den Flug!      
Goethe, Faust, 2. Teil      

Erst dem modernen Zeitalter der Technik war es vorbehalten, den alten Ikarostraum der Menschheit zu erfüllen, losgelöst von Mutter Erde der Sonne entgegenzueilen, im Fluge durch das Luftmeer, dem Adler gleich, mit gewaltigen Schwingen durch die Wolken zu segeln. Ein wächsernes Flügelpaar befreite Ikaros aus dem Labyrinth von Kreta; ungeachtet der Warnung seines Vaters Daidalos erhob er sich zur Sonne, doch mit versengten Flügeln stürzte der Wagemutige ins Meer. –

Jahrtausende sind seitdem vergangen, doch die Sehnsucht nach dem Fluge zur Sonne ist geblieben; Jahrtausende irrte der Sohn der Erde durch das Labyrinth geheimnisvoller Naturkräfte, bis der erfinderische Geist die Flügel erfand, die ihm der Schöpfer verwehrt. – Wie die Lerche aufsteigend ihr Morgenlied jubiliert, so erhebt sich heute der Mensch aus dem Staub dieser Erde zur reineren Sphäre der Luft, und stolz wie ein Sieger brummt der Motor sein gewaltiges Lied der Sonne entgegen. –

Was Menschengeist ersann, was in ernster, zielbewußter Arbeit der Flugtechniker erbaut, was mit opfermutigem Sinn, nicht achtend Gesundheit und Leben, der Flieger praktisch erprobt, alles das ist heute zur Wirklichkeit geboren: Wir können fliegen!

Feuer, Erde und Wasser sind uns schon lange untertan; jetzt ist auch das vierte der Elemente, die Luft, bezwungen, die so lange dem Giganten Mensch getrotzt. Sie erschließt uns nun im Fluge ihr unermeßliches Reich. – Die Grenzen der Länder, eifersüchtig bewacht von Freund und Feind, wo sind sie geblieben? Kühn schwingt sich der menschliche Vogel von Ort zu Ort; für ihn gibt es nicht Grenzpfahl noch Sperre; alle Völker überbrückt sein eilender Flug. Frieden wird herrschen unter seinem Flügelschlag.

So wollen wir uns glücklich preisen, die wir an der Wiege der Luftschiffahrt Pate gestanden. Ihr andern, die Ihr fern, als die hoffnungsreichen Kinder der Luft geboren, laßt euch erzählen von ihren Erzeugern, von ihrer Art und Wesen, von ihren Fähigkeiten und Erfolgen. Habt ihr doch die Aërokinder schon lange lieb. Ihr schaut in die Luft, wenn der älteste der Brüder, der Zeppelin, seinen langen silbernen Leib in den Strahlen der Sonne badet, wenn sein jüngerer Bruder, der Parseval, über den höchsten Türmen der Stadt hin und her kreuzt und wenn die leichtbeschwingte Schwester, das Flugzeug, durch des Äthers Blau ihr übermütiges Lied singt. – Aber nicht nur Liebe sollt ihr den fliegenden Menschen entgegenbringen, sondern auch Vertrauen, Vertrauen auf seine Kraft, die euch erheben soll aus dem Trott des Erdenwanderns zur luftigen reinen Atmosphäre des Himmels.


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3. Schwerer als die Luft

Unsere Aufgabe soll es sein, den Anfängen der deutschen Luftschiffahrt nachzuspüren und ganz besonders unsere Betrachtungen dahin zu richten, welcher Anteil an der Eroberung der Luft unserem deutschen Vaterlande zufällt. Deutschland ist nicht nur das Volk der Denker und Dichter, es ist auch das Land der Tat. Deutscher Gewerbefleiß blüht in allen Gauen, und unsere Schiffe tragen die Erzeugnisse deutscher Industrie bis in die fernsten Zonen. Deutscher Forschergeist und deutsche Arbeit konnten auch an dem Problem der Luftschiffahrt nicht untätig vorübergehen.

Wie der große Olympier im Faust seinen Euphorion in die Lüfte steigen ließ, so richtete auch schon frühe der deutsche Erfinder den Blick zu den Lüften empor, nicht um Luftschlösser zu bauen, sondern um einzudringen in die unbekannten Gesetze der Luftzone und die Kraftquelle zu suchen, die es ermöglicht, einen Menschen in die Lüfte zu heben und wieder ohne Schaden zur Erde gleiten zu lassen. – Wenn der Vogel mühelos aufsteigt und stundenlang, ja Tage in der Luft verbleibt, bei Stillstand seiner Flügel gewissermaßen in dem Luftmeer auszuruhen scheint, warum ist dies dem Menschen versagt? Gehört nicht auch die Atmosphäre über ihm zu seinem Leben? Also hinauf: "Ich muß! Ich muß! Gönnt mir den Flug." –

Um das Jahr 1500 schrieb das Universalgenie Lionardo da Vinci eine Abhandlung über den Vogelflug; er fertigte Skizzen eines Schwingen- und Schraubenfliegers und stellte mit Modellen Versuche an, das Geheimnis des Fluges zu entdecken. – Hundert Jahre später finden wir den schwäbischen Mönch Mohr als Flieger; 1620 wird von dem Flugversuch eines Nürnbergers berichtet. – 16 Jahre später unternahm der Augsburger Schuster Salomo Idler einen unglücklich verlaufenden Flugversuch. –

Das 18. Jahrhundert berichtet von Flügen des schwäbischen Müllers Schweikart um 1750, bis dann die Gebrüder Montgolfier am 5. Juni des Jahres 1783 ihren ersten Warmluftballon aufsteigen ließen. – Dieser Tag ist als der Geburtstag der Luftschiffahrt anzusprechen. – Ein Jahr später unternahm der Herzog von Chartres die ersten Versuche, den Luftballon lenkbar zu machen. –

Im 19. Jahrhundert finden wir auch wieder deutsche Männer an der Arbeit, das Luftschiffproblem zu lösen. – 1808 beginnen in Wien Degens erste Versuche mit einem von ihm selbst konstruierten Schwingenflieger, der mit Entlastungsballons versehen war und 4 Jahre später in Paris havarierte. – 1811 machte Berblinger mit einem Schwingenflieger in Ulm Flugversuche, denen der Dichter Eyth in seinem Werk "Der Schneider von Ulm" ein Denkmal gesetzt hat. – 60 Jahre gingen dahin, ohne daß man von weiteren Versuchen Deutscher, das Luftmeer zu erobern, erfahren. Erst nach dem Deutsch-Französischen Krieg begann sich Deutschlands Interesse an der Luftschiffahrt neu zu regen. Im Jahre 1873 ließ Helmholtz eine Schrift erscheinen,


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in der er die Möglichkeit, Luftballons lenkbar zu machen, zurückwies und eine vernichtende Kritik aller bisherigen Flugversuche fällte. – Nicht nur als ein Zufall erscheint es, daß im gleichen Jahre Graf Zeppelin seine Studien über das Luftschiff begann; war er doch ausersehen, später der staunenden Welt zu zeigen, daß Helmholtz sich im Irrtum befunden.

1880 unternahm Baumgarten bei Leipzig Fahrten mit seinem Luftschiff, die jedoch durch Unfall ein rasches Ende fanden. 1881 wurde dann der "Deutsche Verein zur Förderung der Luftschiffahrt" gegründet und damit eine wissenschaftliche und kapitale Grundlage geschaffen, das Problem der Lufteroberung weiter zu fördern. – Schon im Jahre 1884 folgte die Gründung der preußischen Luftschiffertruppe und am 31. Januar 1885 fand der erste Aufstieg des ersten preußischen Fesselballons statt. – 1889 erschien Lilienthals Werk "Der Vogelflug als Grundlage der Fliegekunst", und im darauffolgenden Jahre finden wir den Altmeister beim Bau seines ersten Gleitfliegers, mit dem er 1891 seine Flugversuche in Steg- [9] litz bei Berlin begann. Lilienthals Buch gilt noch heute als grundlegendes klassisches Werk und die Gebrüder Wright und viele Flugzeugkonstrukteure des Auslandes erklärten, daß sie erst auf dem Fundament des Deutschen Lilienthal ihre Versuche und Erfolge aufbauen konnten. Nach fünfjähriger, erfolgreicher Arbeit mußte am 21. August 1896 der kühne Forscher seinen Wagemut bei einem Gleitflug in der Hügellandschaft von Rhinow mit dem Leben bezahlen. –


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Von 1892 bis 1895 ließ Graf von Zeppelin durch seinen Ingenieur Kober Versuche anstellen und 1893 erfanden Bartsch von Sigsfeld und Major von Parseval den Drachenfesselballon, der den Kugelfesselballon ganz verdrängte und heute noch im Dienst der Heeresverwaltung steht. In diese Jahre fallen auch die ersten erfolgreichen Fernfahrten der Freiballons unter Moedebeck, Professor Hergesell, Berson, Dr. Elias, Hildebrand, Süring, Zekeli und andere. – 1897 ging Wölferts Luftschiff während seines Fluges über dem Tempelhofer Feld in Flammen auf, wobei der Erfinder ums Leben kam. – 1899 baute Zeppelin seine erste Luftschiffhalle auf dem Bodensee und im darauffolgenden Jahre machte sein Luftschiff den ersten Aufstieg.


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4. Den Stürmen trotzend

Erst das 20. Jahrhundert sollte dem Problem der Lufteroberung neue Wege zeigen. Mit Riesenflügeln geht es nun vorwärts. – Heute sind noch nicht zwei Jahrzehnte verflossen, und man kann schon zurückschauen auf gewaltige Leistungen unserer Luftflotte.


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Im Jahre 1901 flogen Berson und Elias im Freiballon in 11 Stunden 1010 Kilometer, die bis dahin größte deutsche Weitfahrt, und 1902 legten sie in 29 Stunden 1470 Kilometer zurück. – 1906 stellten die Brüder Alfred und Kurt Wegener im Freiballon einen Weltrekord der Dauer von 52½ Stunden auf, und am 26. Mai desselben Jahres begannen auf dem Tegeler Schießplatz mit Unterstützung des preußischen Luftschiffer-Bataillons die ersten Versuche mit dem Parseval-Luftschiff. – Das Jahr 1907 brachte die ersten deutsch-nationalen Wettfliegen von Freiballons, Drachenaufstiege von Elias im Nördlichen Eismeer und ersten Aufstiege des preußischen Militärluftschiffes System Groß. –

1908 stiftete der Industrielle Karl Lanz in Mannheim den "Lanzpreis der Lüfte" von 40 000 Mark für deutsche Flugzeuge und 10 000 Mark zur Unterstützung von Versuchen deutscher Flugtechniker. – Am 1. Juli fand die Schweizfahrt des Zeppelin-Luftschiffes Nr. 4 statt, die 12 Stunden währte. – Zwei Tage darauf erhob sich das erste deutsche Fürstenpaar in die Lüfte: König Wilhelm von Württemberg und seine hohe Gemahlin vertrauten sich dem Luftschiff "Z 4" an.

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Am 4. und 5. August vollführte Zeppelin seine große Rheinfahrt. – Bei der Landung in Echterdingen wurde das stolze Schiff und damit auch scheinbar das Lebenswerk des mutigen Grafen vernichtet. Da erhob sich das deutsche Volk in Liebe und Vertrauen zu seinem großen Meister der Lüfte; galt es doch, dem Ruhmeskranze deutscher Arbeit ein neues Lorbeerblatt mit dem Namen Zeppelin einzuflechten. In allen Gauen, wo Deutsche mit Stolz von dem sieghaften Erstehen unserer Luftkreuzer-Flotte den aufhorchenden Mitbürgern erzählten, begann es sich zu regen. Eine Zeppelinspende wurde ins Leben gerufen und bald waren 6 Millionen gesammelt, die man dem Grafen als Ansporn zu neuer Arbeit zur Verfügung stellte. So ehrt nicht nur, sondern belohnt auch das deutsche Volk seine heldenhaften Söhne.


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Im August fanden dann die Versuchsfahrten des verbesserten Parseval-Typs statt. Das Luftschiff erreichte eine Geschwindigkeit von 13 Metern in der Sekunde, während im September das Militärluftschiff "M 1" mit einer Dauerfahrt von 13 Stunden einen Weltrekord für Luftschiffe aufstellte. Im Oktober vollendete Zeppelin den Umbau des Luftschiffes "Z 3". Als neuer "Z 1 begann des Grafen "glückhaft Schiff" seine erfolgreichen Fahrten, an denen auch der Deutsche Kronprinz teilnahm. – Während die Brüder Wright der Verbesserung ihres Flug- [10] zeuges ihre ganze Kraft und Geschicklichkeit widmeten, waren wir im Jahre 1908 mit dem Ausbau unserer Luftschifflotte beschäftigt.

Nachdem zu Beginn des Jahres 1909 das Zeppelin-Luftschiff "Z 1" vom Deutschen Reich übernommen worden war, begann es am 9. März seine Fahrten mit militärischer Belastung. Es erzielte mit 1500 und 1800 Meter Höhe und mit 26 Personen Besatzung neue Höchstleistungen für starre Luftschiffe und vollführte die ersten Landungen auf festem Boden; am 6. April konnte der Luftkreuzer schon eine zwölfstündige Nachtfahrt und vom 29. Mai bis 1. Juni "Z 2" eine Fernfahrt von 1000 Kilometern in 37 Stunden 40 Minuten von Friedrichshafen nach Bitterfeld und zurück bis Göppingen zurücklegen; womit das Luftschiff einen neuen Weltrekord der Dauer und Länge aufstellte. – Inzwischen verliefen die Probefahrten des "M 2" und "P 2" über Berlin zur Zufriedenheit der Heeresverwaltung und konnten den Reichstagsmitgliedern vorgeführt werden. Auch begannen im Juni Versuche mit drahtloser Telegraphie. – Mitte des Jahres konnte bereits die Übernahme des "Z 2" durch die Reichsmilitärkommission erfolgen.

Inzwischen waren französische Aviatiker mit erfolgreichen Flügen hervorgetreten, während der deutsche Flugzeugkonstrukteur in ernster Arbeit sich die Erfahrungen seiner Nachbarn zunutze machen konnte.


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Schon begann die Industrie langsam, die theoretische Arbeit in die Praxis umzusetzen; die deutsche Wright-Gesellschaft wurde gegründet; gleichzeitig begann Etrich bei Wien seine ersten Flüge mit einer deutschen Maschine eigenen Typs, die später als "Taube" große Erfolge erringen sollte.

Am 29. August machte der Zeppelin "Z 3" mit dem Grafen am Steuer seinen ersten Besuch in Berlin. – Er wurde von der Berliner Bevölkerung auf dem Tempelhofer Feld mit ungeheurem Jubel begrüßt. Nach längerem Kreuzen über der Reichshauptstadt und Potsdam landete er in Gegenwart des Kaiserpaares auf dem Tegeler Schießplatz, um noch am gleichen Tage abends die Heimfahrt anzutreten. – Am 25. September bewarb sich Grade mit seinem Eindecker um den "Lanzpreis der Lüfte", kurz darauf machte der Schüler O. Wrights, Kapitän Engelhardt, seinen ersten Flug von 9 Minuten.


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Der Oktober brachte uns einen neuen deutschen Rekord für Dauerfahrt im Freiballon. Otto Korn war mit dem Ballon "Dresden" am 24. aufgestiegen und flog 3 Nächte durch 70 Stunden, bis er in der Nähe von Warschau landete. –

Als dritter deutscher Flieger des Jahres 1909 führte Suwelack Gleitflüge bis über 100 Meter Länge und bis 10 Meter Höhe aus; am 5. November konnte Engelhardt nach einem Dauerflug auf deutscher Wrightmaschine von 1 Stunde 53 Minuten in Johannisthal glatt landen; am darauffolgenden Tage machte er einen Höhenflug von 120 Meter und einen Passagierflug. Auch der Österreicher Etrich vermochte Dauer und Höhe seiner Flüge ständig zu steigern, so daß das Jahr 1909 als das Geburtsjahr der deutschen Fliegerei anzusprechen ist.

Wenige Jahre sind erst seit jenen ersten Flügen deutscher Piloten vergangen; es erscheint wie ein Märchen, wenn wir heute auf die großartigen Leistungen unserer heldenhaften Fliegertruppe zurückblicken. – Das Flugzeug als ein echtes Kind unseres schnellebigen Zeitalters mußte auch rasch seine hohen Lebensaufgaben erfüllen, um Schritt zu halten mit seinem älteren Bruder: dem Luftschiff.


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Nicht umsonst nennt man das deutsche Volk das Volk der Organisation. Auch auf dem Gebiete der Luftschiffahrt blieb der deutsche Organisator nicht müßig, galt es doch, der rasch aufblühenden Fliegerei die Wege für erfolgreiche Weiterarbeit zu ebnen. Der "Deutsche Luftfahrerverband" war es, der uns für diesen hohen Zweck bereitwilligst seine ganze Erfahrung und Kraft lieh. Zunächst sollte durch Veranstaltung von Wettflügen dem deutschen Volk Gelegenheit gegeben werden, sich von der fortschreitenden Entwicklung der Lufteroberung zu überzeugen.


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Die begeisterungsfähige Jugend drängte sich zum Fliegerberuf; es galt, den Flugschülern die Ablegung einer Prüfung vor Sportzeugen zu ermöglichen und ihnen die Befähigung, eine Maschine zu steuern, durch Ausstellen eines Flugzeugführer-Zeugnisses zuzusprechen. August Euler und Hans Grade waren die [11] ersten, denen ein solches Zeugnis im Februar des Jahres 1910 zuerkannt wurde; bis zum Jahresschluß konnte die deutsche Aviatik schon 70 Flugzeugführer-Zeugnisse registrieren.

Am 11. März wurden die ersten Versuche mit dem Siemens-Schuckert-Luftschiff auf dem Bornstedter Feld angestellt.


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Emil Jeannin errang am 11. April einen neuen deutschen Dauerrekord mit 2 Stunden 1 Minute 55 Sekunden. Im Wettbewerb um den 2. Lanzpreis wird Adolf Behrend am 28. April auf Schultze-Herford-Eindecker Sieger.


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An der 2. Johannisthaler Internationalen Flugwoche vom 10. bis 16. Mai konnten sich schon eine Anzahl deutscher Flieger erfolgreich beteiligen, und zwar Jeannin, Engelhardt, von Gorrissen, Thelen, Frey, Grade und Behrend, während die 3. Nationale Flugwoche vom 7. bis 13. August desselben Jahres bereits eine Beteiligung von 26 deutschen Fliegern und die 4. eine noch größere Anzahl verzeichnen konnte. Sieger der 2. Flugwoche war Jeannin mit einem Dauerflug von 2 Stunden 11 Minuten, der 3. Woche Robert Thelen auf deutschem Wright-Doppeldecker und der 4. Woche Lindpaintner auf Albatros-Doppeldecker. In Wien flog dann der Flugmeister unserer südlichen Bundesbrüder Illner auf "Etrich II"-Eindecker von Wiener-Neustadt nach Wien und zurück. Auf der vom 22. Mai bis 26. Mai stattgefundenen 1. Flugwoche in München-Puchheim ging wiederum Jeannin als Sieger aus der Schar deutscher Flieger hervor und aus der 2. Woche vom 4. bis 11. September Lindpaintner, während zur selben Zeit August Euler zu Köln 1 Stunde 19 Minuten mit seinem Doppeldecker in der Luft verblieb. Im Juli gewinnt sodann Dorner auf seinem schnellen Eindecker den 3. Lanzpreis.

Am 23. August machte das Zeppelin-Passagier-Luftschiff "L Z VI" seine erste Passagierreise mit 12 Personen, und am 23. Oktober flog das Militärluftschiff "M III" in 6½ Stunden von Tegel nach Gotha. – Se. Kgl. Hoheit Prinz Heinrich, der hohe Protektor und Förderer des deutschen Flugsports, erwarb am 19. November zu Darmstadt auf Euler-Doppeldecker das deutsche Flugzeugführer-Zeugnis.


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Am 7. Dezember konnte Simon Brunnhuber auf Albatros-Doppeldecker einen neuen Passagierweltrekord mit 4 Passagieren aufstellen. Auch während der Flugveranstaltungen in Hannover, Baden-Baden und Magdeburg errang die deutsche Aviatik neue Erfolge und Lorbeeren. So kann das Jahr 1910 als ein äußerst erfolgreiches bezeichnet werden. Auf 22 Flugplätzen und Fliegerschulen wurde geflogen, 30 Eindecker – 17 Doppeldecker – und 14 andere Konstruktionen waren entstanden und hatten fast ohne Ausnahme ihre Brauchbarkeit bewiesen.


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5. Zwischen Himmel und Erde

Das Jahr 1911 brachte uns weitere gewaltige Fortschritte auf dem Gebiete der Luftfahrt. – Der Überlandflug war die Aufgabe des Tages geworden; denn gerade das Fliegen über Wald, Feld, Berg und Tal, über Seen, Flüsse, Städte und Dörfer, von einem Orte zum anderen auf dem kürzesten Weg und in kurzer Zeit, ist ja das erstrebenswerte Ziel. Schwieriges Landungsgelände stellt an die Geschicklichkeit des Fliegers und an die solide Bauart des Flugzeuges sehr hohe Ansprüche; daher sind die auf Überlandflügen errungenen Leistungen doppelt und dreifach zu bewerten gegenüber den auf den Flugplätzen errungenen Erfolgen.

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In chronologischer Reihenfolge nennen wir zuerst den Überlandflug Gotha – Weimar – Erfurt mit Jeannin als Ersten und Thelen als Dritten, dann den Flug des Leutnants Mackenthun auf Albatros-Doppeldecker mit Oberleutnant Erler als Beobachter von Berlin nach Hamburg, Bremen, Hannover, Braunschweig, Stendal und nach Berlin zurück, ein Flug von insgesamt 685 Kilometer; gleich beachtenswert ist der Flug von Berlin nach Kassel auf einer Etrich-Taube, gesteuert von Referendar Casper. Vom 22. bis 28. Mai fand ein Offizierssonderflug während des Oberrheinischen Fluges statt, an dem sich Leutnant Mackenthun auf Aviatik-Eindecker, Leutnant Freiherr von Thüna auf Etrich-Rumpler-Taube und [12] Leutnant Foerster auf Albatros-Doppeldecker erfolgreich beteiligten.


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Als besonders hervorragende Leistung gilt auch der Flug Hellmuth Hirths auf einer Rumpler-Taube von München nach Berlin, 540 Kilometer in 5 Stunden 51 Minuten, womit ihm der Kathreiner-Preis von 50 000 Mark zufiel. Der Harlanflieger Hoffmann beförderte zum ersten Male Zeitungen auf dem Luftwege, und zwar von Berlin nach Frankfurt a. O., die auf der kurzen Strecke 1 Stunde früher als sonst ans Ziel kamen. – Am 23. April fliegt dann Prinz Heinrich zu Darmstadt 51 Kilometer in 40 Minuten und während der Nationalen Flugwoche zu Johannisthal im Juni konnten Hellmuth Hirth auf Rumpler-Taube einen Höhenweltrekord mit 1 Passagier von 1580 Metern, und Schendel auf Dorner-Eindecker einen solchen von 1680 Metern aufstellen. Zur gleichen Zeit errang Oberleutnant Bier zu Wiener-Neustadt einen Höhenweltrekord mit 2 Passagieren von 1503 Meter, somit weitere Weltrekorde der Geschwindigkeit mit 1 und 2 Passagieren. Oelerich kam im November in den Besitz des deutschen Dauerrekordes ohne Begleiter, indem er auf Doppeldecker der Deutschen Flugzeugwerke 3 Stunden 39 Minuten ununterbrochen flog.


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Wie im Vorjahre fanden auch wieder an den verschiedensten Plätzen Deutschlands Flugtage statt, die sich eines reichen Besuches erfreuten, konnte sich das deutsche Volk doch von dem rastlosen Vorwärtsschreiten des deutschen Flugzeugbaues überzeugen. – Das Interesse für den Flugsport drang bis in die weitesten Kreise unseres Vaterlandes und wer da behauptet, daß der Deutsche dem Sport nur ein geringes Maß von Begeisterung entgegenbringe, mußte sich bei den Flugveranstaltungen eines Besseren überzeugen.

Das bedeutendste Ereignis des Jahres 1911 war jedoch der "Deutsche Rundflug um den "B. Z."-Preis der Lüfte", der sich einen ganzen Monat, vom 11. Juni bis 10. Juli ausdehnte und aus 13 Tagesstrecken und örtlichen Veranstaltungen bestand. Es mußte die folgende Strecke durchflogen werden: Berlin-Johannisthal – Magdeburg – Schwerin – Hamburg – Kiel – Lüneburg – Hannover – Münster – Köln – Dortmund – Kassel – Nordhausen – Halberstadt – Berlin-Johannisthal. – An Preisen standen u. a. von dem Verlage Ullstein & Co. 100 000 Mark zur Verfügung. 24 deutsche Flieger hatten gemeldet, unter ihnen die besten Namen. – Der Start in Johannisthal gestaltete sich zu einer Volkskundgebung, wie sie die Hauptstadt wohl noch nie zu einem sportlichen Ereignis erfahren. – In der dem Start voraufgegangenen Nacht begann schon die Völkerwanderung. Die ersten Züge der Stadt- und Görlitzer Bahn erlebten einen Ansturm wie nie zuvor. Die Fahrkarten waren ausverkauft, man fuhr ohne Karte; auf den Dächern der Personenwagen und auf den Puffern saßen Männer, Frauen und Kinder. Niemand wollte versäumen, unseren tapferen Fliegern einen Abschiedsgruß auf die große Luftreise durch Deutschlands Gauen mitzugeben. Um 5 Uhr 13 Minuten startete Lindpaintner als Erster, und nicht lange dauerte es, so waren die meisten Flieger bereits unterwegs oder schon in Magdeburg, der ersten Etappe, gelandet. – Einen ganzen Monat blieben die Leser der Blätter in Spannung, dauernd wurde berichtet, wie unsere Flieger unterwegs ihre ganze Kraft einsetzten, um das gesteckte Ziel zu erreichen. Und fürwahr, es bedurfte Nerven von Eisen, um die Strapazen des Rundfluges siegreich zu überwinden. Da galt es, bei Notlandungen schnell und gewissenhaft die nötigen Reparaturarbeiten vorzunehmen, eine oft sehr schmerzlich empfundene Geduldsprobe für den Piloten, der immer wieder auf die Uhr schaute, ob denn nicht schon die telegraphisch bestellten Ersatzteile und die Betriebsstoffe mit 80 Kilometer Geschwindigkeit kommen würden. – Wieviele Automobile waren aus den Straßen Deutschlands unterwegs, um den großen Vögeln recht schnell Hilfe bringen zu können! –

So kam der 10. Juli heran, der die Teilnehmer wieder in das Fliegernest Johannisthal bringen sollte. – Kopf an Kopf reckte sich zum südwestlichen Horizont, wo die Maschinen auftauchen sollten. Da plötzlich in der weißen Wolke: ein schwarzer Punkt; einer sieht ihn und sagt es dem andern. – Bald richten sich alle Ferngläser dorthin; es kommt Bewegung in die Massen: Dort, dort! Jetzt in dem Wolkenloch! – Richtig! – Wer [13] mag es sein? Der Punkt wird immer größer, da erkennt man ihn, es ist der Aviatik-Doppeldecker Bruno Büchners, der als Erster nach einer Ehrenrunde unter den Hochrufen der Menge landet. – Der zweite Tag der Ankunft gestaltete sich ähnlich. Ebenfalls erschien ein Doppeldecker im Südwesten und plötzlich unter ihm auch ein Eindecker, noch weiter entfernt. Die Spannung stieg aufs höchste, als man bemerkte, daß der Eindecker sichtliche Anstrengungen machte, den schweren Doppeldecker zu überholen. – Und richtig, bald hatte Vollmöller, denn er war es, seinen Vordermann überholt. In einer schneidigen Kurve setzte er den Rumpler-Eindecker sanft auf den Boden; gleich darauf landete auch Benno König mit seinem Albatros-Doppeldecker und wurde von dem Preisrichter-Ausschuß mit dem Lorbeerkranz und dem I. Preis für die beste Gesamtleistung von 1882,50 durchflogenen Kilometern gekrönt. Vollmöller wurde Zweiter und Altmeister Büchner erhielt den dritten Preis. – Die deutsche Flugzeug-Industrie hatte aufs neue bewiesen, daß ihre Erzeugnisse den höchsten Ansprüchen gewachsen sind, die man an eine Maschine stellen muß, die große Nutzlast mitnehmen und weite Strecken durchfliegen soll.


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Zu Ende des Jahres 1911 finden wir Erzeugnisse der deutschen Flugzeugindustrie auf der Pariser Luftfahrausstellung und zwar die der Albatroswerke G. m. b. H. und der Aviatik-Gesellschaft. – Beide Firmen waren mit einem Doppeldecker vertreten, die in bezug auf Gediegenheit und Gründlichkeit deutscher Arbeit bei den Besuchern der Ausstellung größte Bewunderung erregten.



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6. Wie ein stolzer Adler

Welches Interesse dem Flugzeugbau auch in den allerhöchsten und höchsten Kreisen entgegengebracht wird, zeigt die Tatsache, daß der preußische Prinz Friedrich Sigismund sich der Aviatik gewidmet hat. Er schuf eine Maschine eigener Bauart, mit der er sehr gute Flüge ausführte. Der Deutsche Kaiser stiftete 50 000 Mk. zur Förderung der Luftschiffahrt, und Prinz Heinrich den "Prinz-Heinrich-Preis der Lüfte", der als Wanderpreis dem zufallen sollte, der zweimal als Sieger aus dem Wettbewerb hervorgehen würde.


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Im Januar 1912 stellte Dipl.-Ing. Grulich neue Dauerwelt-Höchstleistungen im Passagierflug auf.

Mit seinem Harlan-Eindecker, in dem er einen 100pferdigen Argus-Motor eingebaut hatte, blieb Grulich mit 2 Passagieren 2 Stunden 2 Minuten 45 Sekunden, und mit 3 Passagieren 1 Stunde 35 Minuten in der Luft.

Diese damaligen Höchstleistungen waren um so freudiger zu begrüßen, als sie mit einem Flugzeug und einem Motor errungen wurden, dessen sämtliche Teile aus deutscher Erfindungsgabe und deutscher Arbeit hervorgegangen.


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Als Entgegnung auf den französischen Aufruf an das Großkapital zur Förderung der Aviatik stifteten die bekannten Kellereibesitzer Otto und Karl Henkell 100 000 Mark zur Anschaffung weiterer Flugzeuge für das deutsche

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Heer. – Unsere Flotte der lenkbaren Luftschiffe setzte die Gemüter unserer Nachbarn jenseits des Rheins in nicht gelinde Aufregung, und schon damals wies der Präsident des französischen Aëro-Klubs auf die Überlegenheit Deutschlands in bezug auf lenkbare Luftschiffe hin. Die Probefahrten des Zeppelin Nr. 11 und der "Viktoria Luise" bewiesen aufs neue die bevorzugte Stellung des Zeppelintyps in bezug auf seine Schnelligkeit und Angriffskraft gegenüber den französischen Lenkballons. Andere Feinde waren ehrlich genug, den Zeppelintyp als kriegstüchtigsten zu bezeichnen.


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Im Februar stieg der Flugzeugführer der Gustav-Otto-Fliegerschule Rentzel mit 4 Fluggästen auf und blieb 9 Minuten 8 Sekunden in der Luft, womit er einen neuen deutschen Passagier-Rekord aufstellte. Am 8. März errang Ingenieur Hoffmann auf Harlan-100-PS-Argus-Eindecker einen neuen Weltrekord, indem er mit 4 Passagieren 23 Minuten 39 Sekunden flog. – Am 3. April wurde die Allgemeine Luftfahrzeug-Ausstellung in Berlin durch den Prinzen Heinrich eröffnet. Alle deutschen Flugzeuge und Fabriken waren hervorragend vertreten, man konnte sich davon überzeugen, daß die Leistungen der deutschen Flugzeugindustrie nicht, wie irrtümlich angenommen, hinter denen Frankreichs zurückstanden. Zur Feier [14] des Eröffnungstages vollführte Hellmuth Hirth auf einer Rumpler-Taube den ersten Passagierflug über den Dächern Berlins.

Inzwischen hatte Frankreich große Anstrengungen gemacht, durch außerordentliche Wettbewerbe und Stiftungen die bisher errungenen Leistungen der Flugmaschine zu überbieten. Da erschien der Aufruf des deutschen Reichskomitees zur Nationalen Flugspende, der das deutsche Volk aufforderte, beizutragen zu dem großen patriotischen Werk der Förderung des deutschen Flugwesens. Durch die Nationale Flugspende sollte es den deutschen Flugzeugfabrikanten möglich gemacht werden, neue Konstruktionen durchzuführen und Flugzeugführer auf Kosten der Spende auszubilden. Ferner war die

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Schaffung eines Unterstützungsfonds für die Hinterbliebenen verunglückter Flieger in das Programm aufgenommen. Namhafte Beträge wurden von der deutschen Industrie und Handelswelt gezeichnet, und auch der kleine Mann trug sein Scherflein herbei, sodaß in kürzester Zeit mehrere Millionen für den oben angegebenen Zweck zur Verfügung standen.

Der zweite deutsche Zuverlässigkeitsflug am Oberrhein nahm einen glänzenden Verlauf. Altmeister Hirth erhielt für die beste Gesamtleistung den neu gestifteten "Prinz-Heinrich-Preis der Lüfte", sowie den Ehrenpreis des Großherzogs von Baden. Der Aufklärungspreis für Luftschiffe fiel an die "Viktoria Luise" und seinen Führer Dr. Eckener. –

Für die Berliner Flugwoche im Mai waren Preise in Höhe von insgesamt 40 000 Mark zur Verfügung gestellt. Als Sieger ging Abramowitsch auf deutschem Wright-Doppeldecker hervor. – Ellery von Gorrissen erhielt den Kaiserpreis für erreichte Höhe von 800 Metern auf Argo-Doppeldecker. Um die Leistungsfähigkeit der deutschen Flugmaschinen für größere Überlandflüge zu beweisen, fand gleich darauf der Fernflug Berlin – Wien statt, der jedoch unter sehr schlechten Witterungsverhältnissen zu leiden hatte. Es war eine Zwischenlandung in Breslau vorgeschrieben, ebenso mußte die Festung Glatz passiert werden. Den ersten Preis von 40 000 Kronen teilte in ritterlicher Weise Hellmuth Hirth mit Hauptmann Blaschke.

Gleichzeitig mit der Kieler Woche fand im Juli der Nordmarkenflug statt, der als Zuverlässigkeitsflug die militärische Brauchbarkeit der gemeldeten Flugzeuge in bezug auf die Aufklärungsmöglichkeit und Nachrichtenübermittlung glänzend bewies. Als Sieger aus dem Wettbewerb ging der Flugzeugführer der Luftverkehrs-Gesellschaft, Viktor Stöffler, hervor und zwar mit 462 Flugkilometern. –

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Ferner berichtet die Chronik der Luftschiffahrt von der ersten Fahrt des Schütte-Lanz-Luftschiffes nach Berlin und dem Fernflug Berlin – Petersburg von Abramowitsch und Baumeister Hackstetter. Sieger blieb im Aeroplan-Turnier zu Gotha Lindpaintner mit Begleitoffizier Leutnant Heiler. Vom 29. August bis 5. September fand der erste deutsche Wasserflugmaschinen-Wettbewerb in Heiligendamm statt, der eine fortlaufende Reihe interessanter Versuche vor der Öffentlichkeit zeigte.

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Eine sehr interessante Veranstaltung war der Flug "Rund um Berlin", der am 31. August und 1. September stattfand und dem Publikum zum ersten Male eine längere Veranstaltung bot; konnte man doch an einem Tage Start und Landung der am Wettbewerb teilnehmenden Maschinen beobachten. Die Flieger mußten die in Lindenberg, Potsdam und Teltow aufgestellten Wendemarken umfliegen. Am ersten Tage war eine Runde zu erledigen, am nächsten Tage dagegen zwei Runden. Ganz besonders interessant war der zweite Tag, der eine Zwischenlandung von 15 Minuten in Johannisthal nach der ersten Runde vorsah. In dieser Zeit mußten die Flieger nach Einnahme neuen Betriebsstoffes und Ausführung kleinerer Reparaturen startbereit sein. Leutnant Krüger auf Harlan-Eindecker ging als Sieger aus diesem Fluge hervor.


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Am 4. August bereitete Professor Schütte, der Erbauer des Luftschiffes Schütte-Lanz, der Reichshauptstadt eine sinnige Überraschung. Er kam von Mannheim und überschüttete bei prächtigem Sonnenschein die sonntäglichen Besucher Berlins mit Rosen als Gruß aus den Lüften. Nach kurzem Aufenthalt in Johannisthal kreuzte das Luftschiff am 2. September über dem Paradefeld und kehrte dann in [15] der darauffolgenden Nacht nach Mannheim zurück. – Die Heimreise gestaltete sich zu einer Sturmfahrt im wahren Sinne des Wortes, jedoch konnte das Schütte-Lanz-Luftschiff durch den glücklichen Verlauf seiner Heimfahrt seine Widerstandskraft und Brauchbarkeit als "Sturmschiff" beweisen.

In der darauffolgenden Leipziger Flugwoche konnten wiederum zwei Weltrekorde an Deutschland gebracht werden: Harry Oelerich vollführte mit 2 Fluggästen einen Flug von 2 Stunden 41 Minuten, und Hans Schirrmeister mit 4 Passagieren einen solchen von 33 Minuten. Die Herbstflugwoche in Johannisthal hatte trotz schlechten Wetters einen ganzen Erfolg. Die gestellten Aufgaben wurden sowohl von unseren Fliegern als auch den beteiligten Flugzeugfirmen glänzend gelöst. Schauenburg konnte mit seinem Doppeldecker der Allgemeinen Flugzeuggesellschaft den ersten Preis davontragen, während Leutnant von Buttlar auf Albatros-Doppeldecker und Lindpaintner auf Ago-Doppeldecker der zweite beziehungsweise dritte Preis zufiel.


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Der Herbst brachte uns noch Abramowitschs Belastungsrekord mit seinem Wright-Doppeldecker, der mit 4 Passagieren 45 Minuten in der Luft blieb. Der ersten deutschen Fliegerin Melli Beese wurde das Flugzeugführer-Zeugnis auf Rumpler-Taube erteilt.

Mit dem am 20. Oktober beendeten süddeutschen Flug wurden die großen Überlandflüge des Jahres 1912 abgeschlossen. Der Flug bestand aus einem militärischen Erkundigungsflug in die Pfalz und Überlandflügen über Mannheim, Frankfurt a. M., Nürnberg, Ulm, München. Als Sieger gingen aus der Klasse der aktiven Flieger-Offiziere der K. B. Leutnant Vierling und aus der Klasse der Zivilflieger Hellmuth Hirth hervor.

Dr. Wigand und Dr. Flemming erreichten mit ihrem Freiballon "Harburg III" eine Höhe von 9100 Metern und Hauptmann Jördens blieb im Freiballon 49 Stunden 15 Minuten in der Luft. Ferner konnte am 5. Dezember Alfred Friedrich auf A. F. G.-Taube einen deutschen Dauerrekord von 5 Stunden 10 Minuten aufstellen.

Ende gut, alles gut, beschloß der Flieger Faller auf einem Aviatik-Doppeldecker am 31. Dezember das Jahr mit einem neuen Weltrekord; er flog mit 4 Passagieren im Gesamtgewicht von 363 Kilo 1 Stunde 18 Minuten in 800 Meter Höhe, womit er den bisherigen Rekord um 33 Minuten schlagen konnte. –


 
7. Mit gewaltigen Schwingen

Das Jahr 1913 begann mit reger Arbeit der deutschen Flugzeugfabrikanten. Die in den verflossenen Wettbewerben gesammelten Erfahrungen sollten im Bau neuer, verbesserter Typen nun die schönsten Früchte tragen; galt es doch, der Heeresverwaltung das Flugzeug zu schaffen, das alle Bedingungen: großen Aktionsradius, größte Geschwindigkeit, leichte Montage und Demontage und vieles mehr erfüllen sollte. –

Wie man es schon nicht anders gewöhnt war, wurden gleich in den ersten Januartagen wiederum 2 Rekorde von einem deutschen Flieger aufgestellt: Faller flog auf Aviatik-Doppeldecker mit 5 Fluggästen 1 Stunde 16 Minuten und mit 7 Fluggästen 48 Sekunden. Am Geburtstage unseres Kaisers kam der vor einem Jahr gestiftete Kaiserpreis für den besten deutschen Flugzeugmotor zur Verteilung. Der erste Preis fiel an die Firma Benz & Co. für einen 100pferdigen Motor, den zweiten Preis erhielt die Daimler-Motoren-Gesellschaft für ihren 90pferdigen Mercedes-Motor. –


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Der Mai stand im Zeichen des Prinz-Heinrich-Fluges, der wiederum zeigen konnte, auf was für gedeihlicher Basis die Heeresverwaltung mit den deutschen Flugzeugfabriken an der Vervollkommnung des deutschen Militär-Flugzeugtyps gearbeitet hatte; nicht zuletzt haben unsere schneidigen Flieger gezeigt, welchen hohen Anforderungen sie gewachsen sind. Leutnant Canter gewann als Bester den Ehrenpreis des Kaisers auf seiner Rumpler-Taube. Die darauffolgende Johannisthaler Frühjahrs-Flugwoche konnte mit neuen Flugzeugtypen aufwarten, die fast ausnahmslos als gelungene Schöpfungen bezeichnet werden konnten.

[16] Es sei hier an dieser Stelle auch einer besonders schneidigen Sportleistung gedacht, die der bekannte Herrenreiter Leutnant v. Egan-Krieger am 15. Juni vollführte. – Er hatte für das Grunewaldrennen und für ein am gleichen Tage stattfindendes Rennen in Magdeburg gemeldet. Die Rennen folgten dicht aufeinander. Aber im Zeitalter der Flugzeuge ist alles möglich. Leutnant v. Egan-Krieger flog vormittags auf einer Jeannin-Taube von Döberitz nach Magdeburg und führte dort sein Pferd "Jaspis" als Erster durchs Ziel. – Dann ging es im schneidigen Fluge nach Berlin zurück. – Gerade sollte der Vertreter des ausbleibenden Favoriten in den Sattel steigen, da erschien v. Egan-Krieger plötzlich im wahren Sinne des Wortes wie "aus den Wolken gefallen", landete im steilen Gleitflug auf der Grunewaldrennbahn, bestieg nach dem Auswiegen sofort seinen Gaul "Der Dragoner" und gewann ebenfalls als Erster das Rennen unter dem rauschenden Beifall des begeisterten Publikums. –

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Im Juni fand der Flug "Rund um München" statt, der als eine der glänzendsten Veranstaltungen Münchens gelten konnte. Um die Siegespalme stritten Hellmuth Hirth auf Albatros-Eindecker, der jugendliche Rumpler-Pilot Linnekogel, Baierlein auf Otto-Doppeldecker und der D. F. W.-Eindecker Römplers; schließlich errang Hirth den ersten, Baierlein den zweiten und Römpler den dritten Preis, während Linnekogel der erste Tagespreis zuerkannt wurde. Anfang Juli konnten die deutschen Wasserflugzeuge beim Bodensee-Wasserflug in Wettbewerb treten und den Beweis dafür erbringen, daß der deutsche Konstrukteur dem Schwimmerproblem eine erhöhte Aufmerksamkeit gewidmet hatte. Die Flugzeuge kamen gut von Wasser und ließen sich wieder auf das nasse Element glatt nieder. Hirth war mit seinem Albatros-Wassereindecker Erster, während sich Gsell auf Renneindecker der Friedrichshafener Flugzeugbau-Gesellschaft als Zweiter und Dipl.-Ingenieur Thelen auf Albatros-Wasserdoppeldecker als Dritter placierten.

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Die Leistungsfähigkeit unserer Militärflieger bekundete auch der bekannte Rekordflug des Leutnants Joly mit Hauptmann Osius als Beobachter. Beide durchflogen die Strecke von Köln nach Königsberg in 8 Stunden, zu der ein Schnellzug nicht weniger als 16½ Stunden gebraucht. Während der Kieler Woche unternahmen Prinz Heinrich und seine hohe Gemahlin mit Leutnant Canter Passagierflüge. – Im Juli konnte Hermann Reichelt als Erster auf Harlan-Eindecker den großen Preis der National-Flugspende, d. i. eine monatliche Rente von 4000 Mark gewinnen. Im August war für unsere Fliegerschar durch den "Ostpreußischen Rundflug" ein Ansporn zu neuen Rekordleistungen gegeben. Leutnant Pretzel auf Albatros-Taube und Friedrich auf Etrich-Taube gewannen das Rennen. Mit dem Fluge war auch ein photographischer Wettbewerb verbunden, der ausgezeichnete Resultate zeigte. – Gerade die Aufnahme guter Bilder von überflogenen Strecken ist für die strategische Aufklärung durch das Flugzeug von größter Wichtigkeit.


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Beim zweiten Rennen "Rund um Berlin", das in derselben Weise wie im Vorjahre ausgetragen wurde, errang Baierlein auf Otto-Eindecker den ersten Preis. –

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Nachdem eine Reihe von französischen Fliegern den Flug Paris – Berlin mit ihren kleinen schnellen Sportmaschinen ausgeführt hatten, erwiderte der Chefpilot der Sportflieger-G. m. b. H. Friedrich mit Dr. Elias als Erster den Besuch unserer westlichen Nachbarn. Er legte den Flug nach Paris über Brüssel, Villacoublay mit einem normalen Militäreindecker des Taubentyps zurück, was gegenüber den französischen Leistungen ganz besonders hervorgehoben sein soll. Gleichzeitig bewarb er sich um den Preis der Nationalflugspende von 300 000 Mk., der für die längsten Fernflüge ausgesetzt war. Schon am nächsten Tage, am 13. September flog Friedrich mit Igo Etrich als erster Deutscher in 23 Minuten über den Kanal, wobei er auf dem Londoner Flugfeld landete. 3 Tage später kehrte er auf seiner Taube nach Berlin zurück. – Nach diesem Siegeszug des deutschen Flugzeuges durch 5 westliche Länder holte sich Victor Stöffler den 100 000-Mark-Preis der Nationalflugspende, indem er auf Aviatik-Doppeldecker [17] von Habsheim bis Warschau und nach Berlin zurückflog; er legte insgesamt 1730 Kilometer in ca. 12 Stunden zurück, eine Leistung, die uns die Bewunderung des gesamten Auslandes einbrachte. – Stiefvater, Reichelt, Dahm waren mit hervorragenden Überlandflügen die nächsten Bewerber.

Auch die Herbstflugwoche in Johannisthal stand im Zeichen der großen Leistungen, u. a. konnte Sablatnig auf Union-Pfeil-Doppeldecker einen neuen Weltrekord mit 5 Passagieren erringen. Diesen hervorragenden Leistungen stellen sich die von Schlegel, Thelen, Oberleutnant Kastner, Leutnant Geyer, Caspar, Kühne u. a. würdig an die Seite, und so konnte ohne Überhebung schon Ende 1913 auf die bedeutende Überlegenheit Deutschlands hingewiesen werden, nicht nur auf dem Gebiete der lenkbaren Luftschiffe, sondern auch in bezug auf die Leistungsfähigkeit und Kriegstüchtigkeit unseres Flugzeuggeschwaders.


 
8. Durch die Wetterwolken

So gingen wir im Vertrauen auf die Wehrhaftigkeit unserer Luftschiffer- und Fliegertruppe in das neue Jahr 1914. – Der deutsche Flugzeugbau hatte einen ungeahnten Aufschwung genommen und kleine Werkstätten waren zu großen Werken emporgewachsen, in denen unsere dritte Waffe erstehen sollte, ausersehen, den deutschen Herd dereinst zu schützen gegen den Ansturm unserer Neider. Aber noch lag Deutschland im Frieden und die Glocken der Neujahrsnacht klangen nicht gewaltiger, nicht mahnender als sonst. Noch war die Saat nicht reif. Aber die fremden Schnitter schärften die Sense, unterdes sie den Deutschen schlafend wähnten. – Doch dieser hielt treue Wacht.


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Das Jahr begann mit neuen Weltrekorden für Freiballons. Hugo Kaulen war mit 2 Mitfahrern in Bitterfeld im Ballon "Duisburg" aufgestiegen und landete nach 87stündiger ununterbrochener Luftfahrt in Sibirien. Sie hatten in dieser Zeit eine Strecke von 3600 Kilometern überflogen. Der bekannte Luftschiffer H. R. Berliner wurde mit seinen Mitfahrern Nicolai und Haase bis an die Grenze Asiens verschlagen, wo sie nach 47stündiger Fahrt in Kirgischan, einem kleinen Dorfe im Gouvernement Perm, niedergingen. Bekanntlich wurden die kühnen Luftfahrer von der russischen Polizei 3 Monate lang unter Spionageverdacht unschuldig gefangen gehalten.

Der nächste Weltrekordmann war der junge sympathische Bruno Langer. Mit seinem Roland-Pfeil-Doppeldecker vollführte er am 3. Februar einen ununterbrochenen Flug von 14 Stunden 7 Minuten und brachte damit auch den so lange im französischen Besitz gewesenen Dauerweltrekord an Deutschland. –


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Als Zweiter stellte sich kurz danach Karl Ingold in die Reihe der großen Überlandflieger; er legte mit demselben Aviatik-Doppeldecker, mit dem Victor Stöffler seine gewaltige Rekordleistung schuf, innerhalb 24 Stunden insgesamt 2200 Kilometer zurück, eine neue Bravourleistung zur Ehre der deutschen Flugzeugindustrie.

Dann trat Max Schüler mit seinem Ago-Doppeldecker auf den Plan, er flog 9 Stunden 45 Minuten, wobei er über Berlin, Hamburg und Kiel dahineilte, um dann in Schwerin zu landen. Ein Enkel des Alt-Reichskanzlers, Graf Alexander von Bismarck, begleitete ihn am nächsten Tage auf seinem Rückflug nach Berlin.


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Am 11. Februar überflügelte Robert Thelen den französischen Höhenrekordflieger Garaix, indem er auf einem 100pferdigen Mercedes-Albatros-Doppeldecker mit 4 Passagieren 95 Minuten flog und eine Höhe von nicht weniger als 2850 Meter erreichte. Nun verging nicht ein Tag, ohne daß einer unserer Flieger außerordentliche Leistungen vollbracht hätte. Am 20. März war es wieder Thelen, der mit 3 Passagieren und 3780 Metern einen weiteren Welthöhenrekord an Deutschland brachte.

Der 24. März verdient ebenfalls in das goldene Buch der deutschen Aviatik eingetragen zu werden. Der Rumplerflieger Otto Linnekogel, der bereits einige Tage vorher versucht hatte, den französischen Höhenweltrekord von 4960 Metern [18] mit Passagier zu brechen, war mittags mit Oberleutnant zur See Plüschow mit einem Rumpler-Eindecker aufgestiegen und war nach 10½ Minuten schon auf 2000 Meter gekommen. Immer höher ging es empor, trotz schneidender Kälte, bis sein 100pferdiger Mercedes nach 1½ Stunden in 5500 Metern wegen Benzinmangels stehen blieb. In prächtigem Gleitflug hatte er schon im Verlauf von 12 Minuten wieder den festen Boden erreicht.

Die Franzosen ließen nicht Ruhe, die aufgestellten Weltrekorde unserer Flieger zu überbieten, aber unser Fliegerbund hielt treue Wacht. Nicht lange verblieb ein Weltrekord in den Händen der Nachbarn, immer wieder waren es Deutsche, die das letzte Wort sprachen. Linnekogel konnte bereits am 31. März wieder eine Höchstleistung, den Höhenweltrekord ohne Passagier mit 6300 Metern für die deutschen Farben erringen, den bisher Frankreich mit 6120 gehalten hatte. – Welch ein Fortschritt gegenüber den ersten schüchternen Sprüngen eines Zipfel!


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Auch der Sturzflieger Pegoud blieb nicht lange der "Phönix der Luftpurzelbäume". Unsere deutschen Flieger, die zwar für solche Akrobatenkunststücke wenig übrig haben, wollten doch zeigen, daß es ihnen nicht an dem nötigen Mut fehle. Ich nenne nur Gustav Tweer, der mit einem Grade-Eindecker Kopf- und Schleifenflüge ausführte, und den bekannten Flugzeugbauer Fokker. Letzterer übertraf noch den französischen Kollegen; sein eleganter Sturzflug mit sich überschlagendem Eindecker eigener Bauart erregte ungeteilte Bewunderung. Selbst mit unseren schweren Militärdoppeldeckern wurden solche Sturzflüge wiederholt unternommen.


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Unterdes schritt der Luftschiffbau unermüdlich vorwärts. Graf Zeppelin konnte Ende März mit einem neuen Schiff eine Höhe von 3065 Metern erreichen. Beim Monacoflug waren 2 unserer Besten, Hirth und Stoeffler, die Vertreter Deutschlands, die mit den Fabrikaten der Albatroswerke und der Aviatik mit den Franzosen erfolgreich wetteiferten.

Welchen Ruf der deutsche Flugzeugbau nun auch schon im Auslande errungen, bewiesen die vielen Gäste aus aller Herren Länder, die unsere Flugveranstaltungen besuchten und draußen erzählten von deutschem Können und deutscher Energie und Arbeit.

Am 11. Mai flog Hirth auf Albatros-Doppeldecker in 5 Stunden 20 Minuten von Berlin nach München, eine Leistung, die so recht auf die Bedeutung des Flugzeuges als Verkehrsmittel hinweist. Am 17. Mai starteten unsere Flieger zum Prinz-Heinrich-Flug, der einen geradezu glänzenden Verlauf nahm und mit einem dreifachen Sieg des L. V. G.-Doppeldeckers abschloß. Ende Mai fanden die Wettflüge am Bodensee statt. Hirth, Schirrmeister, Truckenbrodt und Ernst Stöffler errangen die ausgesetzten Preise.


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Ein Flug ganz besonderer Art war der Dreiecksflug Berlin-Johannisthal – Leipzig – Dresden. Am ersten Tage mußte die Strecke Johannisthal – Leipzig – Dresden durchflogen werden. Die zweite Etappe war Dresden – Johannisthal – Leipzig, die dritte Leipzig – Dresden – Johannisthal. Der letzte Tag schrieb die größte Etappe vor, nämlich einen Flug von Johannisthal über Leipzig und Dresden nach Johannisthal zurück. Die Beteiligung des Publikums auf den drei Flugplätzen, wo örtliche Veranstaltungen stattfanden, war eine sehr große und Abflug und Ankunft unserer tapferen Flieger gestalteten sich zu sportlichen Ereignissen ersten Ranges. Die deutschen Flugzeugfabriken waren mit ihren neuesten Typen vertreten, die gegenüber denen der vorjährigen Veranstaltungen ganz bedeutende Verbesserungen aufzuweisen hatten.

In Johannisthal fand am ersten Tage eine Parade der beteiligten Flugzeuge statt, wodurch das Publikum in die Lage versetzt wurde, sich unsere großen Vögel in der Nähe anzusehen. 33 Flugzeuge waren in Johannisthal innerhalb 22½ Minuten gestartet und auf dem Wege nach Leipzig. Als ob ein Taubenschlag losgelassen, so flog ein Flugzeug nach und neben dem anderen in südwestlicher Richtung, um schließlich hinter den Wolken zu verschwinden.

Nach der letzten großen Etappe in Johannisthal wurden die ankommenden Flieger von der Menge des Publikums stürmisch begrüßt und der Pilot der Deutschen Flugzeugwerke, Schüler, konnte den ersten Preis davontragen. Auch die übrigen [19] Teilnehmer im Wettbewerb blieben nur wenig hinter der besten Leistung Schülers zurück, und deshalb kann der Dreiecksflug als ein wohlgelungenes Ereignis der deutschen Flugzeugindustrie und Fliegerei bezeichnet werden, bedeutet er doch einen nicht zu übersehenden Erfolg deutschen Materials.

Ganz besonders vorzügliche Flugleistungen wurden während der Wiener Flugwoche von unseren deutschen Piloten ausgeführt. Hellmuth Hirth erzielte am 21. im Wettbewerb "Differenz der Geschwindigkeiten" den ersten Preis. Am 28. stellte er mit 2 Passagieren einen neuen Höhenweltrekord von 4770 Metern auf, während Ernst von Lößl einen solchen mit 3 Passagieren von 4770 Metern erringen konnte. Alle diese Leistungen wurden auf einem normalen Albatros-Militärdoppeldecker ausgeführt.

Eine neue Ausschreibung der National-Flugspende besagte, daß jedem deutschen Flieger, der einen ausländischen Weltrekord für die deutschen Farben erringe, 10 000 Mark, und der einen neuen deutschen Rekord aufstellen würde, 5000 Mark erhalten solle. Zunächst handelt es sich darum, den von dem Franzosen Poulet gehaltenen Dauerweltrekord von 16½ Stunden zu schlagen. Der Rumpler-Pilot Basser und der Albatros-Fluglehrer Werner Landmann waren die Kämpfer im Streit um den längsten Dauerflug. Schon zweimal hatte Basser vergeblich versucht, den Dauerrekord auszuführen, mußte jedoch jedesmal vorzeitig abbrechen. Am 24. Juni endlich gelang es Basser, der um 3 Uhr 50 Minuten gestartet war, mit einer Flugdauer von 18 Stunden 12 Minuten den Dauerweltrekord an Deutschland zu bringen.

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Werner Landmann war am selben Tage erst abends kurz nach 9 Uhr gestartet. Die beiden Konkurrenten flogen die Nacht hindurch über dem Flugplatz von Johannisthal ihre Runden, von Zeit zu Zeit im Lichtkegel der Scheinwerfer auftauchend. Nachdem Basser um 10 Uhr vormittags wieder zur Erde zurückgekehrt war, blieb Landmann noch immer in der Luft, um die vorzügliche Leistung Bassers möglichst noch zu übertreffen. Da zog mittags um 12 Uhr ein schwerer Gewittersturm über Johannisthal und Landmann versuchte, diesem in südöstlicher Richtung auszuweichen, aber die himmlischen Gewalten waren stärker wie er, sie zwangen ihn, nach einem Flug von 17 Stunden 31 Minuten bei Liegnitz zu landen. 3 Tage später aber finden wir wieder Landmann mit seinem Albatros-Doppeldecker beschäftigt, um zu einem neuen Dauerrekordflug aufzusteigen. Der Start ging um 8 Uhr 35 Minuten abends vor sich, mit einem Benzin- und Ölvorrat für einen Vierundzwanzigstunden-Flug. Der schwer belastete Apparat flog fast 1 Stunde nur in einer Höhe von einigen Metern über den Flugplatz dahin und konnte sich erst nach einigen Stunden in größere Höhe schrauben. Um 3 Uhr nachmittags des folgenden Tages war der Weltrekord Bassers geschlagen, doch flog Landmann noch unermüdlich bis 6 Uhr 25 Minuten, so daß er 21 Stunden 49 Minuten in der Luft verblieb. In steilem Gleitfluge ging er nieder, sehr angegriffen, aber doch äußerlich frisch. – Dieses Mal war der Flug Landmanns vom schönsten Wetter begünstigt, aber ein anderer Sturm hatte eingesetzt, der mehr als ein Flugzeug vernichten sollte. Während Landmann am Himmel seine Kreise zog, erscholl die Kunde, daß der österreichisch-ungarische Thronfolger und seine Gemahlin einem serbischen Mordbuben zum Opfer gefallen waren.

Jedoch den Stürmen trotzend, durchsegelte der deutsche Flieger die Wetterwolken. Beim "Ostmarkenflug" bewies unser Flugzeuggeschwader seine Kriegstüchtigkeit und strategische Bedeutung in hohem Maße. Sieger war Georg Hans auf L. V. G.-Doppeldecker.

Auch noch ein neuer Höhenweltrekord sollte von einem Deutschen aufgestellt werden: Oelerich stieg mit seinem D. F. W.-Doppeldecker auf eine Höhe von 8150 Meter. Auch ein 22stündiger Flug war dem deutschen Flieger nicht genug – 24 Stunden, einen ganzen Tag zu fliegen, das war sein Ziel! Am 10. Juli startete Reinhold Böhm mit der Albatros-Rekordmaschine Landmanns zu einem neuen Dauerflug, in der Absicht, einen ganzen Tag in den oberen Regionen auszuhalten; am nächsten Tag war das große Werk vollführt.

Lassen wir über den Verlauf des Fluges den tapferen Flieger selber sprechen:


[20]
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9. Ein Tag in den Lüften

"Lautes Schnarren meines Weckers treibt mich früh um 7 Uhr aus den Federn. Ohne erst zu frühstücken, eile ich zum Flugplatz und lasse die einzelnen Albatros-Doppeldecker flugfertig machen. Nachdem ich einen Probeflug ausgeführt, nimmt wieder der Rekordapparat meine ganze Aufmerksamkeit in Anspruch.

Also morgen in aller Herrgottsfrühe soll es losgehen! Es wird mir geraten, lieber abends zwischen 8 und 9 Uhr aufzusteigen, da die Luft sich dann abgekühlt und dadurch ein größeres Tragvermögen habe. Ich hatte mir aber nun mal in den Kopf gesetzt, Sonnabend früh zum 24-Stundenflug zu starten, um in der darauffolgenden Nacht mit einer geringeren Benzinlast fliegen zu können.

"Jedoch der Mensch denkt und Gott lenkt." Ich war gerade im Begriff, für den kommenden Tag die Einzelheiten zu besprechen, da kommt aus Kiel an die Albatroswerke die Aufforderung, einen Flieger zum Einfliegen der gelieferten Wasserflugzeuge am kommenden Montag zu entsenden. Es hieß nun: "Böhm, Sie fahren am Montag nach Kiel."

Was tun? Von Sonnabend früh bis Sonntag ununterbrochen fliegen und dann ungeschlafen nach Kiel fahren? – Unmöglich! Den 24-Stundenflug wieder einmal, wie schon so oft, verschieben? Nimmermehr! Und wenn alle Nervenstränge reißen, heute abend wird gestartet! Jetzt gilt es, zunächst den Körper zu stärken und vor allen Dingen schlafen, schlafen und nochmals schlafen. Aber Morpheus wollte es anders: Mein Herz klopfte unaufhörlich in Erwartung der Dinge, die da kommen sollten – und aus dem Schlaf wurde nichts.

Schon um 4 Uhr nachmittags befand ich mich wieder auf dem Flugplatz, wo gerade die Monteure damit beschäftigt waren, den 600-Liter-Behälter zu füllen.

Die Erfahrungen meiner Vormänner im Dauerrekord machte ich mir zunutze und mutete meinem Magen schwer verdauliche Speisen nicht zu; eine Flasche Milch nur sollte den sicher zu erwartenden Durst löschen.

Es ist gerade kurz vor 6 Uhr! Der Albatros-Militärdoppeldecker ist startbereit.

Abb. 81
Der Propeller wird angeworfen, der 75pferdige Mercedes-Motor beginnt sein brummendes Lied. Wird er 24 Stunden hindurch ununterbrochen aushalten?

Jetzt besteige ich den Führersitz, den ich hoffentlich nicht sobald verlassen werde. Die Bremsklötze werden fortgenommen und mein Albatros rollt mit Vollgas über die Flugbahn. – Nach kurzem Anlauf erhebt er sich. – Nun ade, Mutter Erde, wann werde ich mich dir wieder nahen? Nicht eher als nach 24 Stunden.

Der schwer belastete Albatros zieht seine Kreise und im Verein mit dem vortrefflichen Mercedes hat er es nach einer halben Stunde schon auf eine Höhe von 400 Meter gebracht. Mit voller Geschwindigkeit überwindet er spielend jede Böe und entweicht den schützenden, aber auch oft Verderben bringenden Armen der Mutter Erde. Nun gilt es die Langweile zu vertreiben und ein Gedanke jagt den andern im tollen Wirbel des Propellerzuges.

Also Gewitterbildung hat die Wetterwarte in Lindenberg prophezeit; das kann ja hübsch werden! Aber es soll nur kommen, ich bin gerüstet.

Was sind das unten auf dem Flugplatz für schwarze Punkte? – Das sind die Albatros-Leute, die jederzeit bereit sind, mich wieder in Empfang zu nehmen, wenn ein launiges Geschick mich wieder hinabgleiten lassen sollte.

So kommt langsam der Abend heran. Es dunkelt. Am Bahngeleise entlang flammen weiße, grüne und rote Lichter auf. Der Koloß Berlin läßt seine Lichtfülle zu mir herüberscheinen.

Jetzt zeigt mein Höhenmesser 600 Meter, genug, um weit in der Ferne die Lichtreklame der großen Stadt aufleuchten und verlöschen zu sehen.

Das Dunkel des Flugplatzes durchbricht ein heller Schein. Es ist der A.-E.-G.-Scheinwerfer, der mir zeigt, hier kannst du landen, wenn du mußt, – aber ich denke gar nicht daran. – Jetzt entfalten auch die Signallichter ihre Tätigkeit. Die Albatros-Leute haben einen Holzstoß angezündet, der mir aus meiner Höhe wie eine brennende Zündholzschachtel vorkommt.

[21] Um mich ist Nacht; mit meiner Taschenlaterne beleuchte ich von Zeit zu Zeit meine Benzinuhr, die mir anzeigt, wieviel Liter mein durstiger Mercedes verbraucht. Alles in Ordnung, also Mut! Sechs rote Feuersäulen hauchen ihren heißen Odem aus. Es sind die Auspuffrohre meines Motors. Sie erscheinen wie aus leuchtendem Erz gegossen. Mein Kühler sorgt für die notwendige Kühlung des Motors.

11 Uhr! Die große Luftschiffhalle öffnet ihre riesigen Tore und aus ihrem Rachen gleitet langsam, von Scheinwerfern beleuchtet, der "Z 5", um einen Fernflug anzutreten. Albatros gehe ihm aus dem Wege, der Riese kann dir gefährlich werden. –

12 Uhr! – Des Mondes Silberschein lugt jetzt hinter den Wolken hervor und beleuchtet hell die Erde. Ein Gefühl der Ruhe kommt über mich, die Nacht hat ihre Schrecken verloren, denn der leuchtende Genosse am Himmel schützt mich. Welche Wonne, jetzt beim Mondenschein die steifen Glieder spazieren führen zu können; aber es geht nicht, sitzen bleiben, noch volle 18 Stunden, das ist die Parole.

1 Uhr! – Was geht da unten vor? Mächtige Flammen durchzüngeln die Nacht. Ein Haus steht in Brand und verbrennt restlos, ohne daß der Erdenmensch ihm Hilfe bringen kann. Soll dies für mich ein Freudenfeuer sein oder – ?

2 Uhr! – Der gute Mond zieht ein schiefes Gesicht. Die Stunde seines Unterganges ist gekommen. Gar zu gern hätte er noch länger zugeschaut und auch ich habe mich in seiner Gesellschaft wohl gefühlt. Doch die große Nachtlampe lächelt noch einmal zu mir herunter und verschwindet. – Morgenrot, nie habe ich dich so sehnsüchtig erwartet wie heute! – Langsam dämmert es, nun färben sich die Wolken purpurrot, der neue Tag verkündet sein Herannahen. – Wolken ziehen heran, aber etwas Verstecktes, unheimlich Drohendes lauert hinter ihnen. Sollte der Wetterprophet recht behalten? – Doch nein! – Dort steigt die Sonne herauf. Ein purpurner Glanz umgibt mich. –

Hurra, dir neuer Tag! – Dir, leuchtende Sonne, mein Prosit! – Ich greife zu meiner Milchflasche, um durch einen kräftigen Schluck meinen aufsteigenden Durst zu löschen. Aber o weh! – der Inhalt ist verdorben und ich muß mich darauf einrichten, ohne einen Labetrunk mein gestecktes Ziel zu erreichen. Sonnige Böen nahen heran. Nun gilt es aufpassen und den Feind umgehen, ehe er die Oberhand gewinnt. Warte, ich werde dir ein Schnippchen schlagen, denke ich, und steige langsam, langsam in höhere Regionen.

Jetzt sind 1600 Meter erreicht.

Ruhig liegt mein Albatros in der Luft, unaufhaltsam fliegt er seine Bahn. – So vergeht der Morgen. –

Es wird heiß und heißer – die Sonne gibt ihren Kampf noch nicht auf. – Wer wird Sieger bleiben?

10 Uhr ist es! Erst 16 Stunden sind seit meinem Start verflossen, noch 6 Stunden und der Weltrekord Landmanns ist erreicht.

Da stellt sich mir ein neuer Feind in den Weg: Es ist der Schlaf und sein Bundesgenosse die Langeweile. An das Sitzen habe ich mich schon gewöhnt, alle Vorbedingungen für einen gesunden Schlaf sind erfüllt. Jetzt heißt es wach bleiben, sonst bin ich verloren! Doch bald vertreibt den Schlaf die Gefahr. Leichte Böen steigen auf. Aus weiten Fernen ziehen Wolkenköpfe zu mir herüber – immer dichter, immer dichter wird das Gewölk. Die Böen durchschütteln kräftig meine Maschine. Neue Wolken eilen in 50 bis 100 Meter unter mir wie ein grauer Schleier, gespenstig vorüber. Höher hinauf! – 2000 Meter!

2 Uhr nachmittags! – Noch 2 Stunden und der Weltrekord ist geschlagen. 2 Stunden gleich 120 Minuten, entsetzlich lange noch. – Wie langsam doch so eine Minute vergeht. Die Armbanduhr schnell in die Tasche gesteckt, sie narrt mich nur mit ihren 3 Zeigern. – Dem Glücklichen schlägt keine Stunde. – Aber wunderbar, immer wieder greift meine Hand in die Tasche und mein Blick ruht auf dem Zifferblatt. Kaum eine Minute vergangen – noch 119 Minuten! – Die Sache fängt an langweilig zu werden! Höher hinauf. Dieser ewige Trott im Kreis wie [22] ein Zirkuspferd macht mich noch schlafkrank. – 2500 Meter! Kaum ist die Erde noch zu sehen. Fern am Horizont türmen sich die Wolken zu mächtigen Bergen zusammen, sie nahen heran! – Soll ich gegen sie ankämpfen? – "Lieber Reinhold", sage ich zu mir, "gehe lieber hinunter!" Immer noch singen die sechs feurigen Zungen des Mercedes ihr mir so viel Vertrauen erweckendes Lied.

3 Uhr! Noch eine Stunde und ich habe den Rekord. Doch was ist das? – Knack, knack, – das Blut will mir in den Adern erstarren, meine Müdigkeit ist entflohen, meine ganzen Sinne konzentrieren sich scharf auf den Ton des laufenden Motors. Es war ein Aussetzer! – Werden ihm weitere folgen? Wird der Motor stehen bleiben und ich soll vergebens 21 Stunden gekämpft haben? Doch nein, es darf nicht sein. – Mein Ohr lauscht gespannt, doch der Mercedes besinnt sich auf sein besseres Ich und läuft ruhig weiter. Es war nur ein Schreckschuß, aber ein Schreckschuß, der durch Mark und Bein geht.

Inzwischen war ich auf 200 Meter heruntergegangen, immer im Kreise um den Flugplatz herum. Meine Maschine wird hin und her geworfen. Unten ist es lebendig geworden. Tücher und Hände winken zu mir herauf. Der Dauerweltrekord Landmanns ist geschlagen. Ich vollführe drei Schleifen mit meinem Albatros zum Zeichen, daß ich verstanden; die Spannkraft meiner Nerven läßt nach, aber noch will ich nicht hinunter, 24 Stunden ist mein Ziel. – Also weiter. Der Himmel wird immer drohender und ein schweres Gewitter kommt heran. Die Wetterwarte in Lindenberg hat recht behalten. – Was doch der Mercedes leistet! Ich beobachte seinen Lauf nun schon mit größerer Ruhe, ist der Rekord doch mein! – Es hämmern die Ventile im gleichen Takt, ein kleines Versagen und alles ist aus. – Aber nichts unterbricht den gewohnten Gang. Ein leichter Druck an den Steuerorganen läßt den Albatros auf und nieder, rechts und links dahingleiten.

Ein Blitz zuckt über das Firmament, von fern rollt der Donner heran, ich lausche unbeirrt auf die Töne meines Motors. – Ein Blick auf die Uhr: das Ziel ist erreicht! Ziehe noch einmal in die Höhe, treuer Albatros, und du, Mercedes, laufe noch einige Minuten, dann kann ich dir deine wohlverdiente Ruhe bringen. Hupensignale tönen zu mir herauf. Nur Geduld, ich komme schon! In steilem Kurvengleitflug geht es zur Erde.

Abb. 80
Glatt gelandet! Der Mercedes ist verstummt, doch sonderbar, mein Ohr hört ihn immer noch. Die Schraube steht doch bewegungslos? So langsam kommt mein Trommelfell in Ruhe und schon höre ich Hochrufe. Ehe ich mich versehe, bin ich von Freunden umringt, sitze ich im Auto, man beglückwünscht mich, man spendet mir Lorbeer, man gibt mir Sekt. Ich lasse alles geduldig über mich ergehen und habe nur den einen Wunsch "Nach Hause". – Ein riesiger Appetit läßt mich das gewohnte Abendbrot ohne große Müdigkeit verzehren, während draußen unter Blitz und Donner Petrus einen Platzregen niedersausen läßt. – Wie sonderbar, jener Brief aus Kiel mußte mich von meinem Plan, erst am nächsten Morgen zu starten, abbringen, damit ich eine halbe Stunde vor Beginn des Unwetters meinen 24-Stundenflug beenden konnte. – Der Zufall und das Glück waren mit mir, und ich freue mich dessen; konnte ich doch beweisen, zu welchen großen Hoffnungen die deutsche Flugzeug- und Motorenindustrie berechtigt."


 
10. Über alles in der Welt!

So ziehen deutsche Flugzeuge und Luftschiffe hoch über dem Erdenball ihre Kreise. Deutsche legen in der Luft von einem Erdteil zum anderen Strecken zurück, wie keine andere Nation zuvor; Deutsche überfliegen die höchsten Gebirgszüge und weitesten Wasserflächen.

Auf in den Kampf, deutscher Aar, schüttle im Zorn dein Gefieder, recke die Flügel zur Sonne empor, zum Licht, zur Freiheit! Nun ist es Zeit! Nimm in die Fänge das Schwert, halte durch gegen Sturm und Ungewitter und dein wird sein der Sieg in der Luft! –

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Deutschlands Eroberung der Luft.
Die Entwicklung deutschen Flugwesens,

dargestellt von Ingenieur Willi Hackenberger