Der Dawes-Plan
Für die Erfüllungspolitiker scheint alles in bester Ordnung. Das von den deutschen Regierungsvertretern hochherzig gemachte freiwillige Angebot wird von den Feindbundstaaten aufgegriffen, und im Januar 1924 treten die Akteure der internationalen Banken und Börsen (sprich: Delegierte der Entente) zusammen, um die bereits am Horizont der schwarz-roten Brüder auftauchende Dawes-Sonne in Erscheinung treten zu lassen. Wiederum ist Paris der Ort der Verhandlung. 10 Vertreter von Belgien, England, Frankreich und Amerika setzen den Dawes-Bericht auf, der am Schluß wieder einmal ein Netz von neuen Versklavungsbestimmungen enthält. Stresemann, Marx und Genossen sprechen von der endlich sich zeigenden Vernunft, vom Verständigungswillen der Feindbundmächte und sind äußerst befriedigt, dem deutschen Volk die Früchte ihrer Politik in den Schoß werfen zu können. Man hält es heute kaum für möglich, daß Männer, die zu jener Zeit als Wirtschaftsführer, als geschickte Jongleure der internationalen Finanzfragen angesehen wurden, auf den plumpen Schwindel des Dawes-Planes hereinfielen. In dicken Schlagzeilen konnte man in der Systempresse lesen, daß die Grundlage zum neuen Plan die Erkenntnis der Alliierten sei, die deutsche Leistungsfähigkeit müßte dauernd im Auge behalten werden, wenn man das ganze Repara- [28] tionsproblem sachkundig lösen wolle. Die alliierten Staaten waren sich darüber klar, daß alle Schwierigkeiten in der Lösung der Reparationsfrage auf der Tatsache beruhten, daß man nicht allen Feindbundstaaten auf der Grundlage der bisherigen Verträge gerecht werden konnte. Es mußte also ein Plan geschaffen werden, nach dem sowohl alle Staaten in ihren Ansprüchen befriedigt werden konnten, zum anderen Male aber auch dem deutschen Volke, das zum großen Teil bereits mißtrauisch geworden war und sich in Opposition befand, die Augen neuerdings verklebt werden konnten. An sich hätte es bereits für jeden Deutschen genügen müssen, wenn er las, daß als Grundlage des ganzen Vertrages wiederum die einmal festgelegten und unumstößlichen Fundamente des Versailler Vertrages gedacht waren. Man scheute sich aber in der deutschen Judenpresse nicht, von wirtschaftlicher Erholung der Völker, vom Zeitalter des Glücks und des kommenden Wohlstandes zu sprechen. Um einer Ablehnung seitens Deutschlands von vornherein vorzubeugen, wurde als Druckmittel von seiten der Ententestaaten die Drohung ausgesprochen, daß eine Zurückweisung dieser Vorschläge durch die deutsche Regierung die absichtliche Wahl einer Fortdauer wirtschaftlicher Zerrüttung bedeute, die dahin führen würde, das deutsche Volk in hoffnungsloses Elend zu stürzen. Im Juli 1924 beginnen die Verhandlungen. Nach dem Grundsatz, daß der Versailler Vertrag und seine Grundlagen auch hier - wie der Franzose Barthou sagte - die Magna Charta sei, wird die Kriegsschuldenfrage gar nicht erwähnt, keine Erleichterung durchgeführt und keine Endsumme der deutschen Verpflichtungen festgesetzt. Des weiteren denkt niemand daran, das alles in Abzug zu bringen, was von Deutschland bereits geleistet worden war. Im Gegenteil: Man versteigt sich sogar zu der zynischen Äußerung, daß Deutschland ja durch die Inflation seine innere Staatsschuld getilgt habe, und somit für die Zukunft leistungsfähiger sei. Keiner unserer Regierungsvertreter pro- [29] testiert dagegen. Die Mehrzahl des deutschen Volkes sieht gläubig zu seinen Führern auf, und trotzdem Anfang Mai des Jahres 1924 die Reichstagswahlen einen erheblichen Verlust - zum Teil bis zu 35% - für die Systemparteien erbringen, kann mit einer geringen Mehrheit weiterregiert werden. Wie sieht nun der vielgerühmte neue Zahlungsplan aus: 1. Deutschland hatte sich von dem Gespenst der Inflation durch die feste Rentenmark befreit. Diese Rentenmark war für das internationale Bank- und Börsenwesen eine außerordentlich unbequeme Erscheinung. Amerika mußte sein Gold abstoßen. Die an der Goldgewinnung interessierten Kreise erkennen mit Sorge in der Rentenmark eine neue Gefahr für den Absatz der bereits in zu großer Höhe vorhandenen Goldbestände. Außerdem hätte Deutschland sich durch die Rentenmark, die unabhängig vom Währungsschwindel der Devisenbörse war, in einem wesentlichen Punkte der Kontrolle des internationalen Bank- und Börsenwesens entzogen. Das darf nicht geschehen, man schreibt also vor, daß zunächst einmal die Goldwährung wieder eingeführt werden müsse, daß die Reichsbank nach von den Ententestaaten vorgeschriebenen Grundsätzen umorganisiert werden müsse und der Aufsicht der Reparationskommissionen zu unterstellen sei. Sie solle die Aufgabe etwa der alten Reichsbank wieder erhalten aber absolut unabhängig von der deutschen Regierung und von den Feinden beaufsichtigt sein. Eine interessante Tatsache bleibt bei dieser Neugründung der Reichsbank zu bemerken, welche Dr. Dallmayr in seiner Schriftenreihe Der große Raubzug anführt, und welche hier dem Leser nicht vorenthalten werden soll:
"Im »Plan für die Einrichtung einer Notenbank« ist ganz klar auseinandergesetzt, wie sich die neue Bank ihr Betriebskapital von 400 Millionen Goldmark zu beschaffen habe: durch Ausgabe von Aktien, wovon 3 Millionen Stück zu je 100 Goldmark in Deutschland und im Ausland zur Zeichnung aufgelegt werden, während der Rest von einer Million Aktien »die Aktiva der alten Reichs- [30] bank vertreten« solle. Auf deutsch heißt das: Den Anteilseignern der früheren Reichsbank werden die alten Anteilsscheine abgekauft. Zahlung erfolgt nicht in bar, sondern mit neuen Anteilscheinen. Da die alte Reichsbank ein Kapital von 180 Millionen Papiermark hatte, ist dieses Papiermarkkapital mit über 50% aufgewertet worden. Die braven Dawesleute haben in den armen Anteilseignern die stammverwandten Brüder entdeckt und haben ihnen den Balsam der 50%igen Aufwertung auf die Inflationswunden geträufelt. Ein kluger Schachzug! Damit hatten sie sich mit einem Schlage die Sympathien der Großaktionäre gewonnen sowie die bewundernde Anerkennung der Judenpresse von Mosse bis Ullstein. Und dem deutschen Volke wurde vorgeschwindelt, die Anleihe diene dazu, das Kapital der neuen Bank zu beschaffen!" 2. Die deutsche Reichsbahn, seinerzeit von Bismarck als gemeinnützige Einrichtung, die dem Staate und dem Volke dienen und kein Erwerbsinstitut sein sollte, gegründet, wird in eine Privatgesellschaft umgewandelt, aus deren Erträgen die weiteren Tributleistungen fließen sollen. Die Reichsbahn haftet mit dem gesamten Betriebe und seinem realen Wert für den ihr auferlegten Tributanteil. Nun wurde das etwa nicht so gemacht, daß die Reichsbahn aus ihrer offenen Bilanz jeweils bestimmte Summen abzugeben habe, nein: man mußte diesen staatspolitisch wichtigen Teil des Deutschen Reiches in absolute Abhängigkeit von der internationalen Hochfinanz bringen und bestimmte, daß die deutsche Reichsbahngesellschaft in Höhe von 11 Milliarden an das Ausland verschuldet werden sollte. Diese 11 Milliarden entsprachen etwa dem Effektivwert der deutschen Reichsbahn. Den Zinsendienst, der etwa 660 Millionen jährlich betragen sollte, und somit an den Gläubiger zu zahlen war, war gleichbedeutend mit nur einem Teil der zu leistenden Tributabgaben. Der Rest an Tributgeld, den die Reichsbahn aufbringen mußte, ergab sich aus einer Beförderungssteuer von 290 Millionen. [31] Seit jener Zeit kann man mit Fug und Recht die Deutschen Reichsbahn als Dawes-Bahn bezeichnen, denn sie ist tatsächlich nur dazu da, Tributbeträge herauszuwirtschaften. Dieses ganze Tributverschleierungsmanöver der Verschuldung und des Zinsendienstes hatte letztlich seine Bestimmung darin, daß an den Tributzahlungen das internationale Bank- und Börsenwesen verdienen wollte, indem die Verschuldungspapiere der Reichsbahn hin- und hergehandelt werden konnten, und damit Millionenbeträge in die Taschen des Judentums flossen. 3. Genau wie mit der Reichsbahn verfährt man auch mit der freien deutschen Wirtschaft. Sollte Deutschland als Tributstaat auf dem Niveau eines Koloniallandes ohne jede Bedeutung dastehen, dann kann man nicht dulden, daß es "eine freie deutsche Wirtschaft" gibt. Außerdem arbeitet ja die Wirtschaft für die Sachlieferungen. Es bietet sich hier also eine neue Quelle, aus der man schöpfen kann. An dieser Quelle vorbeizugehen, ohne sie auszunutzen, wäre eine Unterlassungssünde gewesen, die das internationale Judentum sich nie verziehen hätte. Die Wirtschaft wird also mit 5 Milliarden verschuldet, die Zinsen in Höhe von etwa 300 Millionen dienen der Tributzahlung. Auch hier können die Schuldpapiere restlos verschachert werden. 4. Es gibt für das Deutsche Reich noch eine bis dahin nicht in vollem Maße in Anspruch genommene Einnahme, nämlich die Steuern, welche der schon zum Ausbluten geschröpfte deutsche Staatsbürger zu zahlen hat. Man schlägt also vor, daß Deutschland vom dritten Jahre der Gültigkeit des Dawes-Planes im ersten Jahre 110 Millionen, im zweiten 500 Millionen und vom Jahre 1928 ab 1,25 Milliarden jährlich neue Steuern auszuschreiben und diese voll und ganz zur Zahlung von Tributen abzuführen habe. Vom sechsten Jahre ab tritt die Errechnung eines sogenannten Wohlstands-Indexes in Kraft. Man nimmt nämlich an, daß die deutsche Wirtschaft sich inzwischen derartig erholen wird, daß man sehr wohl eine Erhöhung der aus den Steuern zu zahlenden Beträge eintreten lassen kann; und zwar errechnet man diesen Index [32] aus dem gesamten Wert des deutschen Verbrauchs in Zucker, Tabak, Bier, Branntwein usw. Weiterhin aus der Bevölkerungsziffer Deutschlands und letztlich aus dem Verbrauch an Kohle pro Kopf der Bevölkerung. Etwas über 20 Milliarden beträgt damals das jährliche deutsche Volkseinkommen. Ein Drittel davon muß der Steuerzahler bereits aufbringen. Diese neue Erpressung bedeutet einen Druck auf die Löhne, längere Arbeitsstunden des Einzelnen, geringe Gewinne und überschraubte Steuern. Wie schon oben erwähnt, werden diese Maßnahmen damit begründet, daß Deutschland, wenn es keine Inflation gehabt hätte, einen inneren Zinsendienst von mehreren Milliarden zu leisten hätte. Diesen Zinsendienst hätten ja die alliierten Staaten ihren Gläubigern gegenüber auch zu tragen. Und warum soll es Deutschland besser gehen? Würde ihm diese Belastung nicht auferlegt, dann wäre es im Vergleich zu seinen Nachbarstaaten im Vorteil, da es günstigere Produktionsbedingungen hätte und geringere Unkosten. Die Unverfrorenheit dieser Behauptungen ist wohl jedem klar. Deutschland hat ja durch die Inflation seine Lage nicht verbessert, sondern hat die Hauptgrundlagen seiner Wirtschaft, die Menge der mittleren und kleinen Sparer restlos verloren; außerdem seine Hauptproduktionsgebiete, das Rheinland, Ruhrgebiet, Elsaß-Lothringen und den Korridor. Es hat seine Handelsflotte und seine Kolonien abgeben müssen und - was nicht zu unterschätzen ist - es hat die für den deutschen Export in Frage kommenden Auslandsstaaten durch den langen Krieg als Absatzgebiet verloren. Angesichts solcher Behauptungen aber schreibt die deutsche Systempresse, von den Souffleuren der Erfüllungsparteien unterstützt, von einer Politik der Verständigung und reinen Vernunft. Um sich die ganze Ungeheuerlichkeit der Daweszahlungen vergegenwärtigen zu können, muß man sich vor Augen führen, was einmal zuverlässig errechnet wurde: In einem Dawes-Jahr betragen die Zahlungen Deutschlands in jeder Minute 4750 Mk. Aus dieser Zahl im Blickpunkt des täg- [33] lichen Lebens mag erhellen, wie entsetzlich Deutschland belastet wurde. Eins aber ist den Auslandsstaaten klar, und damit kommen wir zu einem der Hauptpunkte für die ganze zukünftige Entwicklung des Reparationsproblems: daß die ungeheure Summe, die Deutschland als Tributzahlung auferlegt wurde, unter keinen Umständen ungehemmt und frei in den Weltzahlungsverkehr einzuschalten sei. Die einzelnen Gläubigerstaaten drängen im Laufe der Aufstellung des Dawes-Planes darauf, daß ihre Tributanteile in der jeweiligen Währung [34] zu zahlen seien. Diese Klausel schließt aber eine große Schwierigkeit ein. Werden nämlich derart große Geldsummen deutscher Währung auf Auslandsbörsen gegen Devisen eingetauscht, so sinkt der deutsche Markwert erneut, und die Inflation steht wieder vor der Tür. Deutschland hat - so bestimmte der Plan - die Tributbeträge in deutscher Mark auf ein eigens für diesen Zweck eingerichtetes Konto des Reparationsagenten, welcher zur Beaufsichtigung nach Deutschland kommandiert ist, bei der Reichsbank einzuzahlen. Würde durch einen Umtausch höherer deutscher Markbeträge in Devisen der deutsche Kurs sinken, so müßte sich die auf dem Reparationskonto eingezahlte Summe ebenfalls entwerten. Der Reparationsagent hat nun die Aufgabe erhalten, die eingezahlten deutschen Markbeträge an die Gläubigerstaaten in Devisen weiterzuleiten. Seine Lage ist dadurch erschwert worden. Ungefährlich wäre es gewesen, die Zahlungen aus dem deutschen Exportüberschuß zu leisten. Wenn z. B. Deutschland mehr Ware ausgeführt hätte als es selbst vom Ausland einführte, so wäre eine bestimmte Menge an ausländischer Währung in Deutschland vorhanden, welche gefahrlos hätte umgetauscht werden können. Dagegen stehen aber zwei Bedenken. Erstens die Angst der fremden Industrien vor ungehinderter Überschwemmung durch deutsche Waren, zweitens, daß die Menge der gefahrlos in Zahlung kommenden Tributbeträge zu gering ist im Vergleich zur Reparationssumme, welche aufgebraucht werden muß. Man steht hier vor einer Schwierigkeit, die restlos und zur Zufriedenheit nicht gelöst werden kann. Man schützt sich schließlich notdürftig dadurch, daß der Reparationsagent autorisiert wird, gemäß nachstehende Schutzklausel zu handeln. Da die Einwechselung der auf das Konto des Reparationsagenten geleisteten deutschen Zahlungen ohne ausländische Valuten "Transferierung" genannt wird, gibt man dieser Schutzklausel den Namen "Transferschutz". Der Transferschutz sieht nun vor, daß bei Schwierigkeiten in der Transferierung der Reparationsagent bis zu 5 Mil- [35] liarden deutsche Zahlungen uneingewechselt lassen kann, um sie irgendwo und irgendwie in Deutschland anzulegen. Übersteigt die angelaufene Summe die Höhe von 5 Milliarden, so kann die Zahlung Deutschlands bis auf ein Maß herabgesetzt werden, wie es für die Devisenankäufe gerade noch möglich ist, ohne die Weltwirtschaft zu gefährden. Diese Transferklausel taucht später in jeder Reparationsverhandlung wieder auf und bildet den Kernpunkt des Reparationsproblems. Den Gläubigerstaaten ist es - obwohl sie Deutschlands Armut offiziell nie anerkennen möchten - klar, daß es diese ungeheuren Zahlungen nicht ohne weiteres wird leisten können. Man schließt aus dieser Erkenntnis deutscherseits sofort, daß die Gläubigerstaaten wohl wüßten, daß die Vorteile aus dem Dawes-Plan einer gewissen Anlaufzeit bedürften, und so glaubt der derzeitige Finanzminister Luther es verantworten zu können, die Annahme einer von Amerika angebotenen Anleihe zur Ankurbelung der Wirtschaft in Höhe von 800 Millionen zu befürworten. Diese Anleihe soll dazu dienen, die neue Bank und die deutsche Währung zu untermauern und zu stützen. Natürlich muß eine Anleihe in so großer Höhe "absolut sicher sein". Als Sicherheit dient dem Verleiher der gesamte Ertrag aus Zöllen und Steuern bei Tabak, Bier und Zucker in Deutschland. Eine bessere Sicherung gab es nirgends auf der Welt. Nun hätte dieses Anleihegeschäft so wie jedes andere unter reellen Geschäftsleuten eine Anlage fremden Kapitals auf längere Sicht nur zum Zwecke des Zinsendienstes sein können. Aber wie in allen mit der Reparationsfrage zusammenhängenden Erörterungen muß auch hier etwas ganz besonderes in Aktion treten. Die klugen Vertreter der Feindbundstaaten sagen dem dummen Deutschland nichts von ihren Absichten, desto gründlicher werden sie in der Zukunft durchgeführt. Innerhalb eines Jahres versteht es der Reparationsagent Parker Gilbert, fast das gesamte Geld der Anleihe wieder in [36] die Hände der Feindbundstaaten zu führen, indem er nämlich mit Hilfe dieses Geldes die deutsche Sachlieferung an das Ausland bezahlt. Das bedeutet soviel, als wenn z. B. ein Geschäftsmann sich 1000 Mark leiht, dafür hohe Zinsen bezahlt, um dann an seine Gläubiger für das geliehene Geld Waren zu übergeben. Die 800 Millionen sind innerhalb eines Jahres für die Bezahlung von Sachlieferungen ausgegeben, Deutschland muß jedoch diese einmal aufgenommenen 800 Millionen weiter verzinsen und eines Tages wieder zurückzahlen. Als der Dawes-Pakt der deutschen Regierung zur Entscheidung vorliegt, haben wir, wie bereits erwähnt, eine starke Opposition im Reichstag, die aber bei weitem nicht dazu ausreicht, einen solchen Plan abzulehnen. Man sollte meinen, daß die Vertreter der Deutschnationalen, die in ihren Versammlungen scharfe Kritik am Verhalten der Erfüllungsparteien übten und in ihren Reihen die sogenannten "Köpfe" der deutschen Rechten sitzen hatten, die Falle des Dawes-Planes erkennen und sich gegen diesen wenden müßten. Aber weit gefehlt. Wie alle anderen parlamentarischen Parteien umfaßt auch die Deutschnationale Volkspartei trotz Bismarck, trotz Konservatismus und nationaler Abwehr noch genügend Vertreter von Einzelinteressen, als daß die Einheit dieser "Rechtsfront" gewahrt bleiben könnte. Mit Hilfe eines großen Teiles der Deutschnationalen, welche für Annahme des Dawes-Paktes stimmt, soweit die Paraphierung dieses Paktes verfassungsändernd ist, wird das Dawes-Abkommen angenommen und dem deutschen Volke als eine für die Zukunft kaum tragbare Last aufgebürdet. Wieder ein Kapitel deutscher Parlamentsgeschichte, das sich würdig den vorhergehenden anschließt! Dem deutschen Volke wird nicht gesagt, daß es sich in diesem Netz von teuflischen Bestimmungen rettungslos verstricken muß. Die Industrie glaubt, durch weitgehende Kredite lebensfähig zu bleiben. Man ist überzeugt davon, daß die Aufnahme von Geld Ar- [37] beit schafft, und glaubt nicht denen, die immer und immer wieder behaupten, daß zwangsläufig der Zusammenbruch der deutschen Wirtschaft nur eine Frage der Zeit ist.
Die Schandverträge Hans Wilhelm Scheidt |