II. Die nationalpolitische Tendenz
der tschechoslowakischen Wirtschaftspolitik
3. Eine Verlustbilanz
[130]
Färberei in Böhm. Aischa, nachdem
Wirtschaftspolitik und Steuerexekutionen ihr Werk getan hatten.
|
Das Beispiel der "Nostrifizierung" der Geldinstitute hat gezeigt, wie durch
staatliche Maßnahmen die tschechische Wirtschaft gestärkt und die
staatlichen Machtmittel in den Wirtschaftskampf eingesetzt wurden.
Während einerseits eine Reihe deutscher
Industrie- und Wirtschaftsunternehmen mangels ausreichender
Betriebs- und Überbrückungskredite stillgelegt und abgebrochen
werden mußten, setzte andererseits der Vorstoß des tschechischen
Bankenkapitals ein.
Was das Sudetendeutschtum seit dem Umsturz durch das Vordringen des
tschechischen Kapitals verloren hat und auf welche Weise dies möglich
war, zeigen die folgenden interessanten Zusammenstellungen:
Im Jahre 1914 gab es in
Böhmen, Mähren und Schlesien folgende Banken mit deutscher
Verwaltung: Deutsche Agrarbank mit einem Eigenkapital von 4 Mill. Kč
und einem Verwaltungskapital von 10 Mill. Kč; Landwirtschaftliche
Kreditbank mit 10 Mill. Kč, bezw. 54 Mill. Kč; Mährische
Eskomptebank mit 8 Mill. Kč, bezw. 30 Mill. Kč; Böhmische
Eskomptebank mit 12 Mill. Kč, bezw. 160 Mill. Kč;
Böhmische Unionbank mit 65 Mill. Kč, bezw. 337 Mill. Kč
(kontrolliert wurden von ihr die Buschtehrader Eisenbahn, Johann Davis
Starck-Montan, Kupferwerke Pömmerle,
Reichenberg-Gablonzer Bahn, Hotzenplotzer Zucker und eine Reihe von
Textilunternehmungen). Insgesamt wiesen diese Banken mit deutscher
Verwaltung ein Eigenkapital von 99 Mill. Kč und ein Verwaltungskapital
von 591 Mill. Kč aus.
Mit tschechischer Verwaltung bestanden im Jahre 1914 in
Böhmen, Mähren und Schlesien folgende Handelsbanken: Ceska
banka mit einem Eigenkapital von 8 Mill. Kč und einem
Verwaltungskapital von 28 Mill. Kč; Moravska agrarni a prum.
banka mit 12 Mill. Kč, bezw. 47 Mill. Kč (kontrolliert wurden
von ihr Mähr. Stahl- und Eisenwerke Olmütz, Nemschitzer Zucker);
Prazska uverni banka mit 25 Mill. Kč bezw. 130 Mill. Kč
(Nusler Brau, Bergmann-Leder, Alexanderschacht Settenz); Böhmische
Industrialbank mit 40 Mill. Kč, bezw. 160 Mill. Kč; Zivnostenska
banka mit 80 Mill. Kč, bezw. 386 Mill. Kč (Breitfeld Danek,
Böhm. Zuckerfabriksverein, Westböhm. Kaolin, Böhm.
Handelsgesellschaft, u. a.); Sporobank (Zentralbank der
tschechischen Sparkassen) mit 25 Mill. Kč, bezw. 340 Mill. Kč.
Insgesamt wiesen diese Banken mit tschechischer Verwaltung ein Eigenkapital
von 190 Mill. Kč und ein Verwaltungskapital von 1091 Mill. Kč
aus.
Das Verhältnis des Verwaltungskapitals der bei uns
bodenständigen deutschen Geldinstitute zu dem der bodenständigen
tschechischen war 1 : 2. Dieses Verhältnis wird jedoch ein
ganz anderes, wenn man die Verwaltungsziffern hinzurechnet, die die "Wiener
Banken", die in Böhmen, Mähren und
Schle- [124] sien Filialen
unterhielten oder maßgebenden Einfluß in unserer Industrie hatten,
auswiesen. Es waren dies:
Zentralbank der deutschen Sparkassen mit einem
Eigenkapital von 30 Mill. Kč, bezw. einem Verwaltungskapital von 339
Mill. Kč; Anglo-Österreichische Bank mit 100 Mill. Kč, bezw.
657 Mill. Kč (Staats-, Landes- und Städteanleihen,
Prag-Duxer Eisenbahn, Teppichwerke Haß, Westböhm. Bergbau,
Dynamit Nobel, Poldihütte, Österr. Kabel u. a.); Wiener
Bankverein mit 130 Mill. Kč, bezw. 882 Mill. Kč (Mannesmann,
Moravia Brau); Österreichische Kreditanstalt für Handel und
Gewerbe mit 150 Mill. Kč, bezw. 1195 Mill. Kč (Nordwestbahn,
Dux-Bodenbacher, Nestomitzer Zucker, Stölzle Glas, Brünner Leder,
Österr. Fezfabriken, Skoda, Österreich. Chem. Verein, Olleschauer
Papier, Vereinigten Färbereien, Königinhofer Kattun;
Spiritus-Ind. A.-G., Rothau-Neudeker Eisen, Koliner Spiritus, Zucker
Wegstädtl, Ringhoffer, Mähr. Zuckerind.
A.-G.); Niederösterreichische Eskomptegesellschaft mit 75 Mill. Kč,
bezw. 390 Mill. Kč (ihr gehörte zur Gänze die Böhm.
Eskomptebank mit Nesselsdorfer Waggon, Österr. Glanzstoffwerke, Hutter
& Schranz, Inwald Glas, Greinitzer Eisen,
Brown-Boveri, Zündholz Helios, Prager Eisen u. a.);
Österreichische Länderbank mit 130 Mill. Kč, bezw. 784 Mill.
Kč (Schönpriesner Zucker); Wiener Mercour mit 50 Mill. Kč,
bezw. 270 Mill. Kč (Stollwerk Zucker,
Gummi- und Balatawerke Matador); Allgemeine Verkehrsbank mit 42 Mill.
Kč, bezw. 282 Mill. Kč; Österreichische Bodenkreditanstalt
mit 54 Mill. Kč, bezw. 877 Mill. Kč
(Cosmanos-Textil, Mautner & Sohn, Berg & Hütten, David Fanto Petrol,
Schoeller Zucker, Ringhoffer Maschinen,
Aussig-Teplitzer Eisenbahn, Nordwestbahn, Buschtehrader Bahn, Stummersche
Zucker, Zbroder Eisen, Kaschau-Oderberger Bahn, Rothkosteletzer
Spinnereien u. a.). Insgesamt wiesen diese Wiener Banken, die
für das Wirtschaftsleben Böhmens, Mährens und Schlesiens
von Bedeutung waren, ein Eigenkapital von 761 Mill. Kč, bezw. ein
Verwaltungskapital von 5676 Mill. Kč aus.
In der ehemaligen Monarchie waren aber nur die
Länder Böhmen, Mähren, Schlesien und
Niederösterreich, teilweise auch Oberösterreich, Steiermark und
Salzburg kapitalsbildend. Die übrigen Länder waren alle
kapitalsbindend und kapitalsverbrauchend. Daraus ist zu ersehen, welche
Unsummen deutschen Kapitals aus den Ländern Böhmen,
Mähren und Schlesien in den Wiener deutschen Banken verwaltet wurden.
Wenn wir die von den deutschen bodenständigen Banken und den
deutschen Wiener Banken kontrollierten und geführten
Industrieunternehmungen betrachten, so können wir mit vollem Recht
sagen, daß der überwiegende Teil der
Bergbau- und Hüttenindustrie, der Textil-, Glas-, Zuckerindustrie, der
chemischen Industrie oder der überwiegende Teil der Wirtschaft in all ihren
Zweigen überhaupt sich unter deutschem Einfluß befand.
Im Jahre 1918 vollzog sich nun eine wesentliche
Änderung, die allerdings der deutschen Öffentlichkeit restlos
entging. Das vom Filialnetz der "Wiener Banken" verwaltete deutsche Kapital
befand sich begreiflicherweise bei den verschiedenen Wiener Zentralen. Vom Tag
der Währungstrennung aber war es den böhmischen,
mährischen und schlesischen Bankfilialen der Wiener
In- [125] stitute nicht mehr
gestattet, den Kapitalbedarf im Giroverkehr aus den Zentralen zu decken. Die
Kapitalbasis war ihnen entzogen und die Wiener Banken waren nicht mehr in der
Lage, den Kapitalsbedarf der angeschlossenen Industrie zu decken. Die Folge
davon war die Kapitalsdeckung durch das tschechische Kapital,
repräsentiert durch die Zivnostenska banka.
Gefördert wurde diese Entwicklung durch das
Nostrifizierungsgesetz, das das Bestehen von ausländischen Bankfilialen in
unserem Staate untersagte. Die Wiener Bankfilialen mußten daher entweder
an bestehende bodenständige Geldinstitute angeschlossen oder in neue
Banken umgewandelt werden.
Wir sehen daher die Anglo-Österreicher Bank in
die Anglo-Tschechoslowakische Bank, den Wiener Bankverein in den
Böhm. Bankverein, die Österr. Kreditanstalt in die Böhmische
Eskomptebank und Creditanstalt, die Österreichische Länderbank in
die Bank für Handel und Industrie, den Wiener Mercour in die
Böhm. Kommerzialbank und die Allgemeine Verkehrsbank in die
Böhm. Industrialbank aufgehen bezw. umgewandelt werden.
Damit ergibt sich heute folgendes Bild der
Kapitalsverwaltung: Zentralbank der tschechischen Sparkassen mit einem
Eigenkapital von 50 Mill. Kč und einem Verwaltungskapital von 760 Mill.
Kč; Agrarni banka mit 60 Mill. Kč, bezw. 784 Mill.
Kč; Böhm. Industrialbank mit 100 Mill. Kč, bezw. 1646 Mill.
Kč; Ceska banka mit 50 Mill. Kč, bezw. 504 Mill. Kč;
Länderbank mit 120 Mill. Kč, bezw. 1280 Mill. Kč;
Moravska banka mit 70 Mill. Kč, bezw. 1955 Mill. Kč;
Anglo-Tschechoslowakische Bank mit 120 Mill. Kč, bezw. 2920 Mill.
Kč; Legiobank mit 70 Mill. Kč, bezw. 1180 Mill. Kč;
Zivnostenska banka mit 240 Mill. Kč, bezw. 5040 Mill. Kč;
Böhm. Escomptebank u. Creditanstalt mit 170 Mill. Kč, bezw. 2450
Mill. Kč; Böhm. Unionbank mit 150 Mill. Kč, bezw. 2580
Mill. Kč. Insgesamt weisen die angeführten Banken, die von
Bedeutung für die Industrie sind, ein Eigenkapital von 1200 Mill. Kč
und ein Verwaltungskapital von 21.100 Mill. Kč aus. Mit Ausnahme der
beiden letzten Banken, deren Verwaltung
tschechisch-deutsch ist, sind alle als tschechisch zu bezeichnen.
Demgegenüber stehen zwei rein deutsche Institute:
Die Deutsche Agrar- und Industriebank mit einem Eigenkapital von 48 Mill.
Kč und einem Verwaltungskapital von 490 Mill. Kč; die
Kreditanstalt der Deutschen mit 36 Mill. Kč, bezw. 840 Mill. Kč;
zusammen demnach 84 Mill. Kč Eigenkapital und 1330 Mill. Kč
Verwaltungskapital.
Aus den Ziffern dieser beiden Bankengruppen ergibt sich
ein großer Teil der Tragik des sudetendeutschen Wirtschaftslebens. Wenn
wir die Verwaltungsziffern der Vorkriegszeit und jene von heute einer
Betrachtung unterziehen, so ist kaum anzunehmen, daß eine Verarmung der
deutschen und eine Bereicherung der tschechischen Bevölkerung in einem
solchen außergewöhnlichen Maße vor sich gegangen ist. Der
Unterschied ist vielmehr dadurch zu erklären, daß große
Summen deutschen Kapitals Instituten anvertraut worden sind, von denen man
keine besonderen Interessen für die sudetendeutsche Wirtschaft innerhalb
der tschechoslowakischen Wirtschaft erwarten kann. Dadurch änderte sich
naturgemäß der Einfluß bei den von diesen Anstalten
geführten Unternehmungen.
[126]
Von den einst ganz deutsch geführten Unternehmungen seien aus der
Großindustrie einzelne Beispiele angeführt: Die Prager
Eisen-Industrie-Gesellschaft gehörte zur Interessensphäre der
Niederösterreichischen Escompte-Gesellschaft und der Böhmischen
Escompte-Bank. Sie stand bis zum Umsturz unter der Leitung Generaldirektors
Kestranek, im Verwaltungsrat waren als Präsident Friedrich Wannieck,
Vizepräsident D. Karl Kupelwieser, Karl Wolfrum, Graf Heinrich
Clam-Martinic, Max Feilchenfeld, Karl Fürstenberg usw. vertreten.
Nunmehr ist Dr. Adolf Stransky Präsident, und Direktor Heinrich
Belohribek (Zivno) sowie Otto Feilchenfeld sind Vizepräsidenten
der Gesellschaft. Der Einfluß der Zivno ist gegenüber allen
anderen Beteiligungen am stärksten, was auch in dem Personalwechsel der
Direktion zum Ausdruck kam. Die Zentraldirektion wurde nach Prag verlegt.
Generaldirektor Kestranek wurde veranlaßt, seinen Posten zur
Verfügung zu stellen. Als sein Nachfolger wurde der ehemalige technische
Direktor Ing. Zdenko Horschovsky ernannt. Alle leitenden deutschen
Beamten wurden zum größten Teil entweder pensioniert oder
entlassen. Ing. Horschovsky war zwar ein geborener Tscheche, er hat sich
jedoch den Deutschen gegenüber stets loyal benommen und spielte nach
dem Kriege eine große Rolle in der Prager deutschen Gesellschaft. Er
scheint der Zivnostenska banka in nationalen Belangen nicht genug
verläßlich gewesen zu sein, weshalb Dr. Joh. Matys als sein
Stellvertreter berufen wurde mit der Aufgabe, den Tschechen den entsprechenden
Einfluß zu sichern. Das hat er, mit dem ebenfalls erst nach dem Umsturz
eingetretenen Sekretär Dr. Zdenko Maloch, der es inzwischen zum
Direktor gebracht hat, zur Zufriedenheit seiner Auftraggeber
durchgeführt. - Als vor einigen Jahren Generaldirektor
Ing. Zdenko Horschovsky aus Gesundheitsrücksichten
zurücktreten mußte, wurde Ing. Sykora von den Skodawerken
zum Leiter der Gesellschaft bestellt. Bei seinem Eintritt war alles vom
tschechischnationalen Standpunkt aus schon in bester Ordnung.
Die Berg- und Hüttenwerks-Gesellschaft
war vor dem Kriege eine Domäne der österreichischen
Bodenkreditanstalt, deren Präsident Dr. Rudolf Sieghart auch
Präsident der Gesellschaft war. Durch die Übernahme des
Majoritäts-Aktienpaketes durch die französische Gruppe
Schneider-Creuzot und die Zivnostenska banka ist die Gesellschaft, die
vormals von Generaldirektor Georg Günther, der später
Generaldirektor der österreichischen Bundesbahnen war, geleitet wurde,
ganz in das tschechische Fahrwasser gekommen. Alle deutschen Beamten (bis auf
wenige Ausnahmen) wurden pensioniert oder entlassen, im Direktionsstab war
vor dem Kriege schon Direktor Rejholec (ein Tscheche), der belassen wurde. An
Stelle Günthers wurde Generaldirektor
Krulisch-Randa berufen. Dadurch, daß in der allerletzten Zeit die Berg und
Hütten die Majorität der
Eisenwerke-Aktiengesellschaft Rothau-Neudek erworben hat, wird auch dieses
Unternehmen, das vorläufig von Generaldirektor Ing. Doderer
geleitet wird, eine Metamorphose in nationaler Hinsicht mitmachen. Weiter
wäre noch die Maschinenfabrik ehemals Breitfeld & Daniek, die
von der Böhmisch-Mährischen Kolben-A.-G. aufgesaugt wurde,
anzuführen. Die Ringhoffer-Werke in Smichow stehen zwar
schon ganz unter dem Einfluß der Zivnostenska banka, wodurch
auch die Zusammensetzung des Beamtenkörpers eine starke
Veränderung erfuhr, weil das Werk auf [127=Fotos] [128]
Staatsaufträge angewiesen ist. Die Skodawerke hatte im Jahre 1913 einen
aus deutschen Mitgliedern zusammengesetzten Verwaltungsrat. An der Spitze
stand als Präsident Julius Blum, Max Feilchenfeld als Vizepräsident,
Leopold Graf Auersperg als zweiter Vizepräsident. Mitglieder waren:
Theodor Hoffmann (ehemaliger Direktor der Escomptebank), Dr. Leonhart
von Schweigert, Karl Ritter von Skoda, Dr. Alexander Spitzmüller,
Josef Talezky, Hugo Urban, Franz Wellner, Generaldirektor Karl Ritter von
Skoda. Heute besteht der Verwaltungsrat aus nachstehenden Mitgliedern: Josef
Schimonek (Präsident), Eugen Schneider-Paris (Vizepräsident),
Dr. Jaroslaus Preiß (zweiter Vizepräsident), Jules Aubrun
Pierre Cheysson, Dr. techn. h. c. Ing. Josef Donat,
Prof. Dr. Karl Englisch, Dr. techn. h. c. Ing. Franz
Hanusch, Wenzel Klement, E. Lapebie, Aime Leperq,
Prof. Ing. Vladimir List, Dr. Karl Loevenstein, Armand
Meggle, Dr. Emil Mirschicka, Ludek Pik, Dr. Hans Ringhoffer,
Armand de Saint-Sauveur, Viktor Stoupal, Dr. Josef Scheiner,
Generaldirektor Dr. Karl Loevenstein. Kommentar über die neue
Zusammensetzung überflüssig.
Als Beispiel seien eine Reihe von Unternehmungen
angeführt, die heute unter dem Einfluß der Zivnostenska
banka, der größten tschechoslowakischen Bank überhaupt,
stehen: Böhm. Zucker, Launer Zucker, Schoeller Zucker,
Zuckerhandels-A.-G., Meinl-A.-G., Chmel-A.-G., Pilsner
Aktien-Brauerei, Chemisch-therapeutische "Medica",
Union-Chemische, Verein f. chem. und metall. Produktion, Kraluper Spiritus,
Brüxer Spiritus, Pardubitzer Spiritus, Stickstoff
Mähr.-Ostrau, Synthesia, David Fanto Petrol,
Helios-Zünder, Solo-Zünder, Westböhm. Kaolin,
Königshofer Zement, Elektro-Kolben, Wichterle & Kowarik, Prager Eisen,
Poldihütte, Ringhoffer, Tatra, Homboker Eisen,
Ostrak-Heizung, Cesko-Moravska-Kolben, Bondy-Eisen, Blechwalzwerk
Karlshütte, Mannesmann, Metallwerke
Mähr.-Ostrau, Stabenow, Zivno-Ferum, Telegrafia,
Elektra-Glühlampen, Berg & Hütten, Böhm. Handels, Ferd.
Nordbahn, Csl. Elbeschiffahrts-A.-G., Csl. Donauschiffahrts-A.-G.,
Hernych-Textil, Mautner Textil, Cosmanos, Böhm. Glanzstoff,
Mundus-Bugholz, Böhm. Aktien-Fourniere,
Moldavia-Generali, Sekuritas und viele andere.
Die Zuckerindustrie, Montan-, Bergbau-,
Eisen-, Textil-, Chemische, Spiritus- und andere Industrie oder beinahe alle
Zweige des Wirtschaftslebens sind dem deutschen Kapitaleinfluß entzogen.
Es kann auch nicht anders sein, wenn wir die Ziffern der rein deutschen
Geldverwaltung von 1,3 Milliarden Kč den Ziffern der tschechischen oder
utraquistischen Geldverwaltung von 21 Milliarden Kč
gegenüberhalten. Es ist dann auch nicht verwunderlich, wenn deutsche
Arbeiterschaft und Angestelltenschaft, der Handelsakademiker, Chemiker,
Techniker, Ingenieure usw., die früher in der Wirtschaft ihr
Unterkommen fanden, heute ganz besonders hart von der Arbeitslosigkeit
betroffen sind. Die Bedeutung eines Nationalitätenwechsels geht aber
über die unmittelbar betroffene Industrie,
Arbeiter- und Beamtenschaft hinaus und erfaßt auch noch große und
bedeutende Lieferantenkreise, wie Baufirmen usw. Auf diese Weise wird
die Einflußsphäre ungeahnt groß.52
[129] Die
Besitzveränderung und industrielle Kräfteverschiebung kommt aus
der folgende Gegenüberstellung und Berechnung zum Ausdruck.
Bei einer Zählung des statistischen Staatsamtes in Prag gab es 1926 in der
Tschechoslowakei 12.498 industrielle Betriebe, von denen
1 |
bis |
100 |
Arbeitnehmer |
. . . . . . . |
10.293 |
Betriebe |
100 |
bis |
250 |
" |
. . . . . . . |
1.218 |
" |
250 |
bis |
2500 |
" |
. . . . . . . |
972 |
" |
|
über |
2500 |
" |
. . . . . . . |
15 |
" |
beschäftigten.
Nach Mitteilungen des tschechoslowakischen Fürsorgeministers Dr.
Meißner (tschechischer Sozialdemokrat) im sozialpolitischen
Ausschuß des Prager Parlamentes im November 1934 gab es:
1928 |
. . . . . . . |
11.803 |
1934 |
. . . . . . . |
11.159 |
industrielle Unternehmen.
Der Rückgang an Betrieben, der durch Betriebseinstellungen zu
erklären ist, beträgt also in der Zeit von 1926 bis 1928 695
Betriebe.
Seit 1928 wurden abermals 644 Betriebe aus der Evidenz gestrichen, weitere 1158
arbeiteten nicht, und Dr. Meißner selbst bemerkt, daß es
unsicher ist, ob sie in Zukunft wieder in Gang kommen werden. Die von ihm
genannten Ziffern enthalten weitere neue errichtete Unternehmen, so daß
die von ihm angegebenen Verlustziffern der Industrie in Wirklichkeit bedeutend
höher sind.
Im Jahre 1918 gab es 10.718 Betriebe. Nach deutschen und tschechischen
Angaben betrug der nationale Anteil der Deutschen 80%, der der Tschechen
20%.
Im Jahre 1926 wurden 12.498 Betriebe gezählt. Da man den heutigen
Besitzstand der Sudetendeutschen an der Industrie mit 40% beziffert, so kann man
annehmen, daß er 1926 etwa 60% betragen hat.
Ende März 1934 gab es 11.159 industrielle Unternehmen. Also ergibt sich
folgende Bilanz:
1918: 10.718 Betriebe, |
davon |
8574 d. s. 80% deutsch |
|
und |
2144 d. s. 20% tschechisch |
1926: 12.498 Betriebe, |
davon |
7498 d. s. 60% deutsch |
|
und |
5000 d. s. 40% tschechisch |
1934: 11.159 Betriebe, |
davon |
4463 d. s. 40% deutsch |
|
und |
6696 d. s. 60% tschechisch |
Seit 1918 haben die Sudetendeutschen verloren: 4111 Betriebe
Seit 1918 haben die Tschechen gewonnen: 4552 Betriebe.
Diese errechneten Ziffern dürften den tatsächlichen
Verhältnissen vollkommen entsprechen.
[130] Wenn es
möglich war, während der allgemeinen Wirtschaftskrise die Zahl der
tschechischen industriellen Unternehmen zu erhöhen, während es zu
einer reihenweisen Ausschaltung der deutschen Produktion aus dem industriellen
Prozeß kam, so beweist diese Tatsache zur Genüge, daß
das sudetendeutsche Industriesterben weniger eine Folge der allgemeinen
Wirtschaftsdepression, als vielmehr die Folge der planmäßigen
tschechischen Autarkiepolitik gegenüber der sudetendeutschen Wirtschaft
war.
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