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Bennisch
(bei Mährisch Ostrau)
Bericht Nr. 116
Lager Hodolein und Stefanau,
Schwere Drangsalierung alter
Leute
Berichterin: Valerie Klos Bericht vom 2. 8. 1946
Am 19. 7. v. J. wurden
ungefähr 750 Personen aus Bennisch, darunter auch sehr viele alte
und kranke Leute und Frauen mit kleinen Kindern, in kürzester Zeit nur mit geringstem
Gepäck zusammengetrieben und sollten auf 3 Wochen Ernteeinsatz ins tschechische
Gebiet
verschickt werden. Am nächsten Tage wurden in Olmütz die alten Leute und
Frauen
mit kleinen Kindern aussortiert und ins Lager Hodolein eingeliefert. Darunter befanden sich
meine
Eltern, mein Vater mit 74 und meine Mutter mit 54 Jahren. Ich selbst und meine Schwester
wurden nach 10 Monaten zu einem Bauern geschickt, wo wir sehr gehässig behandelt und
oft beschimpft und sogar bespuckt wurden. Mein Vater erkrankte in Hodolein infolge der
Mißhandlungen und schlechten Verpflegung und sollte aufgrund einer Verfügung
des
Polizeichefarztes von Olmütz krankheitshalber entlassen werden, wurde aber statt dessen
mit meiner Mutter in das Lager Stefanau geschafft, wo sich infolge der schlechten Verpflegung
und Unterbringung sein Zustand so verschlimmerte, daß er am 24. 9. starb. Er hatte
Geschwüre am Kopf und in der Seite, die von Schlägen herrührten. Er war in
der kurzen Zeit zum Skelett abgemagert. Meine Schwester und ich standen ungefähr 30
km
entfernt in Arbeit. Wir bekamen aber keine Erlaubnis, unseren Vater vor seinem Tode noch
einmal zu sehen.
Als wir nachhause entlassen wurden, fanden wir von unseren Sachen nichts mehr vor, durften
auch nicht mehr in unsere Wohnung. Unser Aussiedlungsgepäck besteht nur aus von
Bekannten geschenkten und vorwiegend alten, z. T. schon verbrauchten Sachen. Vor allem
haben
wir keine Winterbekleidung.
Bericht Nr. 117
Schwere Mißhandlung eines Mädchens durch die
Arbeitgeberin
Berichterin: Hildegard Maschke Bericht vom 2. 8. 1946 (Bennisch)
Meine 16jährige Tochter
wurde vom Arbeitsamt in Bennisch zu dem tschechischen Bauern
Uhlír zur Arbeit verpflichtet. Sie mußte dort täglich von 5 Uhr früh
bis ½11
Uhr nachts arbeiten. Es ist ein Besitz von ungefähr 40 ha und meine Tochter war die
einzige Arbeitskraft. So wurde dem Kind die Arbeit auf die Dauer zu viel. Anfang April kam
meine Tochter einmal früh zu mir und bat mich, mit ihr zum Arbeitsamt zu gehen, da sie
die schwere Arbeit nicht mehr bewältigen konnte. Bevor wir aber noch zum Arbeitsamt
gehen konnten, kam die Uhlír mit dem Leiter des Arbeitsamtes, Túma, meine
Tochter holen. Sie
wurde von Túma so lange geschlagen, bis sie sich bereit erklärte, wieder auf ihren
Arbeitsplatz zurückzukehren. Auch ich wurde von Túma zweimal geschlagen.
Anfang Juli
wurde meine Tochter von der Frau Uhlír wieder schwer mißhandelt unter der
Beschuldigung, daß sie ihr neue Sachen gestohlen haben soll. Ich habe es nur einem
tschechischen Gendarmen zu verdanken, daß das Mädchen freigegeben und jetzt
mit
mir ausgesiedelt wurde.
Bericht Nr. 118
Mißhandlung in den Ostrauer
Kohlengruben
Berichter: Johann Januschke Bericht vom 2. 8. 1946 (Bennisch)
Am 24. 9. v. J. wurde ich durch das Arbeitsamt Bennisch zur Arbeit in die
Grube
Ida in Mähr.-Ostrau verschickt. Die Behandlung und die Verpflegung waren dort sehr
schlecht. Ich wurde zweimal schwer mißhandelt. Anfang Dezember wurde ich von einem
Posten verprügelt, als ich ihm der Vorschrift entsprechend meldete, daß ich bei der
Arbeit mit einem Finger in ein Zahnrad gekommen war und mir dadurch das erste Fingerglied
des
linken Ringfingers gequetscht hatte. Trotz dieser Verletzung mußte ich weiterarbeiten.
Das
zweite Mal wurde ich am ersten Weihnachtsfeiertag schwer mißhandelt. Als ich
früh
zur Schicht antrat, rauchte ich eine Zigarette. Ein Posten kam auf mich zu und ohrfeigte mich.
Als
ich mich abwandte, kam er mir nach und schlug mich mit dem Gummiknüppel und
Gewehrkolben in den Rücken, auf die Brust, auf den Kopf und über die
Hände, bis ich bewußtlos wurde. Der Arzt stellte Lungenblutungen,
Herzschwäche und Blutergüsse am ganzen Körper fest. Ich mußte
mehrere Monate hindurch liegen. 2 Monate konnte ich nicht einmal allein essen. Der Arzt stellte
als Folge der Mißhandlungen Arbeitsunfähigkeit auf mehrere Jahre fest. Am 4. 4.
ds.
J. wurde ich deshalb von der Grubenarbeit entlassen. Ich erhielt während der Arbeit in der
Grube keinen Lohn und meine Frau mit ihrem 4 Monate alten Kind keine Unterstützung.
Bericht Nr. 119
Mißhandlungen im Lager-Eiskeller
Berichter: Erwin Plisch Bericht vom 9. 9. 1946 (Bennisch)
Der Schrecken aller Bennischer
ist der Eiskeller, in dem bis Oktober 1945 ständig 15 Mann
gefangen gehalten wurden, die ständig durch Zu- und Abgänge wechselten. Ich
selbst wurde dort 3 Wochen festgehalten. Im Eiskeller bestand ein ständiges
Prügelkommando, welches die Häftlinge täglich schwer mißhandelte.
Ich selbst wurde dortselbst zweimal verprügelt. Ich war auch selbst Zeuge, wie Leute so
mißhandelt wurden, daß sie in schwerverletztem Zustand ins Pflegeheim gebracht
werden mußten, wo viele starben. Ich wurde am 7. 8. v. J. als politisch vollkommen
unbelastet entlassen. Doch schon bei der Einlieferung war mir die sofortige Wiederentlassung in
Aussicht gestellt worden, falls ich der kommunistischen Partei beiträte. Da ich das
ablehnte, wurde ich mißhandelt. Mit mir zusammen wurde am 7. 8. der Lehrer Anlauf aus
Zossen entlassen, der im Eiskeller blutig geschlagen worden war. Als er Anfang September
wieder verhaftet werden sollte, nahm er sich das Leben.
Dokumente zur Austreibung der Sudetendeutschen
Überlebende kommen zu Wort
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