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Mies
(bei Marienbad)

Bericht Nr. 255
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Fahrt zur Zwangsarbeit nach Tschaslau,
Knezice/Ostböhmen, Stoky (Stecken)
bei Havl. Brod, 1945-1947

Berichter: Dr. Wilhelm Weschta Bericht vom 2. 8. 1950

Lage von Mies und MarienbadIch war Professor am Obergymnasium in Mies ab 1922. Ich berichte, daß ich und meine Familie, Frau und drei Kinder, volle drei Jahre eingesperrt und in schärfster Zwangsarbeit gehalten wurden. Es wurde uns trotz wiederholter Bitten nicht eröffnet, warum wir eingesperrt bezw. in Zwangsarbeit tätig sein mußten.

Anfang Juni 1945 wurden sämtliche Lehrer, Professoren und Schüler der Mieser Unterrichts-Anstalten im Alter von 12-60 Jahren auf das Gut Malesice bei Pilsen für 10 Tage zur Zwangsarbeit ausgehoben. Nach meiner Rückkehr hat man mir persönlich nichts getan, in meinem Hause wohnte der poroucik (Leutnant) Hala. Am 24. Juni fand im Zuge einer allgemeinen von Haus zu Haus, gemeinsam mit amerikanischen Besatzungs-Truppen durchgeführten Hausdurchsuchung, auch in meinem Hause eine Durchsuchung statt.

Am 27. Juni, also 3 Tage nach der Hausdurchsuchung, kam der jüngere der beiden Gendarmen in meine Wohnung und ersuchte mich, zur Gendarmerie zur Unterzeichnung eines Protokolles, daß bei mir nichts gefunden wurde, zu kommen. Ich folgte dieser Aufforderung sofort und bemerkte nach Verlassen des Hauses, daß 2 weitere Gendarmen mit Gummiknüttel und Karabiner folgten. In der Egergasse wollte ich zur Gendarmerie abbiegen, aber da befahl mir der begleitende Gendarm weiter zu gehen. An der Einmündung zum Ringplatz bogen wir zum Rathaus ab und da sah ich, wie die beiden anderen Gendarmen knapp hinter uns waren. Vor dem Rathaus angekommen, gab mir der nebenan gehende Gendarm einen Hieb auf die linke Schulter. Unterdessen hatten die beiden anderen Gendarmen die Haustür geschlossen. Hierauf wurde ich mit Gummiknütteln und Gewehrschlägen derart geprügelt, daß ich eine Zeitlang nicht aufzustehen vermochte. Erst als ich einige Fußtritte bekam, raffte ich mich auf und wurde, da der Gefangenenaufseher nicht anwesend war, dem Militärposten vor den Arrestzellen übergeben. Derselbe hat mich korrekt behandelt. Nach Rückkehr des Gefangenenaufsehers wurde ich in Zelle 2 links im Hofe eingesperrt. Daselbst waren schon viele Bauern aus Lingau, Leiter und Oschelin. Noch am Abend desselben Tages wurde der pensionierte Oberlehrer Steinbach aus Mies und ich von einer Militärwache zum Zwangsarbeitslager (sogenanntes Internierungslager) beim Bahnhof in Mies geführt. Ununterbrochen wurden wir beide mit Fußtritten und Kolbenhieben vorwärts getrieben. Zwischen 7 und 8 Uhr abends kamen wir vollkommen erschöpft im Lager an. Wir mußten zur Personal-Aufnahme in das Gebäude hinter dem Eingang. Dort saß der Direktor des Lagers, F. M. aus Mies und der Verwalter des Lagers Kristofovec, vorher Bäckergehilfe in Mies. Nach meiner Einvernahme wandte sich M. an den Verwalter Kristofovec: "dös is der Lump, der die tschechischen Farben beschmutzt hat". (M., Hilfsarbeiter in Mies hat die tschechische Sprache überhaupt nicht beherrscht.) Kristofovec sprang auf, nahm den Gummiknüttel, sprang auf Steinbach zu, und schon krachte es. Mit voller Wucht traf ihn der 1. Schlag über den Nacken mitten auf den Schädel. Steinbach sackte zusammen, ich mußte ihn aufheben, denn er schlug weiter auf Steinbach ein. Nach einiger Zeit, als er sich etwas erholt hatte, mußte ich ihn hinausführen. Ich berichtete dem "Kapo" des Lagers kurz, was geschehen war, worauf wir in Baracke 4 eingewiesen wurden. Decken für die Nacht wurden uns verweigert. Die Kameraden von Baracke 4 haben uns beiden bestmöglichst geholfen. Bei Nacht waren die Baracken abgesperrt. Wenn jemand heraus mußte, so mußte zuerst "straz" (Wache) gerufen werden. Dann wurde aufgesperrt und nun wurden einige Mann herausgelassen. Bei einer solchen Gelegenheit ist auch Oberlehrer Steinbach, der vollständig irre sprach und total verwirrt war, unbemerkt herausgekommen. Er fand aber den Weg nicht mehr zurück, wurde von der Wache aufgegriffen, nochmals verprügelt und in einen leeren Ziegenstall eingesperrt. Am nächsten Morgen zog man den alten Mann heraus, er wurde in das Krankenzimmer getragen und dem dortigen Sanitäter übergeben. Er hat das Bewußtsein nicht mehr erlangt. Nach einigen Tagen wurde er von seinem Sohn mit einer Kutsche abgeholt, um zu sterben.

Ich blieb im Lager Mies bis 27. August 1945. Hier mußten wir jeden Tag auf Arbeit gehen. Einmal mußte ich gemeinsam mit meinem ehemaligen Mitschüler Karl Haala, Lehrer in Gibian, zur Arbeit in die Oberschule, die jetzt von Militär belegt war. Da man wußte, daß ich an derselben Anstalt Studienrat war und Haala Lehrer in Gibian, mußten wir die Senkgrube reinigen. Zum allgemeinen Gaudium wurde ich in die Senkgrube gestoßen, der Haala Karl mußte Rotz und Auswurf sammeln. Sodann bekam er einen Hieb auf den Handrücken, sodaß ihm das Ganze über Gesicht und Rock lief.

Weiter arbeiteten wir in der ehem. Naschauerfabrik. Dort mußte ich Aborte putzen. Neben dem Abort erkannte ich meinen Radioapparat wieder. Abends war immer strenge Visite. Die Strafen waren zumeist Stehen an der Klagemauer mit zur Wand gewendeten Gesichtern. Meist brachen die älteren Leute zusammen, dann wurde früher abgeblasen. Oder wir mußten wie die Frösche im Hofe herumhüpfen. Eines Tages kam ein Transport meist junger Männer aus Wiesengrund-Dobrzan. Dieselben waren derart verprügelt, daß die Striemen auseiterten und vom Arzt Dr. Moravan geschnitten werden mußten. Diese Leute konnten die ersten Tage überhaupt nicht schlafen.

Am 27. August 1945 wurden früh um 4 Uhr 60 Mann, darunter auch ich, zum Bahnhof geführt. Dort stand schon ein großer Zug mit unseren Familienangehörigen, zusammen über 1000 Personen, alte, invalide, gebrechliche Leute usw. Der Zug setzte sich in Bewegung und fuhr über Pilsen in Richtung Prag. An der Zonengrenze wurde der Transport von den Amerikanern aufgehalten, da kranke und gebrechliche Leute mit waren. Der Zug wurde umrangiert und wir mußten 2 Tage in Chrast bei Pilsen am Rangierbahnhof stehen. Bei drückender Augusthitze durften wir kein Wasser holen. Die kleinen Kinder schrien, da sie weder Milch noch Wasser bekamen. Dann ging es wieder zurück nach Tuschkau. Dort wurden einige Leute von den Amerikanern ausgesondert, der übrige Transport ging dann über Prag nach Tschaslau in Ostböhmen, wo wir nach 4 Tagen, ohne Verpflegung und Wasser bekommen zu haben, ankamen und in der Landwirtschaft arbeiten mußten.


Knezice bei Ronov, 18 km ostwärts von Tschaslau

Meine Familie, Frau, ein 6-jähr. Mädchen, zwei Jungen 10 und 14 Jahre und ich, kamen zum statkar (Gutsbesitzer) Josef Sedivý in Knezice Nr. 21. Dort wurde ich als Pferdeknecht, meine Frau als Stallmagd zu 48 Stück Rindvieh, mein 14-jähr. Sohn Kurt als Ochsenknecht verwendet. Kommentar Bezahlt bekamen wir bis 1. Nov. 1945 überhaupt nichts, dann bis 1. Juni pro Arbeitstag 2 Kc., sodann den Mindestlohn für Hilfsarbeiter ohne Anrechnung der Überstunden und Sonntagsarbeit. Dafür mußten wir 20% von dem sogenannten Verdienste an den Aussiedlungsfond, 10% an den Ortsausschuß (místní národní výbor) und die gesamten Soziallasten von unserem Lohn bezahlen. Untergebracht waren wir in einer elenden, von allerlei Ungeziefer besiedelten Baracke, die weder Heizung noch irgend ein Einrichtungsstück besaß. Jeder Topf und jede Waschgelegenheit wurde uns verweigert, lediglich etwas Stroh zum Unterstreuen wurde uns gegeben. Verpflegen mußten wir uns selbst. Wir bekamen nur, was auf den Karten für Deutsche stand. Zusätzlich bekamen wir einige Kartoffeln aus dem Futterkeller.

Unter diesen Verhältnissen mußten wir von Sonnenaufgang bis spät in die Nacht hinein die allerschwersten Arbeiten verrichten. Es gab weder Sonntag noch Feiertag und bei dem geringsten Anlaß wurde geprügelt. Mittag hatten wir höchstens eine Stunde Zeit und da mußten wir unser Essen bereiten und einkaufen, da wir abends derart spät aus der Arbeit kamen, daß schon längst alle Geschäfte geschlossen waren. Mein 14-jähriger Sohn mußte die schwersten Säcke schleppen, 70kg und mehr. Er wurde genau so wie alle anderen Männer und Frauen geschlagen. Zum Arzt gehen durften wir die erste Zeit überhaupt nicht.

Wir wurden nicht ausgesiedelt, sondern kamen sofort wieder in Zwangsarbeit in das Lager Stecken. Unter den Posten waren zwei ständig betrunken. Es waren dies der Kleinlandwirt Slanina, und der drateník (Drahtbinder) Lanka. Beide haben in ihrem Rausch oft geprügelt.

Es kam auch vor, daß betrunkene Männer ins Lager kamen Kommentar und die Frauen belästigten. Monatelang bekamen wir nichts als bitteren, schwarzen Kaffee und mittags Kartoffelsuppe, sonntags wie werktags. Den ganzen Winter hindurch bekamen wir in den aus einfachen Wänden bestehenden Baracken nicht das geringste Heizmaterial.

Der Bauer, bei dem ich war, sagte mir ausdrücklich, daß er dem Slanina 200 Kcs und eine Flasche Rum geben mußte, damit er mich bekam. Daß wir zu den niedrigsten Arbeiten verwendet wurden, ist selbstverständlich. In den Baracken gab es ungeheuer viele Wanzen. Zopfweise hingen sie in den Holzbettstellen oder Fugen der Bretter. Bei wärmeren Wetter schliefen die meisten Männer außerhalb der Baracke auf einer Wiese oder am Tisch oder Fußboden. Vergebens war die Vorstellung des Lagerarztes und unsere Bitte um Desinfektions- und Vertilgungsmittel.

Am 10. März 1947 kam ich zu dem Bauer Ferdinand Palan nach Spinohy bei Vetrné Jenikov. Die Behandlung war sehr schlecht. Geprügelt wurde ich deswegen, weil ich um einen Arzt bat. Ich hatte seit Tagen hohes Fieber. Von dem Moment an, als ich nichts mehr arbeiten konnte, bekam ich kein Essen mehr. In meine Kammer, in der ich schlief, wurden Hühner und 1 Jungschwein gelassen.



 

Bericht Nr. 256

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Erschießungen im Lager
Berichter: Helmut Kommer Bericht vom 27. 12. 1945 (Mies)

Lage von Mies und MarienbadIch wurde am 27. 11. 45 gemeinsam mit meinen Eltern Karl und Lina, Fleischermeister in Mies, in das Lager Mies gebracht. Am selben Tag wurden ungefähr 1500 Personen diesem Lager zugeführt. Nach 3 Tagen Aufenthalt, während der wir an Verpflegung fast nichts erhielten, wurden am 30. 11. 45 nachmittags gegen 4 Uhr 25 Personen dieses Lagers 100 in vom Lager entfernt, erschossen. Ich habe dieser Erschießung vom Lager aus zusehen können. Aus welchen Gründen diese Erschießungen erfolgt sind, ist mir nicht bekannt. Unter diesen Personen befanden sich auch meine Eltern und 2 weitere Personen, die mir aus unserem Geschäft als Kunden bekannt waren und zwar ein Herr Hans Sturba, ungefähr 50 Jahre, Rentner, zuletzt wohnhaft in Mies und eine Frau Morger, ungefähr 20 Jahre, gleichfalls wohnhaft in Mies. Die übrigen Personen waren mir nicht bekannt.

Die Erschießungen wurden von tschechischem Militär durchgeführt. Nach der Erschießung wurden 10 Personen aus dem Lager, darunter auch ich, zum Eingraben der Leichen kommandiert, dabei stellte ich fest, daß von den Erschossenen 18 Männer und 7 Frauen waren.

Am 1. 12. 45 entfloh ich nachts aus dem Lager und bin über Marienbad-Asch-Rehau-Kulmbach nach Bayreuth gekommen.

Ich erkläre, daß die von mir angegebenen Tatsachen der Wahrheit entsprechen.



 

Bericht Nr. 257

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Strafanstalt Bory, Hungertyphus
Berichterin: Irmgard Görner Bericht vom 6. 12. 1945 (Mies)

Lage von Mies und MarienbadIch bin Abiturientin, wohnte in Mies und war bei den Amerikanern beschäftigt. Mein Vater, Direktor der Glashütte, wurde Anfang Juni von den Tschechen verhaftet und in die Strafanstalt Bory bei Pilsen gebracht.

Wir erfuhren nur wenig von seinem Schicksal. Erst später gelang es uns, ihm Päckchen zu senden, weil wir wußten, daß er sehr hungern müsse. Wir sandten im ganzen 16 Päckchen ab. Als es ihm am 15. August gelang, uns einen Brief zukommen zu lassen, bestätigte er nur den Empfang von 4 Päckchen. Die übrigen wurden ihm nicht zugestellt.

Am 26. Oktober bekamen wir ein Päckchen, das wir ihm gesandt hatten, mit der Aufschrift "zemrel" (verstorben) zurück. Daraufhin begab ich mich am 7. November nach Bory, um nach dem Schicksal meines Vaters zu fragen. Der Pförtner der Strafanstalt schrie mich an und erklärte mir, daß niemand die Anstalt betreten noch verlassen dürfe, weil eine Krankheit ausgebrochen sei. Es handelte sich um eine Hungertyphusepidemie, der nahezu alle deutschen Insassen zum Opfer gefallen seien. Tschechische Umwohner der Strafanstalt erzählten mir (ich spreche selber gut tschechisch), daß an einem Tage ungefähr 350 Leichen aus der Anstalt befördert wurden.

Am 30. November kamen die Tschechen in unsere Wohnung (um 4 Uhr früh) und forderten mich und meine 63 Jahre alte Mutter auf, uns anzuziehen und mit etwas Handgepäck mitzukommen. Wir mußten bis zum Bahnhof von Mies marschieren, was meiner Mutter, die schwer herzleidend ist, große Schmerzen bereitete. Am Bahnhof Mies waren viele Tische aufgestellt, an denen Stenotypistinnen saßen. Die Deutschen, Männer und Frauen und Kinder wurden von tschechischen Bauern nach ihrer Gestalt beurteilt und für sich als Arbeitskräfte angeworben. Die Familien wurden dabei rücksichtslos getrennt, sodaß die Kinder nach ihren Müttern schrien. Meine eigene Mutter wollte niemand haben, weil sie eben zu alt und zu wenig kräftig war. Sie konnte daher wieder nach Hause gehen. Mir selber gelang es, in einem unbewachten Augenblick zu entkommen und mit Hilfe der amerikanischen Soldaten, die sich meiner erbarmten, nach Deutschland zu kommen.



 

Bericht Nr. 258

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Mies und Horni Pocernice, Verweigerung ärztlicher Hilfe
Berichterin: Margarethe Singhartl Bericht vom 26. 6. 1946 (Mies)

Lage von Mies und MarienbadIch wurde am 3. 10. 45 mit meinem 3-jährigen Kind aus meiner Wohnung in Wasseraujesd, Kreis Mies, geholt und auf das Gut Koschtir bei Prag in Horni Pocernice zur Arbeit verschickt. Ich wohnte zuerst mit 14 Personen, dann mit meinem Kind allein in einem feuchten Raum ohne Fensterscheiben. Ich hatte kaum die Möglichkeit das Kind zu betreuen. Oft mußte ich das Kind mit aufs Feld nehmen und dort im Nebel am Boden hinsetzen. Das Kind wurde krank. Zuerst bekam es Krätze. Als ehemalige Krankenpflegerin konnte ich auch das Kind selbst behandeln. Dann bekam das Kind einen Ausschlag am Kopf und schließlich Diphterie.

Ich mußte eine halbe Stunde zu Fuß bei Glatteis mit dem fiebernden Kind am Arm zum Arzt gehen, der mich mit dem Kind nach Prag ins Krankenhaus schickte. Im Krankenhaus Karlov erhielt das Kind eine Injektion. Von dort wurde ich in das Krankenhaus Bulowka geschickt. Als ich dort ankam, verweigerte man mir ärztliche Hilfe, da für Deutsche ärztliche Hilfe verboten sei. Man ließ mich dort mit dem Kinde 2½ Stunden stehen, bis das Kind starb. Das tote Kind blieb im Krankenhaus.



 

Bericht Nr. 259

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Internierungslager, Gepäckkontrolle im Aussiedlungslager Mies
Berichter: Heinrich Hornung Bericht vom 25. 8. 1946 (Mies)

Lage von MiesAls Internierter des Internierungslagers Mies arbeitete ich von Anfang März bis 16. April ds. J. mit anderen Kameraden im Aussiedlungslager Mies und habe dort die Gepäckkontrollen von 7 Aussiedlungstransporten mitgemacht. Dabei beobachtete ich, daß allen Aussiedlern, die noch im Besitz von guten Kleidungsstücken, Wäsche oder Schuhen waren, diese abgenommen wurden. Die besten abgenommenen Stücke wurden dann von den Kontrollorganen in Besitz genommen und in ihre Wohnungen geschafft. Insbesondere der Oberwachtmeister Breier nahm jede Woche auf seinem Motorrad Koffer mit den abgenommenen Sachen nachhause. Ebenso der Verwalter des Lagers, Kristofovec.

Ich kann diese Aussage beeiden.



 

Modrany


Bericht Nr. 260
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Prag/Karlsplatz, Gepäckzustand
des Transportes Modrany, Mißhandlungen

Berichter: Ing. A. Lendl Bericht vom 14. 10. 1946

Lage von ModranyIch führte als Transportführer den Aussiedlungszug, der am 9. 10. in Modrany abging und am 10. 10. 1946 in Augsburg ankam. Der Transport bestand vorwiegend aus ehemaligen Soldaten und Kriegsgefangenen, aus Leuten, die ein Jahr und länger im Arbeitseinsatz oder in Internierungslagern oder in Gefängnissen (Polizeihaft) zugebracht hatten und schon bei ihrer Festnahme um sämtliche Sachen gekommen waren. Deshalb war der Gepäckszustand des Transportes sehr schlecht und wurde an der Grenze von der amerikanischen Übernahmekommission beanstandet. Daraufhin wurde von den Tschechen Material, insbesondere Wäsche, nachgeliefert, wodurch sich das Durchschnittsgepäckgewicht von ca. 35 kg kaum änderte, doch die Allerärmsten, die garnichts hatten, wenigstens mit der von den Amerikanern vertraglich als Minimum festgelegten Ausstattung versehen wurden. Im allgemeinen war der Bekleidungszustand des Transportes sehr schlecht. Die Verpflegung war infolge des unvorhergesehenen 3tägigen Aufenthaltes an der Grenze sehr knapp. Vor allem unter der Kälte haben die Kinder und alte Leute sehr gelitten.

Die Gepäckauffüllung im Modraner Aussiedlungslager steht, was Wäsche und Kleidung anbelangt, in gar keinem Verhältnis zu den Bedürfnissen der Aussiedler. Die ausgegebenen Kleidungs- und Wäschestücke sind völlig unbrauchbar und wurden auch von den Amerikanern zurückgewiesen. Reklamationen in Modrany selbst wurden aufs Gröbste zurückgewiesen, wie überhaupt die Behandlung in Modrany sehr grob war.

Ich selbst kam mit meiner Frau im November 1946 auf Anforderung der tschechischen Regierung aus englischer Internierung nach Prag, wo ich sofort verhaftet, in Ketten abgeführt und durch 11 Monate in Gefängnissen festgehalten wurde, wo ich Zeuge furchtbarer Mißhandlungen von Deutschen gewesen bin, insbesondere im Bezirksgericht Prag-Karlsplatz.



 

Motol
(bei Prag)
(& Mährisch Neustadt)


Bericht Nr. 261
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Mißhandlungen, mangelhaftes Aussiedlungsgepäck
Berichter: Alois Zwatschek Bericht vom 18. 8. 1946

Lage von Motol und PragIch war bei der deutschen Wehrmacht und wurde im Februar 1946 in Odessa aus russischer Kriegsgefangenschaft entlassen, weil ich nach einer Diphterieerkrankung an Händen und Füßen gelähmt war, nicht sprechen konnte und fast nichts hörte und sah. Als der Zug die tschechische Grenze passierte, kamen tschechische Soldaten und plünderten die Heimkehrer aus. Mir haben sie den Ehering vom Finger und die Uhr aus der Tasche gezogen. Trotz meines hilflosen Zustandes wurde ich im Lager Motol bei Prag bei so schlechter Verpflegung festgehalten, daß ich mich nach einem Monat freiwillig zur Arbeit bei einem Bauern meldete, wo aber die Verpflegung ebenfalls sehr schlecht war. Meine Mutter, eine 70-jährige Frau, war im Mai 1945 in Mährisch Neustadt von den Tschechen so schwer mißhandelt worden, daß sie bewußtlos war und alle meine Sachen, die ich bei ihr deponiert hatte, wurden ihr abgenommen. Als ich am 1. 8. aus dem Lager Motol entlassen wurde, ging ich zu meiner Frau, die bei ihren Eltern in Lautsch lebte. Sie war ebenfalls durch den tschechischen Verwalter des Hofes ihrer Eltern um alle ihre besseren Sachen gekommen.

Unser Aussiedlungsgepäck brachten wir nur durch die Sachen meiner Schwiegereltern zusammen. Ich selbst aber besitze an Kleidern nichts, als was ich am Leibe hatte.



 

Mühlbach
(bei Eger)


Bericht Nr. 262
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Hausdurchsuchung
Berichter: Alois Mannl Bericht vom 13. 9. 1946

Lage von MühlbachIch wurde am 4. 3. 1946 zusammen mit meinem Onkel und Cousin in Mühlbach bei Eger unter dem Verdacht, ein Motorrad gestohlen zu haben, verhaftet und ins Kreisgericht Eger eingeliefert, wo wir bis 14. 8. gefangen gehalten wurden. In Mühlbach bei der Verhaftung und dann im Kreisgericht Eger wurden wir schwer mißhandelt. Mein Onkel erhielt dadurch eine Nierenverletzung und kränkelte seitdem, bis sich, da er trotzdem arbeiten mußte, sein Zustand so verschlechterte, daß er zwei Tage vor der Aussiedlung starb. Ich selbst leide seit diesen Mißhandlungen an Nieren- und Magenschmerzen. Ich sah in Eger, wie auch 15-16jährige Jugendliche so mißhandelt wurden, daß sie im Gesicht bis zur Unkenntlichkeit entstellt waren. Darunter waren Lattisch Anton und Witwitzki Alois.

Im Juni wurde durch Zeugeneinvernahmen unsere Unschuld festgestellt. Trotzdem wurden wir bis zur Aussiedlung unserer Eltern festgehalten. Bei Hausdurchsuchungen bei unserer Verhaftung wurden unsere sämtlichen Kleidungs- und Wäschestücke beschlagnahmt, sodaß wir bei unserer Aussiedlung nichts mehr hatten. Als Ersatz für mein fehlendes Gepäck wurde meinen Eltern gestattet, die Nähmaschine mitzunehmen.



 

Münchengrätz


Bericht Nr. 263
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Mißhandlungen
Berichter: Otto Skrbeck Bericht vom 26. 6. 1950

Lage von MünchengrätzAm 5. Mai 1945 brach die Revolution aus. - Am 8. Mai 1945 mußten wir das Protektorat verlassen in Richtung Weißwasser. Ich hatte Zivilkleider angezogen und ging Richtung Münchengrätz zu meiner Familie. Ein tschechischer Arzt, der die Straßen durchfuhr, nahm mich mit bis zur Stadt Bakow a. d. Iser. Als wir den Kosmanos-Berg herabfuhren, bot sich uns ein schauerlicher Anblick. Überall Partisanen, Rot-Kreuzschwestern wurden beschossen und zur Umkehr gezwungen.

In Münchengrätz, in der Nacht holten mich die Tschechen, um ½2 Uhr morgens umstellten sie mein Haus und zerrten mich in die Finsternis zum Hauptsitz des Revolucní národní výbor, dort wurde ich an die Wand gestellt und mir erklärt, falls ich mich rühre, würde ich erschossen. Es standen Männer dort mit Pistolen. Plötzlich sauste etwas an meinen Kopf und blutüberströmt lag ich am Boden. So ging es stundenlang, bis ich zusammenbrach. Man hat mir, als ich an der Wand stand, alles geraubt, was ich bei mir hatte. Dann brachte man mich ins Gefängnis.

Der zweite Mann, der folgte, war ein Gastwirt aus Reichenberg, der beim Volkssturm war. Dem hatte man den Kopf eingeschlagen. Er verstarb später unter entsetzlichen Qualen. So ging es dauernd, man holte Leute wieder heraus, die wurden außerhalb der Stadt oder im Gefängnishof Münchengrätz erschossen. Im Hofe hörte man immer Gewehrschüsse. Es knatterte, bis die Russen kamen. Es hieß dann, es dürften keine Deutschen mehr erschossen werden.

Ich war vom 8. Mai 1945 bis 12. Juli 1945 in tschechischer Gefangenschaft. Wir wurden täglich geschlagen. Wir mußten Panzersperren beseitigen. Zu essen gab es sehr wenig und schlecht. Das Brot wurde zum Benzin gestellt, daß es ungenießbar wurde.

Wir bekamen in der Gefangenschaft immer 4 Mann Tragbahren, Hacken, Schaufeln, und mußten in Münchengrätz bei der Städtischen Badeanstalt - unmittelbar an der Horice-Badeanstalt - Gräber schaufeln und tote Kameraden aus der Iser bergen und beerdigen. Auch den Flüchtlingen hatte man alles abgenommen und sie zur Zwangsarbeit benutzt. Uns ging es sehr schlecht, in der Fabrik Haskov, der Kaserne der Tschechen, wo wir schwer arbeiteten, haben uns tschechische Soldaten mit Beilen und Äxten gejagt als wir schwere Lasten trugen.

Ausgewiesen wurden wir drei - meine Frau, meine Tochter und ich - am 12. Juli 1945 nachts um 1 Uhr mit 25 Kilo Gepäck [und] 100 RM; sogar die Eheringe hat man uns abgenommen. Es hieß, wir gehen auf Arbeit und kehren wieder zurück.



 

Neudek


Bericht Nr. 264
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Schwere Quälereien eines Herzleidenden
Berichterin: Anna Grimm Bericht vom 29. 8. 1946

Lage von NeudekMein Mann war herzleidend und wurde auf dem Krankenbett am 17. 6. 45 verhaftet und in Neudek unter furchtbaren Mißhandlungen drei Tage gefangen gehalten, dann in das Lager Neurohlau überführt. Auch dort wurde er, wie er mir selbst erzählte, schwer mißhandelt. Ich sah auch, daß er am Rücken ganz blau und schwarz war. Infolge der schlechten Ernährung bekam er Wasser bis zu den Hüften, sodaß er die Schuhe nicht mehr anziehen und die Hose nicht mehr schließen konnte. Am 10. 9. brach er an der Arbeitsstelle zusammen und mußte ins Krankenhaus geschafft werden. Am 6. 12. wurde er nach Neurohlau ins Lager zurückgebracht, obwohl ihn der Arzt für gänzlich haftunfähig erklärt hatte. Am 11. 12. erlitt er einen Schlaganfall und konnte nicht sprechen. Als ich ihn besuchen wollte, durfte ich nicht zu ihm. Als ich am 1. Weihnachtsfeiertag wieder ins Lager ging, führte man ihn in die Besuchsstube. Er bot ein Bild des Jammers. Er hatte furchtbare Atembeschwerden, konnte nicht sprechen und war ganz verschwollen. Ich versuchte wiederholt durch mündliche und schriftliche Gesuche, ihn in häusliche Pflege zu bekommen. Erst am 8. 2. 1946 wurde er aus dem Lager entlassen. Er erholte sich nicht mehr. Am 5. 8. 1946 ist er gestorben.



 

Neuhof / Pinke
(Kreis Sternberg)


Bericht Nr. 265
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Mißhandlungen
Berichter: Eduard Geitler

Lage von Neuhof und PinkeInfolge einer Beleidigung einer tschechischen Privatperson, begangen im Jahre 1939, wurde ich von diesem Tschechen im Jahre 1945 der Gendarmerie angezeigt. Am 3. Juli 1945 wurde ich verhaftet und in einen Kohlenbunker im Polizeigefängnis eingesperrt, zusammen mit noch weiteren vier Deutschen. Gleich am dritten Tage nach meiner Einlieferung wurden wir alle vier einzeln in ein Zimmer im 2. Stock geführt und unmenschlich geschlagen. Ich erhielt 15 Faustschläge ins Gesicht, dann mußte ich mich auf einen Sessel legen und wurde mit einer Lederpeitsche geschlagen. Weiters drehte mein Peiniger die Peitsche um und schlug mich mit dem Handgriff. Die Spuren, die der Arzt an mir konstatierte, waren als schwere körperliche Verletzungen bezeichnet worden.

Nach 10 Tagen erfolgte meine Überführung nach Sternberg in ein Sammellager. Die Ernährung war sehr gering. Früh vor der Arbeit und am Abend nach der Arbeit Sport. Für den, der nicht mitkam, gab es reichlich Schläge. Bei der Arbeit wurden wir von Posten bewacht und wer nicht zu deren Zufriedenheit arbeitete, erhielt am Abend Schläge. Ohne irgend welchen Grund wurden wir um 9 Uhr abends, als wir uns zur Ruhe begeben wollten, geschlagen. Hierbei wurde einem eine Decke um den Kopf gewickelt, damit diese die Schreie dämpfen sollte.

Am 9. 1. 1946 kam ich nach Neuhodolein bei Olmütz. Wir hungerten hier ständig. Als wir uns an langen Abenden die Zeit mit einigen Vorträgen wie z. B. Zuckererzeugung, Biererzeugung, Obstbaumzucht usw. verkürzten, wurde dies angezeigt und uns wurden die Kommentar Strohsäcke weggenommen, damit mußten wir Spießrutenlaufen. Weiters erhielten wir unmenschliche Schläge. Wir mußten somit im Januar zur Strafe ohne Strohsäcke im ungeheizten Zimmer schlafen, zwei Fasttage in der Woche und Post- und Paketsperre. Schläge ertrugen wir leichter als den Hunger. Trotz schwerer Erkrankung mußte ich weiterarbeiten. Es hieß: "Im Lager sind nur Gesunde oder Tote!" Ende Juni 46 wurde ich freigegeben, da gegen mich nichts vorlag.


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Dokumente zur Austreibung der Sudetendeutschen
Überlebende kommen zu Wort