[122] V. Die deutschen Kolonien unter dem Mandatssystem
Im großen und ganzen haben die Mandatare schalten und walten dürfen, wie es ihnen beliebte. Wenn wir versuchen wollen, ein Bild davon zu gewinnen, wie unter ihrer Herrschaft die wirtschaftliche Entwicklung des früher deutschen Besitzes weiterging, so muß vorweg auf die Schwierigkeiten, die dem entgegenstehen, hingewiesen werden: Die Quellen, die zur Verfügung stehen, sind nicht ungetrübt. Woher sie auch fließen, sie sind in den ersten Jahren nach dem Kriege tendenziös gefärbt. Für Deutschlands Gegner im besonderen galt es, die Vorwürfe, die zum Kolonialraub führten, und die wir unter dem Begriff "Schuldlüge" zusammenfassen, zu erhärten, den Tatbestand jener Behauptungen allenthalben vorzufinden. Auch die offiziellen Berichte der Mandatsmächte an den Völkerbund sind von dieser Tendenz keineswegs frei. Erst allmählich ist sie einer größeren Objektivität gewichen. Es ergibt sich daraus, wie auch aus der ganzen bisherigen Art unserer Darstellung, daß wir die Nachkriegsentwicklung der besetzten Schutzgebiete in erster Linie aus dem amtlichen Zahlenmaterial ablesen müssen. Aber auch das ist sehr vielgestaltig und in seinem inneren Wert sehr verschiedenartig. Die Valutaveränderungen in der Nachkriegszeit erschweren weiterhin [124] seine Benutzung ungemein. Um überhaupt zu einer brauchbaren Anschauung zu gelangen, sind im nachstehenden die fremden Währungen – französische und belgische Frank, englische Pfund – in Goldmark umgerechnet worden, damit die Wertveränderungen sowohl der deutschen wie der fremden Währungen zum Ausdruck kamen. Die Umrechnung konnte nur zu den Jahresdurchschnittsgoldkursen erfolgen, was naturgemäß sehr genaue Bilder nicht geben kann, ganz abgesehen davon, daß Friedensmark und Goldmark im Sinne dieser Umrechnung nicht schlechthin dasselbe sind. Die in den Mandatsberichten enthaltenen Mengenangaben sind des Vergleichs mit der früher mitgeteilten deutschen Statistik wegen überall in metrische Tonnen zu 1000 kg umgerechnet worden.1
Ostafrika 1. Englisches Mandatsgebiet Deutsch-Ostafrika wurde unter England und Belgien in der Weise aufgeteilt, daß an ersteres mehr als neun Zehntel (rund 970 000 qkm2) des Gesamtgebiets, aber nur etwa die Hälfte der Gesamtbevölkerung entfielen. Den Rest, die dichtbevölkerten, viehreichen Sultanate Ruanda und Urundi im äußersten Nordwesten (rund 48 000 qkm), erhielt Belgien zugewiesen. Das englische Mandatsgebiet – Tanganyika-Territory – hatte nach dem letzten englischen Zensus von 1921 eine Einwohnerzahl von 2447 Europäern (darunter 1598 britische Untertanen), 14 991 Asiaten (darunter 9411 Inder, 798 Goanesen, 4041 Araber) und 4 106 055 Eingeborenen. Der Außenhandel des gesamten deutschen Schutzgebiets hatte nach der deutschen amtlichen Statistik im Jahre 1913 einen Wert von 53,36 Millionen M in der Einfuhr, 35,55 Millionen M in der Ausfuhr, zusammen 88,91 Millionen M. Nach den englischen Mandatsberichten3 betrugen – in Millionen Goldmark umgerechnet – in den Jahren
[125] Der Goldwert des Außenhandels hat also den Friedensstand erreicht, und zwar im besonderen durch lebhafte Zunahme der Ausfuhr. Die Exportentwicklung der wichtigsten Ausfuhrartikel, deren Wert 1924 81,7 v. H. der Gesamtausfuhr ausmachte, zeigt die nachstehende Übersicht (in 1000 t):
Die Vergleichszahlen für 1913 sind der letzten deutschen Statistik entnommen und beziehen sich somit auf das ganze früher deutsche Schutzgebiet. Sie sind daher mit den Nachkriegszahlen nicht genau vergleichbar, zumal, soweit es sich um Felle und Häute handelt, an deren Ausfuhr Ruanda und Urundi besonderen Anteil hatten. Trotz dieser Ungenauigkeit zeigt sich, daß nach Jahren schweren Niedergangs die Produktivität der Kolonie in die unter deutscher Verwaltung gezogenen Gleise wieder einbog, sich stark hob und bei den wichtigsten ihrer Erzeugnisse den Friedensstand erreichte, ja zum Teil bedeutend überholte. Die Sisalausfuhr stellte, wie im Frieden, den Hauptausfuhrposten dar, dessen Wert 24,0 v. H. der Gesamtausfuhr ausmachte. Der englische Bericht von 1923 sprach davon, daß die Friedensproduktion in zwei bis drei Jahren erreicht werden könnte. Das dürfte zur Zeit bereits der Fall sein. Die Baumwollausfuhr hat nach katastrophalem Rückgang die des Friedens überholt. Der Anbau ist in den letzten Jahren mit großen Mitteln und erheblichem Erfolg gefördert worden. Man hat vor allem die Eingeborenenkultur zu beleben unternommen und einen als aussichtsreich bezeichneten Versuch mit einer Art kooperativen Anbaus der Dörfer unter Aufsicht der Dorfoberhäupter gemacht. Lieferung von Kulturgeräten, Wagengestellung für den Abtransport, seit 1921 veranstaltete Auktionen für Eingeborenenbaumwolle waren weitere Förderungsmittel. Der Anteil der Eingeborenenproduktion an der Gesamterzeugung ist gestiegen. Er wird für 1922/23 auf 42,8 v. H., für 1923/24 auf 64,3 v. H. angenommen und für 1924/25 auf 75 v. H. geschätzt. Die Gesamtproduktion läßt sich danach für 1922/23 auf rund 1300 t entkörnter Baumwolle, [126] für 1923/24 auf rund 2100 t berechnen. Für 1924/25 wird sie auf 3100 t geschätzt. Von ganz besonderem Interesse ist die Entwicklung des Kaffeebaues, der jetzt vornehmlich als Eingeborenenkultur betrieben wird. Es ist früher dargelegt worden, daß die Vorarbeiten unter deutscher Verwaltung große Erwartungen gerechtfertigt erscheinen ließen. Wie die mitgeteilten Zahlen zeigen, war das durchaus richtig. Die Kaffeeausfuhr hatte sich 1924 gegen 1913 verfünffacht. Sie stellte mit einem Wert von 6,5 Millionen Goldmark im Jahre 1924 13,1 v. H. des Wertes der Gesamtausfuhr dar. In der Hauptsache stammte der Exportkaffee aus dem Bezirk Bukoba, der 1913 409 t, 1917 1248 t, 1922 bereits 2784 t lieferte. Aber auch im Moschi-Bezirk wird der Anbau als aussichtsvoll bezeichnet. Er wurde dort 1907 eingeführt. Eine deutsche Zählung ergab für 1912 etwa 14 000 Bäume im Besitz von Eingeborenen; für 1922 wurden 178 000 Bäume angegeben. Zur weiteren Förderung, vor allem zur Saatzucht, sind Regierungsbaumschulen angelegt worden. Die Auswirkung der Kautschukkrise, über die in einem früheren Abschnitt eingehend gesprochen wurde, ließ die Zukunft des Kautschukbaues in Ostafrika sehr düster erscheinen. Der Mandatsbericht von 1923 spricht noch davon, daß viele Pflanzer die Absicht hätten, ihre Bäume zu fällen und Baumwolle oder Sisal zu bauen. Die aufsteigende Preisbewegung des Jahres 1925 dürfte indessen die Aussichten für den Kautschukbau wesentlich verbessert haben.
Hinzuweisen ist noch auf die Ergebnisse, die die Erschließung von Bodenschätzen
gehabt hat. An verschiedenen Stellen des Schutzgebiets sind Goldvorkommen neu
erschlossen worden. Die Kirondamine im Sekenkebezirk, das bisher größte und
schon unter deutscher Herrschaft betriebene Vorkommen, ist erst gegen Ende 1924 wieder in
Betrieb genommen worden; sie lieferte bis Jahresschluß 743 Unzen.4 Im
Muansa-Bezirk wurden viele neue Schürffelder belegt, jedoch litt die
Förderung sehr unter Mangel an Arbeitskräften. Sie lieferte 241½ Unzen
gegen 175½ im Jahre 1923. Alluvialgold fand sich im Lupafluß im
Tukuyubezirk; Ausbeute 1924 6805½ Unzen gegen 1639 im Jahre 1923. Ebenso wurde in
den Flußläufen des
Rungwe-Bezirks Alluvialgold gewonnen, Ausbeute 1924 7577 Unzen gegen 1320 im
Vorjahre. Bedeutende Zinnvorkommen wurden im
Bukoba-Bezirk aufgedeckt. An [127] Glimmer wurden 58 t gegen
33 im Jahre 1923 ausgeführt. Über das Vorkommen von Bodenschätzen im
früheren
Deutsch-Ostafrika sagt das englische Blaubuch für Tanganyika 1924: "Die wichtigsten
Vorkommen sind solche von Gold, Kohle, Glimmer, Zinn, Graphit, Pechblende, Salz, Kupfer
und Soda." 2. Belgisches Mandatsgebiet Über die wirtschaftliche Entwicklung des unter belgischer Verwaltung stehenden Teiles von Deutsch-Ostafrika, dessen Bevölkerung nach einer Aufnahme von 1924 196 Europäer, 26 Mulatten, 283 Asiaten und rund 5 Millionen farbiger Eingeborener beträgt, ist schwer ein Bild zu gewinnen, da die Handelszahlen infolge der Zollunion mit dem Kongostaat wenig zuverlässig sind. Die Außenhandelsstatistik weist folgende Werte – in Millionen Goldmark – auf:
Über einige wichtigere Ausfuhrartikel lassen sich für die letzten vier Kalenderjahre folgende Angaben machen. Es wurden – in 1000 t – ausgeführt:
Die Ausfuhr richtete sich, besonders bei den Lebensmitteln, zum größten Teil nach dem Kongostaat. Der Rest ging in das englische Mandatsgebiet und nach Sansibar. Faßt man den Handel beider Mandatsgebiete in eine Summe, so ergibt sich – in Millionen Goldmark – folgende Gegenüberstellung:
[128] Südwestafrika Über Südwestafrika bringen die Mandatsberichte eingehendes Zahlenmaterial für die letzten Jahre nur, soweit es sich um die Entwicklung der Bergbau- und Schürftätigkeit handelt. Die Jahresberichte der Handelskammer zu Windhuk und die Handelsstatistik der Südafrikanischen Union gestatten eine für uns einigermaßen ausreichende Ergänzung. Im Jahre 1913 betrug nach der deutschen Statistik der Wert der Einfuhr 43,42, der der Ausfuhr 70,30, der des Gesamthandels 113,72 Millionen M. Die Nachkriegsjahre weisen einen erheblichen Abstand von diesen Zahlen auf. In Millionen Goldmark umgerechnet, war der Wert von
Für die folgenden Jahre lassen sich zuverlässige und vergleichbare Gesamtzahlen nicht geben. Jedoch sind die Hauptausfuhrposten, die 1913 zusammen 97,3 v. H. darstellten, aus der Unionsstatistik zu entnehmen. In Millionen Goldmark betrug der Wert der Ausfuhr von
Es zeigt sich danach eine erhebliche Steigerung des Exports von Tieren und tierischen Nahrungsmitteln, sowie von Metallen und Erzen. Die Viehausfuhr der letzten Jahre ist allerdings durch besondere Umstände beeinflußt: 1922 herrschte die größte Dürre, die seit einem Menschenalter beobachtet worden war, 1923 setzte der Regen sehr verspätet ein, 1924 war ein Trockenjahr mit Heuschreckenplage. Die Viehausfuhr ist daher durch Futtermangel stark gesteigert worden. Trotzdem hat sich der Viehstand des früheren Schutzgebiets sehr gehoben. Während die letzte deutsche Zählung im April [129] 1913 einen Bestand von 183 167 Stück Rindvieh, 386 844 Fleischschafen und 53 691 Wollschafen im Besitz von Weißen, ferner 22 476 Stück Rindvieh und 75 741 Fleischschafe im Besitz von Eingeborenen auswies, befanden sich nach dem letzten landwirtschaftlichen Zensus am 1. Dezember 1924 im Besitz von
Von besonderer Bedeutung ist die bereits zu deutscher Zeit eingeführte Zucht von Karakulschafen geworden, die den wertvollen Persianerpelz liefern. Neu eingeführt ist die Sisalkultur. Über die Ausbeutung der Bodenschätze lassen sich folgende Angaben machen: Die Ausbeute an Diamanten weist folgende Zahlen auf:
Die Ausbeute, die 1916 nur etwa ein Zehntel von der des letzten Friedensjahres betrug, steigerte sich bis 1920 verhältnismäßig stark. Die folgenden Jahre brachten einen erheblichen Rückschlag, der indessen vorübergehender Natur war. Die Ausfuhr von Kupfer, Blei und Kupfer- und Bleierzen zeigt die nachstehende Übersicht:
Danach hat vom Jahre 1920 an die Förderung wieder ziemlich lebhaft eingesetzt. Im Jahre 1924 hatte die Ausfuhr der Menge nach ungefähr den Friedensstand erreicht, dem Werte nach überstieg sie infolge der eingetretenen Preissteigerungen den der Ausfuhr des letzten Friedensjahres. Beachtenswert sind die Ergebnisse der Schürftätigkeit nach Zinn und nach Vanadium, die auf Grund der zum Teil schon unter deutscher Herrschaft ausgeführten Mutungen einsetzte. An Zinnerz wurden ausgeführt:
Daß neuerdings weitere bedeutende Zinnvorkommen aufgeschlossen wurden, ist bereits an anderer Stelle erwähnt worden. Die Ausfuhr von Vanadiumerzen, die 1920 mit nennenswerten Mengen einsetzte, betrug:
Im ganzen genommen ist die Entwicklung von Südwestafrika in den letzten Jahren im Aufsteigen begriffen. Sie hat nach Überwindung der Kriegsfolgen und schwerer Wirtschaftskrisen im wesentlichen die Richtung genommen, die auf Grund der deutschen Kolonisationstätigkeit vorausgesagt werden konnte. Es muß dabei darauf hingewiesen werden, daß diese Kolonie die erste war, die der Betätigung Deutscher wieder Raum gewährte. Die finanzielle Lage [131] des Gebiets ist nicht ungünstig. Die Einnahme aus dem Bergbau allein deckte im Rechnungsjahr 1923/24 mehr als die Hälfte der Gesamteinnahmen des Landes. Der Etat für dieses Rechnungsjahr weist einen Überschuß von 1,64 Millionen englische Pfund auf. Trotzdem empfindet das Land, daß es sich unter deutscher Verwaltung einer größeren Fürsorge als heute zu erfreuen hatte. Der Bericht der Handelskammer zu Windhuk für 1923/24 spricht sich darüber folgendermaßen aus:
"Die Etateinnahmen vor dem Kriege waren z. B. in 1913 mit ca. 18 000 000 M dieselben, wie oben angeführt. Darin sind aber ca. 4 000 000 M enthalten aus Einnahmen aus dem Betriebe von Häfen und Eisenbahnen. Die Diamantensteuer war in 1913 veranschlagt mit 6 600 000 M, und in 1914 mit 13 790 000 M. Merkwürdig ist, daß trotz der verhältnismäßig erheblich höheren heutigen Zölle die Einnahmen daraus, gegenüber in 1913 mit 2 000 000 M und in 1914 mit 2 400 000 M, heute nicht wesentlich höher sind als vor dem Kriege. Kamerun Vom deutschen Schutzgebiet Kamerun sind rund 295 000 qkm, nämlich das 1911 von Frankreich erworbene Neu-Kamerun und der Nordzipfel von Alt-Kamerun, mit dem französischen Äquatorial-Afrika vereinigt worden. Von dem Rest ist der südliche Teil mit rund 407 000 qkm der französischen, der nördliche Teil mit rund 88 000 qkm der englischen Verwaltung unterstellt worden.
Die Angaben über die wirtschaftliche Entwicklung der Nigeria benachbarten englischen Zone sind dürftig. Der Außenhandel, der für uns wichtigste Maßstab, erreichte – in Millionen Goldmark umgerechnet – folgende Werte:
Die Ausfuhr der wichtigsten Landesprodukte stellt sich – in 1000 t ausgedrückt – folgendermaßen:
2. Französisches Mandatsgebiet Die Handelsstatistik des französischen Anteils an Kamerun, in dem eine schätzungsweise Feststellung für 1924 eine Eingeborenenbevölkerung von 2,77 Millionen Köpfen ergab,6 weist sehr stark ansteigende Werte auf, die indessen zum großen Teil auf dem Rückgang des Frankkurses beruhen. In Millionen Goldmark umgerechnet, betrugen
Die wichtigsten Ausfuhrprodukte sind nach wie vor Palmkerne, Palmöl, Kakaobohnen, Kautschuk und Hölzer, letztere zu etwa zwei Dritteln Bauholz, zu etwa einem Drittel Edelholz. Die Ausfuhr dieser Artikel betrug in 1000 t
[133] Der französische Bericht erwähnt die erfolgreiche Tätigkeit der seit Dezember 1923(!) in jedem Bezirk eingerichteten Ackerbaukommissionen und weist auf die im gleichen Jahre als Ersatz für den Ausfall an Kautschuk im Osten geförderte Kaffeekultur hin. Bekanntlich haben schon in der deutschen Zeit erfolgreiche Versuche mit der Einführung des Kaffeebaues durch die deutsche Verwaltung stattgefunden. Im Jahre 1910 ergab sich zum ersten Male eine Ausfuhr von ungefähr ½ t, im Jahre 1913 betrug sie rund 1 t. Der Wert des Kameruner Außenhandels war 1913 34,62 Millionen M in der Einfuhr, 29,15 Millionen M in der Ausfuhr, 63,77 Millionen M insgesamt. Rechnet man den Handel der jetzigen beiden Mandatsgebiete Kamerun zusammen, so ergibt sich nach unserer Umrechnung mit Hilfe der Jahresdurchschnittskurse eine Einfuhr von 17,35, eine Ausfuhr von 16,85 und ein Gesamthandel von 34,20 Millionen Goldmark. Es würde falsch sein, aus dieser Gegenüberstellung auf ein Sinken der Produktivität des Landes zu schließen. Die zunehmende Unterwertigkeit des französischen Franken hatte, genau wie bei unserer deutschen Inflationsausfuhr, die Preise der Produkte unter die Goldwertigkeit gedrückt. Stellt man die ausgeführten Mengen einander gegenüber, so ergibt sich folgender Vergleich: Es wurden ausgeführt in 1000 t:
Es zeigt sich also, daß die Ausfuhr von Palmkernen die des letzten Friedensjahres
erheblich übersteigt. Auch die Kakaoausfuhr war 1924 um ungefähr die
Hälfte höher, die von Palmöl und Hölzern stand der Friedensausfuhr
ungefähr gleich, und nur der Kautschukexport war 1924 auf ein Drittel des von 1913
gesunken. Togo 1. Englisches Mandatsgebiet Der England als Mandatsgebiet zugefallene westliche, der Goldküste benachbarte Teil von Togo umfaßt nach dem Zensus von 1921 fast 35 000 qkm mit rund 188 000 Eingeborenen und 20 (1924: 27) [134] Europäern. Die Teilung überließ die Bahn Lome–Palime der französischen Zone. Damit blieb der britische Teil ohne eigenen Handelsweg zur See. Zur Verbesserung der Verbindungen mit der Goldküste wurde der Ausbau von Verkehrsstraßen in Angriff genommen, darunter eine Autostraße, um die britische Zone mit Accra (Goldküste) zu verbinden. Ferner wurde der Wasserweg auf dem Voltastrom für den Verkehr brauchbar gemacht. Der Mandatsbericht von 1923 zählt 350 km Autostraßen auf. Über die Ausfuhr aus der englischen Zone lassen sich aus den Mandatsberichten folgende Angaben entnehmen (in 1000 t):
In Goldmark umgerechnet, betrug der Ausfuhrwert dieser Artikel 1922 1,82, 1923 1,99 Millionen M. Für 1923/24 ist eine Umrechnung nicht gut möglich; der Wert der Ausfuhr wird für diese Zeit auf 115 230 £ gegen 103 463 £ im Kalenderjahr 1923 angegeben. Das Hauptausfuhrprodukt des Landes ist der Kakao. Der Zustand der Pflanzungen wird als schlecht im Vergleich mit denen der Goldküste bezeichnet. Indessen wird darauf hingewiesen, daß der Anbau der Goldküste älter sei und man dort größere Erfahrungen habe, daß die Erträge von selbst mit dem Älterwerden der Bäume wachsen würden, daß die Belehrung der Pflanzer durch das Landwirtschafts-Departement sich erst kurze Zeit auswirke, und daß der Ausbau der Verkehrswege zur Ausdehnung der Kultur unerläßlich sei – kurz, es werden heute von der englischen Verwaltung genau die gleichen Argumente geltend gemacht, mit denen im Frieden von deutscher Seite der Kakaokultur in Togo die Prognose gestellt wurde. Ein bezeichnendes Merkmal dafür, daß für die Erschließung des Landes bessere Wege als die von der deutschen Verwaltung eingeschlagenen nicht ausfindig gemacht werden konnten.
Der Bericht weist weiter auf die Ausdehnung des Baumwollbaues hin und zählt
die Maßnahmen auf, die zu seiner Förderung getroffen wurden: Überwachung
der Pflanzungen durch das
Landwirtschafts-Departement zwecks Sortenauswahl und
Schäd- [135] lingsbekämpfung, freie
Saatverteilung. Untersuchungen über den Anbau von Baumwolle in gemischten Betrieben
und dergleichen mehr. 2. Französisches Mandatsgebiet Das Frankreich als Mandatsgebiet zugewiesene, Dahomey benachbarte Osttogo umfaßt nach französischen Angaben rund 52 000 qkm und hat eine Bevölkerung von 268 "Europäern und Assimilierten", 25 Syrern und 747 144 Eingeborenen, unter diesen 5 französische Bürger. Die Produktivität des Gebietes hat sich in den letzten Jahren ansehnlich gesteigert. Das kommt in der Werterhöhung der Ausfuhr aus dem früher angeführten Grunde nicht so sehr zum Ausdruck, wohl aber in der Zunahme der ausgeführten Mengen. In Millionen Goldmark umgerechnet betrugen:
Demgegenüber entwickelte sich die Ausfuhr der wichtigsten Landeserzeugnisse folgendermaßen (in 1000 t):
Den Zahlen der französischen Mandatsberichte sind die auf ganz Togo bezüglichen deutschen Ausfuhrzahlen von 1913 vorgesetzt. Abgesehen vom Sisal, dessen Export nach anfänglich starker Steigerung rasch zurückging, ist die Ausfuhr aller Produkte gegenüber dem Frieden mehr oder weniger stark gestiegen. Besonders gilt das für den Kakao, zumal wenn man auch noch die Ausfuhr aus der englischen Zone von Togo berücksichtigt.
[136] Die Kakaokultur wie auch diejenige
von Kaffee, Kola, Kapok und Baumwolle wird mit den gleichen Mitteln gefördert, wie sie
bei der englischen Zone erwähnt sind. Als neue Kultur wird die der Erdnüsse durch
Saatgutverteilung einzuführen versucht. Die steigende Baumwollproduktion hat zur
Errichtung einer modernen Entkörnungsanlage in Lome durch die Association
Cotonière Coloniale geführt. Ebenso plant das Syndicat Cotonier
Togo-Dahomey die Errichtung von Entkörnereien sowie von Ölpressen,
Maismühlen und Erdnußschälanstalten. Südsee Der vielgestaltige deutsche Südseebesitz wurde durch den Beschluß des Obersten Rates vom 6. Mai 1919 unter England, Australien, Neu-Seeland und Japan als Mandatare folgendermaßen aufgeteilt: Die zersplitterte Inselwelt nördlich des Äquators – Palau, Marianen, West- und Ostkarolinen, Marshall-Inseln – die durch ihre Phosphatvorkommen besondere Bedeutung erlangt hatte, wurde mit rund 2600 qkm Japan zugeteilt. Der südlich des Äquators belegene deutsche Besitz außer Samoa und Nauru, also in der Hauptsache Deutsch-Neuguinea und der Bismarck-Archipel mit rund 240 000 qkm, entfielen an Australien. Samoa mit rund 2600 qkm wurde Neu-Seeland zugewiesen, und in die 26 qkm, die den Flächeninhalt der Phosphatinsel Nauru ausmachen, teilten sich England, Australien und Neu-Seeland. Wir beschränken unsere Angaben auf die wichtigsten dieser Komplexe, Neuguinea und Samoa.
Neu-Guinea Nach dem Zensus vom 30. Juni 1924 ergab sich für die eingeborene Bevölkerung eine teils gezählte, teils geschätzte Kopfzahl von 378 512. Die nichteingeborene Bevölkerung wird mit 2979 Köpfen angegeben, darunter 1347 Chinesen, 828 Engländer, 312 Deutsche und 221 Holländer. Die allgemeine Wirtschaftslage der Kolonie hat sich in den letzten Jahren gebessert. Im letzten Friedensjahr 1913 erreichte der Gesamthandel einen Wert von 16,52 Millionen M, wovon 8,49 Millionen M auf die Einfuhr, 8,03 Millionen M auf die Aus- [137] fuhr entfielen. Nach den Mandatsberichten ergibt sich folgende Weiterentwicklung des Gesamthandels (in Millionen M)7:
Die Einfuhr hat sonach den Friedensstand etwas überschritten, sehr viel stärker aber hat sich die Ausfuhr vermehrt. Das ist fast ausschließlich auf die starke Zunahme der Gewinnung von Kopra zurückzuführen, die noch mehr als im Frieden das an Bedeutung alle anderen weit überragende Ausfuhrprodukt ist. Einen bedeutenden Anteil daran hat sicherlich die Tatsache, daß viele unter deutscher Herrschaft angelegte Pflanzungen allmählich in das ertragsfähige Alter gekommen sind. Während 1913 der Wert der Kopraausfuhr 76,8 v. H. des Gesamtausfuhrwerts darstellte, betrug diese Ziffer 1922/23: 99,8 v. H., 1923/24: 95,6 v. H. Die Entwicklung der Kopraausfuhr zeigen folgende Zahlen (in 1000 t):
Die Versuche mit Sisal, für den die deutsche Handelsstatistik 1912 eine Ausfuhr
von 21,3 t verzeichnete, sind scheinbar eingestellt. Ebenso lag zur Zeit des Berichts die
Kautschukerzeugung, die 1912 eine Ausfuhr von 21,3 t ergeben hatte, anscheinend
völlig brach. Die Kakaoproduktion ist über den Friedensstand nicht
hinausgekommen und hat in den letzten Jahren sinkende Erträge geliefert.
Ausgeführt wurden an Kakaobohnen 1912: 74,4 t, 1913: 138 t,
1921/22: 154,4 t, 1922/23: 84,3 t, 1923/24: 71,1 t.
Anbauversuche mit Baumwolle haben erstmals 1923/24 eine
geringe Ausfuhr gezeitigt, nämlich 2,59 t Rohbaumwolle und 9,09 t Baumwollsaat. Zu
erwähnen ist eine im letzten Berichtsjahr ebenfalls erstmalig
ver- [138] zeichnete Ausfuhr von
6617 Unzen = 205,79 kg Alluvialgold (1912: 65 g).
Im übrigen bemerkt der Bericht, daß
die Landwirtschaft der Eingeborenen sehr unentwickelt sei, und Bemühungen, sie zu
intensiver Arbeit heranzuziehen, auf starken Widerstand stießen. Die Plantagenwirtschaft
leidet unter Mangel an Arbeitskräften. Man macht den Versuch, die unter der deutschen
Verwaltung übliche Beköstigung der Plantagenarbeiter mit eingeführten
Nahrungsmitteln, besonders Reis, durch verstärkten und verbesserten Maisanbau im Lande
selbst zu ersetzen. Samoa Für Samoa wird die eingeborene Bevölkerung nach dem Zensus von 1921 auf 32 601 Köpfe angegeben; sie scheint sich befriedigend entwickelt zu haben, denn spätere Schätzungen ergaben für den 31. Dezember 1923 33 800, für den 31. Dezember 1924 34 817 Köpfe. Im Jahre 1912 betrug der Wert des Außenhandels der Insel 4,99 Millionen M in der Einfuhr, 5,04 Millionen M in der Ausfuhr, insgesamt 10,03 Millionen M. Für die letzten sechs Jahre weist die Statistik der Mandatsberichte – auf Millionen Goldmark umgerechnet – folgende Werte auf:
Die wichtigsten Landeserzeugnisse sind nach wie vor Kopra und Kakao. Auf erstere entfielen 1924 78,7 v. H., auf letzteren 16,1 v. H. des Wertes der Gesamtausfuhr. An Kopra wurden ausführt (in 1000 t):
Die Kopraerzeugung der letzten drei Jahre überstieg beträchtlich jede frühere Produktion. Die Eingeborenen sind zu drei Vierteln daran beteiligt, ein Umstand, der scharfe Überwachungsmaß- [139] nahmen nötig machte, um einer Qualitätsverschlechterung vorzubeugen. An Kakao wurden ausgeführt (in 1 000 t):
Die Erzeugung der beiden letzten Berichtsjahre wird auf 405 t für 1923 und 972 t
für 1924 angegeben. Der größte Teil davon ist auf Regierungsplantagen
gewonnen worden. Es wird eine möglichst hohe Qualität mit sehr gutem Erfolg
angestrebt. Die Ernte des letzten Berichtsjahres ist durch ausnehmend gutes Wetter und das
Fehlen von Schädlingen im Gegensatz zum vorangegangenen Jahr begünstigt
worden. Neuerdings sind Anbauversuche mit Baumwolle gemacht worden. Sie waren
bereits früher unternommen worden, und zwar auf Europäerplantagen. Wegen zu
hoher Kosten für die Arbeitskräfte mußten sie wieder aufgegeben werden.
Nunmehr soll der Baumwollbau bei den Eingeborenen eingeführt werden, nachdem
Untersuchungen über die Anbaumöglichkeit günstig ausgefallen sind.
Große Erfolge werden vorerst nicht erwartet. Die vorstehende Darstellung macht nicht den Anspruch, das Schicksal der besetzten deutschen Schutzgebiete seit dem Bestehen des Mandatsystems eingehend zu schildern. Es konnte im Rahmen unserer Betrachtung nur darauf ankommen, die Wirtschaftsentwicklung dieser Gebiete an Hand des amtlichen Zahlenmaterials zu verfolgen. Das Ergebnis ist: Nach Überwindung der Kriegs- und der fast noch schlimmeren ersten Nachkriegszeit ist die Produktivität der von Deutschland erschlossenen Gebiete allenthalben wieder angestiegen und in vielen Punkten über die des Friedensstandes hinaus gewachsen. Berücksichtigt man, wie außerordentlich viel die ersten sechs bis acht Jahre nach 1914 zerstört haben, so wird man nach dem Maß des nunmehr Erreichten zugeben müssen, daß die Voraussagen für die Entwicklung des deutschen Kolonialbesitzes, die ihm eine große Zukunft prophezeiten, nur bestätigt worden sind. Das ist von den heutigen Verwaltern unseres einstigen Besitzes vielfach schneller erkannt worden, als es in Deutschland selbst einst der Fall war. Bezeichnend dafür ist eine Kammerrede des französischen Kolonialministers Perrier vom 17. Dezember 1925, in der [140] er den in Verbindung mit den Locarno-Verhandlungen aufgetauchten Projekten einer Überlassung der französischen Afrikamandate an Deutschland entgegentrat. Er erklärte darin Togo und Kamerun für diejenigen Kolonien, von denen vom wirtschaftlichen Gesichtspunkt aus die Befreiung Frankreichs kommen könne. Es hat sich aber noch etwas anderes im Laufe der letzten Jahre gezeigt: Die wirtschaftlichen Fortschritte, die auf früher deutschem Boden erzielt worden sind, wurden mit den gleichen Mitteln erreicht, die einst die deutsche Verwaltung zu ihrer Förderung anwandte. Die von ihr gezogenen Richtlinien für die Erschließung des Landes sind schließlich auch von den neuen Herren als die zweckmäßigsten anerkannt worden, und wo deutsche Kulturinstitute der Zerstörung anheim gefallen sind, ist ihnen nichts übriggeblieben, als sie in gleichartiger, wenn auch nicht überall gleichwertiger Form wieder zu erneuern. Diese Erkenntnis ist auch öffentlich ausgesprochen worden. So hat die englische Parlamentskommission, die im Frühjahr 1925 das ehemalige Deutsch-Ostafrika bereiste, die deutschen Kolonialleistungen als vorbildlich anerkannt und mit Bedauern "den beklagenswerten Gegensatz zwischen der Haltung der britischen und der früheren deutschen Kolonialbehörden gegenüber der wissenschaftlichen Forschung in den Kolonien" festgestellt. Und in einem, in der Zeitschrift West-Afrika vom 6. Juni 1925 wiedergegebenen Bericht eines hervorragenden englischen Finanzmannes, des Leiters der Bank of British Westafrica, über eine Bereisung des früher deutschen Kamerun heißt es: "Ich muß gestehen, daß die Deutschen im Stadtgebiet von Duala und auf den Pflanzungen in ihrer üblichen gründlichen Weise gearbeitet haben, und ich frage mich selbst, welchen hohen Grad der Entwicklung Kamerun heute wohl schon erreicht haben würde, wenn die Deutschen es seit 1914 ununterbrochen behalten hätten." In Äußerungen wie diesen, die nicht vereinzelt dastehen, liegt die beste Rechtfertigung der deutschen Kolonisationstätigkeit, wie sie wirklich war, und die schärfste Verurteilung der Scheingründe, auf Grund deren der Raub unseres Überseebesitzes vor sich ging.
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