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Landskron
Bericht Nr. 43
Das Blutbad am 17. Mai 1945
Berichter: Julius Friedel Bericht vom 22. 2. 1951
Am 9. Mai 1945 kam es auf
den Höhen des Talkessels von Landskron zu den letzten
Kampfhandlungen.
In den ersten Tagen der Russeninvasion kümmerten sich diese wenig um die
geängstigten deutschen Menschen. Es wurde nach Alkohol gesucht, geplündert und
in der Nacht veranstalteten die Soldaten förmliche Jagden nach Frauen, man konnte die
ganze Nacht das Schreien der gehetzten Opfer hören.
Die wenigen ansässigen Tschechen wußten anfangs selbst nicht, wie sie sich
verhalten sollten, außerdem waren sie um ihre Habe in größter Sorge.
Die deutschen Männer der Stadt mußten in diesen Tagen
Aufräumungsarbeiten machen und wurden in den Vormittagsstunden des17. Mai ohne
Angabe des Grundes heimgeschickt.
Gegen 11 Uhr desselben Tages kamen auf Lastwagen hunderte bewaffneter Tschechen,
sogenannte "Partisanen" angefahren. Sie nahmen am Stadtplatz zu einer Kundgebung
Aufstellung
und ein russischer Offizier hielt eine feurige Ansprache, die oft von tosendem Geschrei begleitet
wurde. Wie auf Verabredung stoben dann die Tschechen nach allen Windrichtungen
auseinander.
Es dauerte auch nicht lange und man wußte Bescheid, warum es ging.
In kleineren und größeren Gruppen wurden alle deutschen Männer, auch
Frauen und Kinder waren darunter, auf den Stadtplatz gehetzt, die Häuser der Stadt
wurden regelrecht durchgekämmt, alle Männer wurden mitgenommen, alt und
jung,
Gebrechliche und selbst schwer Kranke. Die einzelnen der zusammengetriebenen deutschen
Gruppen waren von wild johlenden, schwer bewaffneten Tschechen begleitet, die blindlings in
alles hineinschossen und auf alles einschlugen, was ihnen unter die Hände kam. Andere
Trupps von Tschechen waren inzwischen in die umliegenden Dörfer gefahren und trieben
dort ebenfalls auf dieselbe Weise die Männer in die Stadt. In den frühen
Nachmittagsstunden waren weit über 1000 deutsche Männer auf dem Stadtplatz
zusammengetrieben worden. Sie wurden in Reihen formiert und mußten mit erhobenen
Händen dastehen und der Dinge harren, die noch kommen sollten.
Es folgten nun die widerlichsten Szenen, die Menschen je zu ersinnen vermochten. Bald
mußten die Männer flach auf dem Pflaster liegen, rasch wieder aufstehen, dann in
Unordnung gebracht, sich wieder zur Reihe aufstellen. Die Tschechen gingen die Reihen auf und
ab, traten mit Vorliebe den Männern in die Geschlechtsteile und Schienbeine, schlugen
mit
allen mitgeführten und erreichbaren Schlagmitteln auf sie ein, bespuckten sie und
schossen
vor allem wild herum.
So gab es bald viele Verletzte, die sich nicht mehr erheben konnten und qualvoll litten. Doch das
war noch nicht genug. Vor dem Rathaus befindet sich ein großer
Luftschutzwasserbehälter, in den schließlich die Opfer der bestialischen Tollwut
nacheinander hineingeworfen wurden und mit Stöcken und Stangen am Auftauchen
gehindert, unter Wasser gehalten wurden. Ja, schließlich wurde sogar hineingeschossen,
und das Wasser färbte sich blutrot. Beim Herauskriechen wurde ihnen auf die Finger
getreten, mancher aber bereits tot herausgefischt. Andere am Boden Liegende wurden durch die
mittlerweile herbeigeholte Feuerspritze angestrahlt und weiter in einer Art mißhandelt, die
nicht
zu beschreiben ist. - Während sich diese unmenschlichen Greueltaten abspielten, hatte
sich
auf dem Gehsteig vor dem Landratsamt das sogenannte "Volksgericht" eingerichtet. Hinter den
bereitgestellten Tischen nahmen die Tschechen Platz, unter ihnen:
Hrabacek, Sägewerksbesitzer aus Weipertsdorf,
Pfitzner Wilhelm, Angestellter der Krankenkasse, Landskron,
Matschat Franz, Weber bei der Fa. Thoma, Landskron, Magdalenenstr.,
Wanitschek Bernard, Schuhmacher, Landskron, Karlgasse,
Matschat Stefan, Weber bei der Fa. Thoma, Landskron,
Bednar Friedrich, Tischler, Tabakfabrik, Landskron,
Polak, Gendarmerieoffizier, und eine Frau, vermutlich
Frau Lossner aus Landskron.
Um den Tisch herum stand eine große Anzahl von Tschechen, die als Ankläger
galten und sich die einzelnen, bevorzugten Deutschen aus den Reihen holten. In mehreren
Reihen
hintereinander, mit erhobenen Händen, mußten die deutschen Männer vor
dem
Richtertisch erscheinen. Der jeweils Erste einer Reihe mußte ein mit Auswurf bedecktes
Hitlerbild tragen, das der Nebenmann auf Kommando abzulecken hatte.
Die letzten 20-30 Schritte zum Richtertisch mußten auf dem Boden kriechend
zurückgelegt werden. Hier wurde jedem sein Urteil verkündet, das ihm mit
Kreide auf den Rücken geschrieben wurde.
Ungefähr 50-60 m gegenüber bis zu
einer Toreinfahrt gab es ein Spießrutenlaufen im wahrsten Sinne des Wortes. Viele
blieben
schon auf dem Wege liegen, bevor dort die eigentliche Strafe vollzogen wurde. Was sich dabei
an
Brutalität ereignete, ist unmöglich niederzuschreiben.
Eines der ersten Opfer war Karl Piffl, Tischlermeister. Nachdem er aus der Reihe geholt, durch
das Wasser getrieben und von dort halbtot herausgezogen war, wurde er darin
buchstäblich
zu Tode geprügelt und zu Brei zertreten.
Der Nächste war der Werkmeister der Fa. Pam, Landskron, Reichstädter, der bis
zur
Unkenntlichkeit zerschlagen, noch an die Mauer des Rathauses gestellt wurde und durch
Maschinenpistolensalven sein Ende fand. Im Laufschritt kam aus der Gasse, die zum
Gefängnis führte, voll johlenden Tschechen getrieben, blutüberströmt
Ing. Josef Neugebauer, Landskron, der ebenfalls am Rathause mit erhobenen Händen und
zur Mauer gewandtem Gesicht lautlos durch die Kugeln der Maschinenpistolen fiel. Auf
ähnliche Weise beendete auch Ing. Otto Dietrich, Landskron, sein Leben. Der Bauer
Viktor
Benesch, Landskron, endete an derselben Stelle mit abgeschossener Schädeldecke.
Die Schmerzensschreie der blutenden Menschen übertönte bald alles Geschehen,
viele saßen und lagen teilnahmslos um die Toten. Gegen 7 Uhr abends wurde der
größte Teil der Zusammengetriebenen in Gewahrsam genommen, nur wenige
wurden
heimgeschickt.
Am 18. Mai wiederum am Stadtplatz zusammengetrieben, wurden an den Opfern die
entsetzlichsten Folterungen und brutalsten Mißhandlungen fortgesetzt. Der
Installateurmeister Josef Jurenka aus Landskron, Angerstraße, wurde zum Tode durch
Erhängen verurteilt. An einer Gaslaterne wurde das Urteil vollstreckt, nachdem er sich
selbst die Schlinge um den Hals legen mußte.
Auf ähnliche Weise endete der am Landratsamt angestellte Robert
Schwab aus Ober-Johnsdorf. Diese beiden Erhängten mußten von den Deutschen
ständig in schwingender Bewegung gehalten werden.
Ing. Köhler, der aus Deutschland stammte und nur in Landskron wohnhaft war, wurde, nur
mit einer Lederhose bekleidet, die auf die Tschechen wie ein rotes Tuch wirkte, unter
größtem Gejohle mit Spazierstöcken aufgespießt.
Es spielten sich an diesem Tage noch furchtbarere Szenen ab, als am Vortage. Einige Deutsche
wurden gezwungen, sich auszuziehen, Ringkämpfe vorzuführen, sich gegenseitig zu
verprügeln usw.
Furchtbare Schreie gellten den ganzen Tag über den sonst ruhigen Stadtplatz. Gegen 17
Uhr nahmen dann diese Greuel ein unvorhergesehenes Ende und dies durch die aufopfernde Tat
der
Kaufmannswitwe Frau Auguste Heider. Ihr Geschäftshaus stand unmittelbar hinter dem
Stand des "Volksgerichtes" und hat sie von ihrem Dachboden aus wohl die sich in
nächster
Nähe abspielenden Greueltaten wahrnehmen können und ihnen dadurch Einhalt
gebieten wollen, daß sie ihr Haus in Brand setzte und selbst den Freitod durch
Erhängen suchte. Der aufkommende Brand verursachte eine jähe Panik und machte
dem bestialischen Treiben der Tschechen ein vorzeitiges Ende.
Vor dem Rathause, an der Stelle, wo vorher das "Volksgericht" mordete, lagen in großen
Blutlachen und Rinnsalen von Blut folgende Deutsche, teils erschossen, teils erschlagen und bis
zur Unkenntlichkeit zertreten und verstümmelt:
1. Benesch Viktor, Landwirt und stellvertretender Ortsbauernführer,
Führer der Kriegerkameradschaft aus dem Weltkriege,
2. Neugebauer Josef, Ingenieur und Baumeister,
3. Dieterich Otto, Ingenieur und Baumeister,
4. Köhler, Ingenieur und Betriebsleiter,
5. Janisch Leo, Leiter des Arbeitsamtes,
6. Langer Karl, Beamter des Arbeitsamtes,
7. Langer Josef, Beamter des Arbeitsamtes,
8. Kowarsch Karl, Fleischhauermeister, erschossen von seinem Gehilfen,
9. Benesch Theodor, Forstdirektor i. R.,
10. Gerth Rudolf, Feldwebel,
11. Lug Hubert, Landwirt aus Lukau,
12. Klement Johann, Elektrotechniker,
13. Schwab Reinhold, Zementwarenerzeuger,
14. Schmidt Karl, Spenglermeister,
15. Jurenka Josef, Schlossermeister,
16. Schwab Robert, Beamter des Landrates,
17. Antl Richard, Bauer aus Rudelsdorf,
18. Marek, Eisenbahner,
19. Koblischke Josef, Oberlehrer i. R.,
20. Piffl Karl, Tischlermeister,
21. Hafler Leopold, Arbeiter,
22. Reichstätter Julius, Beamter,
23. Linhart Josef, Bauer aus Lukau,
24. Zandler, Bauer aus Rudelsdorf.
Diese Menschen, die hier einer bestialischen Horde zum Opfer fielen, blieben bis zum 19. Mai
liegen. In den späten Nachmittagsstunden mußte der Landwirt Eduard Neugebauer,
Landskron, Angerstraße, auf den Friedhof führen. Der totenbeschauende Arzt, ein
Deutscher, welcher für die Deutschen aus Landskron ob seines anrüchigen
Verhaltens ausgelöscht ist, sagte, daß er von den zu Tode gequälten
Menschen
nicht mehr eindeutig feststellen konnte, wer sie waren. In einem Massengrab wurden diese
Toten
buchstäblich verscharrt.
Es ist kein Wunder, daß ob diesem grausamen Geschehen viele Deutsche ihrem Leben
durch Freitod ein Ende setzten.
Mit Zuverlässigkeit sind es folgende:
Heider Auguste, Kaufmannswitwe, Landskron, Stadtplatz,
Maresch Eduard, Schnittwarenhändler u. Frau, Landskron,
Magdalenenstr.,
Richter Hubert, Schuhmacher und Frau, Landskron, Magdalenenstraße,
Riedel Wenzel, Gendarmeriewachtmeister i. R., Landskron, Magdalenenstr.,
Waschitschek Hans, Wanderlehrer i. R. und Frau, Landskron, Badgasse,
Killer, Landwirt, Landskron, Angerstraße,
Janisch Karl, Gärtner, Landskron, Friedhofstraße,
Jandejsek Josef, Steuerobersekret. i. R. u. Frau, Landskron, H. Knirschstr.,
Portele Otto, Schuhmacher, Landskron, Stadtplatz,
Kusebauch Wenzel, Major i. R. und Frau, Landskron, Angerstraße,
Knapek Gerlinde, geb. Ringl, Landskron, Stadtplatz,
Piffl Anna, geb. Schreiber, Arztenswitwe u. Tochter Ingunde Ilgner mit ihrem
Kinde, Landskron, Knirschstraße,
Dr. Pelzl Franz und Frau Mathilde, geb. Nagl, Landskron, Johannesgasse,
Rotter Richard mit einem Kind, Landskron,
Langer Karl, Gemeindeangestellter i. R., Landskron, Schulplatz,
Schromm Viktor, Straßenmeister, Landskron.
In den meisten Dörfern verliefen diese Tage auf ähnliche Weise. Den
Freitod suchten außerdem in:
Hilbetten: über 60 Personen, darunter der Arzt des Ortes Dr. Schwarz, in dessen
Wohnung viele Deutsche den Tod suchten.
Türpes: die Frau des Bürgermeisters Schmidt erschoß ihre Kinder
und sich selbst.
Ziegenfuß: erschoß der Erbrichter Franz Hübl seine
achtköpfige Familie, nur seinen 80jährigen Vater ließ er am Leben.
Rudelsdorf: schied ebenfalls eine größere Anzahl freiwillig aus dem
Leben.
Triebitz: wurde der Bauer Julius Klaschka erschossen.
Sichelsdorf: wurde der Bauer Franz Kaupe erschossen.
Tschenkowitz: gab es ebenfalls mehrere Tote durch Erschießen.
Abtsdorf: ging der Freisassenhofbesitzer Heinz Peschka mit Frau und seinem Sohn in
den Freitod, ebenso der Bürgermeister Max Wilder mit Frau und drei Kindern.
Der ehemalige Bürgermeister der Stadt Landskron, Dr. Franz Nagl, später
Leitmeritz, wurde in Königgrätz erschossen.
Besondere Brutalität legte der tschechische Schuhmacher Janecek aus Hermanitz an den
Tag. Mit Stolz erzählte er später im Gefängnis, daß er nicht weniger
als
18 deutsche Soldaten, die waffenlos durch die Wälder zogen, aus dem Hinterhalt
erschossen hat.
In diesen Tagen wurden noch arbeitsfähige Deutsche in größere Gruppen
zusammengefaßt und den Russen übergeben, von denen sie nach dem Osten
verschleppt wurden. Viele von ihnen
haben nach monate- und jahrelangem opfervollen Leben die Heimkehr nicht mehr erlebt.
Weitere Namen von Tschechen, die damals in der Gemeindeverwaltung tätig waren, sich
an
den Ausschreitungen gegen die Deutschen beteiligten, durch Raub und gemeinsten Diebstahl
bekannt und die auf alle Fälle für all das Geschehen mitverantwortlich waren,
sind:
Die beiden Bürgermeister Losser und Hejl, die Stadtverordneten Zidlik, Ing. Vagner, Dr.
Rehák, Wanitschek, Kudlacek, Pfitzner, der Vorsitzende Dr. Skala, sowie Vodicka. Ganz
besonders hervorzuheben ist der Sägewerkbesitzer Hrabacek und der Gendarmerieoffizier
Polak. Hrabacek endete nach der Flucht aus dem Reiche Gottwalds über Deutschland in
Frankreich als Landarbeiter, und auch Polak nahm ein bitteres Ende.
Ich versichere an Eides statt, daß die obigen Aussagen der Wahrheit entsprechen.
Dokumente zur Austreibung der Sudetendeutschen
Überlebende kommen zu Wort
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