[111] IV. Die wichtigsten Rohstoffe und ihre Quellen (Forts.) 9. Landwirtschaftliche Produktionsmittel Über das Zurücktreten der Landwirtschaft innerhalb der deutschen Gesamtvolkswirtschaft ist an anderer Stelle das im Rahmen dieser Darstellung Erforderliche bereits gesagt worden. Die "Industrialisierung", als welche man die deutsche Wirtschaftsentwicklung seit den achtziger Jahren zu bezeichnen gewohnt ist, mußte das notwendigerweise zur Folge haben. Damit war die Stellung der deutschen Landwirtschaft indessen nicht weniger wichtig geworden, sondern ihre Bedeutung stieg mit der Schwierigkeit, ihre Aufgabe, die Ernährung der Bevölkerung im größtmöglichen Umfang auch unter den veränderten Verhältnissen sicherzustellen, zu erfüllen. Einschränkung der extensiven Weidewirtschaft, Intensivierung der Betriebsführung durch Verwendung von Maschinenkraft und Elektrizität, Steigerung der Bodenerträge durch moderne Düngerwirtschaft, Hebung der tierischen Erzeugung durch Verwendung von Kraftfuttermitteln waren, abgesehen von organisatorischen und handelspolitischen Maßnahmen, die wichtigsten Mittel dazu. Das Ergebnis dieser Bemühungen spiegelt sich in der Zunahme der Ernten. Sie ergaben – in Millionen t – folgende Mengen:
Die Steigerung der landwirtschaftlichen Erzeugung tritt noch deutlicher hervor, wenn die Ernteerträge der Erntefläche gegenübergestellt, das heißt, wenn die Durchschnittserträge vom Hektar berechnet werden. Sie betrugen in Doppelzentnern bei
Es ist leider nicht möglich, den Vergleich auf frühere Jahre zu erstrecken, da im Jahre 1893 eine neue Methode der Berechnung der Ernteerträge eingeführt wurde, die von der früheren erheblich abweichende Ergebnisse zeitigte. Aber auch in dem hier überblickten zwanzigjährigen Zeitraum ergibt sich eine sehr bedeutende Steigerung der Bodenausnutzung für die wichtigsten Getreidearten und für Kartoffeln. Der gesamte Ernteertrag steigerte sich bei
Es war auf diese Weise gelungen, den weitaus größten Teil des heimischen Bedarfs trotz der starken Zunahme der Bevölkerung überhaupt und ihres gewerblich tätigen Teiles im besonderen aus eigener Erzeugung zu decken, ja beim Roggen sogar über den eigenen Bedarf hinaus zu erzeugen. Im Jahre 1913 wurden – in 1000 t – an Roggen geerntet: 12 222, eingeführt: 353, ausgeführt: 934; an Roggenmehl wurden eingeführt: 1, ausgeführt: 225. Dagegen war noch um die Jahrhundertwende ein Einfuhrüberschuß bei Roggen von rund 800 000 t im Jahre vorhanden. An Weizen wurden geerntet: 4656, eingeführt: 2546, ausgeführt: 538; an Weizenmehl wurden eingeführt: 18, ausgeführt: 195. An Gerste wurden geerntet: 3673, eingeführt: 3238, ausgeführt: 6. An Hafer wurden geerntet: 9714, eingeführt: 505, ausgeführt: 662. An Kartoffeln wurden geerntet: 54 121, eingeführt:: 382, ausgeführt: 332. Bei den wichtigsten Nahrungsmitteln, Roggen und Kartoffeln, und dem wichtigsten Futtermittel, Hafer, bestand also 1913 eine Abhängigkeit vom Ausland nicht mehr, während bei Weizen und Gerste allerdings gewaltige Zuschüsse, deren Wert sich auf rund 720 Millionen M belief, nötig waren. Mit der Erzeugung von Feldfrüchten ist auch die Viehproduktion gestiegen. Bei den Reichsviehzählungen wurden – in Millionen Stück – ermittelt:
In den letzten vier Friedensjahrzehnten hat sich somit der deutsche Schweinebestand fast vervierfacht, der an Rindern und Pferden ist um rund ein Drittel angewachsen, die Ziegenhaltung stieg um fast die Hälfte. Nur bei den Schafen, die ein Produkt extensiver Wirtschaft sind, ist ein starker Rückgang eingetreten. Die Viehzählungen erstrecken sich, wie nebenher erwähnt sei, nicht nur auf landwirtschaftliche Betriebe, sondern auf Betriebe aller Art. Jedoch ist außer Frage und bedarf keines Beweises, daß die Landwirtschaft der Träger des weitaus größten Teils der deutschen Viehhaltung ist. Es unterliegt keinem Zweifel, daß der Bedarf der deutschen Bevölkerung an tierischen Nahrungsmitteln ganz überwiegend, noch mehr als bei Getreide und Kartoffeln, aus der einheimischen Erzeugung gedeckt wurde. Berechnet man den Einfuhrüberschuß des Jahres 1913 an lebendem Vieh, Fleisch, Fleischwaren, tierischen Fetten, Milch, Sahne, Butter, Käse, Eiern, kurz an tierischen Nahrungsmitteln aller Art, so kommt man auf 817 Millionen M. Allein der Schlachtwert der im gleichen Jahre in Deutschland gewerblich und im Hause geschlachteten fast 8 Millionen Rinder, rund 24 Millionen Schweine, rund 2½ Millionen Schafe, betrug ein Mehrfaches dieser Summe. Der Verkaufswert der 1913 gezählten Rinder, Schweine, Schafe und Ziegen ist auf rund 10 Milliarden M zu schätzen. Es braucht nicht näher ausgeführt zu werden, wie schwere Wunden der Krieg und wie fast noch schwerere die ersten Nachkriegsjahre der deutschen Landwirtschaft geschlagen haben. Nur eine dünne Schicht des deutschen Volkes ist davor bewahrt geblieben, diese Wunden am eigenen Leibe zu spüren. Die große Mehrzahl aller Deutschen hat Mangel gelitten, und unerhört groß ist die Zahl derer, die buchstäblich hungerten, weil selbst für Geld keine Nahrungsmittel zu beschaffen waren. Und das nicht nur in den Kohl- [114] rübenwintern der eigentlichen Kriegsjahre, sondern auch noch in den darauf folgenden Rationierungsjahren. Zunächst brachte das Kriegsende rein äußerlich der deutschen Volkswirtschaft eine unverhältnismäßig große Einbuße an landwirtschaftlichem Gebiet. Während an Bevölkerung durch Annexionen und Abtretungen rund 10 v. H. verlorengingen, wurde die Fläche des Reichsgebiets von 1913 um 13 v. .H. geschmälert, dabei die überhaupt landwirtschaftlich genutzte Fläche um 14,2 v. H., der Bestand an Ackerländereien im besonderen um 15,4 v. H. Die Rückwirkung auf die Ernährungsverhältnisse der Bevölkerung, die schon durch diese unverhältnismäßig starke Verengerung der Produktionsbasis eintreten mußte, wurde außerordentlich verschärft durch den Rückgang der Produktivität der deutschen Landwirtschaft. Erntefläche, Gesamterträge und durchschnittliche Erträge haben sich bei fast allen wichtigsten Fruchtarten verringert. Auf den gegenwärtigen Umfang des Deutschen Reiches berechnet und unter Ausscheidung des Saargebiets, in dem Erhebungen nach Friedensschluß nicht mehr vorgenommen werden konnten, ergeben sich folgende Vergleichszahlen:
Das Jahr 1913 ist ein besonders gutes Erntejahr gewesen, daher sind zum Vergleich auch die beiden Vorjahre mit herangezogen worden. Es zeigt sich, daß keines von ihnen von irgendeinem der Nachkriegsjahre erreicht worden ist. Nur bei der Kartoffelernte wird das Jahr 1911 von den Nachkriegsjahren überholt, was indessen auf die Mißernte dieses Jahres zurückzuführen ist. Das Jahr 1925 hat allerdings bessere Ergebnisse als sein Vorgänger gezeitigt, wenigstens soweit es sich um Brotgetreide und Kartoffeln handelt. In Preußen – die Nachweisungen für das Reich liegen noch nicht vor – betrugen z. B. die Hektarerträge für Winterroggen 1913: 19,2 dz, 1924: 13,6 dz, 1925: 17,6 dz; für Winterweizen 1913: 25,5 dz, 1924: 17,7 dz, 1925: 20,4 dz; für Kartoffeln 1913: 168,0 dz, 1924: 140,1 dz, 1925: 153,5 dz, jedoch ist dies günstige Ergebnis in erster Linie auf den ungewöhnlich milden Winter zurückzuführen. Ein bezeichnendes Merkmal der Entwicklung der landwirtschaftlichen Erzeugung in der Nachkriegszeit ist die relativ starke Kartoffelproduktion: 1924 wurden im Deutschen Reich 83 v. H. der Kartoffelmenge, aber nur 60 v. H. der Weizenmenge und gar nur 56 v. H. der Roggenmenge des Jahres 1913 geerntet. Man kann daraus den sicher nicht unberechtigten Schluß ziehen, daß sich die einheimische Produktion mit besonderem Nachdruck auf die Erzeugung von billigen Massennahrungsmitteln gelegt hat, auch eine Auswirkung der Verarmung der Bevölkerung. Die Folge der insgesamt unzulänglichen Eigenproduktion ist ferner gewesen, daß besonders bei dem wichtigsten Brotgetreide, dem Roggen, sich die Abhängigkeit vom Ausland stark bemerkbar gemacht hat. Es betrugen in 1000 t
Der frühere Ausfuhrüberschuß ist verschwunden. Auf den Kopf der Bevölkerung berechnet, ergibt sich aus dem Vergleich der wichtigsten pflanzlichen Nahrungsmittel folgendes Bild: Unter Abzug der Aussaat und der Ausfuhr und unter Zusatz der Einfuhr sowie unter Berücksichtigung der in Getreide umgerechneten Menge von Mehl und Malz waren auf den Kopf der Bevölkerung zum Verbrauch für menschliche und tierische Ernährung und gewerbliche Zwecke in der Zeit vom 1. Juli bis 30. Juni durchschnittlich jährlich verfügbar:
Die Zahlen für die Vorkriegszeit beziehen sich auf das frühere Reichsgebiet, also einschließlich der abgetretenen östlichen Landesteile, in denen die Kartoffel als Nahrungsmittel eine besonders große Rolle spielte, was den exakten Vergleich mit der Nachkriegszeit natürlich beeinträchtigt. Ferner kommt auch die Verminderung der gewerblichen Verwendung von Bodenerzeugnissen, z. B. bei der Alkoholherstellung, in den sinkenden Zahlen zum Ausdruck. In der Hauptsache kennzeichnen sie indessen doch die gegenüber der Vorkriegszeit auch im sechsten Friedensjahr noch vorhandene Verschlechterung der deutschen Ernährungsverhältnisse. Die Entwicklung des deutschen Viehstandes in der Vor- und Nachkriegszeit ist bereits an anderer Stelle zahlenmäßig dargestellt worden. Sie hat durch den Krieg und seine Folgen eine schwere Einschränkung erfahren, die auch in den letzten Jahren noch nicht wieder ausgeglichen werden konnte, obwohl an sich der Viehstand sich leichter aufbauen läßt, als die Erzeugung von Bodenfrüchten. Die Hauptzahlen seien noch einmal angegeben: Im jetzigen [117] Reichsgebiet unter Ausschluß des Saargebiets wurden – in Millionen Stück – gezählt am
Die Zahlen zeigen, daß sich die Bestände an den für die Ernährung wichtigsten Vieharten, besonders bei den Schweinen, noch immer erheblich unter dem vergleichbaren Friedensstand hielten, wobei zu beachten ist, daß die Bevölkerung inzwischen zugenommen hat. Die verhältnismäßig günstige Entwicklung der Erzeugung von pflanzlichen und tierischen Nahrungsmitteln in der Friedenszeit war eine Folge in erster Linie der verbesserten Wirtschaftsmethoden und der ausgiebigen Verwendung von Kunstdünger und von Kraftfuttermitteln. Die Zahlen, die vorstehend für die Nachkriegszeit gegeben worden sind, lassen erkennen, daß von diesen Hilfsmitteln noch mehr als früher Gebrauch gemacht werden muß, um unsere frühere Ernährungswirtschaft wieder aufzubauen und die einheimischen Nahrungsquellen so ergiebig zu machen, wie die wachsende Bevölkerung es bedingt. Was zunächst den Bedarf an Düngemitteln anlangt, so ist zu dem früher allein üblichen Stalldünger in wachsendem Maße der künstliche Dünger getreten. Er wurde schon im Frieden zum großen Teil im Inlande erzeugt, beträchtliche Mengen aber wurden immerhin noch vom Ausland bezogen. Das gilt vor allen Dingen für den Chilesalpeter, dessen Einfuhr von 55 000 t im Jahre 1880 auf 774 317,6 t im Jahre 1913 stieg. In der Nachkriegszeit ist die Düngerfrage, soweit es sich um die Beschaffung der Rohstoffe handelt, durch den Ausbau der Verfahren zur Gewinnung von Luftstickstoff an sich erleichtert worden. Die Einfuhr von Chilesalpeter hat heute keine sehr große Bedeutung mehr und betrug 1924 nur noch 11 574,6 t, 1925 24 572,2 t. Von größerer Bedeutung sind die Phosphate, die zur Herstellung von Superphosphaten dienen und ausschließlich ausländischen Ursprungs sind. Sie sind im wesentlichen der einzige Düngerrohstoff, [118] der sich in den deutschen Schutzgebieten, und zwar auf einigen Südseeinseln, vorfand. Ihre Ausbeute stieg von rund 12 000 t im Jahre 1907 auf rund 193 000 t im Jahre 1912 und ermöglichte es immerhin, bei der Versorgung mit Düngemitteln auf sie zurückzugreifen. In wesentlich stärkerem Umfang bestand diese Möglichkeit bei den Kraftfuttermitteln, die schon im Frieden für die Entwicklung unserer Viehbestände von größter Bedeutung waren und es heute noch viel mehr sind. Im Jahre 1913 wurden für die wichtigsten derartigen Futterstoffe – außer Futtergerste4 – nach Abzug der geringfügigen Ausfuhr über 400 Millionen M an das Ausland gezahlt. Wie stark der Bedarf daran gestiegen ist, läßt sich aus den Einfuhrzahlen für Mais, Ölkuchen, Ölkuchenmehl und Kleie ersehen, denen – neben Gerste – weitaus die größte Bedeutung als Futtermittel zukommt. Es wurden – in 1000 t – eingeführt:
Trotz gelegentlicher Schwankungen, die besonders beim Mais ziemlich stark hervortreten, ist die Einfuhr der drei Hauptfuttermittel auf das Mehrfache gestiegen. Die Ausfuhr hat nur bei Ölkuchenmehl allmählich einen etwas größeren Umfang angenommen. Der Einfuhrüberschuß aber ist ständig gestiegen. Er betrug für die drei Stoffe zusammen im Jahre 1913 351 Millionen M. Aus den Zahlen ergibt sich bereits, eine wie bedeutende Rolle die Rückstände von der Ölfruchtbearbeitung als Futtermittel spielen. Zum Teil werden sie als Ölkuchen und dergleichen eingeführt, zum Teil aber auch bei der Bearbeitung von Ölfrüchten in Deutschland selbst gewonnen und verfüttert. Die Einfuhr derartiger Ölfrüchte ist sehr [119] erheblich. Sie belief sich, wie bereits früher mitgeteilt, im Jahre 1913 auf rund 500 Millionen M. Der Wert der aus ihnen gewonnenen Futterstoffe kann ungefähr auf die Hälfte des Einfuhrwertes veranschlagt werden, so daß sich unter Einrechnung des obenerwähnten Einfuhrüberschusses an Futtermitteln ein Gesamtaufwand von rund 650 Millionen M ergibt, mit dem Deutschland seinen Bedarf an nicht im Inland hervorgebrachten Kraftfutterstoffen bereits im Jahre 1913 bezahlte. Es war daher schon für die Friedenswirtschaft von der größten Bedeutung, daß die deutschen Schutzgebiete die Möglichkeit gaben, ergiebige Bezugsquellen für die immer nötiger werdenden Futtermittel zu erschießen. Noch mehr für die Nachkriegszeit, die unsere Abhängigkeit vom Ausland so sehr verstärkt und den Bezug von Produktionsmitteln für unsere Volkswirtschaft so ungemein erschwert hat. Der vorstehend mitgeteilten Friedenseinfuhr der wichtigsten Kraftfuttermittel stehen folgende Mengen – in 1000 t – für die Jahre 1923/1925 gegenüber:
Selbst wenn berücksichtigt wird, daß diese Einfuhr sich auf ein kleineres Deutschland als 1913 bezieht, springt der außerordentlich starke Rückgang in die Augen, besonders bei Ölkuchen und Kleie, die rund zur Hälfte aus überseeischen Gebieten stammen. Was die Gewinnung von Kraftfuttermitteln in unseren früheren Kolonien anlangt, so gedeiht in Afrika zunächst der Mais. Er wird in weitem Umfang zur Deckung des sehr bedeutenden Eigenbedarfs gebaut. Mit der Erschließung der tropischen Gebiete, vor allem durch Verkehrswege, wuchs indessen die Möglichkeit, auch für die Ausfuhr zu produzieren. Das galt vor allem für Togo, indessen waren auch in Ostafrika vorzügliche Vorbedingungen für seine Erzeugung gegeben. In Togo hatte sich bereits eine sehr schnell steigende Ausfuhr entwickelt. Während im Jahre 1904 erst rund 660 t verschifft wurden, stieg diese Menge in raschen Sprüngen auf 30 250 t im Jahre 1908. Sie ist später wieder zurückgegangen, weil die Eingeborenen sich derzeit lohnenderen Kulturen zuwandten. Immerhin war der Beweis erbracht, daß Erzeugungsmöglichkeiten in weitem Umfang vorhanden sind. [120] In noch größerem Maße gilt das von den Ölfrüchten, über die in einem früheren Abschnitt bereits gesprochen worden ist. Im Jahre 1913 wurden rund 992 000 t kolonialer Ölfrüchte für rund 320 Millionen M nach Deutschland eingeführt. Der Anteil der deutschen Schutzgebiete daran war nicht erheblich und bewertete sich auf rund 25 Millionen M. Auch hier hängt die Entwicklung der Ausfuhr auf das engste mit dem Ausbau der Verkehrsmittel zusammen. Massengüter vertragen keine kostspieligen Transporte. Jedes gelegentliche Sinken des Weltmarktpreises verringert die Entfernung, über welche sie auf primitiven Beförderungsmitteln noch mit Nutzen an die Küste und auf das Schiff gebracht werden können. Daher darf aus der bisher geringen Ausfuhrzahl aus den deutschen Schutzgebieten kein Schluß auf ihre Ergiebigkeit gezogen werden. Was bisher in den deutschen Schutzgebieten gewonnen wurde, entsprang einer noch in den Anfängen steckenden Bewirtschaftung und einer erst zehnjährigen Erschließungstätigkeit. Um den Umfang der Möglichkeiten erkennen zu lassen, die im früheren deutschen Überseebesitz zu entwickeln waren, sei auf einige der bisher erzielten Ergebnisse hingewiesen: An Palmkernen führten Kamerun und Togo im Jahre 1904 13 521 t aus. 1910 war die ausgeführte Menge bereits auf 21 905 t gestiegen, 1912 betrug sie 27 639 t, 1913: 26 489 t. Kopra wurde aus Ostafrika und Togo sowie aus den besetzten Südseebesitzungen, zumal aus Samoa, ausgeführt, und zwar 1905: 22 167 t, 1910: 29 143 t, 1912: 32 833 t. Eine weitere starke Steigerung, und zwar schon aus den Gebieten, die unter den damaligen Verkehrsverhältnissen für die Ausfuhr in Frage kamen, war zu erwarten. Das ergaben schon die Zahlen der Plantagenstatistik, die nur die Europäerpflanzungen erfaßte und lediglich als Anhalt für die Beurteilung der Gesamtbestände dienen kann: Die Zahl der ertragsfähigen Kokospalmen auf diesen Pflanzungen in den obengenannten Gebieten betrug 1908: 1,03 Millionen, 1913: 1,70 Millionen, während 3,17 Millionen Bäume außerdem angepflanzt, aber noch nicht ertragsfähig waren. Von Bedeutung war die Ausfuhr von Erdnüssen, die vor allem aus Ostafrika geliefert wurden, in geringen Mengen auch aus Togo und Kamerun. Aus Ostafrika wurden 1901 rund 164 t ausgeführt, 1905 bereits 1423 t, 1910: 3099 t und 1913: 8960 t. Der Ausbau der Eisenbahn hatte an dieser Entwicklung einen erheblichen Anteil. Der Anbau von Sesam war in Ostafrika mit Erfolg aufgenommen worden. Ebenfalls unter Einfluß der durch Bahnbauten [121] geschaffenen guten Transportmöglichkeiten entwickelte sich die Ausfuhr schnell und lebhaft. Sie betrug 1907 rund 493 t, 1910: 906 t, 1913: 1476 t. Über die Aussichten des Baumwollbaues in Togo und Ostafrika ist bereits gesprochen worden. Die Entwicklung schritt auch hier vorwärts und ließ neben der steigenden Ausbeute an Baumwolle selbst auch die Gewinnung von Baumwollsamen und Baumwollkuchen in größerer Menge erwarten. Bei allen diesen Angaben ist zu berücksichtigen, daß die Ausfuhr nur einen kleinen Teil der Erzeugung darstellt, da der Eigenbedarf der tropischen Kolonien an Ölfrüchten sehr groß ist. Was gezeigt werden sollte, ist, daß auch die deutsche Landwirtschaft, die unter den heutigen Verhältnissen noch mehr als früher ein Interesse an der Erschließung von Quellen für die von ihr benötigten Produktionsmittel hat, aus einer deutschen Kolonialwirtschaft auf geeignetem Boden Nutzen ziehen könnte.
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