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Hohenfurth
Bericht Nr. 206
Verhaftung von Sudetendeutschen
durch tschechische Gendarmen in Österreich
Berichter: Johann Staudinger Bericht vom 2. 11. 1946
Ich wurde am 17.
8. d. J. in Österreich zwischen Leonfelden und Zwettl von tschechischen
Gendarmen in Uniform und einem österreichischen Gendarm zur Ausweisleistung
angehalten. Ich selbst bin Sudetendeutscher und wurde im April d. J. aus französischer
Gefangenschaft nach Österreich entlassen. Der französische Entlassungsschein
wurde mir von den tschechischen Gendarmen abgenommen. Dann wurde ich mit 2 Freunden von
den Gendarmen mit Auto in die Tschechoslowakei gebracht und auf der 20 km langen Fahrt
ununterbrochen geschlagen. Wir waren gefesselt. Im Gefängnis zu Hohenfurth haben sie
uns bei der Einlieferung solange geschlagen, bis wir bewußtlos waren. Eine Woche war
ich
in ärztlicher Behandlung. Über das Bezirksgericht Kaplitz wurde ich dann ins
Aussiedlungslager entlassen.
Bericht Nr. 207
Grundlose Verhaftung
Berichter: Dr. Josef März Bericht vom 2. 11. 1946 (Hohenfurth-Kaplitz)
Ich war Leiter der
Hohenfurther Brauerei. Am 13. 7. v. J. wurde ich plötzlich von der
Arbeit
weg verhaftet, da ich angeblich im Jahre 1938 "mit einem Maschinengewehr auf den
Schornstein
in der Brauerei" geklettert sei und von dort einen tschechoslowakischen Soldaten erschossen
hätte. Ich wurde durch Monate wie ein Mörder in Sträflingskleidern
festgehalten und wiederholt schwer mißhandelt. Ein Verhör fand erst am 18. 2.
1946
statt, wobei über den eigentlichen Grund der Verhaftung kaum gesprochen wurde. Dabei
wurden mir andere Dinge zur Last gelegt die ebensowenig stichhaltig waren. Bis zum 5. 9. 1946
wurde ich noch bei schwerer körperlicher Arbeit und sehr schlechter Verpflegung
festgehalten. Im August v. J. waren auch meine Frau und meine Tochter verhaftet und ins Lager
Kaplitz eingeliefert worden. Später wurden sie zu schwerer landwirtschaftlicher Arbeit
eingesetzt. Wir sind während unserer Internierung um alle unsere Sachen gekommen.
Unser Aussiedlungsgepäck erreichte nicht das zulässige Gewicht und bestand
ausschließlich aus von Bekannten geschenkten Sachen.
Bericht Nr. 208
Grundlose Lagerhaft
und Vorenthaltung von
Aussiedlungsgepäck
Berichter: Karl Leuchtenmüller Bericht vom 2. 11. 1946 (Hohenfurth)
Ich war 27 Jahre
sozialdemokratisch organisiert, was den Tschechen auch allgemein bekannt war.
Trotzdem wurde ich am 23. 8. 1945 verhaftet und ins Kreisgericht Budweis eingeliefert, wo ich
auf das Unmenschlichste mißhandelt wurde. Ich wurde bis zum 12. 2. 1946 im
Kreisgericht
festgehalten und dann in das Budweiser Lager überführt. Auch dort war die
Behandlung der Häftlinge schlecht. Meine Frau war am 29. 8. ebenfalls verhaftet worden
und wurde 14 Monate im Lager Kaplitz festgehalten. Nach der Verhaftung meiner Frau wurde
meine Wohnung völlig ausgeräumt, sodaß wir nichts mehr haben. Wir hatten
zur Aussiedlung weder Kleider noch Wäsche. Unser Gepäck für 4 Personen
wog nur 120 kg. Die Bemühungen meiner Tochter, vom Národní
výbor in Hohenfurth Aussiedlungsgut zu erhalten, waren völlig erfolglos.
Holleischen-Staab
Bericht Nr. 209
Behandlung von Häftlingen im Mai
1945
Berichter: Robert Zürchauer Bericht vom 3. 6. 1946
Ich wurde am 8. 5.
v. J. von tschechischen Partisanen verhaftet und bis zum 17. 5. d. J. in Haft
gehalten. Ein Verhaftungsgrund wurde mir in der ganzen Zeit nicht genannt. Bei der Entlassung
wurde ich von den Tschechen nach dem Grunde meiner Verhaftung gefragt, den weder ich noch
die Tschechen wußten.
Während der Haft wurden ich und die Mithäftlinge mit Gewehrkolben, Stahlruten,
Holzprügeln und Gummiknüppeln auf das furchtbarste mißhandelt. In den
ersten 3 Wochen wurden wir täglich auf dem Gefängnishof ½ Stunde im
Kreis
herumgetrieben und dabei so verprügelt, bis wir bluteten oder zusammenbrachen. Ich
selber
bin unter diesen Mißhandlungen zweimal zusammengebrochen und mußte vom Hof
in die Zelle zurückgetragen werden. Die Verpflegung war so ungenügend,
daß
ich in drei Monaten 31 kg abnahm. Ich wog hierauf bei einer Größe von 182 cm nur
noch 45 kg. Es standen überhaupt keine Medikamente zur Verfügung, sodaß
Kranke elend zugrunde gehen mußten, darunter meine Bekannten Janka und Kosler aus
Holleischen. Rudel aus Staab wurde auf einem Friedhof bei Klatten erschlagen.
Im November und Februar ist je ein Häftling entwichen. Daraufhin wurde jedesmal
über das gesamte Lager eine Prügelstrafe verhängt.
Ich kann diese Aussage beeiden.
Hostau
Bericht Nr. 210
Gepäckkontrolle
Berichter: Franz Stadtherr Bericht vom 8. 6. 1946
Mir wurden bei der
Gepäckkontrolle bei der Gendarmerie in Hostau bei Bischofteinitz das
sämtliche Gepäck meiner mit mir ausgesiedelten Tochter, mein Handwerkszeug als
Zimmermann, die Maurerwerkzeuge meines mit mir ausgesiedelten Vaters, die Schlafdecken
und
Pölster für meinen Vater und meine mitausgesiedelte Mutter, ein kleiner Waschtrog
für ein Kleinkind, ein mit Geschirr gepackter Wäschekorb, ein Tragkorb mit
Wäschetöpfen und Waschschaff und viele Kleinigkeiten abgenommen. Auch den
anderen ausgesiedelten Familien wurden viele Sachen, insbesondere Kleider, Wäsche und
Werkzeuge, abgenommen. Ein Einspruch hatte keinen Erfolg.
Ich kann diese Aussage beeiden.
Jauernig
(und Wichstadtl, Kreis Grulich)
Bericht Nr. 211
Mißhandlungen, Morde
Berichterin: Elisabeth Böse Bericht vom 9. 1. 1950
Am 8. Mai 1945
erlebten wir die deutsche Kapitulation in Zöllnei bei Wichstadl, Krs.
Grulich, wohin wir von der Parteileitung in Jauernig/Ostsudetengau aus, Frauen und Kinder
sowie
alte Leute evakuiert worden waren, da die Russen unsere Stadt bis auf 15 km erreicht hatten und
jede Stunde ein Durchbruch zu erwarten war. In einem mehr als primitiven Quartier waren
meine
greisen Eltern und ich untergebracht, von außen sah es einem Stall ähnlicher als
einer
menschlichen Behausung. Diesem Umstande aber hatten wir es zu verdanken, daß wir
später von den sonst üblichen Besuchen der Russen und sonstigen Banden
verschont
blieben. Ja, unsere Behausung diente den Frauen des Ortes mit dem über uns befindlichen
Heuboden als nächtlicher Unterschlupf vor den sie vergewaltigenden Russen. Am 23.
März waren wir in den Ort gekommen. An einem Tage allein wurden in Wichstadtl, wo
wir
unsere Einkäufe besorgen mußten, 12 Männer auf grausame Weise
hingerichtet und zwar an den um die Kirche befindlichen Bäumen aufgehängt,
nachdem man ihnen vorher die Nasen und Ohren abgeschnitten hatte, sie verprügelt und
ins
Wasser gestoßen hatte. Darunter befand sich auch ein Tscheche, der für den
"Volkssturm" Waffen angefertigt hatte. Die Ortsbewohner durften während
dieser Tragödie ihre Häuser nicht verlassen. Ein Nachbar (Bauer) mußte sich
sein eigenes Grab schaufeln, bevor er erschossen wurde, angeblich weil ein Militärgewehr
mit Munition in seinem Misthaufen gefunden wurde. Wahrscheinlich wurde es von den
Mordgesellen selbst dorthin getan, was ja in vielen Fällen geschah, um die Morde zu
motivieren. Die Deutsche Wehrmacht war teilweise in die nahen Wälder
geflüchtet,
jeder der dort angetroffen wurde, ist als Partisan erschossen worden. Es wurden regelrechte
Menschenjagden veranstaltet, das wilde Geschieße dauerte tagelang. Die Straßen
waren nur unter Lebensgefahr passierbar.
Am 20. Mai mußten wir den Ort verlassen und traten mit einigen bekannten Familien die
Heimreise an. Nachdem die Eisenbahnlinie zerstört war, fuhren wir mit Pferdegespannen,
von Ort zu Ort wechselnd, da die Bauern nicht weit über die Ortsgrenze hinaus durften.
Nach mancherlei Fährnissen und Plünderungen gelangten wir nach drei Tagen in
unser Heimatstädtchen. Ein neuer Schreck stand uns bevor, das Elternhaus war total
ausgeraubt. Die Betten, Wäsche, Kleider, alles fort. Gute Nachbarn halfen uns
notdürftig einrichten. Gleich in den ersten Tagen mußten wir uns bei den damals
noch teilweise "deutschen" kommunistischen Machthabern melden und unsere zivile
Tätigkeit bekannt geben. So stand ich gleich von Anfang auf der "schwarzen Liste", denn
ich wurde gleich zur Zwangsarbeit eingesetzt, mit vielen anderen
Frauen der NS-Frauenschaft und NS-Volkswohlfahrt. Bei letzterer war ich durch 6 Jahre als
Zellenwalterin tätig.
Am 21. 6. 1945 wurde ich von drei Gendarmen mit einem "Schwindelmanöver" aus dem
Hause gelockt, ich sollte zu einem "Verhör" kommen, sonst hätte ich wohl lebend
niemals das Haus verlassen, sowie meine hochbetagten Eltern, die ich auf dieser Welt nie
wiedersehen sollte. So ging ich ahnungslos mit, auf die in schreienden Plakaten kundgemachten
Versicherungen bauend, daß den kleinen Pgs und Amtswaltern kein Leid geschehen sollte.
Der Weg führte, ohne Verhör, ins Gefängnis. Ich wurde in eine dunkle enge
Zelle gestoßen. Als sich meine Augen an die Dunkelheit gewöhnt hatten, erkannte
ich meine Leidensgefährten. Durch 14 Tage hockten wir neun Frauen auf drei
Strohsäcken. Das Essen bestand aus schwarzem Kaffee, 1 Scheibe Brot, Mittags eine
dünne Suppe. Früh durften wir die Hände in einen Eimer tauchen und uns
übers Gesicht fahren. Das Klosett bestand aus einem Eimer, der nur jeden Tag einmal
hinausgetragen wurde. Eines Tages ging es fort. Als der Autobus hielt, schwer bewaffnete
Gendarmerie begleitete uns, befanden wir uns in "Bieberteich" (Kreis Freiwaldau). Später
wurde das "Koncentracní tábor", wie es sich nannte, in die Regenhard'sche
Fabrik verlegt. Im
Gefängnis waren wir einmal kurz verhört worden. Doch das Hauptverhör
fand
erst ein dreiviertel-Jahr später statt u.zw. wurde mir das Anklageprotokoll vorgelesen mit
der Anzeige einer Fr. Dobisch, und worin ich als "führendes Mitglied der SdP" und
propagandistischer nazistischer Tätigkeit beschuldigt wurde, was den Tatsachen aber
nicht
entsprach. Nach ca. einem Jahr wurde ich mit 70 anderen Frauen aus dem Lager entlassen.
Wir waren im Lager ca. 300 Frauen von 14 bis 70 Jahren, wir wurden als Arbeitssklaven
behandelt. Kohle schaufeln, Holz im Walde fällen, Straßen
kehren, Maler- und Maurerschmutz putzen usw. Das Essen bestand in schwarzem bitteren
Kaffee
morgens, zuerst 160 g, später 200 g Brot täglich, in das eine Zeitlang Sand
eingebacken war. Mittags Kartoffelsuppe, abends auch. Einmal in der langen Zeit bekamen
wir etwas Pferdefleisch-Gulasch. Viele bekamen die Wassersucht, aufgeschwollene
Füße und
Gesicht, auch ich - außerdem wäre ich beinahe einem Ruhranfall erlegen.
Prügel habe ich keine bekommen. Die Behandlung war manchmal brutal, mitunter
bekamen unsere Peiniger "menschliche" Gefühle. Die Lagerleiterin hieß Anna Eret,
der Lagerleiter war ein Gendarm, ihr Bruder, ob er auch Eret hieß, weiß ich nicht.
Die
letzte Zeit im Lager erhielten wir wöchentlich etwas Weißbrot und Zucker.
Am 6. 6. 1945 verstarb auf Schloß Johannesberg Kardinal Fürstbischof Dr. Adolf
Bertram, unser Brotherr. Einige Tage später wurde er zur letzten Ruhe am Jauerniger
Friedhof getragen. Am Tag darauf wurden mehrere 100 Menschen, darunter auch meine
unglücklichen Eltern aus ihren Wohnungen und am Ringplatz wie eine Herde Vieh
zusammengetrieben. Mein Vater, der fürsterzbischöfliche Oberrechnungsrat i. R.
Bruno
König, im 80. Lebensjahr und meine Mutter im 77. Lebensjahr Emma König, geb.
Clement. (Dies erfuhr ich durch Augenzeugen nach
einjähriger KZ-Haft.) Die Männer kamen
ins KZ-Lager (ehem. Arbeitslager). Die Frauen auf Schloß Johannesberg. Mit derselben
Lüge, daß sie bald in ihre Wohnungen zurück dürften, hat man sie
wohl
fortgebracht, denn sie nahmen kein warmes Kleidungsstück oder einen Mantel mit. Nach
einigen Tagen wurden sie nach Setzdorf transportiert, wo sie in den Kalköfen auf blanker
Erde im Kalkstaub schlafen mußten. Die deutsche Bevölkerung versorgte die
Unglücklichen mit Essen und zogen sich oft schwere Strafen zu. Zweieinhalbtausend
Menschen wurden aus allen Orten zusammengetrieben, eines Tages auf offene Viehwägen
verladen und bei strömenden Regen erreichten sie nach tagelanger Fahrt Bodenbach/Elbe
bezw. Herrnskretschen, wo sie bei stockdunkler Nacht über die sächsische Grenze
getrieben wurden. Vorher wurden sie nochmals "revidiert" und um die besten Stücke
erleichtert. Wohl zu Fuß und halb verhungert (Augenzeugen berichten, daß sie sich
tagelang von Gras ernährten), haben meine Eltern Chemnitz i. Sa. erreicht und wurden
dort
in einer Schule untergebracht, wo meine Mutter am 1. 10. 45, mein Vater am 6. 10. starben. Sie
wurden in einem Massengrab beerdigt.
1946 im Mai wurde ich aus dem KZ entlassen und stand obdachlos auf der Straße. Unser
Haus Nr. 38 Johannesberg war von Bomben teilweise zerstört und völlig
ausgeraubt.
Das Elternhaus Nr. 15 Johannesberg von Tschechen besetzt. Verwandte nahmen mich auf, ich
wurde gleich wieder zu Erntearbeiten verpflichtet und arbeitete bis zur Aussiedlung
am Meierhof - diesmal für Geld. Dafür kaufte ich Schuhe und Kleider, da wir nur
noch Lumpen auf dem Leibe hatten.
Am 18. September wurden wir ausgesiedelt. 12 Tage blieben wir noch im Aussiedlungslager
Niklasdorf. Nach einer strengen "Revision" wurden wir um die besten Sachen erleichtert, sogar 2
Konservenbüchsen stahlen mir die Revisoren, die ich mir vom Munde und den Karten
abgespart hatte für den dringendsten Notfall. 70 kg Gepäck war uns erlaubt
mitzunehmen. Mein Gepäck bestand aus meist alten, wertlosen Sachen, die mir Bekannte
geschenkt hatten.
Zum Schluß führe ich noch die durch die Austreibung entstandenen Todesopfer
unserer Familie an:
Bruno König, fürsterzbischöfl. Oberrechnungsrat i. R., 80 Jahre alt; Emma
König, Gattin, geb. Clement, 77 Jahre alt; Ing. Hubert Leischner, mein Vetter, zuletzt
wohnhaft in Trautenau, wurde daselbst von den Tschechen zu Tode geprügelt (Bericht
von
Augenzeugen); Maria Weiser, Kaufmannsgattin, eine Schwester meines Vaters, gestorben in
Erfurt an den Folgen der Austreibung; Enkelkind Weiser, (von oben Genannter), 2 Monate alt,
gest. am Transport; Josef Rainold, Mühlenbesitzer, Jauernig, ein Vetter meines Vaters,
gestorben in einem Lager; Lotte Brieter, die Frau meines Vetters, gest. in Wien im Lager an
Typhus; Maria Hannich, geb. Clement, (Mutter von 2 Kindern), meine Base, gest. in Bonn/Rh.
infolge Unterernährung an Nervenlähmung; Lydia Chmel, geb. König, meine
Base, Gattin von Dr. Chmel, Landrat in Wagstadt/Ostsudetengau; Dr. Hans Chmel, Landrat,
dessen Mutter und sein Kind, ein Mädchen von ca. 7 Jahren. Diese Familie
dürfte keines natürlichen Todes gestorben sein.
Nachtrag: Pro Kopf und Anzeige sollen unsere Ankläger 200 Kc. erhalten
haben. Der KZ-Posten N. N. kaufte uns von seinem Gelde öfters Brot und Margarine,
wenn
wir im Walde zu arbeiten hatten. Dagegen soll
er nach Augenzeugen-Berichten als Posten im
Männerlager Adelsdorf (eine dreiviertel-Stunde von unserem Lager entfernt) am Mord
von
10 Männern beteiligt gewesen sein. Darunter befanden sich Dr. Franke, Rechtsanwalt in
Freiwaldau und Herr Hauke, Rothwasser. Die Frauen befanden sich in unserem Lager und haben
den Tod ihrer Männer erst nach der Entlassung erfahren.
Etwas alte Wäsche und Kleider bekam ich kurz vor der Aussiedlung von der
tschechischen Gemeindeverwaltung Jauernig.
Im übrigen waren die russischen regulären Truppen weit anständiger als die
tschechischen Partisanen.
Was ich hier niedergeschrieben habe, ist die reine Wahrheit.
Bericht Nr. 212
Quälereien im Lager
Berichter: Heinz Girsig Bericht vom 7. 9. 1946 (Jauernig)
Ich wurde vom
Juni 1945 bis März 1946 im Lager Jauernig festgehalten und wurde dort
selbst mehrmals schwer mißhandelt, wodurch ich auch 2 Zähne verlor. Ich bin auch
Zeuge schwerer Mißhandlungen anderer gewesen und habe gesehen, wie einige
Häftlinge gemartert und erschossen wurden. Die beiden Brüder Hauke, 16 und 18
Jahre alt, wurden im Juli v. J. von dem stellvertretenden Lagerführer Katiorek erschossen,
nachdem einen Tag vorher von demselben ein Hakenkreuz mit dem Messer in das
Gesäß des einen Jungen eingeschnitten worden war. Vorher waren sie auch mit
Platzpatronen angeschossen worden. Oft wurden wir in der Nacht herausgejagt und
mißhandelt. Zu Tode geprügelt wurden Meissner aus Krosse, ein Klempner aus
Zuckmantel und Hauke aus Jauernig. Die letzten Mißhandlungen erlebte ich dort Mitte
Februar.
Bericht Nr. 213
Lager Jauernig, Mißhandlungen
Berichter: Alfred Lorenz Bericht vom 15. 9. 1946 (Jauernig)
Ich war vom 22. 6. bis 8. 10. v.
Js. im Lager Jauernig. Dort sind sehr schwere
Mißhandlungen vorgekommen. Es sind auch Leute an den Folgen der
Mißhandlungen
gestorben. An zwei Tage erinnere ich mich besonders: Am 9. 7. v. Js. wurden wir 70
Häftlinge
durch Gewehr- und Maschinengewehrfeuer alarmiert. Angeblich sei ein Befreiungsversuch von
außen unternommen worden. Wir mußten um ½11 Uhr nachts im Hemd auf
den Hof. Die Hälfte von uns sollte am Marktplatz in Jauernig erschossen werden. Dann
wurde davon abgesehen. Stattdessen mußten wir eine Stunde auf den steinigen Wegen des
Lagers am Bauche kriechen, wobei jeder mit Gewehrkolben auf Gesäß und Kopf
geschlagen und mit den Füßen gestoßen wurde. Ich erhielt dabei einen
Fußtritt in die rechte Seite, wodurch mir zwei Rippen gebogen wurden. Außerdem
wurde mir durch einen Kolbenhieb auf den linken Oberschenkel das Fleisch vom Knochen
geschlagen. Durch einen spitzen Stein verletzte ich mich an der Ferse, sodaß ich 14 Tage
nicht gehen konnte. An den Ellbogen und Knieen zog ich mir schwere Hautabschürfungen
zu, die zwei Monate zur Heilung brauchten. Hierauf wurden wir mit Peitschen in den
Waschraum
getrieben, unter den Duschen dicht zusammengedrängt, mit kaltem Wasser abgeduscht
und
dabei ständig mit Peitschen geschlagen. Dann wurden wir unter Schlägen in die
Baracken getrieben.
Am 20. 8. v. Js. nach der ersten Messe, die im Lager für uns stattfand, zufällig mit
dem Evangelium vom Samariter, der unter die Räuber fiel, mußten wir von 9 Uhr
vormittags bis ½11 Uhr nachts auf dem Hof mit blanken Füßen und
Oberkörper pausenlos ohne Essen und Trinken Gelenksübungen machen, wobei
ältere Leute zusammenbrachen.
Josefstadt
Bericht Nr. 214
Mißhandlungen freier Arbeiter
Berichter: Johann Seidler Bericht vom 21. 9. 1946
Ich wurde nach
meiner Entlassung aus russischer Kriegsgefangenschaft von Tschechen auf der
Heimreise im Lager Josefstadt festgehalten und von dort in die
Kohlengrube Klein-Schwadowitz bei Trautenau zur Arbeit verschickt. Dort fanden durch die
Werkmiliz die furchtbarsten Prügelorgien statt. Diese Prügeleien spielten sich
mehrmals jede Woche durch das ganze Jahr bis in die letzte Zeit ab. Selbst als wir am 10. 8. d.
Js.
zu freien Arbeitern erklärt wurden, hörten diese Prügeleien noch nicht auf.
Noch im August d. Js. wurde z. B. Adolf
Hanisch aus Neu-Ermelsdorf so geschlagen, daß er mehrmals ohnmächtig wurde.
Dabei mußte immer das ganze Lager antreten und zuschauen.
Jungferndorf
Bericht Nr. 215
Gepäckkontrolle
Berichterin: Anna Nitschek Bericht vom 15. 8. 1946
Mein Mann war
sozialdemokratisch organisiert und ich hatte deshalb
den Antifaschisten-Ausweis. Bei der Gepäckkontrolle im Aussiedlungslager wurden mir
trotzdem 1 Koffer und 1 Kiste mit Kleidern, Wäsche und Geschirr weggenommen. Ich
wurde grob angefahren und zur Tür hinausgeschoben, als ich bat, mir doch die Sachen zu
lassen. Ich bin 74 Jahre alt.
Kaaden
Bericht Nr. 216
Zurückhaltung deutscher Facharbeiter
Berichter: Dr. Julius Geppert Bericht vom 8. 1. 1946
Ich war bis zum Umsturz Notar in
Kaaden und wurde von den Tschechen von meinem bisherigen
Arbeitsplatz weggejagt. Ich mußte meine Wohnung und mein Haus verlassen und verlor
alles Vermögen. Nachdem ich vorübergehend als Kutscher und Gärtner
beschäftigt worden war, kam ich in die "Kaolinwerke Petzold u. Döll", wo ich
als Büro-Kraft in der Tischlereiabteilung tätig war. Am 18. Dezember v. J.
verließ ich Kaaden und wanderte nach Bayern aus.
Über die Verhältnisse in dem Kaolinwerk kann ich folgende Angaben machen. Das
Werk wurde verstaatlicht und steht nun unter Leitung des
ehemaligen Kaolin-Vertreters Schreier, der die Deutschen gut behandelte. Von den 300
Arbeitern
waren 10% Tschechen, von der Beamtenschaft 25%. Das Werk litt unter schwerem
Kohlenmangel. Nur 5 von 20 Öfen waren im Betrieb.
Die Fachleute waren fast zur Gänze noch Deutsche, unter den tschechischen
Arbeitskräften waren vielfach Fachfremde. So arbeitete
in der Form-Tischlerei ein tschechischer Porzellanarbeiter, der nicht aus noch ein wußte.
Er
zeigte nicht einmal die nötige Ambition, sich einarbeiten zu wollen. So war es fast bei
allen
Tschechen, die als Arbeiter eingestellt wurden. Sie übten den ganzen Tag Kritik an der
tschechischen Betriebsführung, der sie unter anderem vorwarfen, daß sie Schnaps
und Zigaretten, welche für die Arbeiter bestimmt waren, unterschlagen hätte. Eine
Eingabe an das Prager Arbeitsministerium, die sie diesbezüglich machten, wurde aber von
der Betriebsführung durch Vorweisung der in Frage kommenden Kontingente
entkräftet.
Die tschechische Betriebsführung war bestrebt, die deutschen Fachkräfte unter
allen
Umständen zu behalten. Sie wies Gesuche um freiwillige Aussiedlung, die vom
Betriebsführer befürwortet sein mußten, mit dem Hinweis darauf
zurück, daß die deutschen Arbeitskräfte für die Aufrechterhaltung des
Betriebes unbedingt notwendig seien. Führende Herren des Betriebes fuhren eigens in das
Innere Böhmens, wo sie in den Deportiertenlagern die Frauen der deutschen Facharbeiter
freibekommen wollten. Diesbezüglich unternahmen sie anschließend sogar
Vorsprachen bei den Prager Ministerien und wiesen darauf hin, daß die deutschen Frauen
lieber den Haushalt der bei ihnen angestellten Männer führen sollten,
als im Massen-Arbeits-Einsatz der Landwirtschaft nutzlos zu verkümmern.
Im allgemeinen wurden die Arbeiter unseres Unternehmens aufgefordert, für die CSR zu
optieren. Diese Aufforderungen gingen auch an solche Arbeiter, die Parteimitglieder waren. Alle
deutschen Arbeiter, auch die Antifaschisten unter ihnen suchten aber beständig um
Auswanderungsgenehmigung an. Sie waren zum Großteil aus ihren Wohnungen
ausgesiedelt worden und haben durch Plünderungen die meisten ihrer persönlichen
Sachen verloren. Sie
bekamen Schwerarbeiter- und Schwerstarbeiter-Zulagen, waren aber trotzdem schlechter daran,
als die tschechischen Arbeiter, weil die
deutschen Ernährungs-Grundkarten viel weniger Nahrungsmittel (z. B. keine Butter, kein
Fleisch) gewähren.
Die Kohlenbergwerke konnten die vorgesehenen Förderungskontingente nicht einhalten,
weil die tschechischen Bergarbeiter zum Großteil in berufsfremder Stellung in
irgendwelchen ehemaligen deutschen Unternehmungen standen. Zehntausende von Deutschen
hatte man vor Weihnachten in einer großen Einberufungsaktion neuerdings für den
Einsatz in den Bergwerken erfaßt. Da diese deutschen Arbeitskräfte dort aber
berufsfremd waren und wie Sklaven gehalten wurden, ist die Arbeitsleistung schon aus Mangel
an physischen Kräften sehr gering.
Herr Dr. N., der als tschechischer Notar mein Nachfolger in Kaaden wurde, erklärte mir
bei
einer Aussprache, ich sollte doch optieren, damit ich die Kanzlei wieder übernehmen
könne. Er selbst wolle am liebsten wieder nach Pardubitz, seiner ursprünglichen
Arbeitsstelle, zurück. Ich sagte ihm darauf unter dem Eindruck des bisher Erlebten,
daß ich lieber in Deutschland Straßensteine klopfen wolle, als hier Notar zu sein.
Karlsstadt
(bei Hermannstatt)
Bericht Nr. 217
Mißhandlung einer alten Frau
Berichterin: Anna Czasch Bericht vom 12. 7. 1946
Ich bat im
Oktober 1945 den N. V. um die Erlaubnis, von Karlsstadt nach Hermannstatt zu
gehen,
um mir dort einen Taufschein zu holen. Ich erhielt diese Erlaubnis, doch sollte ich mit diesem
Schein zur Gendarmerie gehen, die diesen bestätigen sollte. Bei der Gendarmerie wurde
ich
von drei Mann furchtbar geschlagen. Ich erhielt viele Schläge ins Gesicht, daß ich
ganz aufgeschwollen war und noch heute auf dem linken Auge schlecht sehe. Ich erhielt auch
einen Stoß in den Bauch, an dessen Folgen ich heute noch leide. Ich bin 66 Jahre alt.
Karlsthal
Bericht Nr. 218
Mißhandlung einer schwangeren Frau
Berichterin: Ida Tauber Bericht vom 12. 7. 1946
Als im November 1945 mein
Haus und die Wohnung zur Übernahme durch einen
Tschechen aufgenommen wurde, wurde ein Optionsschein für Österreich gefunden.
Die Tschechen zerrissen diesen Optionsschein und warfen mir diesen vor die Füße.
Dann schlug mich der Gendarm mit den Fäusten auf den Kopf, ins Gesicht und in die
Seite.
Ich war damals im 7. Monat schwanger. Dann mußten wir das Haus räumen.
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