Die traurige Rolle der
Kommunisten
Immer wieder erheben die Kenner der tschechischen Massaker, die sie selbst nicht miterlebt haben, aber auch selbst die Sudetendeutschen, Slowaken und Ungarn die Frage: Ist das tschechische Volk zur Gänze an diesen Verbrechen schuldig oder nicht? Die Beantwortung dieser Frage ist sehr problematisch. Tatsache ist jedenfalls, daß das tschechische Volk in seiner Gesamtheit die Verbrechen gesehen und geduldet hat. Nirgendwo haben entscheidende Elemente und Tschechen die Stimme der Vernunft erhoben und im Namen der Menschlichkeit dagegen protestiert. Sicher ist, daß da und dort Tschechen versucht haben, Deutsche, Ungarn und Slowaken zu retten und die unglücklichen Opfer des blutigen Terrors warnten. Die Einpeitscher und die Organisatoren dieser Verbrechen waren in allen Fällen die Kommunisten, die auch alles tun, um den blutigen Ruhm des Sudetendramas für sich zu beanspruchen. In der Nr. 52 aus dem Jahre 1946 des in Prag erscheinenden Hauptblattes der Tschechischen Kommunistischen Partei Rude Pravo (Rotes Recht) steht die folgende erschöpfende Erklärung über [57] die Ausweisung der Sudetendeutschen. Es steht darin wörtlich: "Dieser Gedanke konnte auf dem Boden Londons nicht aufkommen (Tschechische Exilregierung des Generals Prchala). Es ist bekannt, welchen Standpunkt die englischen Konservativen einnahmen und noch einnehmen! Der Gedanke der Ausweisung entstand unter unseren Politikern in Moskau. Als Präsident Benesch nach Moskau kam, um den Tschechoslowakisch-Sowjetischen Vertrag zu unterschreiben, formulierte Genosse Gottwald zum ersten Mal die Frage der Ausweisung der Deutschen aus unserem Gebiet. Persönlich war es Genosse Stalin, der sein Einverständnis mit diesem Antrag aussprach. Stalin setzte sich auch für die Geltendmachung dieser Grundsätze von der Potsdamer Konferenz ein. Nun - und heute sind es die Kommunisten, die für die gründliche Ausführung dieses Abschubes Sorge tragen. Insbesonders durch das Verdienst der Kommunisten wurde durchgesetzt, daß dieser Boden für einen unbeträchtlichen Preis abgegeben wurde, der dem halben Ersatzwert gleichkommt. Wir Kommunisten haben es auch durchgesetzt, daß den Deutschen für den ihnen abgenommenen Boden auch nicht ein Heller gegeben wurde. In der Regierung wurde nämlich der Antrag gestellt, den Deutschen eine Entschädigung zu zahlen, die dann bei den Reparationen angerechnet werden soll. Erst nach unserer Erklärung, daß dem das Volk nicht zustimme, ließ man davon ab." Hier also prahlt sogar das tschechische Hauptorgan der Kommunisten mit dem Raube an den Deutschen und dokumentiert öffentlich, daß die Kommunisten die Hauptschuldigen der Massenvertreibung der Deutschen sind. Als der tschechische Kommunistenführer Klement Gottwald seinen ersten Geburtstag als Präsident der Tschechischen Republik feierte, hielt der tschechisch-kommunistische Innenminister Vaclav Kopecky im Prager Zentralgebäude der tschechischen Armee vor den versammelten Offizieren des Ministeriums für nationale Verteidigung und des Generalstabes die Gedächtnisrede, in der er auf die Verdienste Gottwalds bei der Vertreibung und Vernichtung der Deutschen in der Tschechoslowakei [58] zu sprechen kam. Er sagte unter anderem dabei wortwörtlich: "Wir müssen daran erinnern, daß während des Krieges niemand anders an die Aussiedlung der Sudetendeutschen gedacht hat, als nur wir Kommunisten, mit Klement Gottwald an der Spitze." Es kann darüber kein Zweifel sein, nach diesen dokumentarischen Erklärungen von Rude Pravo und dem Kommunisten Vaclav Kopecky, wer die Schuldigen der Sudetendeutschen-Tragödie sind. Hinter all diesen prahlerischen Erklärungen und Behauptungen der tschechischen Kommunisten steht ein psychologisch leicht erklärbares Moment: Die Kommunisten möchten nicht nur die Hauptschuld an Raub und Mord tragen, sondern sie versuchen ängstlich, aus dieser eindeutig kriminellen Atmosphäre in die politische Vorbereitung des Verbrechens zu flüchten. Das tschechische Bürgertum, die tschechische Intelligenz, die tschechischen Arbeiter und Bauern, die zu allen diesen Verbrechen schwiegen und nicht den Mut aufbrachten, die Stimme der Menschlichkeit zu erheben, haben unterdessen von den Kommunisten ihren wohlverdienten Lohn erhalten. Mit der Vernichtung der sudetendeutschen Substanz begann die Vernichtung der tschechischen Intelligenz, der tschechischen Bauernschaft und der Freiheit des tschechischen Proletariats.
Bis es aber zu dieser Entwicklung kam, die letzten Endes nicht nur für die Sudetendeutschen, sondern auch für die freiheitsliebenden Tschechen in den Untergang führte, war es ein weiter Weg. Robert Ingrim beschreibt in seinem Buch Von Talleyrand bis Molotow, erschienen 1947, Thomas-Verlag in Zürich, eingehend diese historische Schuld der tschechischen Emigrationspolitiker bei der Zertrümmerung des größten und sichersten Wirtschaftsgebietes im Donauraum, der k. u. k. Monarchie. [59] Thomas Masaryk gesteht in seinem Buch The Making of a State teilweise auch die Methoden. Narodni Listy, damals die führende Zeitung der Tschechen, schrieb das vernichtende Urteil: "Es ist erstaunlich, wie unermüdlich Masaryk sich bemüht, die Ehre der tschechischen Nation zu besudeln..." Der Klub der tschechischen Abgeordneten im Wiener Reichsrat 1916 sandte in einem Schreiben an den Außenminister Österreich-Ungarns folgende Erklärung: "Angesichts der Alliierten-Antwort an Präsident Wilson, worin die Befreiung der Tschechen als ein Kriegsziel erwähnt ist, weisen wir diese Zumutung zurück, die auf ganz falschen Annahmen beruht." Im Juni 1917 lehnten die tschechischen Vertreter auf der in Stockholm tagenden Konferenz der "Sozialistischen Internationale" Masaryks Forderung nach der Zerstörung Österreichs ab und traten lediglich für einen unabhängigen tschechischen Staat innerhalb einer Föderation Österreich-Ungarn ein. Trotzdem führten aus der Emigration Masaryk und Benesch den Kampf gegen den Vielvölkerstaat Österreich-Ungarn, von ihnen Völkergefängnis genannt, systematisch weiter. Schließlich gründeten sie nach dem Zusammenbruch der k. u. k. Monarchie die Tschechoslowakei als einen nationalen Staat der Tschechoslowaken, obwohl es keine tschechoslowakische Nation und keine tschechoslowakische Sprache gibt. Neben den Tschechen standen, als zweites Staatsvolk, die Deutschen vom Anfang an hindernd in dieser Konstitution. Die Slowaken, die zahlenmäßig nicht so stark wie die Deutschen waren, wehrten sich und wehren sich in ihren antikommunistischen Teilen auch noch heute, mit den Tschechen identifiziert zu werden. Sie haben ihre eigene Sprache und ihr eigenes Volkstum. Aber auch die anderen Minderheiten, die Polen, die Magyaren, die Rusinen (Bewohner der Karpatho-Ukraine) waren vom Anfang an ein starkes Hindernis in der "tschechoslowakischen" Nation. Der Chauvinismus der Tschechen, die von der Idee ihres tschechischen Nationalstaates besessen waren, hinderte sie vom Anfang an, den demokratischen Ausgleich [60] mit den anderen nationalen Minderheiten zu suchen. Neben dem deutschen Problem, das durch die 3½ Millionen Sudetendeutschen gegenüber den 7 Millionen Tschechen von entscheidendem Einfluß war, trat noch das slowakische gebieterisch auf. Die Tschechen betrachteten vom Anfang an die Slowakei als Kolonie, das slowakische Volk selbst als kulturell zurückgeblieben und legten somit vom ersten Augenblick an den Grundstock zu einer starken slowakischen Ablehnung gegen den Prager Zentralismus. Der Sohn Thomas Masaryks, der auf mysteriöse Art in Prag durch seine kommunistischen Freunde ums Leben gekommene Jan Masaryk schien sich, allerdings wenn auch zu spät, zur Erkenntnis durchgerungen zu haben, daß seines Vaters und Eduard Beneschs großer Kampf um den tschechischen Nationalstaat der große Irrtum des tschechischen Volkes gewesen war. Der ehemalige britische Botschafter in Frankreich, Sir Duff Cooper, schreibt nämlich im April 1950 im Daily Telegraph, London, daß Jan Masaryk im Jahre 1946 ihm gegenüber erklärte, "die Tschechoslowakei sei niemals so glücklich gewesen, wie zu jener Zeit, als sie einen Teil der österreichisch-ungarischen Monarchie bildete". Schade, daß diese Erkenntnis bei den Verantwortlichen der Benesch-Masaryk-Gruppe nicht um 30 Jahre früher platzgegriffen hatte. Nicht nur den Sudetendeutschen und Tschechen, auch Dutzenden anderen Völkern wäre viel Qual und Elend erspart geblieben. Der äußere Zerfall des tschechoslowakischen Staates durch die Hitlersche Okkupation hat die inneren Zerfallserscheinungen der Tschechoslowakei nur von außen beschleunigt. Die inneren Spannungen, die in der Hauptsache auf das rigorose Herrschbedürfnis der Tschechen zurückzuführen gewesen sind, hätten früher oder später zwangsläufig zu einer Auflösung der Č.S.R. geführt. Es ist ein groteskes Schulbeispiel der Geschichte, daß die Völker und die Staaten aus der Geschichte nichts lernen. Dieselben Tschechen, die der österreichisch-ungarischen Monarchie und deren sanfter Gewalt vorwarfen, [61] ein Völkergefängnis zu bilden, haben ihrerseits mit sehr viel drastischeren Mitteln, durch die nationale und soziale Unterdrückung der Deutschen, Slowaken und Magyaren in der Č.S.R., ein tatsächliches Völkergefängnis geschaffen. Man kann ruhig behaupten, daß die Tschechoslowakei an der gleichen Krankheit zugrunde gegangen ist wie Österreich-Ungarn. Zwischen beiden Zusammenbrüchen besteht aber der wesentliche Unterschied, daß die Führer der Tschechoslowakei ihre nationalen Machtansprüche nicht mit einer "sanften" Gewalt durchzusetzen versuchten, sondern mit aller Brutalität und allem Terror. Die tschechische Innen- und Außenpolitik ist stärkstens auf Ressentiments aufgebaut. Es scheint heute im Abstand der Ereignisse, als wenn Benesch wie im Anfall eines schlechten Gewissens nur einen einzigen Feind gesehen hätte: das habsburgische Österreich. Tatsächlich war die tschechische Nervosität über die Vorgänge in Österreich nach 1934, als unter Starhemberg, Dollfuß und Schuschniggs austrofaschistischer Diktatur starke monarchistische Tendenzen offenbar wurden, bedeutend größer, als beim Anschluß Österreichs an das Deutsche Reich durch den Einmarsch der Hitlerschen Armee. Benesch, einer der Hauptakteure bei der Zerstörung der alten k. u. k. Monarchie, befürchtete mit einer geradezu panischen Angst eine Revision im habsburgischen Sinne und damit einen eventuellen Anspruch Otto von Habsburgs auf die Länder der böhmischen Krone. Aus dem gleichen Gedankengang ist die rasante Abwehrstellung der Benesch-Č.S.R. gegenüber Horthy-Ungarn zu verstehen, weil dieses wieder Teile der Slowakei als altes Kronland beanspruchte. Das ging so weit, daß die Č.S.R. sogar um 1920 gegen Ungarn mobil machte. Im Gegensatz zu dem immer ablehnenden Verhalten der Benesch-Č.S.R. gegen die Republik Österreich und Horthy-Ungarn verhielt sich die Č.S.R. gegenüber Deutschland neutral. Deutschland war den Tschechen fern und unbekannt. Die tschechoslowakische Intelligenz interessierte sich erst für die Geschehnisse in diesem Nachbarlande, als 1933 Emigranten aus Berlin nach Prag kamen und dort Zeitungen druckten, Bücher und Bro- [62] schüren schrieben, um dadurch die Politiker zu beeinflussen. Trotzdem aber wurde die Neutralität Deutschland gegenüber nicht aufgegeben, sondern im Gegenteil in gewissem Sinne die Entwicklung dort mit einem lachenden und einem weinenden Auge verfolgt, weil ein starkes Deutsches Reich für die Tschechen als eine Art von Garantie gegen die Ansprüche eines österreichisch-ungarisch-föderativen Blockes galt.
Gegenüber den Sudetendeutschen aber begann der tschechische Staat, gleich nach Beginn seiner Existenz, mit falschen Karten zu spielen. In der Erkenntnis, daß die Č.S.R. ohne die Deutschen ein Torso sei, wurde das Optionsrecht der Sudetendeutschen für Österreich, das im Vertrag von St. Germain festgelegt ist, wissentlich verschwiegen. Alles nur, um die Sudetendeutschen so gegen ihren Willen dem neuen Staat einzuverleiben. Demonstrationen der Sudetendeutschen für das Selbstbestimmungsrecht im Sinne Wilsons wurden vom tschechischen Militär am 4. März 1919 in mehreren sudetendeutschen Städten blutig niedergeschlagen. Die Republik Deutsch-Böhmen, die sich unter der Führung von Dr. Lodgman-Auen beim Zerfall der österreichisch-ungarischen Monarchie konstituierte, wurde infolge der fehlenden Verbindung zu Wien und wahrscheinlich auch durch das fehlende Verständnis der Wiener verantwortlichen Kreise, die nicht wußten, wo ihnen in der Überfülle der Aufgaben der Kopf stand, liquidiert. Tatsache ist, daß in einigen sudetendeutschen Städten noch 1919/1920 im Namen der Republik Deutsch-Österreich Recht gesprochen wurde. Ganze Gebiete des Böhmerwaldes, z. B. Winterberg, hatten sich damals der österreichischen Republik angeschlossen, obwohl Winterberg nicht an der österreichischen, sondern an der bayrischen Grenze liegt. Im Südböhmischen Bezirk Kaplitz wehrten sich die Deutschen mit Waffengewalt gegen die Einver- [63] leibung ihrer Heimat in den tschechoslowakischen Verband. Die Tschechen verstanden es mit ihren bewährten propagandistischen Kräften, der Welt diese Strömungen zu verschweigen und die Großen, die wohl alles getan hatten, um den Wirtschaftsraum an der Donau zu zerschlagen, waren sichtlich müde, nach ihrer negativen Tätigkeit auch positiv im Sinne der freien Willensbildung der freien Völker tätig zu sein. Masaryk und Benesch wieder konnten auf die reiche Industrie der Deutschen für den neuen Staat nicht verzichten und mußten die Länder der böhmischen Krone als Einheit betrachten. Wirtschaftlich gesehen war vom Standpunkt des neuen Staates diese Auffassung zweifellos richtig, die Fehlkonstruktion aber war, daß den Tschechen die Großzügigkeit fehlte, die der österreichisch-ungarischen Monarchie trotz aller Fehler eigen war und aus der erst die sittliche Kraft eines Mehrvölkerstaates erwachsen hätte können.
In der weiteren Entwicklung der Tschechoslowakei haben die Deutschen in der Č.S.R.
Hervorragendes geleistet. Der Reichtum und der hohe Lebensstandard der Völker in der
tschechoslowakischen Republik waren in erster Linie das Verdienst der deutschen Industriellen
und der deutschen Arbeiter, der deutschen Großgrundbesitzer und nicht der tschechischen
Bauern.
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