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Teplitz-Schönau
Bericht Nr. 86
Grausame Mißhandlung einer Frau
Berichterin: Julia Käthe Tseng Bericht vom 25. 9. 1949
Ich Unterfertigte
Julia Käthe Tseng, geb. Patsch, geb. am 19. 4.
1897 in Teplitz-Schönau, wohnhaft in Teplitz-Schönau, Hamburger Straße
459/19, durch die Heirat mit meinem verstorbenen Mann Herrn Tseng Dean Yi chinesische
Staatsbürgerin, gebe eidesstattlich folgendes an:
Am 9. 6. 1945 wurde ich nachmittags 15 Uhr durch ein Mitglied des "Národní
výbor" und zwei tschechischen Partisanen verhaftet und es wurde mir angedroht,
daß ich wegen Spionage erschossen werden soll. Der eine der Soldaten, ein angeblicher
Korporal, untersuchte meine Handtasche, nahm mir daraus allen Schmuck und das Geld,
außerdem nahm er mir von der Hand zwei Eheringe sowie die Ohrgehänge und ein
Kettchen mit Kreuz vom Halse. Der Mann vom "Národní výbor"
durchsuchte die ganze Wohnung. Der vorgenannte Korporal war dann nach ca. 14 Tagen der
Besitzer des Hotels "Rathaus" am Marktplatz.
Ich wurde sodann mit einem Auto nach Hotel "Sachsen" in der Bahnhofstraße gebracht.
Dortselbst wurde ich in ein Zimmer eingesperrt und
nach ca. 3-4 Stunden wurde ich von einem Soldaten in das Polizeigefängnis am
Marktplatz
gebracht. Dortselbst war bereits Frau Frank mit ihrer Tochter Lisbet aus Teplitz, Goetheplan und
ein junges Mädchen aus Auperschin anwesend. Wir mußten eine lange Zeit mit
aufgehobenen Händen, mit dem Gesicht gegen die Wand vollkommen still stehen. Jede
geringste Bewegung bewirkte, daß wir mit einer Reitpeitsche geprügelt wurden.
Uns
prügelte ein Soldat, der später die Speditionsfirma Schuster und Nettel
übernommen hatte. Geprügelt wurden wir im Gefängnishof, danach
mußten wir in den 1. Stock gehen, wobei wir von den Soldaten wieder geprügelt
wurden. Dortselbst wurden wir vom Gefängnisaufseher Franta Landr übernommen
und in der Zelle inhaftiert. In der Zelle Nr. 7 waren 28 bis 32 Personen, auch in der Zelle 6
waren
immer 28 bis 30 Frauen eingesperrt. In dieser Zelle
mußte ich 3-4 Tage verbringen, während die anderen Häftlinge auf Arbeit
gingen. Am 5. Tag früh wurde ich mit dem Auto nach der Villa Sieh am Goetheplan
gebracht, wo ich als ersten Gruß gleich mit Ohrfeigen empfangen wurde von einer Frau,
die
die Schreibarbeiten besorgte. Nachdem ich in den Heuschuppen und nachher in den
Kohlenschuppen eingesperrt wurde, kam es zum Verhör. Ein großer starker Mann
in Khaki-Uniform, ein angeblicher Oberst, frug mich, ob ich wisse, warum ich hier bin. Darauf
antwortete ich "nein!" Darauf bekam ich zwei Ohrfeigen links und zwei Ohrfeigen rechts.
Sodann
mußte ich mich zum Tisch setzen und der Soldat spielte immer mit dem Revolver. Dann
nahm er einen länglichen Gegenstand, eine Stahlspirale und schlug mich damit
über
den Kopf und unter das Kinn, dasselbe tat er auch mit dem Revolver. Er und das Mädchen
riefen öfters: "Zatracení Spionska". Darauf riß mich das Mädchen
hoch, drehte mich herum und versetzte mir einen Fußtritt in den Rücken. Dann
mußte ich mich zum Tisch setzen und er traktierte mich wieder mit Ohrfeigen. Sodann
wurde ich mit dem Auto in das Polizeigefängnis gebracht.
Im Polizeigefängnis war ich bis zum 21. 7. 45, während dieser Zeit habe ich
Arbeiten verrichtet.
Am 22. 7. wurden wir am Hofe des Gefängnisses in 3 Kolonnen eingeteilt, eine Gruppe
von
90 Personen wurden in das "Internacní Tábor" in der Hansastraße, ein
zweiter Trupp in das Amtsgericht transportiert, der dritte Trupp wurde in das Lager in der
Lastenstraße gebracht. Der Rest blieb im Gefängnis zurück. Ich selbst wurde
in das Lager in der Hansastraße gebracht. Ich hatte die Nummer 87 auf der Liste. Wir
durften uns dort nicht setzen noch anlehnen und mußten zusehen, wie die vorher
von 1-86 in der Liste eingetragenen Personen mit Füßen, Gummiknüppeln
und
Fäusten blutig geschlagen wurden. Unter ihnen waren alte
Leute von 70-80 Jahren. Auch jüngere Leute, die ebenfalls so behandelt wurden, waren
dabei. Danach mußte ich in die Kanzlei gehen und bekam dort Prügel mit der
Peitsche, u. a. einen Schlag über das Gesicht. Danach bekamen wir die
Gefangenennummern, ich die Nummer 325. Während meines Aufenthaltes im Lager ging
ich zur Arbeit und wurde nicht mehr geprügelt.
Am 27. 8. 45 um ½8 Uhr abends kam von der tschechischen Polizei ein gewisser Horst
Sonn mit einem anderen Soldaten. Sonn war in Zivil. Es war ein kurzes Verhör, ich wurde
gefragt nach Deutschen, die sich bei der Partei und sonst gegen die Tschechen schlecht
benommen
haben. Hier in dem Raum, wo ein Billard stand, wurde ich
von "Prügel-Tondo", einem Soldaten, mit dem Billardstock geprügelt. Horst Sonn
eiferte den Soldaten immer wieder an zu neuen Schlägen. Nachher mußte ich mich
an
die Wand mit dem Gesicht stellen, es wurde ein Blatt Papier zwischen die Wand und meine
Nase
gezogen und wenn das Papier ein wenig geklemmt hatte, bekam ich sofort wieder Prügel
auf den Rücken, das Gesäß und die Beine. Dies dauerte annähernd drei
Stunden. Darauf konnte ich in den Lagerraum gehen. Gegen 10 Uhr kam abermals
der "Prügel-Tondo" und führte mich zum Hauseingang. Dort stand ein Auto. Auf
der
Erde lagen zertretene Mäuse und ich mußte vom Boden eine Maus aufheben und in
den Mund stecken, wobei er mir den Mund zuhielt und auch Schläge ins Gesicht
versetzte.
Darauf mußte ich auf der Straße vor dem Tor die Maus ausspucken und dann die
nächste in gleicher Weise in den Mund stecken und wieder ausspucken, ebenfalls noch
ein
drittes Mal. Sodann mußte ich in das Auto steigen und wurde zur tschechischen Polizei in
die Villa Hahn in der Masarykstraße gefahren.
In der Kanzlei bekam ich durch nahezu 2½ Stunden ununterbrochen Prügel mit
Fäusten und mit der Peitsche. War einer des Prügelns bereits müde, trat der
nächste in Aktion. Es waren
dies der Prügel-Tondo und ein gewisser Wandierek. Angeeifert hatte sie der vorgenannte
Sonn.
In der Hahnvilla war ich vom 27. 8. bis zum 20. 9. 1945. Dort mußten wir arbeiten und
wurden bei jeder Gelegenheit geprügelt.
Von der Hahnvilla kam ich abermals in das Lager in der Hansastraße. Vom 20. 9. bis zum
2. 10. 45 verblieb ich im Lager und versah außerhalb Arbeiten. Vom 2. bis zum 26. 10.
war
ich im Krankenhaus bei einer deutschen Ärztin, die sich besondere Mühe für
die Gefangenen gegeben hat. Frau Dr. Görg im Krankenhaus hatte sich ebenfalls der
Gefangenen sehr angenommen. Darauf kam ich wieder ins Lager Hansastraße. Am 6. 11.
1945 früh um ½9 Uhr floh ich aus dem Lager und traf meine Mutter, der ich diese
Absicht mitgeteilt hatte, als sie mich im Lager besuchte beim Friedhof, wie sie mir einen Mantel
und etwas zum Essen mitbrachte. Auf Schleichwegen kamen wir glücklich über die
Grenze und trafen am 6. 11. 1945 in Altenberg ein.
Im Polizeigefängnis und im Lager wurden blutig geprügelt:
Frau Hanni Fingerhut und ihre Tochter Margit aus Turn, sowie ihre Schwester; Frau Marek,
Angestellte der Stadt; Franz Öser, Angestellter beim Wenzelschacht; Apotheker Zibelius
und Frau, Schönau; Kaufmann Wagner aus der Duxer Straße; Kaufmann Pohl mit
Frau aus Weißkirchlitz; Frau Absalom aus der Josefinenbar, Edmundstraße; Frau
Baumeister Wild aus der Prager Straße; Pfarrer Müller aus Schönau; Dechant
Wittenbrink aus Teplitz; Herr Kutschera vom Gaswerk Schönau; Herr Michel und Frau
vom Elektrizitätswerk Teplitz; Frau Tomann vom Goetheplan (Mann wurde erschossen);
Familie Konditor Meißner aus der Königstraße; Zahnarzt Dr. Hiebsch mit
Sohn
und Dienstmädchen, Königstraße; Fleischer Illemann und Mutter vom
Waldtorplatz; Arwed Grohmann und Frau; Frau Dr. Nikodym.
Bericht Nr. 87
Mißhandlung im Gefängnis
Berichter: A. B. (Teplitz-Schönau)
Ich bin
Sudetendeutscher, geboren am 25. 7. 1885
in Groß-Chmeleschen, Kr. Podersam, Böhmen. Aus Teplitz-Schönau wurde
ich mit meiner Frau und Sohn Gerd am 4. August 1945 ausgewiesen. Zwei Monate verbrachten
mein Sohn und ich im
Gefängnis in Teplitz-Schönau. Schläge von früh bis abends waren an
der Tagesordnung. Ich wurde am 29. Juni 1945 von der Straße weg mit meinem Sohn um
8 Uhr abends ins Gefängnis eingeliefert. Die erste Begrüßung im
Gefängnis waren Schläge ins Gesicht. Wir mußten einige Stunden mit dem
Gesicht zur Mauer stehen, die Stöße von hinten waren fast nicht auszuhalten. Ich
wehrte einen Stoß ins Gesicht ab, dafür schleppte man mich in einen Nebenraum,
riß mir die Kleider vom Oberkörper, warf mich auf ein Holzbrett und band mich
dort
an. Ich wurde dann von zwei Männern (der eine hieß Josef Landa) mit
Gummipeitschen geschlagen und dann auch mit einem Gummischlauch, bis ich bewußtlos
in eine Einzelzelle geschleppt wurde. Nach zwölfstündiger Bewußtlosigkeit
bekam ich einen Schluck bitteren, kalten, schwarzen Kaffee. Unsere tägliche Nahrung war
ein wenig Suppe, einige Pellkartoffeln und ein Stückchen trockenes Brot. 22 Mann
mußten in einem 4½ Quadratmeter großen Raum die Nacht verbringen.
Bericht Nr. 88
Ausgeraubter Transport am 1. Juni 1945
Berichter: Walter Weichert Bericht vom 9. 11. 1947 (Teplitz-Schönau)
Bis zum 31. Mai
1945 habe ich mit meiner Frau
in Teplitz-Schönau in eigener Wohnung gewohnt. Zu diesem Tag wurden wir vom Csl.
Národní výbor, bytový úrad, pododdelení
úrad evakuacní, Teplice Sanov, aus dem Gebiet der Tschechoslowakei
ausgewiesen. Vorgenannte Dienststelle bestellte mich als Transportleiter für einen
Ausgewiesenen-Transport nach Süddeutschland. Dieser Transport bestand aus 8
Männern, 62 Frauen, 5 Kindern und 4 Säuglingen, alles Reichsdeutsche.
Durch das Entgegenkommen des Bahnvorstehers
in Teplitz-Schönau wurden dem Transport zwei gedeckte Güterwagen zur
Verfügung gestellt, sodaß wir am
31. Mai 1945 - dem festgesetzten Ausweisungstage abends um 6 Uhr mit dem
fahrplanmäßigen Zug in Richtung Komotau, Karlsbad, Eger, die Ausreise antreten
konnten. Die Ausgewiesenen hatte ich in die zwei Güterwagen so verteilt, daß in
jedem Wagen die gleiche Anzahl Personen fuhren. Ich selbst war als Transportleiter mit
einer "Rot-Kreuz-Armbinde" und russischem Stempel kenntlich gemacht.
Am 1. Juni 1945 morgens gegen 5.45 kamen wir in der Station Neudau an. Die meisten
Ausgewiesenen schliefen noch. Ich selbst saß an der offenen Tür des Wagens Nr. 2.
Als der Zug noch langsam einfuhr, sah ich zwei in eine Fantasieuniform gekleidete
Männer
am Bahnsteig stehen. Diese Männer trugen als Bewaffnung Revolver und Reitpeitschen,
außerdem hatte der eine noch einen Gummiknüppel am Gürtel hängen.
Die beiden Männer kamen den Zug entlang, direkt auf unsere zwei Güterwagen los.
Sie sprachen tschechisch und radebrechten deutsche Schimpfworte. Ich versuchte mit ihnen zu
verhandeln, bekam aber nur mit der Reitpeitsche einen Schlag übergezogen und wurde
beiseite geschoben. Zuerst mußten die Männer die Wagen verlassen. Sie wurden mit
den Worten "Ihr deutschen Hunde braucht nicht zu fahren", mit Fußtritten und
Peitschenhieben aus den Wagen geholt. Die beiden Tschechen warfen mit Schimpfworten nur so
herum. Die Ausdrücke "Hunde, Schweine, Mistviecher, deutsche Gauner,
aufhängen,
an die Wand stellen" usw. waren noch gemäßigt. Dabei hieben sie kreuz und quer
auf
Frauen und Kinder ein. Die Männer wurden über die Geleise auf die andere Seite
des
Zuges fortgetrieben. Ich habe auf der weiteren Reise von ihnen nichts mehr gesehen. Daraufhin
wurden die Frauen und die Kinder aus den Wagen geworfen. Es wurde dabei auf das Alter der
Frauen keine Rücksicht genommen; ebenso nicht darauf, ob die Personen ihr ganzes
Gepäck mit aus dem Wagen brachten. Ich habe später festgestellt, daß viel
Gepäck im Zuge verblieben war. Ich versuchte noch einmal, unter Hinweis auf
die "Rot-Kreuz-Binde" festzustellen, daß wir vom Národní výbor
in Teplitz-Schönau Fahrtgenehmigung hätten, man ließ mich nicht zu Worte
kommen. Die beiden Tschechen warfen ohne Rücksichtnahme Gepäck und
Kinderwagen mit den Säuglingen aus dem Zug auf den Bahndamm. Dabei wurden Frauen
und Kinder mit Fußtritten und Reitpeitschenhieben traktiert. Sie warfen aus dem
anfahrenden Zuge einen Kinderwagen mit weiblichem Säugling in einem Doppelsalto.
Wie
durch ein Wunder blieb der Säugling unverletzt. Als der Zug die Station verlassen hatte,
trieben uns die Tschechen auf den Geleisen zurück in Richtung Komotau, immer mit den
Reitpeitschen auf uns einschlagend. Wer nicht schnell genug laufen konnte, durfte nicht weiter
und mußte zurückbleiben. Ich fand eine Stelle an dem an und für sich steilen
Bahndamm, die einen Aufstieg gestattete. Wir kletterten empor und kamen auf eine
Straße.
Von dort mußten wir zusehen, wie die beiden Tschechen auf die mit Gepäck
beladenen wehrlosen Frauen und Kinder rücksichtslos einschlugen. Als ich dann auf der
Straße den mir anvertrauten Transport sammelte, mußte ich leider feststellen,
daß von dem ganzen Transport nur noch 25 Personen anwesend waren. Wir warteten
ungefähr noch eine halbe Stunde, es fand sich niemand mehr ein. Da das Gelände
an
der Bahn eben war, hätte ich feststellen können, wenn Ängstliche einen
anderen Weg genommen hätten. Ich mußte also feststellen, daß diese beiden
tschechischen Partisanen die von mir Vermißten zwangsweise zurückbehalten
hatten.
Festgestellt habe ich ferner, daß eine große Menge Gepäck in die
Hände
dieser beiden Partisanen geraten war.
Ich setzte dann mit meinem Resttransport im Fußmarsch über Altrohlau nach
Johanngeorgenstadt die Reise fort.
Nachstehend angeführte Ausgewiesene können den Vorfall bezeugen: Frau Frieda
Weichert, Frau Alice Hoffmann, Frau Elsa Günther.
Weitere Zeugen können von mir nach Rückfrage namhaft gemacht werden.
Bericht Nr. 89
Ermordung eines Nervenkranken
Berichterin: Theresia Wiegand Bericht vom 9. 8. 1950 (Teplitz-Schönau)
Ich wohnte mit
meinem Mann, Paul Wiegand,
Städt. Kur- und Theatermusiker i. R., bis zur Austreibung in meiner
Heimatstadt Teplitz-Schönau, Schloßplatz 1.
Frau Dick wohnte neben uns im "Kreuz". Ihr Mann war früher in einer Nervenheilanstalt,
wurde dann aber in häusliche Pflege entlassen.
In den Tagen der Deutschenverfolgungen im Jahre 1945 kam Frau Dick weinend zu mir und
erzählte, daß ihr Mann am vergangenen Abend mit dem Hund fortgegangen und
nicht heimgekommen sei. Der kleine Hund kam morgens um 3 Uhr allein und wurde von einem
Diener hereingelassen.
Ich gab ihr den Rat, in der Friedhofshalle unter den Toten nachzusehen. Am anderen Tag ging
die
Frau wirklich hin und fand ihren Mann ermordet dort vor. Herr Dick hatte sich im Kurgarten auf
eine Bank gesetzt (was den Deutschen verboten war), wurde von Partisanen zur Polizei
geschleppt
und bestialisch ermordet.
Alle Deutschen kamen in Massengräber. Als der Mann schon bestattet war, ging Frau
Dick
zur tschechischen Polizei nocheinmal nachfragen, da sagten die Tschechen, die Russen
hätten ihren Mann mitgenommen. Uhr, Geld und Ringe waren auch verschwunden.
Bericht Nr. 90
Ein einfaches Frauenschicksal
Berichterin: Käte Leitenberger (Teplitz-Schönau)
Mein Wohnsitz
mit meinen vier Söhnen
war Teplitz-Schönau. Sie waren alle bei der Wehrmacht. Am 10. 5. 1945 wurde ich von
zwei tschechischen Uniformierten mit Reitpeitsche aus meiner Wohnung geholt, bei welcher
Gelegenheit diese auch einer Durchsuchung unterzogen wurde, und zum Steineklauben in ein
Sägewerk geführt.
Am 2. 6. 1945 drangen nachts sechs bewaffnete Partisanen in meine Wohnung, bedrohten mich,
brachen die Schränke und Türen mit Bajonetten auf, betranken sich und zogen nach
zweistündiger Arbeit reich bepackt wieder ab. Im Laufe des Sommers wurde ich mehrere
Male zum Národní výbor geholt und "Verhören" über den
Verbleib meiner Söhne unterzogen.
Am 28. 8. 45 wurde ich verhaftet,
kam ins Polizei- und Gerichtsgefängnis und ins Internacní tábor, wo ich
schwer arbeiten und hungern mußte. Die Tschechen bekamen von unseren Arbeitsstellen
Kc 55.- täglich, wir nichts. Nur abends 1 Stück Brot mehr. Dann requirierten uns
die
Russen zur Arbeitsleistung in ihre verschiedenen Lager und nahmen uns noch das wenige Geld
ab, das wir versteckt bei uns trugen. Anfangs Jänner 46 brach ich vor Erschöpfung
zusammen und wurde vom Lagerarzt als arbeitsunfähig geschrieben und am 1. Februar 46
entlassen, da ich aber keine Wohnung mehr hatte, aus Teplitz ausgewiesen. Ich ging zum
Národní výbor um Ausfolgung der mir zustehenden Habe (50 oder 60
kg),
fiel aber dort einem früheren Partisanen in die Hände. Dessen Frau, eine
tschechische
Kommunistin, war seinerzeit Hausgehilfin bei einem Friseur in dem Hause, wo wir wohnten.
Den
Mann kannte ich vorher nicht. Er hieß Stepanek. Dieser veranlaßte nun, daß
ich
nur alte Schuhe und 1 alten Mantel, keine Wäsche, keine Kleider, 1 Decke und 1 Polster
aus meiner Wohnung bekam, in der bereits eine tschechische Familie saß. Meine ganze
Habe betrug dann nur einige Kilo. Da ich eine gebürtige Grazerin bin, trat ich schon vor
meiner Verhaftung mit der dortigen österreichischen Geschäftsstelle zwecks
Transportes in meine gewesene Heimat in Verbindung und deponierte dort zu treuen
Händen Geld und Wertgegenstände. Ein angeblicher Rumäne, der sich zum
Konsul aufschwang, veruntreute aber das Geld und folgte nur unter Druck vom Ausland einen
Teil der Wertsachen aus, wobei auch ein tschechischer Advokat, sein Freund, eine
beträchtliche Rolle spielte. Kurz vor meinem Transport nach Linz am 12. 9. 1946, den
dieser Konsul mit allen Mitteln vereitelte, wurde er als abgestrafter Betrüger wegen neuer
großer Betrügereien und Unterschlagungen verhaftet und gefesselt abgeführt.
Er hatte 7 Jahre Zuchthaus hinter sich. Der Weg nach Österreich war für mich
frei.
Bemerken muß ich, daß ich während meiner 5-monatigen Haft weder
verhört noch angeklagt wurde. Es hieß nur: "Ich glaube, es ist wegen
Ihrer Söhne". - Am 26. 8. 45 wollte tschechische Polizei in der Nacht meinen
ältesten
Sohn holen, fanden ihn aber nicht. Und so holten sie zwei Tage später mich.
Ausweisungsgeld bekam ich keines.
Dokumente zur Austreibung der Sudetendeutschen
Überlebende kommen zu Wort
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